AfA-Bemessungsgrundlage für ein vermietetes Einfamilienwohnhaus
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache *Bf*, *Bf-Adr*, Steuernummer *Bf-StNr*, vertreten durch die Manfred Reumiller Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & CoKG, Nußweg 6, 6971 Hard, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Der minderjährige Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) vermietet seit Dezember 2021 ein Einfamilienhaus in der **X-Gasse*, *Stadt*. Der Bf. hat das Haus im Erbweg von seinem 2021 verstorbenen Vater erworben. Das Einfamilienhaus wurde im Jahr 2002 errichtet und vom Erblasser bis zu dessen Tod privat genutzt.
2. Mit Einkommensteuererklärung für das Jahr 2021 vom erklärte der Bf. aus der Vermietung des Einfamilienhauses einen Verlust in Höhe von -20.720,52 Euro, der vor allem auf die Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von -13.967,65 Euro zurückzuführen war. Zusammen mit anderen Vermietungen betrugen die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung -13.934,85 Euro.
3. Nach einem Vorhalt des Finanzamtes vom legte der Bf. am durch seine steuerliche Vertretung eine Prognoserechnung mit einem prognostizierten positiven Gesamtüberschuss aus der in Rede stehenden Vermietung nach 23 Jahren in Höhe von 108.149,00 Euro, einen Regelbesteuerungsantrag und ein Anlageverzeichnis vor, in dem die Bemessungsgrundlagen für die AfA des Gebäudes mit 626.875,00 Euro und für die AfA der Einrichtung des Wohnhauses mit 45.650,00 Euro angegeben wurden.
4. Mit einem weiteren Vorhalt vom forderte das Finanzamt den Bf. auf, die für die Bemessungsgrundlage für die Gebäudeabschreibung maßgeblichen fiktiven Anschaffungskosten mit einer Ertragswertberechnung nachzuweisen.
5. Am legte der Bf. ein Schätzungsgutachten vor, mit dem unter ausschließlicher Anwendung der Sachwertmethode zum Bewertungsstichtag der Sachwert des Bodens mit 641.040,00 Euro, der Sachwert des Wohnhauses mit 557.543,04 Euro und der Verkehrswert des Grundstückes mit 1.198.583,04 Euro angegeben wurde. Der Gebäudewert wurde mittels Neubauwerten (Erdgeschoß 96,28m²: 3.200,00 Euro/m², Obergeschoß 78.76m²: 3.200,00 Euro/m², Kellergeschoß 95,48m²: 1.600,00/m² Euro zuzüglich 30.000,00 Euro für den Swimming-Pool und die Außenanlagen) ermittelt. Zur Begründung für die ausschließliche Anwendung der Sachwertmethode gab der Gutachter an, das Wohnhaus sei ausschließlich für die Eigennutzung errichtet worden und werde nur deshalb vermietet, weil der Bf. minderjährig sei. Zudem werfe die Vermietung in der Regel keine nennenswerte Rendite ab.
6. Das Finanzamt hingegen zog im angefochtenen Bescheid ausschließlich das Ertragswertverfahren zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA des Gebäudes heran. Den Ertragswert ermittelte es aus einem Jahresreinertrag in Höhe von 17.704,21 Euro, gebildet aus dem Jahresrohertrag in Höhe von 20.509,80 Euro abzüglich Bewirtschaftungskosten in Höhe von 2.805,59 Euro sowie abzüglich von 2% des Bodenwertes, was zu einem Gebäudereinertrag in Höhe von 6.877,50 Euro führte. Dieser Ertrag multipliziert mit einem Kapitalisierungsfaktor von 34,7609 ergab einen Gebäudewert in Höhe von 239.068,00 Euro. Den Bodenwert errechnete es mit einem Quadratmeterpreis in Höhe von 1.049,10 Euro bei einer Grundfläche von 516 m² mit 541.335,60 Euro. Damit ergab sich ein Verkehrswert der Liegenschaft in Höhe von 780.000,00 Euro. Bei einer AfA-Bemessungsgrundlage in Höhe von 239.068,00 Euro und einem AfA-Satz von 1,5% betrug die AfA nur mehr 3.585,00 Euro, wodurch sich der Verlust aus der Vermietung **X-Gasse* im Jahr 2021 gegenüber der Steuererklärung auf -10.337,87 Euro verringerte. Die bescheidmäßig festgesetzten Einkünfte aus Vermietung du Verpachtung betrugen nunmehr -3.552,20 Euro.
7. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beantragte die steuerliche Vertretung des Bf., die Absetzung für Abnutzung in Höhe von 12.934,40 Euro (8.369,40 für das Gebäude auf Basis des Gutachtens und 4.565,00 für die Einrichtung) anzuerkennen. Der Heranziehung des Ertragswertverfahrens durch das Finanzamt sei entgegen zu halten, dass der Gutachter ausdrücklich erklärt habe, dass die Bewertung nach dem Ertragswertverfahren zu einem völlig falschen Ergebnis führe, weil das Haus zur Eigennutzung gebaut worden sei und die Mieterträge im Vergleich zum Wert der Liegenschaft gering seien. Die Nichtanwendbarkeit des Ertragswertverfahrens werde auch dadurch belegt, dass die Werte nach den beiden Verfahren derart weit voneinander abwichen, dass einer der Werte nicht stimmen könne. Selbst der Mittelwert erscheine noch falsch. Das Finanzamt irre, wenn es behaupte, es sei nur der Ertragswert maßgebend. In der Betriebswirtschaftslehre werde zwar grundsätzlich nach der Ertragswertmethode bewertet, es werde aber als Wertuntergrenze immer der Sach- bzw. Substanzwert herangezogen. Auch im Beschwerdefall könne die Liegenschaft nicht unter dem Marktwert bewertet werden, sondern müsse mindestens der Sachzeitwert angesetzt werden. Klarstellend werde noch festgehalten, dass der VwGH nicht ausschließlich die Ertragswertmethode als zulässig erachte, sondern diese lediglich präferiere, und auch Verkaufspreise von Vergleichsobjekten als zulässigen Vergleichsmaßstab erachte. Die fiktiven Anschaffungskosten müssten immer auch dem Marktwert = Verkehrswert entsprechen. Der nach dem Ertragswert ermittelte Verkehrswert von 780.000 sei keinesfalls marktgerecht.
8. Das Finanzamt wies die Bescheide mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Zur Begründung führte es zusammengefasst aus, die fiktiven Anschaffungskosten seien aus der Sicht des Erwerbers nach dem Grundsatz zu ermitteln, welcher Kaufpreis für den Erwerb des Grundstückes tatsachlich angefallen wäre. Dem Gesetz könne nicht entnommen werden, wie die fiktiven Anschaffungskosten zu ermitteln seien. Sie könnten nur im Schätzungsweg ermittelt werden. Die Auswahl der richtigen Bewertungsmethode sei eine Sachverhaltsfrage, die im Rahmen der Beweiswürdigung zu beurteilen sei. Gleiches treffe für den Bewertungsvorgang selbst zu. Der Marktpreis von Mietobjekten orientiere sich am Ertragswert, daher könnten auch die fiktiven Anschaffungskosten vom Ertragswert abgeleitet werden (mit Hinweis auf und ). Der Ertrag sei das Kennzeichen der wirtschaftlichen Nutzung eines Grundstückes. Wertbestimmend sei primär die Überlegung, welchen Ertrag das Grundstück dem Marktteilnehmer erbringen würde (mit Hinweis auf ). Hinsichtlich der Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten sei deshalb davon auszugehen, dass für einen möglichen Liegenschaftskäufer der von ihm zu erzielende Überschuss im Rahmen der Nutzung als Vermietungsobjekt maßgebend und damit preisbestimmend sei. Ein potentieller Käufer einer Liegenschaft, die dieser ertragsbringend nutzen wolle, würde die Liegenschaft nur erwerben, wenn der verlangte Kaufpreis seine Renditeerwartung im Rahmen der beabsichtigten Vermietung erfülle. Auch nach der Lehre sei bei der Wertermittlung der fiktiven Anschaffungskosten eines Gebäudes das Ertragswertverfahren ein taugliches Verfahren (mit Hinweis auf Zorn in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer [EStG 1988] - Kommentar zu § 16 Abs. 1 Z 8 EStG Tz 9.4). Nach Jakom/Lenneis, EStG, 2017, § 16 Tz 38 und der dort zitierten Judikatur, sei dem Ertragswertverfahren grundsätzlich der Vorzug gegenüber allen anderen Wertermittlungsverfahren zu geben, wenn - wie im gegenständlichen Fall - das Gebäude zu Ertragszwecken vermietet werde. Denn für bebaute Liegenschaften, bei denen aus Vermietung und Verpachtung Erträge erzielt oder erzielt werden könnten, sei der Markt- oder der Verkehrswert in erster Linie nach dem Ertragswertverfahren zu bestimmen (mit Hinweis auf Ross-Brachmann, Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken und des Wertes von baulichen Anlagen, Seite 64 f, 413 f; Kranewitter, Liegenschaftsbewertung7 (2017), Seite 19). Daher seien auch die im Ertragssteuerrecht normierten fiktiven Anschaffungskosten in erster Linie vom Ertragswert abzuleiten. Demgegenüber stelle die Errechnung des Gebäudezeitwertes ausgehend von den im Zeitpunkt der Gutachtenserstellung angenommenen Herstellungskosten keine Ableitung des Zeitwertes des Gebäudes aus konkreten dieses Gebäude betreffenden Umständen dar.
