Besteuerungsrecht betreffend Einkünfte aus Tätigkeiten als Aushilfskellner in Deutschland
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamts Braunau Ried Schärding (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:
I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden diese einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Braunau Ried Schärding die Einkommensteuer der beschwerdeführenden Partei betreffend das Jahr 2019 fest und führte es in der Begründung unter anderem aus, dass Grundvoraussetzung für den Anspruch auf Familienbonus Plus der Bezug von Familienbeihilfe sei. Da für das Kind mit dem Geburtsdatum ***tt.mm*** 2008 keine Familienbeihilfe mehr bezogen werde, sei der Erhalt des Familienbonus Plus unzulässig. Geleistete Unterhaltszahlungen würden keinen Anspruch auf Familienbonus Plus begründen.
Gegen diesen Bescheid brachte die beschwerdeführende Partei am Beschwerde ein und begründete sie diese dergestalt, dass bei der Veranlagung der Unterhaltsabsetzbetrag nicht berücksichtigt worden sei.
In weiterer Folge änderte das nunmehr Finanzamt Österreich mit Beschwerdevorentscheidung vom den Einkommensteuerbescheid 2019 vom dahingehend ab, als nunmehr ausländische Einkünfte laut den von ausländischen Behörden übermittelten Kontrollmitteilungen bei der Ermittlung des zu besteuernden Einkommens der beschwerdeführenden Partei sowie ein Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von EUR 341,28 bei der Festsetzung der Einkommensteuer berücksichtigt wurden.
In Reaktion auf diese Beschwerdevorentscheidung vom brachte die beschwerdeführende Partei am einen Vorlageantrag ein und führte sie darin aus, dass das Besteuerungsrecht an den ausländischen Einkünften Deutschland zukomme und die Grenzgängerregelung nicht zutreffe, da keine tägliche Heimkehr zum Wohnort gegeben gewesen sei. Folglich handle es sich um steuerfreie Einkünfte unter Progressionsvorbehalt und habe der/die Arbeitgeber bereits Steuern an das deutsche Finanzamt abgeführt.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsauschusses vom wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung 6006 mit Wirkung zum abgenommen und der Gerichtsabteilung 7004 zugeteilt.
Mit Schreiben vom forderte das Bundesfinanzgericht das Finanzamt Österreich zur Vornahme weiterer Ermittlungen auf und setzte das Finanzamt Österreich in der Stellungnahme vom das Bundesfinanzgericht über das Ergebnis der vorgenommenen Ermittlungen in Kenntnis. Darüber hinaus führte es in dieser Stellungnahme aus, dass die ausländischen Einkünfte mit Ausnahme der Einkünfte betreffend das Festzelt ***Gemeinde2*** nicht unter die Grenzgängerregelung fallen würden und unter Progression zu berücksichtigen seien. Zudem stehe der beschwerdeführenden Partei angesichts der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom zu Ra 2021/15/0067 der Familienbonus Plus zu, da die beschwerdeführende Partei dem Grunde nach Anspruch auf Familienbeihilfe/Differenzzahlung habe. Außerdem sei noch der Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von EUR 341,28 zu gewähren.
Sachverhalt
Die beschwerdeführende Partei lebte im Jahr 2019 an der Anschrift ***Bf1-Adr*** und liegt die Gemeinde ***Wohnort*** unmittelbar an der Grenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland. Die beschwerdeführende Partei ist seit 2003 geschieden und ist sie Vater des Kindes ***Kind***, geb. ***tt.mm*** 2008, das bei der Mutter, ***Mutter***, in ***Anschrift Mutter***, Deutschland lebt. Für dieses Kind bezahlte die beschwerdeführende Partei im Jahr 2019 durchgehend den gesetzlichen Unterhalt nach deutschem Recht in voller Höhe und erhielt die Mutter des Kindes im Jahr 2019 für ebendieses Kind in Deutschland Kindergeld.
