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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.12.2023, RV/5200006/2021

Zolltarifliche Einreihung von Abdeckplanen für Schwimmbecken; Antrag auf Erstattung

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/5200006/2021-RS1
wie RV/5200004/2021-RS1
Abdeckplanen, die erkennbar hauptsächlich dafür bestimmt sind, Schwimm- und Planschbecken abzudecken, sind nicht als Zubehör wie die Hauptware in die Position KN 9506 9990 einzureihen, sondern nach ihrer stofflichen Beschaffenheit. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung des Zubehörbegriffs im Zolltarif, ist in der gesamten Kombinierten Nomenklatur die Zubehördefinition aus den Erläuterungen zur Position HS 8473 anzuwenden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Hannl Customs Consulting GmbH, Flughafenstraße 3, 4063 Hörsching, über die Beschwerden vom15. August 2020 und vom gegen die Bescheide des Zollamtes Linz Wels (nun Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***520000/000000a/2020***, und vom , Zahl: ***520000/000000b/2020***, betreffend Erstattung von Einfuhrabgaben zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Abdeckplanen aus Kunststofffolien mit Ursprungsland China sind mit den Zollanmeldungen ***MRN1*** (Position Nr. 3) vom und ***MRN2*** (Position Nr. 1) vom jeweils in die Warennummer 3926 9092 90 eingereiht und antragsgemäß zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen worden.

Am 13. bzw wurden durch den Vertreter des Warenempfängers, der ***Bf***, Anträge auf Erstattung eingebracht. In der Begründung wird ua auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7200108/2017, verwiesen, wonach Abdeckplanen für Pools in die Position 9506 9990 einzureihen seien.

Mit Entscheidungen vom , Zahl: ***520000/000000a/2020***, und vom , Zahl: ***520000/000000b/2020***, hat das Zollamt den Anträgen nicht stattgegeben.
In der Begründung verweist die Abgabenbehörde auf die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1531 der Kommission vom zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (KN) und mehrere gleichlautende Entscheidungen über verbindliche Zolltarifauskünfte (zB FR BTI FR -BTI-2019-14766, FR BTI FR-BTI-2020-00222), wonach Planen zum Schutz für Schwimmbecken in runder und in rechteckiger Form dem KN-Code 3926 (Zollbelastung: 6,5 %) zuzuweisen sind.

Mit Eingaben vom und vom wurden gegen diese Entscheidungen Beschwerden erhoben und die Anwendbarkeit der genannten Verordnung auf die gegenständliche Ware bestritten. Bei den streitgegenständlichen Poolplanen handle es sich um Erzeugnisse, die einen Tunnelzug mit Befestigungsschnüren und Drainagelöcher aufweisen. Sie könnten deshalb ausschließlich zur Abdeckung eines bestimmten Pools, hier des Pools "***Artikel***verwendet werden. Es handle sich nicht um einen Teil eines Schwimmbeckens, jedoch eindeutig um Zubehör.
Mangels Legaldefinition im Zolltarifrecht sei auf allgemeine Rechtsvorschriften zurückzugreifen:
a) Gemäß § 97 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist
(1) Zubehör eine bewegliche Sache, die ohne Bestandteile der Hauptsache dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache dient,
(2) hebt die vorübergehende Trennung einer Sache von der Hauptsache die Zubehöreigenschaft nicht auf.
b) Die im BGB getroffenen Legaldefinition bereite im Alltag Schwierigkeiten, dennoch sei der Rückgriff auf das BGB die einzige Option, Zubehör zu definieren.

Das Zollamt hat die Beschwerden vom und vom mit den Bescheiden vom , Zahlen: ***520000/000000a/1/2020*** und ***520000/000000b/1/2020***, als unbegründet abgewiesen.
In den Begründungen wird im Wesentlichen ausgeführt, eine Einreihung der Waren in Position 9506 als Teil oder Zubehör eines Schwimm- oder Planschbeckens sei ausgeschlossen, da die Waren nicht erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Schwimm- oder Planschbecken im Sinne der Anmerkung 3 zu Kapitel 95 bestimmt seien. Die Waren könnten auch deswegen nicht als Teil oder als Zubehör eines Schwimm- oder Planschbeckens der Position 9506 angesehen werden, da sie weder für die Funktion eines Schwimm- oder Planschbeckens unabdingbar seien, noch die Schwimm- oder Planschbecken für die Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet machen oder die Verwendungsmöglichkeiten erweitere oder in die Lage versetze, eine Sonderarbeit auszuführen, die mit der Hauptfunktion, nämlich Schwimmen oder Planschen, im Zusammenhang stehe (vgl , Unomedical, Rn 29 und 36). Die Schwimm- oder Planschbecken könnten nicht verwendet werden, wenn sie abgedeckt sind.

