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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.12.2023, RV/5101439/2017

Stattgabe einer Beschwerde gegen einen Zwangsstrafenbescheid wegen Nachreichung von Abgabenerklärungen vor Bescheidzustellung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***FA*** vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von € 300 wegen Nichtabgabe der Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen 2015 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Am wurden Einkommensteuer- und Umsatzsteuerformulare für 2015 an den Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) versandt.

Da vom Bf. die Abgabenerklärungen nicht eingereicht wurden, teilte das Finanzamt dem Bf. mit Bescheid vom , zugestellt am , mit, dass er offenbar übersehen hätte, die Einkommensteuererklärung 2015 und die Umsatzsteuererklärung 2015 fristgerecht einzureichen, und ersuchte ihn, dies bis nachzuholen. Es wurde darauf hingewiesen, dass falls diesem Ersuchen nicht Folge geleistet werde, gegen ihn eine Zwangsstrafe von € 300 festgesetzt werden könne (Androhung im Sinne des § 111 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung).

Mit Schreiben vom , welches der Bf. am in einen Briefkasten des Finanzamts ***FA*** einwarf, teilte er mit, dass die Behauptung des Finanzamtes er hätte übersehen die Einkommenssteuererklärung und Umsatzsteuerklärung fristgerecht abzugeben, falsch sei. Das Finanzamt habe wohl übersehen, dass ihn der Steuerberater ***1*** in steuerrechtlichen Angelegenheiten vertrete. Wenn das Finanzamt Steuerklärungen wünsche, möge es sich an seinen Steuerberater und nicht an ihn wenden.

Anlässlich eines Telefonats des zuständigen Sachbearbeiters mit einem Mitarbeiter des Steuerberaters ***1*** am , gab dieser bekannt, dass seitens des Steuerberaters schon seit Wochen kein Kontakt mehr zum Bf. bestehe. Anrufe bzw. Mitteilungen auf das Handy des Bf. würden nicht angenommen bzw. nicht erwidert.

Daraufhin erließ das Finanzamt ***FA*** am einen Bescheid, mit welchem die mit Bescheid vom angedrohte Zwangsstrafe gemäß § 111 Bundesabgabenordnung mit € 300 festgesetzt wurde. Gleichzeitig wurde der Bf. aufgefordert, die bisher nicht abgegebenen Abgabenerklärungen bis beim Finanzamt einzureichen. Begründet wurde die Festsetzung der Zwangsstrafe damit, dass diese erforderlich gewesen sei, weil der Bf. die vorgenannten Abgabenerklärungen nicht bis eingereicht habe.

Am reichte der Bf. die Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen 2015 beim Finanzamt ***FA*** ein.

Am brachte der Bf. Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe ein und führte darin im Wesentlichen Folgendes aus:

Er habe den am ausgestellten Bescheid am erhalten und erhebe innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde. Seit gut 15 Jahren vertrete ihn Steuerberater ***1*** und dieser mache auch die Steuerklärungen für ihn, was der Finanzbehörde bekannt sei. Als er noch bei der Firma ***2*** gearbeitet habe, habe sich die Finanzbehörde bei ausständigen Steuererklärungen immer direkt an die Steuerberatungskanzlei ***1*** gewendet und nicht an ihn. Warum sich nun die Finanzbehörde an ihn wende, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Herr ***3*** von der Steuerkanzlei ***1*** habe mehrmals versucht ihn zu erreichen um die entsprechenden Steuererklärungen rechtzeitig abgeben zu können. Das sei ihm aber nicht gelungen, da er sein Mobiltelephon mehrmals gewechselt habe. Er habe 2015 und 2016 keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, deswegen habe er an entsprechende Steuererklärungen nicht gedacht und er sei sich daher auch keiner Schuld bewusst. Beide Steuererklärungen seien nun fristgerecht abgegeben worden. Er stelle daher den Antrag seiner Beschwerde stattzugeben und den Bescheid vom aufzuheben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt durch Hinterlegung am , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und zur Begründung Folgendes ausgeführt:

"Gemäß § 134 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) sind die Steuerklärungen bis zum Ende des Monates April jedes Folgejahres einzureichen. Diese Erklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden. Entsprechend § 134 BAO wurde vom Bundesministerium für Finanzen die Abgabe der Steuererklärungen 2015 in Form einer Vereinbarung mit der Kammer der Wirtschaftstreuhänder eine "Quotenregelung" erlassen. Demnach galt hinsichtlich der zum noch offenen Fälle betreffend die Steuererklärungen 2015 die Frist zur Abgabe dieser Fälle bis zum als erstreckt.