Die fiktiven Anschaffungskosten orientierten sich im angefochtenen Bescheid an einer am Ertrag orientierten Nutzung des Objektes durch den Erwerber, nicht aber an der Verwertung (Veräußerung) der Immobilie, sei doch der Sachwert verkaufsorientiert und stelle nicht auf den Erwerbszweck ab und stehe im Streitfall ausschließlich die fortlaufende Einnahmenerzielung im Vordergrund und gerade nicht die Verwertung des Objektes durch Veräußerung desselben. Die in der Beschwerde reklamierte Berücksichtigung der fiktiven Anschaffungskosten am Sachwert ziele deshalb an der Sache vorbei. Denn während der Phase der Vermietung stehe nicht der Marktwert der Liegenschaft für den Fall des Verkaufes des Grundstückes im Vordergrund, sondern allein die Renditeerwartung, die über den Mietertrag erzielbar sei.
In der Fachliteratur werde die Rechtsansicht vertreten, dass bereits bei einer Abweichung des Ertragswerts vom Sachwert von 40% anlässlich der Gewichtung der beiden Werte der fünffache Ertragswert im Verhältnis zum einfachen Sachwert anzusetzen sei (unter Verweis aus Seiser/Kainz; Der Wert von Immobilien, S. 685). Im Streitfall liege die Abweichung der beiden Werte bei über 300%. Um den tatsächlichen (nicht den theoretischen) Verhältnissen gerecht zu werden, sei deshalb ausschließlich der Ertragswert als Maßstab heranzuziehen.
9. Mit Schreiben vom stellte der Bf. unter Wiederholung der Beschwerdeausführungen den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
10. Am legte das Finanzamt die Beschwerde samt Akten dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung derselben.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer, Jahrgang 2010, hat die Liegenschaft EZ *x* in *xx* (**X-Gasse*, *Stadt*) mit einer Grundstücksfläche von 516 m² und bebaut mit einem Einfamilienhaus im Jahr 2021 im Erbwege erworben.
2. Das Einfamilienhaus war vom Vater des Bf. in den Jahren 2001/2002 errichtet und bis zu seinem Tod im Jahr 2021 für private Wohnzwecke verwendet worden.
3. Das Wohnhaus verfügt über eine Wohnfläche von ca. 175 m², die sich über drei Geschoße erstrecken. Das Kellergeschoß verfügt über eine großflächige Garage mit elektronischem Toraufzug, einem großflächigen Kellerraum und einem Technikraum mit Gasheizung, Boiler und Waschmaschinenanschluss. Im Erdgeschoß befinden sich ein Wohn- und Essbereich mit einer Einbauküche und offenem Kamin, Zimmer, Büro, Gang und WC sowie eine Garderobe im Eingangsbereich. Im Obergeschoß befinden sich zwei Schlafzimmer, eine Galerie und Gang, ein WC, ein Badezimmer mit Doppel-Waschbecken, Badewanne und Dusche. Zudem verfügt die Liegenschaft über einen Swimmingpool, eine Terrasse, einen Garten und einen Auto-Abstellplatz.