Mit Schreiben vom 24. bzw hat die Beschwerdeführerin (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) beantragt, das Bundesfinanzgericht möge über die Beschwerden entscheiden (Vorlageanträge).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Artikel 116 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (Unionszollkodex, UZK) bestimmt, dass zu hoch bemessene Einfuhrabgabenbeträge unter den in diesem Abschnitt festgelegten Voraussetzungen erstattet oder erlassen werden.

Am 13. und hat die Bf Erstattungsanträge zu den Zollanmeldungen ***MRN1*** (Position Nr. 3) vom und ***MRN2*** (Position Nr. 1) vom mit der Begründung eingebracht, die eingeführten Abdeckplanen seien nicht der Position HS 3926, sondern der HS Unterposition 9506 99 zuzuordnen.

Gemäß Artikel 33 UZK treffen die Zollbehörden auf Antrag Entscheidungen über verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA-Entscheidungen).
Gemäß Abs 2 Buchstabe a leg cit sind vZTA-Entscheidungen nur hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung der Waren sowohl für die Zollbehörden als auch gegenüber dem Inhaber der Entscheidung nur hinsichtlich der Waren verbindlich, für die die Zollformalitäten nach dem Zeitpunkt erfüllt werden, zu dem die Entscheidung wirksam wird.

Laut Aktenlage hat die Bf im August 2017 beim Hauptzollamt Hannover Anträge auf Entscheidung über eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) für runde und rechteckige Abdeckplanen aus Kunststofffolie für Pools eingebracht. Laut den Angaben in den Anträgen (Feld 8) erwartete die Antragstellerin eine Einreihung der Waren in den Zollnomenklaturcode 3926 9092 90.
In der Folge wurden der Bf im November 2018, also erst nach Überlassung der verfahrensgegenständlichen Waren, die vZTA-Entscheidungen mit den Referenznummern ***DE1*** (für eine runde Abdeckplane) und ***DE2*** (für eine rechteckige Abdeckplane) erteilt, die ursprünglich von Dezember 2018 bis Dezember 2021 gültig waren. Nach diesen Entscheidungen sind die betreffenden Abdeckplanen unter Anwendung der Allgemeinen Vorschriften (AV) 1,2 b), 5 b) und 6 KN, der Anmerkung 1 Abs 1 zu Kapitel 39 KN sowie der Anmerkung 10 zu Kapitel 39 KN in die Warennummer 3926 9092 90 als andere Ware aus Kunststoffen, andere als in den Positionen 3901 bis 3925 KN und in den Codenummern 3926 1000 00 0 bis 3926 9092 30 0 genannt, einzureihen.
Durch eine Änderung der Kombinierten Nomenklatur ist die Unterposition 3926 9092 KN zum Ablauf des Jahres 2019 aufgehoben worden, wodurch die genannten Auskünfte zu diesem Zeitpunkt ihre Gültigkeit verloren haben.

Schon zuvor hatte die Bf am bzw am10. Dezember 2018 Einspruch gegen die vZTA-Entscheidungen des Hauptzollamtes Hannover eingelegt und vorgebracht, die betreffenden Abdeckplanen seien aus den oa Gründen als Zubehör eines Schwimm- und Planschbeckens in die Warennummer 9506 9990 00 einzureihen.
Mit Einspruchsentscheidung vom bzw vom sind die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen worden.
Die Bf erhob in der Folge am Klage und beantragte die Aufhebung der vZTAs ***DE1*** und ***DE2*** und die Erteilung von vZTAs, mit denen die betreffenden Waren in die Unterposition 9506 9990 KN eingereiht werden. In den Vorlageanträgen vom 24. und weist die Bf auch ausdrücklich darauf hin, dass es ihr nicht um die Höhe des Erstattungsbetrages gehe, sondern vielmehr um eine grundsätzliche Entscheidung, die beim Finanzgericht Hamburg anstehe.