Im Jahr 2019 hat die beschwerdeführende Partei neben ihrer Beschäftigung bei der ***AG*** GmbH für die ***GbR*** beim Festzelt ***Gemeinde1***, Deutschland, für die ***GmbH1*** beim Festzelt ***Gemeinde2***, Deutschland, sowie für die ***GmbH2*** in ***Stadt*** jeweils als Aushilfskellner gearbeitet. Die Zeiträume, in denen die beschwerdeführende Partei für diese Unternehmen als Aushilfskellner tätig war, sowie die aus dieser Tätigkeit erzielten Bruttobezüge gestalten sich wie folgt.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Auszahlende Stelle | Bezugszeitraum | Bruttobezüge |
***GbR*** | ***tt.mm***.2019-***tt.mm***.2019 | 2.367,97 |
***GmbH1*** | ***tt.mm***.2019-***tt.mm***.2019 | 1.312,58 |
***GmbH2*** | ***tt.mm***.2019-***tt.mm***.2019***tt.mm***.2019-***tt.mm***.2019 | 1.054,40193,28 |
Sowohl ***Stadt*** als aus ***Gemeinde1*** liegen jeweils weiter als 30 Kilometer von der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich entfernt und betragen die einfachen Fahrtstrecken zwischen dem Wohnort der beschwerdeführenden Partei und ***Stadt*** bzw. ***Gemeinde1*** 150 bzw. 108 Kilometer. An jenen Tagen, an denen die beschwerdeführende Partei in diesen Orten tätig war, kehrt sie nicht täglich zu ihrem Wohnsitz in Österreich zurück.
Die Ortschaft ***Gemeinde2*** allerdings liegt innerhalb der Zone von 30 Kilometer ab der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich und beträgt die Strecke der einfachen Fahrt zwischen der Wohnortgemeinde der beschwerdeführenden Partei und der Ortschaft ***Gemeinde2*** 30 Kilometer. Im Zeitraum, in dem die beschwerdeführende Partei als Aushilfskellner in dieser Ortschaft tätig war, kehrte sie jeden Tag zu ihrem Wohnsitz in Österreich zurück.
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen, dass die beschwerdeführende Partei seit 2003 geschieden ist, Vater des Kindes ***Kind***, geb. ***tt.mm*** 2008, ist, dieses Kind bei der Mutter in Deutschland lebt, die beschwerdeführende Partei im Jahr 2019 für dieses Kind in voller Höhe den Unterhalt nach deutschem Recht gezahlt hat und die Mutter für dieses Kind im Jahr 2019 in Deutschland Kindergeld erhalten hat basieren auf dem glaubhaften Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in ihrer Stellungnahme vom , den vorgelegten Schreiben des Landratsamt ***1*** über die Beistandschaft der beschwerdeführenden Partei betreffend das Kind ***Kind*** sowie den vorgelegten Kontoauszügen, denen Daueraufträge an die Mutter des Kindes jeweils in der Höhe des laut den Schreiben des Landratsamt ***1*** zu zahlenden Unterhalts zu entnehmen sind.
Die Sachverhaltsfeststellungen, dass die beschwerdeführende Partei im Jahr 2019 für die in der Tabelle im Sachverhalt genannten Unternehmen in den angeführten Zeiträumen als Aushilfskellner tätig war und hierfür die in der Tabelle angeführten Bruttobezüge erhalten hat, haben ihre Grundlage in den glaubhaften Ausführungen der beschwerdeführenden Partei in ihrer Stellungnahme vom , wonach sie für die genannten Unternehmen als Aushilfskellner gearbeitet habe, sowie den diesbezüglich vorgelegten AEOI-Mitteilungen, die die Bundesrepublik Deutschland an die Republik Österreich übermittelt hat.
Die Sachverhaltsfeststellungen, dass die Tätigkeitsorte ***Stadt*** und ***Gemeinde1*** außerhalb, der Tätigkeitsort ***Gemeinde2*** innerhalb der Zone von 30 Kilometer ab der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich liegen sowie die Gemeinde ***Wohnort*** unmittelbar an ebendieser Grenze liegt, wurden unter Heranziehung des unter www.google.at/maps abrufbaren Kartenmaterials getroffen. Ebenso basieren die Feststellungen hinsichtlich der Kilometer der einfachen Wegstrecken zwischen dem Wohnort der beschwerdeführenden Partei und den Tätigkeitsorten in Deutschland auf ebendiesem Kartenmaterial samt den Angaben des auf dieser Internetseite zur Verfügung gestellten Routenplaners.