4. Mit Mietvertrag vom wurde das Wohnhaus samt Terrasse, Garten und Pool mit Mietbeginn am für die Dauer von vier Jahren um eine monatliche Miete von 1.880,00 Euro vermietet. An Einrichtungsgegenständen wurden mitvermietet eine Garderobe, ein Badeverbau mit Spiegelschrank, ein eingebauter Schrank im WC, ein Waschbeckenverbau im Gäste-WC, ein eingebauter dreitüriger Kleiderschrank, eingebaute Büroschränke samt Schreibtisch, ein designtes Sideboard mit TV-Wand, massive Garagen-Einbauschränke und die Einbauküche samt Geräten.
2. Beweiswürdigung
Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Akten, und zwar jene unter den Punkten 1. bis 3. insbesondere aus dem Auszug aus dem Grundbuch EZ *x* in *xx*, dem Mietvertrag, dem Exposé zur in Rede stehenden Liegenschaft und dem Gutachten vom . Für die Feststellungen zu Punkt 4. folgt das Bundesverwaltungsgericht den Angaben in der vom Bf. vorgelegten Beilage über das mitvermietete Inventar.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
1. Strittig ist die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung des Gebäudes.
Gesetzliche Grundlage für die Beantwortung dieser Frage bilden die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a bis d EStG 1988 idF BGBl. 2020/96, die wie folgt lauten:
§ 16 (1) Werbungskosten sind auch
…..
8. Absetzungen für Abnutzungen und Substanzverringerungen (§§ 7 und 8). Gehört ein Wirtschaftsgut (insbesondere Gebäude) nicht zu einem Betriebsvermögen, gilt laut den für den Beschwerdefall relevanten Bestimmungen der § 16 Abs. 1 Z 8 lit a bis d EStG 1988 für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung Folgendes:
a) Grundsätzlich sind die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu Grunde zu legen. Bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind § 6 Z 11 und 12 zu berücksichtigen. § 13 ist anzuwenden.
b) Wird ein Wirtschaftsgut unentgeltlich erworben, ist die Absetzung für Abnutzung des Rechtsvorgängers fortzusetzen.
c) Wird ein zum nicht steuerverfangenes Grundstück im Sinne des § 30 Abs. 1 erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, sind der Absetzung für Abnutzung die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zu Grunde zu legen.
d) Bei Gebäuden, die der Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Ohne Nachweis eines anderen Aufteilungsverhältnisses sind von den Anschaffungskosten eines bebauten Grundstückes 40% als Anteil des Grund und Bodens auszuscheiden. Das gilt nicht, wenn die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig erheblich davon abweichen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, an Hand geeigneter Kriterien (z.B. Lage, Bebauung) abweichende Aufteilungsverhältnisse von Grund und Boden und Gebäude im Verordnungswege festzusetzen).
2. Unzweifelhaft ist das in Rede stehende Grundstück im Jahre 2021 zum ersten Mal zur Erzielung von Vermeitungseinkünften verwendet worden. Es gilt daher als zum "nicht steuerverfangenes Grundstück im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG", weshalb für die Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit c EStG 1988 die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung heranzuziehen sind.
3. Die fiktiven Anschaffungskosten werden in § 6 Abs. 1 Z 9 lit b EStG 1988 definiert als der Betrag, den der Empfänger eines unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgutes im Zeitpunkt des Empfanges aufwenden hätte müssen. Fiktive Anschaffungskosten sind also jene Kosten, die der Erwerber aufwenden hätte müssen, um das Wirtschaftsgut zu erwerben. Die fiktiven Anschaffungskosten gehen daher vom Käufer aus, im Gegensatz zum gemeinen Wert, der vom Verkäufer ausgeht (vgl. Mayr in Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 107).
4. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten durch Schätzung vorzunehmen, für deren Durchführung nähere gesetzliche Vorschriften nicht bestehen. Es ist aber jene Schätzungsmethode zu wählen, deren Ergebnisse den tatsächlichen Gegebenheiten am nächsten kommen und eine größtmögliche Annäherung an die Wirklichkeit darstellen (vgl. ). Die Auswahl der richtigen Bewertungsmethode ist eine Sachverhaltsfrage, die im Rahmen der Beweiswürdigung zu beurteilen ist. Gutachten stellen Beweismittel dar und unterliegen als solche der freien Beweiswürdigung.
5. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass bei vermieteten Gebäuden die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten nach dem Ertragswertverfahren ein taugliches Verfahren ist (vgl. ; ). An dieser Beurteilung ändert sich für den Verwaltungsgerichtshof auch dann nichts, wenn das vermietete Objekt der äußeren Erscheinung nach den Charakter eines Ein- oder Zweifamilienhauses aufweist (vgl. 2004/0091). Das Sachwertverfahren in der Form der Ableitung des Zeitwerts aus den Neuherstellungskosten ist hingegen nicht geeignet, weil nicht fiktive Herstellungskosten, sondern fiktive Anschaffungskosten zu ermitteln sind ().
6. Der Bf. hat für seine Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten des Gebäudes ein Gutachten mit ausschließlicher Anwendung der Sachwertmethode vorgelegt, in dem der Gebäudewert anhand der Neuherstellungskosten abzüglich einer Alterswertminderung ermittelt wurde. Eine derartige Berechnung des für die AfA maßgebenden Gebäudewertes scheidet nach dem oben Gesagten aber schon deshalb aus, weil für die AfA-Bemessungsgrundlage beim in Rede stehenden Gebäude die fiktiven Anschaffungskosten und nicht die fiktiven Herstellungskosten heranzuziehen sind.
7. Demgegenüber hat das Finanzamt die fiktiven Anschaffungskosten des Gebäudes unter Anwendung des Ertragswertverfahrens ermittelt. Es hat dabei die vom Bf. in der Prognoserechnung angesetzte jährliche Miete in Höhe 20.509,80 Euro um Bewirtschaftungskosten in Höhe von 2.805,59 Euro sowie um eine Bodenwertverzinsung (2% des Bodenwertes) in Höhe von 10.826,71 Euro vermindert. Den so errechneten Gebäudereinertrag in Höhe von 6.877,50 Euro hat es mit dem Kapitalisierungsfaktor von 34,7609 multipliziert und ist so zu einem Gebäudewert in Höhe von 239.068,00 Euro gelangt. Das Bundesfinanzgericht kann nicht finden, dass diese Ertragswertermittlung fehlerhaft oder unplausibel wäre. Auch in der Beschwerde wurden keine Einwände gegen die Ertragswertberechnung als solche vorgebracht. Wenn das Finanzamt bei den Bewirtschaftungskosten (2.805,59 Euro) und dem Preis für unbebauten Grund und Boden (1.049,10 €/m²) von den Ansätzen der beschwerdeführenden Partei (Bewirtschaftungskosten in Höhe von 2.989,29 Euro laut Prognoserechnung für das Jahr 2022 und Bodenpreis in Höhe von 1.200 €/m² laut Gutachten) abweicht, so haben sich diese Abweichungen in einem vergleichsweise höheren Gebäudewert niedergeschlagen und kann sich der Bf. dadurch nicht als beschwert erachten.
