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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.12.2023, RV/7200002/2018

Rückwirkende Ausweitung eines Antidumpingzolls; Berechnung von Verzugszinsen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7200002/2018-RS1
Wird ein eingeführter endgültiger Antidumpingzoll nach Durchführungen von Untersuchungen durch die Kommission ausgeweitet, sind keine Verzugszinsen nach Artikel 114 Zollkodex der Union zu berechnen, weil die Zollschuld weder aufgrund von Artikel 70 entsteht noch aufgrund einer nachträglichen Kontrolle iS von Artikel 48 mitgeteilt wird.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Karl Heinz Klumpner BA, den Richter***Ri2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***Ri3*** und ***Ri4*** in der Beschwerdesache ***Bf-neu***, ***Bf-neu-Adr***, (ursprünglich ***Bf***) über die Beschwerden vom 29. und gegen die Bescheide des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt (nun Zollamt Österreich) vom , Zahlen: 230000/***00000a*** bis ***00000l***/02/2017, betreffend Eingangsabgaben (Nacherhebung von Antidumpingzoll) und Verzugszinsen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. a) Die Beschwerden gegen die Nacherhebung von Antidumpingzoll werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
b) Den Beschwerden gegen die Berechnung und Festsetzung von Verzugszinsen wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. All jene Spruchbestandteile in den angefochtenen Bescheiden, die sich auf die Verzugszinsen beziehen (inklusive Berechnungsblatt "Verzugszinsen Art. 114 Abs. 2 Zollkodex"), werden aufgehoben. Die nachzuerhebenden Gesamtbeträge reduzieren sich dementsprechend und umfassen nur den Zoll (A30).

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheiden vom , Zahlen: 230000/***00000a*** bis ***00000l***/02/2017, hat das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt von der ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) nach Gewährung eines Parteiengehörs Antidumpingzoll (A30) für die Einfuhren von Folien aus Aluminium mit einer Dicke von wenigstens 0,007 mm und weniger als 0,008 mm ohne Unterlage, nur gewalzt, in Rollen, mit einem Stückgewicht von mehr als 10 kg, unabhängig von der Breite, weichgeglüht oder nicht, des KN-Codes ex 7607 11 19 (TARIC-Codes 7607 11 19 30) mit Ursprung in der Volksrepublik China nacherhoben und zwar

  1. EUR 14.370,36 zu ***CRN1*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 207,57;

  2. EUR 14.159,76 zu ***CRN2*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 204,53;

  3. EUR 14.417,16 zu ***CRN3*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 208,25;

  4. EUR 14.401,56 zu ***CRN4*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 208,02;

  5. EUR 14.641,80 zu ***CRN5*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 211,49;

  6. EUR 14.269,74 zu ***CRN6*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 206,12;

  7. EUR 14.360,22 zu ***CRN7*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 207,43;

  8. EUR 14.506,08 zu ***CRN8*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 209,53;

  9. EUR 14.165,22 zu ***CRN9*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 204,61;

  10. EUR 13.935,90 zu ***CRN10*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 178,07;

  11. EUR 13.463,61 zu ***CRN11*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 172,04 und

  12. EUR 13.673,04 zu ***CRN12*** vom , zuzüglich Verzugszinsen von EUR 174,71.

Mit Schreiben vom 29. und hat die ***Bf*** durch ihren damaligen Vertreter insgesamt 12 Beschwerden gegen diese Bescheide erhoben und jeweils folgende Beschwerdegründe vorgebracht:

"Bei rechtsrichtiger Auslegung der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen, insbesondere der auf die Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom gestützten Durchführungsverordnung (EU) 2015/2384 der Kommission vom hätte die belangte Behörde zur richtigen Ansicht gelangen müssen, dass die Beschwerdeführerin für die erfassten Vorgänge weder dazu verpflichtet wäre, eine ergänzende Zollabgabe im Sinne eines Antidumpingzolls, noch die damit verbundenen Verzugszinsen zu leisten.

a)