Da im gegenständlichen Fall weder die Steuererklärungen fristgerecht eingereicht, noch ein rechtzeitiges, begründetes Einzelansuchen eingereicht wurde, erging mit ein entsprechendes Erinnerungsschreiben unter Androhung einer Zwangsstrafe nach § 111 BAO. Als Nachreichungsfrist für die bislang verabsäumten Handlungen - Abgabe der Steuererklärungen 2015 - wurde der vermerkt. Sollten die Steuererklärungen bis zu diesem Termin wiederum nicht eingereicht werden, wurde die Festsetzung der Zwangsstrafe in Höhe von € 300,- angekündigt. Anstatt der Nachreichung der Steuererklärungen 2015 wurde Ihrerseits am lediglich ein Schreiben mit dem Hinweis auf die Beauftragung Ihres gewählten steuerlichen Vertreters verwiesen. Am wurde daraufhin der von Ihnen angeführte Vertreter telefonisch kontaktiert und der aktuelle Verfahrensstand umfassend erörtert.

Bezüglich der angesprochenen Bescheidzustellung zu Ihren Händen wird festgehalten, dass keine Zustellvollmacht an den steuerlichen Vertreter aktenkundig ist. Vielmehr wurde eine solche Zustellvollmacht am von Ihrem angesprochenen Vertreter explizit gelöscht.

Weiters wird angemerkt, dass gem. § 83 Abs. 5 BAO in Verbindung mit § 9 ZustG eine Zustellvollmacht eine direkte Zustellung an den Abgabepflichtigen nicht ausschließt!

Durch die Beauftragung eines steuerlichen Vertreters mit der Erstellung der Steuererklärung erlischt keinesfalls die persönliche Verpflichtung zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen, da es sich hier um eine Vereinbarung nach bürgerlichem Recht handelt. Auch haben Kommunikationsprobleme zwischen dem Abgabepflichtigen und dessen Vertreter keinerlei Einfluss auf das Abgabeverfahren. Auch ein allfälliges Fehlverhalten des mit der Abgabe der Steuererklärungen beauftragten Vertreters (nach bürgerlichem Recht) muss sich der Abgabepflichtige anrechnen lassen.

Auch die Aussage, dass Sie sich zur Abgabe der Steuererklärung nicht verpflichtet wähnten, geht ins Leere, da durch die gezielte Aufforderung (Erinnerung) zur Nachreichung der Steuererklärungen 2015 klar erkennbar war, welcher Handlungen es bedarf um die gesetzlich vorgegebenen Aufgaben zu erfüllen.

In Anbetracht der langen Zeitspanne zwischen dem gesetzlichen Abgabetermin und der Festsetzung der Zwangsstrafe erscheint auch die Höhe der Zwangsstrafe von lediglich 3 % des möglichen Höchstbetrages mehr als angemessen."

Mit Schreiben vom , eingebracht durch Einwurf beim Finanzamt am , brachte der Bf. vor, dass der Termin zur fristgerechten Abgabe einfach verpasst worden sei, was aber noch nicht eine Strafe von € 300 rechtfertige. Weiters führte der Bf. aus, dass seine Ersparnisse aufgebraucht seien, er von etwa € 1.200 AMS-Geld lebe und er die Beschwerdevorentscheidung vom nicht akzeptieren könne; Weiterleitung an das Bundesfinanzgericht seiner Beschwerde habe er zu beantragen.

