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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.01.2024, RV/6100326/2022

Kosten einer Augenoperation in Privatklinik ohne den Nachweis einer medizinischen Notwendigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde setzte mit Bescheid vom die Einkommensteuer betreffend das Jahr 2021 fest. Dabei wurden von den beantragten Krankheitskosten iHv € 13.293,66 lediglich € 7.714,34 anerkannt. Die beantragten Kurkosten iHv € 1.263,00 wurden zur Gänze nicht anerkannt.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge Bf) mit Schreiben vom Beschwerde ein. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Operation notwendig gewesen sei. Beiliegend wurde die Stellungnahme des Arztes übermittelt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Dagegen brachte die Bf am einen Vorlageantrag ein.

Die belangte Behörde legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf machte im streitgegenständlichen Jahr diverse Krankheitskosten für Heilbehelfe, Arztbesuche, Apothekenbedarf, Operationskosten für eine Privatklinik in ***X*** sowie Kurkosten als außergewöhnliche Belastungen geltend.

Die belangte Behörde anerkannte außergewöhnliche Belastungen iHv € 7.714,35 in Zusammenhang mit Heilbehelfen, Arztbesuchen und Apothekenbedarf. Diese sind unstrittig.

Die Bf hatte in der Zeit von - einen Kuraufenthalt. Die Rechnung wies eine handschriftlich angebrachte Diagnose auf. Eine ärztliche Verordnung oder ein Attest wurde nicht vorgelegt. Beantragt wird die Anerkennung der mit dem Kuraufenthalt in Zusammenhang angefallenen Kosten (Aufenthalt und Kilometergeld) als außergewöhnliche Belastungen.

Die Bf litt unter einer starken Fehlsichtigkeit (mehr als -12 Dioptrie). Zwecks Korrektur hatte die Bf im streitgegenständlichen Jahr zwei Augenoperation ( und ). Diese wurden in der ***E*** Privatklinik durchgeführt. Die Kosten belaufen sich auf € 5.000,00 sowie Kilometergeld iHv € 38,98. Die angefallenen Kosten werden ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht.

In der ärztlichen Bestätigung vom konnte eine medizinische Notwendigkeit der Durchführung in der Privatklinik und die dadurch entstandenen Kosten nicht dargelegt werden.

Die Bf beantragte die Anerkennung der Kosten iZm einer professionellen Zahnreinigung iHv € 81,00.

Der dargestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben des Bf sowie vorgelegten Unterlagen und kann als erwiesen angenommen werden.

2. Beweiswürdigung

Die im Zusammenhang mit den beantragten Aufwendungen stehenden Rechnungen sind aktenkundig.

Ein ärztliches Attest bzw. eine ärztliche Verordnung betreffend den Kuraufenthalt liegt nicht vor.

Die Feststellungen zum Nichtvorliegen der medizinischen Notwendigkeit der Augenoperationen ergeben sich aus den dem augenärztlichem Befund betreffend die Augenoperationen in der ***E***-Privatklinik datiert vom . Dieser lautet auszugsweise:

" […]Bei Frau ***Bf*** bestand aufgrund der hohen Myopie eine prämature Cataract bei Einschränkung des Sehvermögens am rechten Auge bestkorrigiert auf 0,7 partiell am linken Auge bestkorrigiert 0,6 partiell.
Da Frau
***Bf***, die von Beruf Buchhalterin und auf ein gutes Sehen angewiesen ist, war beruflich doch sehr eingeschränkt, sodass sich die Patientin an die ***E***-Privatklinik gewendet hat.
Ein rascher Eingriff in einem öffentlichen Haus war zu diesem Zeitpunkt aufgrund mehrmaliger Corona-Lockdowns und doch erheblicher Wartelisten nicht möglich, sodass wir uns für den Eingriff in der
***E***-Privatklinik entschlossen hatten und diesen am und durchgeführt hatten.
Mit einem Sehvermögen von 100% ohne Korrektur zeigt sich auch, dass dieser Eingriff notwendig und sehr sinnvoll war. Frau
***Bf*** kann nun ihren beruflichen Tätigkeiten wieder uneingeschränkt nachgehen.
Aus volkswirtschaftlichem Aspekt zeigt sich der rasche Eingriff zur beruflichen Rehabilitierung als folgerichtig und sollte insofern nicht hinterfragt werden.
Wir legen einen Sammelbefund über alle Daten dem Schreiben bei und stehen für allfällige Rückfragen jederzeit zur Verfügung.
Gezeichnet […]

Das Dekursblatt der ***E***-Privatklinik vom lautet auszugsweise:

Objektive Refraktion
[…]

rechtsSph-12,25Zyl+1,75Achse64Vis
linksSph-12,50Zyl-1,25Achse174Vis
rechtsSph-14,00Zyl+2,50Achse67Vis
linksSph0,00ZylAchseVis
AR LA nicht mögl. LA Kontaktlinse RA ohne KL

[…]

Dem Befund kann kein Hinweis dazu entnommen werden, dass die Durchführung der Operation in einem öffentlichen Krankenhaus zu ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte. Andere Nachweise, die eine medizinische Notwendigkeit für eine Behandlung in einem Privatspital bzw von einem Wahlarzt ergeben hätten können, wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Ein von einem Mediziner festgestellter möglicher volkswirtschaftlicher Aspekt stellt ebenfalls keine medizinische Begründung dar.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2 EStG) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist gemäß § 34 Abs 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen gemäß § 34 Abs 3 EStG 1988 zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs 2 in Verbindung mit Abs 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. ….

