Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.12.2023, RV/1100197/2020

Berücksichtigung der tatsächlichen Werbungskosten anstelle des Vertreterpauschales

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr*** vertreten durch die ***R*** Steuerberatung ***GmbH***, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2018, ***StNr***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer erklärte neben Einkünften aus Gewerbebetrieb sowie dem Progressionsvorbehalt zu unterziehenden ausländischen Einkünften aus einer Tätigkeit als Vertreter resultierende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wobei das Vertreterpauschale als Werbungskosten geltend gemacht wurde.

2. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2018 erklärungsgemäß unter Berücksichtigung eines Vertreterpauschales in Höhe von 2.190,00 € fest.

3. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 erhob die steuerliche Vertreterin mit der Begründung, in der Einkommensteuererklärung seien bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten zu berücksichtigende beruflich veranlasste Reisekosten in Höhe von 3.202,08 € nicht geltend gemacht worden, Beschwerde.

4. Auf Vorhalt des Finanzamtes wurde ein Fahrtenbuch sowie eine Bestätigung des Arbeitgebers vorgelegt.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2018 zu Ungunsten des Beschwerdeführers ab. Der vorgelegten Bestätigung des Arbeitgebers zufolge sei dem Beschwerdeführer ein Firmen-Pkw zur Verfügung gestanden bzw. eine Car Allowance gewährt worden. Neben den Pauschbeträgen nach der Verordnung zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 könnten keine weiteren Werbungskosten geltend gemacht werden. Das im Erstbescheid berücksichtigte Vertreterpauschale sei zudem um die vom Arbeitgeber ausbezahlten Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 (€ 6.505,18) zu kürzen. Nachdem diese höher seien als das Vertreterpauschale, könne lediglich das gesetzliche Werbungskostenpauschale in Höhe von 132,00 € berücksichtigt werden.

6. Mit Vorlageantrag beantragte die steuerliche Vertretung unter Anschluss einer Arbeitgeberbestätigung sowie einer E-Mail betreffend die Aufschlüsselung der Reisekosten die Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Begründend wurde ausgeführt, die Reisekosten gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 hätten sich im Jahr 2018 dem Jahreslohnzettel zufolge auf 6.505,18 € belaufen. Im Falle der Geltendmachung einer Pauschalierung im Sinne des § 17 Abs. 6 EStG 1988 sei der Pauschbetrag um steuerfreie Reisekostenersätze zu kürzen. Wie aus der Arbeitgeberbestätigung hervorgehe, würden sich die "Reisekosten frei" aus Taggeldern, Fahrtkosten und Auslagenersätzen zusammensetzen. Nach näherer Abklärung habe sich herausgestellt, dass es sich bei den "Reisekosten frei" um Refundierungen von Bewirtungs- und Hotelkosten sowie von Kosten für Taxifahrten und öffentliche Verkehrsmittel handle. Die "Reisekosten frei" stellten somit reine Auslagenersätze und keine Reisekosten im Sinne des § 26 Z 4 EStG 1988 dar. Unter Auslagenersatz seien nach den Lohnsteuerrichtlinien (Rz. 692) Beträge zu verstehen, durch die Auslagen des Arbeitnehmers, die dieser für den Arbeitgeber geleistet habe, ersetzt würden. Voraussetzung sei, dass der Arbeitnehmer von vornherein für Rechnung des Arbeitgebers tätig werde. Die vom Arbeitnehmer erbrachte Leistung müsse daher letztlich in Stellvertretung des Arbeitgebers erfolgen. Das Vertreterpauschale sei folglich nur um die steuerfreien Reisekostenersätze gemäß § 26 Z 4 EStG 1988, dh. um die Taggelder (Inland: 633,60 € bzw. Ausland: 269,70 €) und die Fahrtkosten (714,76 €) zu kürzen. Die Refundierungen sowie die Auslagenersätze seien hingegen nicht als Reisekostenersätze zu klassifizieren und deshalb von der Kürzung ausgenommen. Das Vertreterpauschale sei daher mit einem Betrag von 571,94 € zu berücksichtigen.

