Anwendung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 auf eine fünf Jahre nach der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit vom Geschäftsführer verlangte Abfindung der Firmenpension
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Pickerle + Tengg Wirtschaftsprüfungs- und SteuerberatungsgesmbH, Bahnhofstraße 8, 9500 Villach,
über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
In Streit steht die Anwendung des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 auf die vereinbarte Kapitalabfindungssumme der - nach Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit zustehenden Firmenpension - im Zuge des (späteren) Ausscheidens als Gesellschafter.
I. Verfahrensgang
1.) Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz Bf.) war Gründungs-und Mehrheitsgesellschafter der (nunmehrigen) BFGmbH.
Die Funktion als geschäftsführender Gesellschafter mit selbständiger Vertretungsbefugnis endete per und schied der Bf. per als Gesellschafter dieser Gesellschaft aus.
2.) Für den im Zuge seines Ausscheidens als Gesellschafter festgelegten Barwert der Abfindung seiner Firmenpension beantragte der Bf. in seiner Einkommensteuererklärung 2018 die Anwendung des begünstigten Steuersatzes gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988.
Die Abfindungssumme wurde im bekämpften Einkommensteuerbescheid tarifbesteuert.
3.) In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde vom begründete der Bf. den Hälftesteuersatz mit der erst im Streitzeitraum zu unterstellenden Betriebsaufgabe seiner betrieblichen Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit gemäß § 22 Z 2 2. Halbsatz EStG 1988 und dem daraus folgenden Gebot, die Abfindungsforderung infolge des Wechsels der Gewinnermittlungsart zu bilanzieren.
4.) Gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom brachte der Bf. innerhalb offener Frist am einen Vorlageantrag ein.
Die Amtspartei begehrte die Abweisung der Beschwerde unter Verweis auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1.) Sachverhalt
1.1.) Gesellschaftsverhältnisse
Der Bf. war Gründungs-und Mehrheitsgesellschafter der (nunmehrigen) BFGmbH und seit dem Jahr 1990 bis zum geschäftsführender Gesellschafter mit selbständiger Vertretungsbefugnis.
Der Bf vollendete sein 65. Lebensjahr am tt.mm.2013 und legte seine Geschäftsführerfunktion am zurück. Am schied der Bf. als Gesellschafter aus der Gesellschaft aus.
1.2.) Vertragliche Vereinbarungen
a) Geschäftsführerbestellungsvertrag vom
Unter dessen § 7 wurde u.a. vereinbart, dass der Bf. im Falles eines Ausscheidens als Geschäftsführer nach Erreichen des normalen Alterspensionsalters ein Brutto-Ruhegehalt iHv 50% des letzten Aktivbezuges vierzehnmal jährlich erhält, wobei sein Pensionsanspruch und die Firmenpension zusammen nicht mehr als 100% seines letzten Aktivbezuges ausmachen dürfen.
b) Ergänzung vom
In der Ergänzung zum o.a. Geschäftsführerbestellungsvertrag vom wird nach Punkt 1. (betreffend Entfall der Bestimmungen über die Witwenpension) in Punkt 2. festgehalten:
[...]
c) Pensionsabfindungsvereinbarung vom
Die zwischen dem Bf. und der GesmbH unterzeichnete Pensionsvereinbarung enthält u.a. nachfolgende Bestimmungen:
"1. ……
In § 7 des Geschäftsführerbestellungsvertrages vom sowie in der Ergänzung zu diesem Geschäftsführerbestellungsvertrag vom wurde zwischen Herrn BF und der BFGmbH vereinbart, dass Herr BF Anspruch auf eine Firmenpension in klar definierter Höhe hat und nach Erreichen des 65. Lebensjahres und bei Ausscheiden als Geschäftsführer oder als Gesellschafter eine Kapitalabfindung in Höhe des Barwertes der Pensionsverpflichtung verlangen kann.
Nachdem Herr BF am tt.mm.2013 das 65. Lebensjahr erreicht hat und am als Geschäftsführer und am auch als Gesellschafter aus der BFGmbH ausgeschieden ist, hat er kurz vor Abschluss der hier gegenständlichen schriftlichen Vereinbarung seinen Anspruch auf Kapitalabfindung seiner Firmenpension gegenüber der BFGmbH geltend gemacht.