Am stellte er mit weiterem mit datiertem Schreiben die Anträge auf Weiterleitung der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung und auf Aussetzung der Mutwillenstrafe [gemeint: Zwangsstrafe] bis zur Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am vor und regte die Abweisung der Beschwerde aus den in der Beschwerdevorentscheidung genannten Gründen an.

Am wurde die belangte Behörde ersucht, bekannt zu geben, wann der Bescheid vom über die Festsetzung der Zwangsstrafe zugestellt wurde und wann die Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen 2015 nachgereicht wurden und - sofern vorhanden - Belege dazu vorzulegen.

Die belangte Behörde teilte dazu am mit, dass die Zustellung des Bescheides vom ohne Zustellnachweis (Normalzustellung) erfolgt sei und die Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 laut Eingangsstempel am in das Postfach der Abgabenbehörde eingeworfen worden seien. Die Erklärungen wurden als Beilagen übermittelt.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Mangels Einreichung der bereits fälligen Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen 2015 wurde der Bf. mit Bescheid vom , zugestellt am , unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von € 300 zur Einreichung dieser Erklärungen bis aufgefordert.

Da dieser Aufforderung seitens des Bf. nicht nachgekommen wurde, setzte die belangte Behörde mit Bescheid vom , zugestellt am , die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von € 300 fest.

Die Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen 2015 wurden am nachgereicht.

Die Zustellvollmacht des steuerlichen Vertreters wurde von diesem selbst mit begrenzt (s. Abfrage des Zustellungsbevollmächtigten im Abgabeninformationssystem vom ). Mehrmalige Kontaktaufnahmeversuche des Steuerberaters mit dem Bf. zwecks rechtzeitiger Abgabe der Steuererklärungen blieben erfolglos.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich - soweit im Folgenden nicht eigens darauf eingegangen wird - aus dem vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakt, der Anfragebeantwortung der belangten Behörde vom und aus Abfragen im elektronischen Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung.

In der Beschwerde führte der Bf. aus, er habe den Bescheid vom am erhalten. Laut Auskunft der belangten Behörde wurde der Bescheid ohne Zustellnachweis zugestellt; weitere Angaben zur Zustellung konnten nicht gemacht werden.

Im Fall einer Zustellung ohne Zustellnachweis gilt zwar gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz (ZustG) grundsätzlich die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt, im Zweifel hat aber die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt das Bestreiten eines Empfängers zu Zweifeln, welche die Behörde zur Feststellung der Tatsache der Zustellung verpflichtet (vgl. ). Die Behörde trifft somit die Beweislast für den Zeitpunkt der Zustellung (vgl. ).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 ZustG hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweises - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden. Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer - unstrittig erfolgten - Zustellung ohne Zustellnachweis (vgl. , mwN).

Da die belangte Behörde keine Nachweise dafür erbringen konnte, dass der Bescheid nicht wie vom Bf. behauptet am zugestellt wurde, musste die Behauptung des Bf. über den Zustellzeitpunkt als richtig angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

§ 111 BAO idF BGBl. I Nr. 99/2007 lautet:

(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.

(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

Gemäß § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen.

Wird eine Person zur Einreichung einer Abgabenerklärung aufgefordert, dann besteht eine Verpflichtung zur Abgabe einer Abgabenerklärung auch dann, wenn diese die Rechtsansicht vertritt, nicht abgabepflichtig zu sein. Sie wird auch in diesem Fall auf Grund der Aufforderung die für den Bestand und Umfang der Abgabepflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen haben (vgl. ).

Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188 BAO) sind gemäß § 134 Abs. 1 BAO bis zum Ende des Monates April jedes Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.