Das Finanzgericht Hamburg hat mit den Urteilen vom , Aktz: *** und ***, entschieden, dass die Klagen zulässig sind, weil die Bf bei der österreichischen Zollverwaltung noch Beschwerdeverfahren gegen Einfuhrabgabenbescheide anhängig habe, die auf Einfuhren der in Rede stehenden Poolplanen während des Gültigkeitszeitraums der angefochtenen vZTAs beruhten und für die die Rechtmäßigkeit der angegriffenen vZTAs maßgeblich sei. Ihr Rechtsschutzinteresse bestehe daher auch nach Aufhebung der Entscheidungen fort.
Die Klagen sei aber unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Erteilung einer vZTA, in der die Poolplanen als Zubehör zu einem Schwimm- oder Planschbecken in die Unterposition 9506 9990 KN eingereiht werden. Die Einreihung der Waren nach ihrer stofflichen Beschaffenheit sei rechtmäßig.

Für die Einreihung einer runden oder rechteckigen Abdeckplane kommt im maßgeblichen Zeitraum entweder die Position KN 9506 9990 als Zubehör zu einem Schwimm- und Planschbecken iVm der Anmerkung 3 zu Kapitel 95 KN oder die Position KN 3926 9092 iVm der Anmerkung 2 y) zu Kapitel 39 KN als eine aus Folien hergestellte andere Ware aus Kunststoffen in Betracht.
Einer Einreihung als Zubehör zu einem Schwimm- und Planschbecken steht zwar nicht die Verordnung 2018/1531 entgegen, die Voraussetzungen der Anmerkung 3 zu Kapitel 95 KN und des durch die EuGH-Rechtsprechung geprägten Zubehörbegriffs sind aber nicht erfüllt, obwohl die Plane erkennbar jedenfalls hauptsächlich zur Abdeckung von Schwimm- und Planschbecken bestimmt ist. Daher ist sie nach ihrer stofflichen Beschaffenheit einzureihen.

Der Bf ist zuzustimmen, dass die Einreihungsverordnung 2018/1531 im vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar ist, da die in Rede stehenden Planen und die in der Verordnung beschriebene "Luftpolster-Kunststofffolie" nicht identisch sind, sondern unterschiedliche Beschaffenheitsmerkmale aufweisen.
Die Verordnung ist auch nicht entsprechend anwendbar. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Tarifierungsverordnungen aufgrund ihres Normcharakters nicht nur auf identische, sondern auch auf solche Produkte anzuwenden, die denjenigen entsprechen, die von der Tarifierungsverordnung erfasst werden. Dies gewährleistet eine kohärente Auslegung der Kombinierten Nomenklatur und eine Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer (EuGH, , C-435/15 und C-666/15, Grofa, Rn 37; , C-91/15, Kawasaki Motors Europe, Rn 39). Voraussetzung hierfür ist, dass sich die einzureihenden und die in der Einreihungsverordnung bezeichneten Waren einander hinreichend ähnlich sind (EuGH, , C-435/15 und C-666/15, Rn 38). Die Warenbeschreibung muss in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmen (vgl BFH, , VII R 20/07, Rn 13). Maßgeblich sind nur die einreihungsrelevanten Merkmale (EuGH, , C-14/05, Anagram International, Rn 33). Die Begründung der Verordnung ist insoweit zu berücksichtigen (EuGH, , C-435/15 und C-666/15, Rn 38).
Nach diesen Grundsätzen sind die verfahrensgegenständlichen Planen und die in der Einreihungsverordnung beschriebene Ware nicht hinreichend ähnlich.