2. Gegenstand
Gegenstand dieser Vereinbarung ist die von Herrn BF geltend gemachte Kapitalabfindung seiner Firmenpensionsanspruches gegenüber der BFGmbH.
Der Barwert des Pensionsanspruches des Herrn BF wird einvernehmlich mit € 1.177.000,00 (Euro einemillioneinhundertsiebenundsiebzigtausend) festgestellt.
3. Fälligkeit des Kapitalabfindungsbetrages
Die einvernehmlich festgestellte und angemessene Kapitalabfindung in Höhe € 1.177.000,00 (Euro einemillioneinhundertsiebenundsiebzigtausend) ist von der BFGmbH in drei Raten an Herrn BF zu bezahlen, wobei die erste Rate in Höhe von € 739.000,00 bei beidseitiger Vertragsunterfertigung, die zweite Rate in Höhe von € 219.000,00 binnen einem Jahr nach beidseitiger Vertragsunterfertigung und die dritte Raten in Höhe von € 219.000,00 binnen zwei Jahren nach Vertragsunterfertigung zur Zahlung fällig ist.
……..
4. Wertsicherung
Für die zweite und dritte Rate in Höhe von jeweils € 219.000,00 wird Wertbeständigkeit vereinbart. Diese Raten sind auf Grundlage des Verbraucherpreisindex 2015 der Statistik Austria wertbeständig zu halten, ausgehend vom Wert für den der Vertragsunterfertigung vorausgehenden Monat und verglichen mit dem Wert für den der jeweiligen Ratenzahlung vorhergehenden Monat.
5. Verzugszinsen
Für den Fall des Zahlungsverzuges werden Verzugszinsen in Höhe von 10 % p. a. des jeweils fälligen und unberichtigt aushaftenden Betrages vereinbart.
6. Besicherung - Sicherungszession
Zur Sicherstellung der zweiten und dritten Rate des Kapitalabfindungsbetrages tritt die *** GmbH sämtliche Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die ab beidseitiger Unterfertigung dieses Vertrages entstehen, an Herrn BF ab.
Sollte BFGmbH die zweite und dritte Rate des Kapitalabfindungsbetrages trotz schriftlicher Mahnung und Nachfristsetzung von 30 Tagen nicht bezahlen, ist Herr BF berechtigt die Drittschuldner von der erfolgten Zession zu verständigen.
………"
1.3.) Feststellungen:
Der Bf. vollendete sein 65. Lebensjahr am tt.mm.2013 und beendete mit Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters seine betriebliche Geschäftsführertätigkeit am .
Die Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit zu diesem Zeitpunkt stellt die Einstellung seiner betrieblichen Tätigkeit (eine Betriebsaufgabe) dar. Nach Einstellung seiner aktiven Geschäftsführertätigkeit bezog der Bf. ab Juni 2013 eine Firmenpension (vereinbarungsgemäß: "Ruhegehalt"), eine (aktive) Erwerbstätigkeit übte der Bf. ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus.
Am schied der Bf. als Mehrheitsgesellschafter aus.
Gemäß der Pensionsabfindungsvereinbarung vom machte der Bf. im Zuge des Ausscheidens als Gesellschafter von der ihm vertraglich eingeräumten Möglichkeit - nach Erreichen des 65. Lebensjahres und Zurücklegung seiner Geschäftsführerfunktion oder bei Ausscheiden als Gesellschafter, entsprechend den Vereinbarungen im Geschäftsführerbestellungsvertrag vom und in dessen Ergänzung vom - Gebrauch, eine Barabfindung seines Firmenpensionsanspruches in Höhe des Barwertes zu verlangen.
Der Barwert wurde einvernehmlich iHv Euro 1,177.000,00 festgelegt und eine ratenweise Zahlung dieser Abfindungssumme derart vereinbart, dass die erste Rate im Ausmaß von Euro 739.000,00 bei Vertragsunterzeichnung (2018), die zweite und dritte Rate (in Höhe von jeweils Euro 219.000,00) ein Jahr bzw. zwei Jahre nach Vertragsunterzeichnung zu begleichen waren. Die erste und zweite Rate waren daher im Jahr 2018 nicht zur Zahlung fällig gewesen.