Die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei in den Zeiträumen, in denen sie für die jeweiligen Unternehmen in ***Stadt*** und ***Gemeinde1*** als Aushilfskellner tätig war, nicht täglich zu ihrem Wohnsitz zurückkehrte, wurde aufgrund der am über FinanzOnline eingebrachten entsprechenden Ausführungen der beschwerdeführenden Partei getroffen, denen vor dem Hintergrund der Entfernung dieser beiden Tätigkeitsorte in Deutschland vom Wohnort der beschwerdeführenden Partei in Österreich Glauben geschenkt wird.
Die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei während ihrer Tätigkeit beim Festzelt ***Gemeinde2*** täglich zu ihrem Wohnort in Österreich zurückkehrte, traf das Gericht aufgrund des Umstands, dass die Strecke der einfachen Fahrt zwischen diesen beiden Orten 30 Kilometer beträgt und ist bei solch einer geringen Distanz die tägliche Rückkehr der beschwerdeführenden Partei nach den allgemeinen Erfahrungen des Lebens wahrscheinlicher als eine Nächtigung in bzw. in der Nähe von ***Gemeinde2***. Nach der ständigen Judikatur des VwGH zu § 167 Abs. 2 BAO genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Daran hat sich durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform nichts geändert (vgl. unter Hinweis auf ; , Ro 2014/13/0025 und Ro 2014/13/0044).
Darüber hinaus vermochten die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei vom , sie sei bei sämtlichen Tätigkeiten als Aushilfskellner in Deutschland nie täglich an ihren Wohnort zurückgekehrt, keine Zweifel an der täglichen Rückkehr an den Wohnort in Österreich während der Tätigkeit beim Festzelt ***Gemeinde2*** hervorzurufen, da diesen Ausführungen zum einen aufgrund der geringen Distanz kein Glauben geschenkt wird und zum anderen die beschwerdeführende Partei keinerlei Nachweise, wie beispielsweise Unterkunftsbuchungen oder Rechnungen, hinsichtlich einer Nächtigung in bzw. in der Nähe von ***Gemeinde2*** vorlegen konnte, die diese Ausführungen der beschwerdeführenden Partei stützen hätten könnten.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Nach § 1 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung des BGBl. I 26/2009 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt Steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in-und ausländischen Einkünfte.
Artikel 4 des ABKOMMEN zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des BGBl. III 32/2012 lautet auszugsweise:
"(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfasst auch diesen Staat, seine Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts. Der Ausdruck umfasst jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist.
(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt Folgendes:
a) Die Person gilt als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);
b) kann nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat;
c) hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;
d) ist die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so werden sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten bemühen, die Frage in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln.
[…]"
Artikel 15 des ABKOMMEN zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des BGBl. III 32/2012 lautet auszugsweise:
"(1) Vorbehaltlich der Artikel 16 bis 20 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.
[…]
(6) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Person
1. in dem einen Staat in der Nähe der Grenze ihren Wohnsitz und in dem anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort hat und
2. täglich von ihrem Arbeitsort an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Grenzgänger).
[…]"
Nach dem zu diesem Abkommen unterfertigten Protokoll gilt betreffend Artikel 15 Abs. 6 die Lage in einer Zone von je 30 Kilometer beiderseits der Grenze als Nähe der Grenze.
Artikel 23 des ABKOMMEN zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des BGBl. III 32/2012 lautet auszugsweise:
"[…]
(2) Bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:
a) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.
b) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach den Artikeln 10, 11, 13 Absatz 2 und 17 Absatz 1 Satz 2 und 3 in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden dürfen, so rechnet die Republik Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Bundesrepublik Deutschland gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Bundesrepublik Deutschland bezogenen Einkünfte entfällt.
c) Dividenden im Sinne des Artikels 10 Absatz 2 Buchstabe a, die von einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft an eine in der Republik Österreich ansässige Gesellschaft gezahlt werden und die bei Ermittlung der Gewinne der ausschüttenden Gesellschaft nicht abgezogen worden sind, sind, vorbehaltlich der entsprechenden Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts der Republik Österreich, aber ungeachtet etwaiger nach diesem Recht abweichender Mindestbeteiligungserfordernisse, in der Republik Österreich von der Besteuerung ausgenommen.
d) Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden."