8. Die im Gutachten und in der Beschwerde gegen das Ertragswertverfahren und für die Anwendung des Sachwertverfahrens ins Treffen geführten Argumente überzeugen nicht. Es ist eine Tatsache, dass das in Rede stehende Wohnhaus seit 2021 vermietet wird. Damit bilden gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 zwingend die fiktiven Anschaffungskosten die Bemessungsgrundlage für die AfA. Für die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten ist, wie bereits ausgeführt, das Ertragswertverfahren eine taugliche Methode. Dass die Vermietung nur deshalb erfolgt, weil der minderjährige Bf. das Wohnhaus nicht für eigene Wohnzwecke nutzen kann, steht der Anwendung des Ertragswertverfahrens ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass das Wohnhaus für private Wohnzwecke errichtet und bis zur Vermietung im Jahr 2021 auch tatsächlich für private Wohnzwecke verwendet wurde (vgl. dazu nochmals ). Dass die in Rede stehende Vermietung keine nennenswerte Rendite abzuwerfen geeignet sei, wird schon durch die vom Bf. vorgelegte Prognoserechnung widerlegt, mit der ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten nach 23 Jahren in Höhe von 108.149,00 Euro prognostiziert wird, was selbst unter Zugrundelegung des Substanzwertes laut Gutachten (1.198.583,04 Euro) einer Rendite von ca. 9% entspricht. Der Umstand, dass die Werte nach dem Sachwertverfahren laut Gutachten und nach dem Ertragswerteverfahren, wie ihn das Finanzamt ermittelt hat, stark voneinander abweichen spricht schon deshalb nicht für die Heranziehung des Sachwertes, weil dieser als Herleitung aus Neuherstellungskosten eben keine fiktiven Anschaffungskosten abzubilden geeignet ist. Wenn die Beschwerde schließlich einwendet, der Verwaltungsgerichtshof halte neben dem Ertragswertverfahren auch die Heranziehung von Verkaufspreisen von Vergleichsobjekten für zulässig, ist dem zu entgegnen, dass der Bf. im Beschwerdefall keine solchen Verkaufspreise vorgelegt hat und zudem auch bei der Vergleichswertmethode von einem Käufer auszugehen ist, der das gekaufte Objekt zu Zwecken der Vermietung nutzen will (vgl. dazu Jakom/Lenneis, EStG 2021 § 16 Tz 39). Die Beschwerde war daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.
9. Der Beschwerde ist aber darin zu folgen, dass im angefochtenen Bescheid zu Unrecht keine AfA für die Einrichtung des Wohnhauses berücksichtigt worden ist. Wie zum Sachverhalt festgestellt, ist das Wohnhaus mit den Einrichtungsgegenständen laut Beilage ausgestattet und bilden diese auch Teil des Mietvertrages. Daher ist auch der Wertverzehr für diese Wirtschaftsgüter im Rahmen der Absetzung für Abnutzung zu berücksichtigen.
Für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung von Wirtschaftsgütern, für die nicht bereits Ansätze bei einem Rechtsvorgänger bestehen, die weiter zu führen wären (§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. b EStG 1988) und die auch keine zum nicht steuerverfangene Grundstücke sind (§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988) wie mitvermietete Einrichtungsgegenstände eines erstmalig vermieteten Wohnhauses, sind die tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten (§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. a EStG 1988) zu Grunde zu legen. Das bedeutet, dass im Beschwerdefall die historischen Anschaffungskosten der Einrichtungsgegenstände als Bemessungsgrundlagen für AfA anzusetzen sind, auch wenn diese bereits Jahre nach der Anschaffung oder Herstellung erstmalig vermietet werden.
Eine exakte Ermittlung der tatsächlichen Herstellungs- und Anschaffungskosten ist im Beschwerdefall nicht mehr möglich. Diese Kosten müssen daher geschätzt werden. In der Beschwerdebeilage werden die tatsächlichen Kosten der mitvermieteten Einrichtungsgegenstände mit insgesamt 45.650,00 Euro angegeben. Eine Einsicht in die Abbildungen der Einrichtungsgegenstände im Exposé lassen diese Ansätze als plausibel erscheinen und können daher der AfA zu Grunde gelegt werden. Ebenso gefolgt werden kann der in der Beschwerde angenommenen Nutzungsdauer von 10 Jahren.
10. Die Bemessungsgrundlage für das Wohnhaus beträgt daher 239.000,00 Euro, die jährliche Afa beträgt 1,5% oder 3.585,00 Euro.
Die Bemessungsgrundlage für die Einrichtung des Wohnhauses beträgt insgesamt 45.650,00 Euro, die jährliche Afa beträgt 10% oder 4.565,00 Euro.
Insgesamt ist daher eine AfA in Höhe von 8.150,00 Euro.
Die Einkünfte aus der Vermietung **X-Gasse*, *Stadt* des Jahres 2021 betragen daher -14.902,87 Euro, die gesamten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2021 sind auf -8.117,20 Euro zu korrigieren.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dieses Erkenntnis folgt bei der Beurteilung der Rechtsfrage, wie die fiktiven Anschaffungskosten zu ermitteln sind, der in dieser Hinsicht einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Abgesehen davon kommt diesem Erkenntnis keine über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung zu. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor und ist die (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a bis d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | Mayr in Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 107 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100272.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at