Mit Durchführungsverordnung (EU) 2015/2384 der Kommission vom gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom - wurde ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren bestimmter Folien aus Aluminium mit Ursprung in der Volksrepublik China betreffend Stärke 0,008 mm bis 0,018 mm normiert.
Damit wurden jedenfalls
verbindliche Grenzwerte festgelegt, auf welche die Beschwerdeführerin vertraut hat und am 15.3. sowie von der ***Ltd*** aus der VR China Aluminiumfolie mit einer Stärke von 0,075 mm bis maximal 0,079 mm bestellt. Die entsprechenden Warenanmeldungen erfolgten im Zeitraum vom bis .
Ausdrücklich festzuhalten ist, dass die Bestellung der Beschwerdeführerin im März 2016 jedenfalls innerhalb der zum damaligen Zeitpunkt verbindlich festgesetzten Grenzwerte befindlich war und die Beschwerdeführerin daher aufgrund der eindeutigen Einhaltung der Grenzwerte davon ausgehen konnte und auch ausgegangen ist, keinerlei Tatbestand zu erfüllen, der die Behörde dazu berechtigen würde, ergänzende Abgaben in Form eines Antidumpingzolls für die gegenständlichen Bestellungen zu erheben!
Die belangte Behörde führt aus, dass die Beschwerdeführerin nachweislich ordnungsgemäß sowie fristgerecht durch Veröffentlichung "von Antidumpingmaßnahmen im Amtsblatt der Europäischen Union" informiert worden wäre, zumal die Verzollungen im Zeitraum bis erfolgten. Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin nach wie vor daran festhält, nicht ordnungsgemäß über diese Vorgänge in Kenntnis gesetzt worden zu sein, verkennt die belangte Behörde
einerseits, dass in dieser Durchführungsverordnung lediglich von der Einleitung einer diesbezüglichen Untersuchung und Präsentation eines Ergebnisses innerhalb von 9 Monaten die Rede ist, andererseits von "geringfügig veränderten Folien aus Aluminium". Die von der Beschwerdeführerin bestellten Folien wurden jedoch nicht "geringfügig verändert", sondern bereits im März in der Stärke 0,075 mm bis maximal 0,079 mm bestellt. Die belangte Behörde verkennt, dass nicht jede Bestellung unterhalb von normierten Grenzwerten automatisch eine Umgehung von gesetzlichen Bestimmungen oder Zollverbindlichkeiten darstellt, zumal die Definition von Grenzwerten sodann völlig obsolet wäre und bei sämtlichen Normadressaten zu einer nicht auflösbaren Rechtsunsicherheit führen würde!
Nicht übersehen werden darf, dass die Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr größtenteils sogar noch innerhalb der in Art 3 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/865 festgesetzten Frist von 37 Tagen erfolgte. Auch ein diesbezüglich gestellter Antrag auf Anhörung durch die Kommission hätte nichts an dem Faktum zu ändern vermocht, dass aufgrund der bereits längst zuvor getätigten Bestellvorgänge die Überführung der Waren im Juni und Anfang Juli 2016 erfolgte. Der diesbezügliche Hinweis der belangten Behörde in dem angefochtenen Bescheid ist daher nicht nachvollziehbar.
Die von der belangten Behörde behauptete mögliche Verteidigung ihrer Interessen wäre der Beschwerdeführerin definitiv nicht mehr möglich gewesen, zumal die Bestellungen bereits getätigt wurden und die Einführung in den freien Zollverkehr auch nicht durch die in Art 3 der genannten Verordnung ermöglichte Stellungnahme bei der Kommission verhindert hätte werden können.
Selbst wenn man mit der belangten Behörde davon ausgeht, dass die Beschwerdeführerin die Verteidigung ihrer Interessen durch Stellung eines Antrages auf Anhörung bei der Kommission nicht nachgekommen ist - wobei gar nicht feststeht, dass diesem Antrag auf Anhörung überhaupt stattgegeben worden wäre - kann dies nicht zum Ergebnis haben, dass die Beschwerdeführerin sich nun dem Vorwurf ausgesetzt sieht, die normierten Grenzwerte für die entsprechenden Zollbestimmungen umgangen zu haben und deshalb eine Abgabe im Sinne eines Antidumpingzolls entrichten zu müssen!

b)