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, nur dann gegeben, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen. Ob solche triftigen medizinischen Gründe vorliegen oder nicht, ist eine Frage der Beweiswürdigung. Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Behandlung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. (Vgl , , , , Renner in BFGjournal 172/2015).

Augenoperation in einer Privatklinik
Die Bf beantragt die Anerkennung der Kosten iZm den Augenoperationen in der ***E***-Privatklinik. Aufgrund der Fehlsichtigkeit, die sich im Laufe der Jahre gesteigert hat, entschloss sich die Bf zu einer Augenoperation, aufgrund der Wartezeiten in einem öffentlichen Haus in der ***E***-Privatklinik.
Mit augenärztlichem Befund vom wurde die aus Sicht der Bf vorliegende Notwendigkeit des Eingriffes dargelegt.
Voraussetzung für die Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastung ist jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen von triftigen medizinischen Gründen.
Im gegenständlichen Fall sind keine triftigen medizinischen Gründe (zB bereits bestehende schwerwiegende medizinische Gründe, die die von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlte und vorgesehene Therapieform oder Behandlung unmöglich machen würden, oder zu erwartende medizinische Komplikationen, wenn die von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlte Behandlung angewendet wird) für die Notwendigkeit der durchgeführten Augenoperation erkennbar. Aus dem augenärztlichen Befund vom kann eine medizinische Notwendigkeit für eine umgehend durchzuführende Augenoperation nicht herausgelesen werden. Dass die Bf auf ein gutes Sehen angewiesen ist und beruflich eingeschränkt war, wird nicht angezweifelt, doch hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der/die Steuerpflichtige, der/die eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels" das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (Behauptungs- und Nachweispflicht: Jakom/Peyerl, EStG16, § 34 Rz 9, mit Verweis auf ).

Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (, mwN). Zum Nachweis der Notwendigkeit ist ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich (vgl. , mwN).

Dieser Nachweis konnte jedoch von der Bf nicht erbracht werden, wäre doch eine Operation in einem öffentlichen Haus (wenn auch zeitlich später) möglich gewesen. Ein Nachweis, dass eine medizinische Notwendigkeit der (umgehenden) Behandlung in der Privatklinik (zB möglicher Schaden bei Zuwarten) vorgelegen ist oder die Unmöglichkeit der Durchführung in einem öffentlichen Krankenhaus wurde nicht erbracht.

Da keine triftigen medizinischen Gründe für die Aufwendungen der bei der Bf durchgeführten operativen Korrektur der Augen vorlagen, ist eine Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen zu verneinen und sind die von der Bf geltend gemachten Operationskosten und das in diesem Zusammenhang angefallene Kilometergeld nicht als außerordentliche Belastung abzugsfähig.

Kurkosten
Kurkosten können als außergewöhnliche Belastung im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmung anerkannt werden, wenn der Kuraufenthalt in direktem Zusammenhang mit einer Krankheit steht, aus medizinischen Gründen erforderlich ist und ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren Anwendung findet (Doralt, Kommentar zur Einkommensteuer, Tz 78 zu § 34, Stichwort "Kurkosten"; ).

Im konkreten Fall wurden betreffend die Kur keinerlei Nachweise der Zwangsläufigkeit des Kuraufenthaltes (zB ärztliches Zeugnis, ärztliches Gutachten etc) erbracht. Auch in der Beschwerde oder im Vorlageantrag wurde diesbezüglich kein Vorbringen erstattet.

Die beantragten Kosten in Zusammenhang mit der Kur (Aufenthalt und Fahrtkosten), könnten demzufolge nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

Zahnreinigung
Leistungen für Mundhygiene wirken lediglich prophylaktisch, somit dienen diese nur der Prävention und stellen daher keine Krankheitskosten dar(vgl ; Moser et.al, Der SV-Kommentar, Manz 2016, Rz. 11 zu § 153 ASVG).

Nach der Rechtsprechung dient eine Mundhygiene lediglich der Vorsorge und der Vorbeugung gegen Zahnschäden und eine Schädigung des Kauapparates, sodass auch die diesbezüglichen Aufwendungen nicht als im Zusammenhang mit einer Krankheit stehend als außergewöhnliche Belastung (mit Selbstbehalt) zu berücksichtigen sind.

Die geltend gemachten Aufwendungen für die professionelle Zahnreinigung sind daher (wie bereits im Erstbescheid) nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen Krankheitskosten, die nicht von der Sozialversicherung getragen werden, als ao Belastung abgezogen werden können, ist durch die zitierte Rechtsprechung geklärt. Die Entscheidung ist nach den Umständen des Einzelfalles und im Rahmen der Beweiswürdigung vorzunehmen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100326.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at