Die bis zum Ausscheiden als Gesellschafter () bezogenen Firmenpensionszahlungen gab der Bf. ab 2013 bis inklusive November 2018 als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 (iHv jährlich Euro 94.100,00) bekannt. Diese wurden der Einkommensteuer zugrunde gelegt.
In der bei der belangten Behörde eingereichten Einkommensteuererklärung für 2018 erklärte der Bf. bezüglich der Abfindungssumme einen Übergangsgewinn (im Formular 1a 001 zur Einkommensteuererklärung) und begehrte einen Betrag in Höhe von Euro 1,176.400,00 (Euro 1,177.000,00 minus Grundfreibetrag iHv Euro 3.900,00) gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 begünstigt zu besteuern.
Das Ersuchen des Finanzamtes vom um Übermittlung von Unterlagen bzw. Nachweise hinsichtlich der erfolgten Betriebsaufgabe eine Einnahmen/Ausgaben Rechnung sowie eine Berechnungsdarstellung der Übergangs-/Aufgabegewinnermittlung vorzulegen, beantwortete der steuerliche Vertreter mit dem Hinweis auf die gesetzliche Bestimmung des § 22 Z 2 2. Halbsatz EStG 1988, wonach die nach Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit bezogenen Firmenpensionszahlungen weiterhin Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit und somit betriebliche Einkünfte darstellten.
Im Zuge des Ausscheidens als Gesellschafter habe der Bf. von seinem Anspruch auf Kapitalabfindung seiner künftigen Vergütungen Gebrauch gemacht. Infolge der Beendigung der betrieblichen Einkünfte und dem damit verbundenen Wechsel der Gewinnermittlungsart zum Betriebsvermögensvergleich (2018) sei der Barwert als Forderung zu bilanzieren und deswegen der Hälftesteuersatz des § 37 Abs. 5 EStG 1988 anzuwenden.
Etwaige Unterlagen oder Nachweise, insbesondere die namentlich angeführte Übergangs-/Aufgabegewinnermittlung, wurden nicht beigebracht.
2.) Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt erfließt zum Einen aus dem geschilderten Verfahrensgang, welcher sich auf die vorgelegten Akten sowie die seitens der Richterin getätigten Abfragen im elektronischen Akt des Bf. stützt.
Zum Anderen sind die zwischen dem Bf. und der auszahlenden Kapitalgesellschaft getroffenen Vereinbarungen den dargestellten vertraglichen Bestimmungen zu entnehmen und folglich als unstrittig anzusehen.
Ohne Zweifel steht fest, dass die Einstellung der (aktiven) Geschäftsführertätigkeit am erfolgte und der Bf. ab Juni 2013 für die ehemalige ausgeübte Geschäftsführertätigkeit - vereinbarungsgemäß - ein Ruhegehalt bezog.
Dass bereits mit Geschäftsführerbestellungsvertrag vom eine (bereits auf dessen Basis) einklagbare Firmenpension in festgelegter Höhe vereinbart wurde, ergibt sich aus der dargelegten Vertragsbestimmung und basiert die (zeitlich unbefristete) Möglichkeit eine Kapitalabfindung der vereinbarten Firmenpension zu verlangen auf der Ergänzung vom .
3.) Rechtliche Beurteilung zu Spruchpunkt I.
3.1.) Rechtslage:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988 (§ 24 Abs. 1 und 2 in der Stammfassung; § 22 Z 2 idF BGBl. I 105/2017), lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 22. Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind:
…..
2. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit.
Darunter fallen nur:
- …..
- Die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war.
…...
§ 24. (1) Veräußerungsgewinne sind Gewinne, die erzielt werden bei
…..
2. der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes).
(2) Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Dieser Gewinn ist für den Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe nach § 4 Abs. 1 oder § 5 zu ermitteln.
….."
Gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 u.a. auch Entschädigungen, die gewährt werden als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbarer Leistungen.