In der Einreihungsverordnung ist von einer flachen, biegsamen Ware die Rede, bestehend aus einer Luftpolster-Kunststofffolie, die kreisförmig ist und einen Durchmesser von etwa 305 cm besitzt.
Bei den verfahrensgegenständlichen Waren handelt es sich um Planen, die laut Angaben der Bf zur Abdeckung eines bestimmten Pools verwendet werden, nämlich des Pools "***Artikel***. Sie bestehen ebenfalls aus Kunststofffolien, sind biegsam, dreidimensional gestaltet, an den Seiten mit einem ca 20 cm breiten Rand, der mit verstärkten Löchern sowie Befestigungsschnüren aus Spinnstoff ausgestattet ist. Dadurch können die Abdeckungen am Pool befestigt werden und liegen nicht nur auf der Wasseroberfläche auf. Überdies verfügen die Abdeckplanen über mehrere Drainagelöcher an der Oberseite, die verhindern, dass sich zu viel Regenwasser auf der Plane sammelt und durch dessen Gewicht gegebenenfalls der Pool oder die Plane selbst beschädigt werden. Über Luftpolster in der Kunststofffolie verfügen die Planen nicht. Die Folien sind miteinander vernäht und an den Rändern verschweißt.
Die Kunststofffolie aus der Einreihungsverordnung ist als Abdeckung für ein Schwimm- oder Planschbecken aufgemacht und dient dazu, das Wasser bei optimaler Temperatur und das Becken sauber zu halten. Die gegenständlichen Abdeckplanen sind ebenfalls eine Poolabdeckung, die bezweckt, den Pool vor Verschmutzungen zu schützen, eine Verdunstung des Wassers zu verzögern und ihn länger warmzuhalten.
Die zwischen den Waren bestehenden Unterschiede sind von solchem Gewicht, dass sich die Poolabdeckungen nicht mehr hinreichend ähnlich sind. Diese Abweichungen betreffen - insbesondere mit Blick auf die zu berücksichtigende Begründung der Verordnung - wesentliche, einreihungsrelevante Merkmale. Nach der Begründung der Verordnung ist eine Einreihung der Abdeckplane in die Position 9506 KN als Zubehör eines Schwimm- oder Planschbeckens ausgeschlossen, da die Ware nicht erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für solche Becken iSd Anmerkung 3 zu Kapitel 95 KN bestimmt ist. Dies trifft auf die gegenständlichen Waren nicht zu. Sie sind erkennbar jedenfalls hauptsächlich zur Abdeckung von Schwimm- oder Planschbecken bestimmt.

Zubehör ist dann erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für konkrete (Haupt-)Waren einer KN-Position bestimmt, wenn die Beschaffenheit der (Zubehör-)Ware den entsprechenden abstrakten ausschließlichen oder hauptsächlichen Verwendungszweck erkennen lässt. Dieses Kriterium deckt sich mit den seitens der Rechtsprechung des EuGH erarbeiteten Anforderungen, wonach es für ein Tarifierungsmerkmal, das auf einer besonderen Verwendung der betreffenden Waren beruht, nicht erforderlich ist, dass die alleinige oder ausschließliche Zweckbestimmung des einzureihenden Erzeugnisses dieser Verwendung entspricht, sondern dass es ausreicht, wenn die in der fraglichen Position genannte Verwendung die wesentliche Zweckbestimmung dieses Erzeugnisses darstellt. Allein die tatsächliche (konkrete) Verwendung der verfahrensgegenständlichen Ware ohne Berücksichtigung ihrer objektiven Beschaffenheit ist für die Einreihung demgegenüber nicht relevant. Die Warenbeschaffenheit muss vielmehr den Rückschluss auf die genannte Zweckbestimmung zulassen. Eine solche hauptsächliche bzw wesentliche Zweckbestimmung ist nur dann erfüllt, wenn die aus den objektiven Wareneigenschaften erkennbare Zweckbestimmung der betreffenden (Zubehör-)Ware die Verwendung im Wesentlichen für eine konkrete (Haupt-)Ware ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn aus den objektiven Wareneigenschaften auch eine erhebliche, praktisch relevante Verwendung an Waren anderer Positionen ersichtlich ist (zB BFH, , VII R 21/20, mN zur Rspr des EuGH).