§ 33 Abs. 3a EStG 1988 in der Fassung des BGBl. I 135/2022 lautet auszugsweise:
"Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.
[…]
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
[…]
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigen oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
[…]"
Nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der Fassung des BGBl. I 135/2022 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn
- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und
- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ergibt sich für den vorliegend zu beurteilenden Fall das Folgende.
Einkünfte aus Deutschland
Da die beschwerdeführende Partei nur über einen Wohnsitz in Österreich verfügt, unterliegt sie zum einen nach § 1 Abs. 2 EStG 1988 in Österreich mit ihrem gesamten Welteinkommen der unbeschränkten Steuerpflicht. Zum anderen ist sie nach Artikel 4 des ABKOMMEN zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (nachfolgend DBA Österreich-Deutschland) in Österreich ansässig.
Betreffend die Einkünfte der beschwerdeführenden Partei aus ihrer Tätigkeit als Hilfskellner in Deutschland ist zu Beginn eine Aufteilung der Einkünfte in Einkünfte aus einer Tätigkeit, bei der die beschwerdeführende Partei nicht täglich zu ihrem Wohnort in Österreich zurückkehrte, und in Einkünfte aus einer Tätigkeit, bei der die beschwerdeführende Partei täglich zu ihrem Wohnort in Österreich zurückkehrte, vorzunehmen.
Hinsichtlich der Einkünfte aus den Tätigkeiten, bei denen die beschwerdeführende Partei nicht täglich zu ihrem Wohnort zurückkehrte, ist der beschwerdeführenden Partei zuzustimmen, dass das Besteuerungsrecht diese Einkünfte betreffend nach Artikel 15 DBA Österreich-Deutschland der Bundesrepublik Deutschland zukommt und waren dementsprechend diese Einkünfte nicht in Österreich einer Besteuerung zuzuführen. Allerdings waren diese Einkünfte nach Artikel 23 Abs. 2 lit. a und d des DBA Österreich-Deutschland bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das übrige Einkommen der beschwerdeführenden Partei einzubeziehen.
In Bezug auf die Einkünfte aus der Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei beim Festzelt ***Gemeinde2***, bei der sie täglich an ihren Wohnort in Österreich zurückkehrte, gilt es allerdings auszuführen, dass sich sowohl die Ortschaft ***Gemeinde2*** in Deutschland als auch die Wohnsitzgemeinde der beschwerdeführenden Partei in Österreich, ***Wohnort***, innerhalb einer Zone von 30 Kilometer ab der Grenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland liegen und sind diese beiden Orte entsprechend dem zum DBA Österreich-Deutschland unterfertigten Protokoll als grenznah zu qualifizieren. Aufgrund dieser Grenznähe des sowohl des Tätigkeitsorts hinsichtlich der Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Aushilfskellner beim Festzelt ***Gemeinde2*** als auch des Wohnorts der beschwerdeführenden Partei in Österreich sowie des Umstands, dass die beschwerdeführende Partei während ihrer Tätigkeit als Aushilfskellner beim Festzelt ***Gemeinde2*** täglich zu ihrem Wohnort nach Österreich zurückgekehrt ist, verbleibt nach Art. 15 Abs. 6 des DBA Österreich-Deutschland der Republik Österreich das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften und waren diese daher im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer der beschwerdeführenden Partei für das Jahr 2019 einer Besteuerung zuzuführen.
In Anbetracht dieser Ausführungen war der bekämpfte Bescheid hinsichtlich der Einkünfte aus den Tätigkeiten in Deutschland daher dergestalt abzuändern, als die Einkünfte der beschwerdeführenden Partei betreffend die Tätigkeiten als Aushilfskellner in ***Stadt*** und ***Gemeinde1*** zwar bei der Ermittlung des in Österreich zu besteuernden Einkommens nicht zu berücksichtigen waren, allerdings bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das übrige Einkommen einzubeziehen waren.