§ 37 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 normiert:
"(1) Der Steuersatz ermäßigt sich für
- außerordentliche Einkünfte (Abs. 5)
- ….
(2) Über Antrag sind nachstehende Einkünfte, …. , gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen:
1. Veräußerungsgewinne iSd § 24, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
…..
(5) Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
…..
3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
….
(7) Die Progressionsermäßigung nach Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 5 steht nicht zu, wenn Einkünfte nicht in einem Veranlagungszeitraum anfallen. ….."
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Stammfassung des Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 (621 BlgNR 17. GP 85) wurde zu § 37 EStG 1988 u.a. ausgeführt, bei Entschädigungen im Sinne des § 32 Z 1 EStG 1988 sei (als Voraussetzung für die Begünstigung) eine "Sperrfrist" von sieben Jahren vorgesehen. Dieser Maßnahme liege u.a. die Überlegung zugrunde, dass eine Minderung der Progression erst bei einer erheblichen Zusammenballung von Einkünften gerechtfertigt sei.
Gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 ist Gewinn der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres.
3.2.) Streitgegenständlich folgt:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommen Kapitalzahlungen zur Abfindung von Pensionsansprüchen als begünstigte Entschädigungen iSd § 32 EStG 1988 in Betracht. Um die Pensionsabfindung als "Entschädigung" iSd § 32 Z 1 lit. a) EStG 1988 zu qualifizieren, muss sie als "Schadensausgleich" für den Entgang eines Pensionsanwartschaftrechtes zu werten sein und darf die Initiative zum Abschluss einer Abfindungsvereinbarung nicht vom Pensionsberechtigten ausgegangen sein (vgl. mwN).
Streitgegenständlich war die Pensionsabfindung bereits im § 7 der Pensionszusage vom vertraglich vereinbart worden. Ein "Schadensausgleich" für den Verlust eines Pensionsanwartschaftsrechtes liegt nicht vor, ebenso wenig sind weitere Tatbestände des § 32 EStG 1988 gegeben.
2. Zweck der Begünstigungen des § 37 Abs. 2 EStG 1988 ist - wie aus den Erläuterungen zu den Regierungsvorlagen (Hinweis BlgNR 20. GP 265f) hervorgeht - eine Progressionsmilderung beim zusammengeballten Anfall von Einkünften, die sonst verteilt auf mehrere Wirtschaftsperioden zu erfassen wären, so die Ausführungen im vorher genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes weiter.
Die Begünstigung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 steht nach § 37 Abs. 7 leg.cit. nicht zu, "wenn Einkünfte nicht in einem Veranlagungszeitraum anfallen".
3. Veräußerungsgewinne nach § 37 Abs.5 EStG 1988 sind solche iSd § 24 EStG 1988, dh Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen.
Das Wesen eines "Betriebes" ist nach § 28 BAO in einer Betätigung zu sehen, die bestimmte Kriterien (Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnabsicht, Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr) erfüllen muss, um als Betrieb zu gelten. Ein bestimmtes Maß eines aktiven Tätigwerdens bzw. des Ausübens einer Erwerbstätigkeit ist bezeichnend.
Werden wesentliche Betriebsgrundlagen eines solchen (Teil-)Betriebes veräußert oder entnommen oder eine betriebliche Tätigkeit aufgegeben, dann liegt eine Betriebsaufgabe iSd § 24 EStG 1988 vor.
4. Übergangsgewinne fallen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart an und sind gemäß § 4 Abs. 10 EStG 1988 zu ermitteln. Im Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe kommt nur ein Wechsel von einer Einnnahmen/Ausgabenrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG auf einen Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 in Betracht.
5. Außer Streit steht, dass die im Jahr 2013 beendete Geschäftsführertätigkeit des Bf. als (Mehrheits)Gesellschafter als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit iSd § 22 Z 2 2. Teilstrich, 1. und 2. Satz EStG 1988 gemäß § Abs. 3 Z 2 leg.cit. unter die betrieblichen Einkünfte fiel sowie dass diese (aktive) Erwerbstätigkeit im Jahr 2013 eingestellt wurde und der Bf. ab diesem Zeitpunkt eine (monatliche) Firmenpension ("Ruhegehalt"- siehe Vereinbarung vom ) sowie Pensionszahlungen der gesetzlichen Pensionsversicherung erhielt.