Wie aus der Arbeitgeberbestätigung hervorgehe, sei dem Beschwerdeführer bis ein Firmen-Pkw zur Verfügung gestellt worden. Danach habe er eine "Car Allowance" in Höhe von 800,00 € brutto als zusätzliches Gehalt bezogen. Dafür habe sich der Arbeitnehmer verpflichtet, seinen privaten Pkw für dienstliche Zwecke zu nutzen. Die Pkw-Überlassungspauschale sei lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig und decke sämtliche Ansprüche des Dienstnehmers aus der dienstlichen Verwendung seines privaten Pkws ab. Soweit die Fahrten in einem Fahrtenbuch festgehalten würden, stehe das amtliche Kilometergeld zu. Die Kilometergelder könnten folglich als Werbungskosten geltend gemacht werden, da sie im Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit stünden. Der Beschwerdeführer habe ein Fahrtenbuch geführt, welches dem Finanzamt bereits vorgelegt worden sei. Im Zeitraum vom bis zum habe er den privaten Pkw für beruflich veranlasste Fahrten im Ausmaß von 7.624 Kilometern verwendet. Dies ergebe ein Kilometergeld von 3.202,08 €. Damit seien in der Beschwerdevorentscheidung sowohl das Vertreterpauschale als auch das Kilometergeld zu Unrecht nicht berücksichtigt worden.

7. Mit Schreiben vom beantragte die nunmehrige steuerliche Vertreterin auf Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes die Berücksichtigung der mit dem Kilometergeld in Höhe von 3.202,08 € anzusetzenden tatsächlichen Kosten anstelle des Vertreterpauschales. Unter einem zog sie die Anträge auf Entscheidung durch den Senat sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr als Vertreter nichtselbständig tätig, wobei ihm bis zum ein Firmen-Pkw zur Verfügung stand. Ab wurde ihm für die Verwendung seines privaten Pkws ein dem Bruttolohn hinzugerechneter Betrag in Höhe von 800,00 € monatlich gewährt, mit welchem auch jeglicher Anspruch auf Kilometergelder gegenüber dem Arbeitgeber abgegolten war. Dem vorgelegten Fahrtenbuch zufolge verwendete er den privaten Pkw im Zeitraum vom bis zum für beruflich veranlasste Fahrten im Ausmaß von 7.624 Kilometern.

Der zwischen den Verfahrensparteien nicht strittige Sachverhalt ergibt sich aus den im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Schriftsätzen und Unterlagen.

2. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach § 16 Abs. 3 erster Satz EStG 1988 ist für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen, ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abzusetzen. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung sind ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag nur die dort näher bestimmten Werbungskosten abzusetzen.

Nach § 17 Abs. 6 EStG 1988 können vom Bundesminister für Finanzen zur Ermittlung von Werbungskosten Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.

Nach § 1 der auf Grund des § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten, hier in der ab der Veranlagung 2018 anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 68/2018, werden für die dort angeführten Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 näher geregelte Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt. Für Vertreter wird die Höhe der Werbungskosten mit 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich, bestimmt (Z 9).

Gemäß § 4 der Verordnung kürzen Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 die jeweiligen Pauschbeträge. Werden die Pauschbeträge in Anspruch genommen, können nach § 5 der Verordnung daneben keine anderen Werbungskosten aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt das Werbungskostenpauschale des § 17 Abs. 6 EStG 1988 in Verbindung mit der Verordnung an die Stelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988. Sind die tatsächlichen Werbungskosten höher als das Pauschale, sind die gesamten Werbungskosten nachzuweisen. Das Pauschale ist dann grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Wird das Werbungskostenpauschale in Anspruch genommen, sind lediglich die in § 16 Abs. 3 letzter Satz aufgezählten Aufwendungen ohne Anrechnung auf das Pauschale abzusetzen (vgl. , und , mwN).

Die steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers hat im Schreiben vom außer Streit gestellt, dass neben dem (gegenständlich um die Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 zu kürzenden) Vertreterpauschale, soweit sie nicht in § 16 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 aufgezählt sind, keine weiteren Werbungskosten geltend gemacht werden können und anstelle des Vertreterpauschales die Berücksichtigung der tatsächlichen Werbungskosten in Höhe von 3.202,08 € beantragt. Gegen die im Schätzungswege erfolgte Ermittlung der tatsächlichen Werbungskosten anhand des Kilometergeldes bestehen unter den gegebenen Umständen keine Bedenken, zumal der Beschwerdeführer das Ausmaß der beruflich veranlassten Fahrten durch ein Fahrtenbuch belegt hat und auch das Finanzamt dessen Richtigkeit nicht in Zweifel gezogen hat. Bezogen auf das mit Schreiben vom insoweit eingeschränkte Beschwerdebegehren war der Beschwerde sohin Folge zu geben.

3. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Beschwerdefall strittige Frage des Ausmaßes der zu berücksichtigenden Werbungskosten wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 5 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100197.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at