Aus der objektiven Beschaffenheit der streitgegenständlichen Abdeckplanen kann der Rückschluss gezogen werden, dass es ihr jedenfalls hauptsächlicher Zweck ist, als Poolabdeckung verwendet zu werden.
Die Form der miteinander vernähten und an den Rändern verschweißten Folien, der seitliche etwa 20 cm breite Rand, der über einen Tunnelzug mit einer Spinnstoffschnur verfügt, verdeutlichen, dass die Abdeckplanen dazu bestimmt sind, über den Rand eines großen "Behälters" gestülpt zu werden. Anschließend wird die jeweilige Abdeckplane mithilfe der Spinnstoffschnur an diesem "Behälter" festgeschnürt. Von besonderer Bedeutung für die wesentliche Zweckbestimmung der Plane sind nun die Drainagelöcher. Sie zeigen zunächst, dass der "Behälter" im Freien steht und Regenwasser ausgesetzt ist. Von Relevanz ist weiters die Position dieser Entwässerungs- bzw Drainagelöcher. Die Löcher sind so über die Oberfläche verteilt, dass, wenn die Plane über einen "Behälter" oder Becken gespannt ist und es zu regnen beginnt, sich der Regen nicht auf der Plane sammelt, sondern in den "Behälter" fließt. Dies hat zur Folge, dass kein Gewicht auf der Plane und - mittelbar - auf dem "Behälter" lastet, was zu Schäden führen könnte. Die weiter außen angebrachten Drainagelöcher zeigen schließlich, dass es sich bei dem abgedeckten "Behälter" um ein wasserdichtes Becken handeln muss. Könnte das Regenwasser über die mittigen Entwässerungslöcher ins Gefäß tropfen und dort weiter ablaufen, zB wie bei einem Sandkasten im Boden versickern, dann hätten die außenliegenden Entwässerungslöcher keine Funktion. Eine solche kommt ihnen erst dann zu, wenn so viel Regenwasser in den Behälter geflossen ist, dass der Wasserpegel im Becken bereits oberhalb der mittigen Drainagelöcher liegt, die Plane mittig also bereits von Wasser bedeckt ist. Das oberhalb dieser Drainagelöcher stehende Wasser drückt in diesem Fall die Plane aufgrund seines Gewichts nach unten. Würde es die äußeren Entwässerungslöcher nicht geben, dann würde bei einem weiteren Ansteigen des Wasserpegels auch das Gewicht zunehmen, das auf die Plane bzw auf den "Behälter" einwirkt. Die weiter außen auf der Planenoberfläche positionierten Drainagelöcher verhindern dies bzw nehmen jedenfalls in einem gewissen Maße den Druck von der Plane und insbesondere vom Rand des "Behälters", auf den das Gewicht des auf der Plane gesammelten Regenwassers im Wesentlichen lastet. Bei einer Gesamtschau dieser objektiven Beschaffenheitsmerkmale der gegenständlichen Planen, die sich erheblich von den Merkmalen so genannter Universalabdeckplanen unterscheiden, ergibt sich folglich ihr Hauptverwendungszweck, ein kleines, im Freien stehendes Schwimm- bzw Planschbecken abzudecken.
Eine erhebliche, praktisch relevante Verwendung der Planen an Waren anderer Positionen ist nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, welche anderen mit Wasser gefüllten und im Freien stehende "Behälter" oder Becken entsprechender Größe neben Schwimmbecken existieren, die alternativ mit den Planen abgedeckt werden könnten.

Trotz der erkennbar jedenfalls hauptsächlichen Zweckbestimmung der Planen, Schwimm- und Planschbecken abzudecken, können sie nicht nach der Anmerkung 3 zu Kapitel 95 KN als Zubehör eines Schwimm- und Planschbeckens wie die Hauptware in die Position KN 9506 9990 eingereiht werden.
Selbst die ausschließliche Bestimmung einer Ware für eine andere (Haupt-)Ware führt nicht dazu, dass die Ware (automatisch) als Zubehör der (Haupt-)Ware zu qualifizieren wäre. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist dies nicht einmal ein "relevanter Aspekt" für die Qualifizierung als Zubehör (EuGH, , C-336/11, Rn 39). Letzteres ist vielmehr, anders als in dem von der Bf im Erstattungsantrag angeführten BFG-Erkenntnis RV/7200108/2017 vom betreffend eine vZTA für Solarabdeckplanen, selbständig zu prüfen. Vorliegend stellen die Abdeckplanen kein "Zubehör" im Sinne der Kombinierten Nomenklatur dar.