Infolge der Einstellung seiner (aktiven) Geschäftsführertätigkeit ist der Zeitpunkt der Aufgabe des "Geschäftsführerbetriebes" im Jahr 2013 nicht in Zweifel zu ziehen. Eine Forderung für die Pensionsabfindung war zu diesem Zeitpunkt - mangels zu diesem Zeitpunkt erfolgter Inanspruchnahme der Möglichkeit der Barabfindung - nicht gegeben und somit - zutreffend zu diesem Zeitpunkt - nicht zu bilanzieren. Anlässlich der Einstellung der Geschäftsführertätigkeit waren zu diesem Zeitpunkt gegebenenfalls ein (eventueller) Übergangs - sowie ein Betriebsaufgabegewinn zu ermitteln gewesen, jedoch ohne Berücksichtigung dieser Forderung.
6. Stellen nach § 22 Z 2 2. Teilstrich, vierter Satz, EStG 1988 auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war, Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit dar, so sind die dem Bf. zugeflossenen jährlichen Firmenpensionszahlungen unter die genannte gesetzliche Bestimmung zu subsumieren.
7. Mit dem Verweis des Bf. auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2016/15/0017, mit welchem klargestellt sei, dass die mit der Beendigung der betrieblichen Einkünfte nach § 22 Z 2 zustehende und verlangte einmalige Kapitalabfindung des Barwertes der Pensionsverpflichtung als Forderung aufgrund des mit der Aufgabe dieser betrieblichen Einkunftsart verbundenen Wechsels der Gewinnermittlungsart zum Betriebsvermögensvergleich zu bilanzieren und somit dem Hälftesteuersatz zugänglich sei, ist für den Bf. nichts zu gewinnen.
Denn der diesem Erkenntnis zugrundliegende Sachverhalt ist mit dem streitgegenständlich zu entscheidenden nicht vergleichbar:
Anders als streitgegenständlich vorliegend, stand der Revisionswerberin nach dem Wortlaut der dort relevanten Pensionsvereinbarung die dort näher bezeichnete Kapitalleistung ohne weitere Bedingungen zu, wenn sie vor Erreichen des 60. Lebensjahres aus der Geschäftsführung der Gesellschaft ausschied. Damit kam zum Tragen, dass Forderungen - dem Grundsatz der Gewinnrealisierung entsprechend - beim Betriebsvermögensvergleich dann als Wirtschaftsgut zu bilanzieren sind, wenn sie entstanden sind.
Da die Revisionswerberin ihre Geschäftsführungstätigkeit am beendete und hiermit den Geschäftsführerbetrieb aufgab, lag eine Betriebsaufgabe im Sinne des § 24 Abs. 1 EStG 1988 im Jahr der Einstellung der Geschäftsführertätigkeit (2001) vor und war spätestens im Zeitpunkt der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit vor Erreichen des 60. Lebensjahres die aus der Pensionszusage resultierende Forderung in durchsetzbarer Weise entstanden, ohne dass es weiterer - zeitlich nachgelagerter - Voraussetzungen, wie etwa eines Gesellschafterbeschlusses, bedurft hätte, so der VwGH.
Demnach war diese Forderung aufgrund des mit der Betriebsaufgabe verbundenen Wechsels der Gewinnermittlungsart zum Betriebsvermögensvergleich jedenfalls im Jahr 2001 zu bilanzieren gewesen.
Sinngemäß kann auf Basis dieses Erkenntnisses zusammengefasst werden:
Liegen die Voraussetzungen des § 37 Abs. 5 EStG 1988 vor, unterliegt auch eine Pensionsabfindung als Teil des Übergangsgewinnes dem ermäßigten Steuersatz, wenn sie ohne weitere Voraussetzungen bei gleichzeitigem Ausscheiden aus der Geschäftsführertätigkeit geltend gemacht werden kann.
Dies trifft streitgegenständlich nicht zu.