Im gegenständlichen Beschwerdefall hätte der Bf. die Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärung 2015 demgemäß bis zum Ende des Monats April 2016 bzw. - bei elektronischer Übermittlung - bis zum Ende des Monats Juni 2016 einreichen müssen. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass daran auch die erlassmäßige Quotenregelung für Parteienvertreter nichts ändert, weil der Bundesminister für Finanzen von der in § 134 Abs. 1 BAO enthaltenen Verordnungsermächtigung bisher keinen Gebrauch gemacht hat und erlassmäßige Zufristungen nicht zu einer Fristverlängerung führen, sondern lediglich das Vertrauen des Abgabepflichtigen vor der Festsetzung von Verspätungszuschlägen schützen (Ritz, BAO7 § 134 Rz 2 und 3). Im Übrigen wurde diese Zufristung im gegenständlichen Fall ohnehin berücksichtigt, da laut , BMF-280000/0016-IV/2/2010, betreffend Einbringung von Abgabenerklärungen durch Quotenvertreter/innen Abgabenerklärungen ohne Fristverlängerungsansuchen als rechtzeitig gelten, wenn sie bis spätestens 31. März (bzw. 30. April) des auf das Veranlagungsjahr zweitfolgenden Kalenderjahrs eingebracht werden, und die erstmalige Aufforderung zur Einreichung der Abgabenerklärungen 2015 erst mit Bescheid vom , daher nach dem Ablauf der Quotenfrist für Parteienvertreter am , erfolgte.

Fest steht daher, dass der Bf. seiner Verpflichtung zur fristgerechten Abgabe der Steuererklärung (weil vom Finanzamt aufgefordert) nicht nachgekommen ist. Irrelevant ist dabei, dass es für das Jahr 2015 schließlich zu keiner Abgabenvorschreibung gekommen ist.

Zweck der Zwangsstrafe ist es insbesondere, die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. ; ; ). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar (vgl , mwN).

Gemäß § 111 Abs. 2 BAO ist der Verpflichtete vor der Festsetzung der Zwangsstrafe unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm geforderten Leistung aufzufordern. Liegt eine wirksame Zustellung einer schriftlichen Aufforderung im Sinne des § 111 Abs. 2 BAO vor, so sind die Voraussetzungen für die Verhängung der Zwangsstrafe erfüllt, wenn die von der Behörde gesetzte Frist (so sie als angemessen zu qualifizieren ist) bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids ungenützt verstrichen ist (vgl. ).

Aus dem Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem der Bf. darauf hingewiesen wurde, er habe offenbar übersehen, die Steuererklärungen 2015 fristgerecht einzureichen und mit dem er ersucht wurde, dies bis nachzuholen, war für den Bf. klar erkennbar, welche Leistung von ihm verlangt wurde, nämlich die Einreichung der Abgabenerklärungen für das Jahr 2015. Auch war die Höhe der angedrohten Zwangsstrafe klar ersichtlich und wurde die Frist zur Nachholung der versäumten Handlung mit ca. drei Wochen ausreichend bemessen. Es konnte daher für den Bf. nicht der geringste Zweifel bestehen, welche Leistung er binnen welcher Frist zu erbringen hatte und welche Konsequenzen mit der Nichtabgabe der Steuererklärungen verbunden sein werden. Die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Zwangsstrafe lagen daher zunächst vor.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe - etwa zur Erzwingung von Abgabenerklärungen - ist nur unzulässig, wenn die Leistung unmöglich, die Erfüllung unzumutbar oder bereits erfolgt wäre (vgl. ). Maßgebend ist diesbezüglich der Zeitpunkt der Wirksamkeit des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides; wird die Anordnung erst danach befolgt, so ändert dies nichts an der Rechtmäßigkeit des zuvor erlassenen Zwangsstrafenbescheides (vgl Ritz, BAO7 § 111 Rz 1 und die dort zitierte Judikatur).

Die bescheidmäßige Festsetzung einer Zwangsstrafe ist unzulässig, wenn der Anordnung der Behörde (gleichgültig, ob fristgerecht oder nach Ablauf der bestimmten Frist) vor Zustellung des Festsetzungsbescheides entsprochen wurde. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erbringung der angeordneten Leistung(en) ist nämlich die Wirksamkeit (§ 97 BAO) des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides ().

Durch die Einbringung der Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen 2015 durch den Bf. am (und somit vor Bescheidzustellung am ) wurde die Festsetzung der Zwangsstrafe unzulässig, weshalb der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung (insbesondere ; ) beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101439.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at