Die Einkünfte aus der Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Aushilfskellner betreffend das Festzelt ***Gemeinde2*** hingegen waren aufgrund der Regelung in Artikel 15 Abs. 6 des DBA Österreich-Deutschland bei der Ermittlung des in Österreich zu besteuernden Einkommens zu berücksichtigen und war der bekämpfte Bescheid entsprechend abzuändern.
Unterhaltsabsetzbetrag
In Bezug auf die Unterhaltsleistung der beschwerdeführenden Partei gegenüber dem Kind ***Kind*** kann dem Sachverhalt entnommen werden, dass die beschwerdeführende Partei durchgehend im Jahr 2019 den Unterhalt nach deutschem Recht in Höhe der Schreiben des Landratsamt ***1*** über die Beistandspflicht der beschwerdeführenden Partei an die Mutter des Kindes überwiesen hat. Da weder das Kind im Jahr 2019 dem Haushalt der beschwerdeführenden Partei zugehörte, sondern bei der Mutter in Deutschland lebt, noch der beschwerdeführenden Partei bzw. einem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe für dieses Kind im Jahr 2019 gewährt wurde, steht der beschwerdeführenden Partei gem. § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 ein Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von EUR 29,20 monatlich, sohin für das gesamte Jahr 2019 EUR 350,40, zu. Da im bekämpften Bescheid kein Unterhaltsabsetzbetrag berücksichtigt wurde, war der Bescheid entsprechend anzupassen.
Familienbonus Plus
In seiner Entscheidung vom zu Ra 2021/15/0067 stellte der Verwaltungsgerichtshof für den Fall einer Gewährung einer an Stelle der Familienbeihilfe gleichartigen ausländischen Beihilfe klar, dass in Fällen einer solchen ausländischen Beihilfengewährung die in § 33 Abs. 3a erster Satz EStG 1988 normierte Voraussetzung der Beihilfengewährung für die Berücksichtigung des Familienbonus Plus erfüllt ist. Wie dem Sachverhalt entnommen werden kann, bezog die Mutter des Kindes der beschwerdeführenden Partei in Deutschland im Jahr 2019 durchgehend das deutsche Kindergeld und handelt es sich beim deutschen Kindergeld um eine der Familienbeihilfe gleichartige ausländische Beihilfe, hat doch das deutsche Kindergeld vergleichbar mit der Österreichischen Familienbeihilfe zum Ziel, die grundlegende Versorgung von Kindern bis zum 18. Geburtstag sicherzustellen. Dies bedingt, dass der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgend die in § 33 Abs. 3a erster Satz EStG 1988 normierte Anspruchsvoraussetzung in Form der Beihilfengewährung im Fall der beschwerdeführenden Partei entgegen den Ausführungen des Finanzamts Österreich im bekämpften Bescheid gegeben ist und steht ihr daher angesichts des Umstands, dass der beschwerdeführenden Partei der Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 zusteht, gem. § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b erster Fall EStG 1988 der gesamte Familienbonus Plus zu. Der bekämpfte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 war daher diesen Punkt betreffend dahingehend zu ändern, als bei der Festsetzung der Einkommensteuer der beschwerdeführenden Partei für das Jahr 2019 der Familienbonus Plus in voller Höhe zu berücksichtigen war.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision gegen das vorliegende Erkenntnis ist nicht zulässig, da in Bezug auf den Unterhaltsabsetzbetrag, den Familienbonus Plus sowie die Zuteilung des Besteuerungsrechts bei grenzüberschreitende Sachverhalte in Zusammenhang mit Deutschland mit den zitierten Gesetzesbestimmungen bzw. den Regelungen des ABKOMMEN zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen eine klare Gesetzeslage vorliegt, hinsichtlich derer keine Auslegungsschwierigkeiten bestehen.
Darüber hinaus handelte es sich bei der Frage, ob die beschwerdeführende Partei bei ihren Tätigkeiten als Aushilfskellner in Deutschland täglich zu ihrem Wohnort in Österreich zurückkehrte, um eine Frage der Beweiswürdigung, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht berufen ist ().
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | VwGH, Ra 2021/15/0067 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100198.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at