Die Begriffsdefinition für "Zubehör" in § 97 des deutschen BGB, auf die die Bf verweist, bzw für "Zugehör" in § 294 ABGB ist für die zolltarifliche Einreihung von Waren nicht ausschlaggebend.
Vielmehr wendet der EuGH zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung des Zubehörbegriffs im Zolltarif die Zubehördefinition aus den Erläuterungen zur Position HS 8473 in der gesamten Kombinierten Nomenklatur an.
Danach setzt "Zubehör" das Vorliegen einer auswechselbaren Vorrichtung voraus, die ein Gerät für die Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet macht, seine Verwendungsmöglichkeiten erweitert oder es in die Lage versetzt, eine im Zusammenhang mit seiner Hauptfunktion stehende Sonderarbeit auszuführen (EuGH, , C-152/10, Unomedical, Rn 29). Diese Voraussetzungen erfüllen die gegenständlichen Abdeckplanen nicht. Verwendungszweck eines Schwimm- oder Planschbeckens ist das Schwimmen bzw. Planschen. In den Gründen der Verordnung 2018/1531 und in den Beschwerdevorentscheidungen vom wird zutreffend darauf hingewiesen, dass das Becken gar nicht verwendet werden kann, wenn es abgedeckt ist. Von einer Erweiterung der Verwendungsmöglichkeiten, der Ausführung einer Sonderarbeit oder dazu, das Becken zur Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet zu machen, kann daher keine Rede sein. Soweit die Bf eine Erweiterung der Verwendungsmöglichkeiten darin sieht, dass die Abdeckplane den Pool vor Wärmeverlusten schützt und er in zeitlicher Hinsicht daher länger genutzt werden könne, folgt das Gericht dieser Argumentation nicht. Die "Erweiterung der Verwendungsmöglichkeiten" in der oa Zubehördefinition ist nicht zeitlich, sondern funktionell zu verstehen. Die Plane müsste also dazu führen, neben dem Schwimmen und Planschen eine weitere Verwendungsmöglichkeit des Pools zu eröffnen. Dies ist aber nicht der Fall. Die Plane führt lediglich dazu, dass die Reinigungsarbeiten am Pool geringer ausfallen und der Komfort des Pools erhöht wird.

Die von der Bf vorgetragenen generellen Bedenken gegen die Auslegung des Zubehörbegriffs durch den EuGH in der Kombinierten Nomenklatur werden nicht geteilt. Die Kombinierte Nomenklatur verwendet den Begriff "Zubehör" in vielen Anmerkungen und Positionen, ohne ihn jedoch zu definieren. Der EuGH hat sich insoweit an die Zubehördefinition in den Erläuterungen zur Position HS 8473 angelehnt und wendet diese nicht nur auf Zubehör dieser Position an, sondern innerhalb der gesamten Kombinierten Nomenklatur. Anders als die Bf meint, liegt hierin keine unzulässige Analogiebildung. Der EuGH legt vielmehr einen unbestimmten Rechtsbegriff aus. Es ist bereits deshalb überzeugend, den Zubehörbegriff in der gesamten Kombinierten Nomenklatur so auszulegen wie es in der Position KN 8473 der Fall ist, da nichts dafürspricht, dass die Kombinierte Nomenklatur dem einheitlich verwendeten Begriff "Zubehör" in den verschiedenen Kapiteln der KN eine unterschiedliche Bedeutung beimisst. Insoweit hat der EuGH auch zu Recht darauf hingewiesen, dass aus der Anmerkung 2 a) zu Kapitel 90 KN bereits der Schluss gezogen werden kann, dass der Zubehörbegriff in den Kapiteln 84, 85, 90 und 91 der KN dieselbe Bedeutung haben muss. Gründe, warum dies im Kapitel 95 KN anders sein sollte, sind nicht ersichtlich. Solche sieht zB auch der deutsche Bundesfinanzhof nicht, der ausdrücklich die Zubehördefinition zur Position KN 8473 auf Zubehör nach der Anmerkung 3 zu Kapitel 95 KN überträgt (BFH, , VII R 39/12, Rn 22) und auch im Übrigen insoweit der Rechtsprechung des EuGH zur Gewährleistung einer kohärenten Auslegung der KN folgt (BFH, , VII R 19/17, Rn 13).
Das Bundesfinanzgericht hält die vom EuGH insoweit vorgenommene Auslegung der KN für zutreffend und überzeugend und sieht keine Gründe, hiervon abzuweichen.

Zusammenfassend kommt das Bundesfinanzgericht aus den genannten Gründen zu dem Schluss, dass die verfahrensgegenständlichen Abdeckplanen entgegen der Begründung in den Erstattungsanträgen kein Zubehör eines Schwimm- und Planschbeckens darstellen und nach ihrer stofflichen Beschaffenheit einzureihen sind. Es handelt sich - wie in den Zollanmeldungen ***MRN1*** (Position Nr. 3) vom und ***MRN2*** (Position Nr. 1) vom angegeben - um eine andere Ware aus Kunststoffen der Position HS 3926, da sie aus Folien hergestellt ist, der Position KN 3926 9092.

Den Anträgen der Bf auf Erstattung von Einfuhrabgabenbeträgen (Artikel 116 UZK) ist vom Zollamt daher zu Recht nicht stattgegeben worden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen liegen - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 33 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 116 Abs. 1 Buchstabe a UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Verweise

BFH , VII R 39/12
BFH , VII R 20/07

BFH , VII R 21/20


BFH , VII R 19/17
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5200006.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at