8. Der zu entscheidende Sachverhalt ist - wie festgestellt - anders gelagert:
Es lag am Bf. jenen Zeitpunkt zu entscheiden, zu welchem er die Kapitalabfindung in Höhe des Barwertes der zustehenden Firmenpension geltend machte. Indem der Bf. diese mit Pensionsabfindungsvereinbarung vom , also fünf Jahre nach Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit, im Zuge des Ausscheidens als Mehrheitsgesellschafter (Ebene des Gesellschaftsverhältnisses) aufgrund der ihm vertraglich eingeräumten Möglichkeit der Zeitpunktbestimmung verlangte, kann von der Aufgabe einer "Erwerbstätigkeit" zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gesprochen werden, fehlte doch bereits seit 2013 ein aktives Tätigwerden und bezog der Bf. das vereinbarte Ruhegehalt.
Das Ausscheiden aus der Gesellschaft als Gesellschafter (somit auf Gesellschafterbasis) mag zwar ein Grund für die Einforderung der Abfindungssumme sein, hat aber dann mit der - bereits erfolgten - Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit an sich nichts mehr zu tun.
Auch bewirkt die Qualifikation der Einkünfte des wesentlich beteiligen Gesellschafter-Geschäftsführers idR nicht, dass die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zu notwendigem Betriebsvermögen bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit führt, und stellen die aus der Beteiligung erzielten Einkünfte Einkünfte aus Kapitalvermögen dar.
9. Nach § 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne grundsätzlich als außerordentliche Einkünfte begünstigt und steht der ermäßigte Steuersatz über Antrag nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
Wenn man dem Vorbringen des Bf. folgt, dass die Barabfindungszahlungen für die Firmenpension als Ausfluss der gesetzlichen Bestimmung des § 22 Z 2 2. TS, vierter Satz, EStG 1988, wonach Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art sind, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war, "betriebliche" Einkünfte darstellen, so übersieht der Bf. für die Anwendung des § 37 Abs. 5 dabei, dass diese Einkünfte aus einer "ehemaligen Tätigkeit" erst seit Juni 2013 (Zeitpunkt der "Betriebseröffnung" durch Beginn der Pensionszahlungen) angefallen sind. Werden diese Einkünfte mit der Inanspruchnahme der Barabfindung im Jahr 2018 (November 2018) eingestellt, wovon auch der Bf. infolge der Ermittlung eines Übergangsgewinnes ausgeht, so ist der für die Anwendung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 für diesen "Betrieb" erforderliche Zeitraum von sieben Jahren nicht gegeben.
Der begünstigte Steuersatz des § 37 Abs. 5 EStG 1988 steht bereits aus diesem Grund nicht zu und ist damit das Schicksal der Beschwerde entschieden.
10. Damit erübrigt sich - im hier zu entscheidenden Einzelfall - ein Eingehen darauf, ob ein Übergangsgewinn zutreffend zu ermitteln war bzw. ermittelt wurde, insofern auch als der Bf. dem Ersuchen um Vorlage der Berechnungsunterlagen bezüglich der Ermittlung des Übergangsgewinnes (unter explizitem Ausweis des Ansatzes der Forderung) nicht entsprach, sondern ausschließlich auf die gesetzliche Regelung des § 22 Z 2 EStG 1988 verwies (wiewohl sich seine Berechnung aus der Abgabenerklärung nachvollziehen lässt).
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Beantwortung der Frage, wann eine Betriebsaufgabe auch im Hinblick auf die Einstellung der Geschäftsführertätigkeit vorliegt, liegt keine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2016/15/0017, wird auch nicht von der gängigen Rechtsprechung bezüglich der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 37 Abs. 5 EStG 1988 auf eine Kapitalabfindung in Höhe des Barwertes einer gegebenen Firmenpensionsverpflichtung abgewichen, welche vom scheidenden Mehrheitsgesellschafter fünf Jahre nach Beendigung seiner (aktiven) Geschäftsführertätigkeit verlangt wird.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 24 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 37 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Veräußerungsgewinn Beendigung der Geschäftsführerfunktion fünf Jahre Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer Pensionsabfindung |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100271.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at