Sofern die belangte Behörde davon ausgeht, dass es sich im Sinne der Verordnung (EU) 2016/1036 um eine "gleichartige Ware" handle, belastet die belangte Behörde den vorliegenden Bescheid ein weiteres Mal mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, zumal sie ihr diesbezüglich eingeräumtes Ermessen zweifellos überschreitet respektive sogar missbraucht. Nicht jede Ware außerhalb eines normierten Grenzwertes kann automatisch als "gleichartige Ware" im Sinne des Art 1 Abs 4 der genannten Verordnung angesehen werden und hat die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage nicht ausreichend erhoben, inwiefern die betreffenden Waren tatsächlich derartig gleiche Merkmale aufweisen, dass sie denen der betreffenden Ware "sehr ähnlich" sind. So hat die belangte Behörde zB nicht erhoben, mit welcher Stärke die bestellte Ware tatsächlich in den freien Zollverkehr überführt wurde und kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass innerhalb der bestellten Bandbreite von 0,075 mm bis maximal 0,079 mm (bei dem unteren Wert ist das Wort "minimal" nicht (!) angeführt) durchaus auch unterschritten worden sein könnte und daher umso weniger von einer Umgehung der Grenzwerte von Seiten der Beschwerdeführerin auszugehen ist.
Es wird daher darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde in Anknüpfung an die obig angeführten Argumente sowie in Verkennung der Rechtslage es zum Nachteil der Beschwerdeführerin unterlassen hat, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen sowie die notwendigen Beweise aufzunehmen. So wäre insbesondere zu erheben gewesen, welche Stärke die gegenständliche Ware tatsächlich hat und hier allenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigengutachtens zu erheben gewesen, ob sich diese Stärke allenfalls doch deutlich von den festgesetzten Grenzwerten im Zeitpunkt der Bestellung (nach unten) unterscheidet. Erst nach Erhebung dieses wesentlichen Sachverhaltselements hätte im Sinne einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung festgestellt werden können, inwiefern es sich hier tatsächlich um "gleichartige Waren" im Sinne des
Art 1 Abs 4 der Verordnung (EU) 2016/1036 handelt.
Es wird daher ausdrücklich zu diesem Beweisthema die Einholung eines
Sachverständigengutachtens beantragt.
Zumal die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides auch Verfahrensvorschriften in oben genanntem Sinne außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderslautenden, für die Beschwerdeführerin jedenfalls günstigeren Bescheid hätte kommen können, belastet sie aufgrund der nicht getroffenen Tatsachenfeststellungen den vorliegenden Bescheid auch mit wesentlichen Verfahrensmängeln, aufgrund derer die angefochtenen Bescheide jedenfalls aufzuheben sind.

c)

Sofern die belangte Behörde ausführt, dass der zollschuldauslösende Tatbestand nach dem gesetzt worden sei, zumal der Einfuhrzeitraum der gegenständlichen Anmeldungen zwischen dem 7.6. und lag, verkennt die belangte Behörde, dass entsprechende Untersuchungen überhaupt erst mit der Durchführungsverordnung (EU) 2016/865 vom eingeleitet wurden. Selbst die in diesem Zusammenhang (erstmals) von Seiten der belangten Behörde zitierten Verordnungen (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom sowie der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 vermögen die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht nicht zu stützen. Selbst wenn in den genannten Verordnungen nicht vorgesehen sein sollte, dass von einer nachträglichen buchmäßigen Erfassung eines Abgabenbetrages aufgrund eines eventuellen Irrtums der Zollbehörde abzusehen ist, ist ein derartiges Absehen keinesfalls ausgeschlossen!
Ob und unter welchen Voraussetzungen die Nacherhebung von Zoll aus Gründen des Vertrauensschutzes ausscheidet, ist in Art 220 ZK abschließend geregelt. Die Generalklausel des Art 220 Abs 2 ZK regelt den Vertrauensschutz im Bereich der Nacherhebung von Einfuhrabgaben ausschließlich. Diese gemeinschaftsrechtliche Vorschrift hat Vorrang vor dem nationalrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben. Konkret bedeutet dies, dass die zuständigen Behörden von einer Nacherhebung von Einfuhrabgaben absehen können, deren Nichterhebung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde zurückzuführen ist, sofern dieser Irrtum vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und Letzterer gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärungen beachtet hat. Auch kann der gute Glaube der Beschwerdeführerin nicht deshalb entfallen, zumal Bestellungen in der Nähe des normierten Grenzwertes, jedoch
deutlich außerhalb desselben getätigt wurden!

d)

Die Beschwerdeführerin verkennt nicht, dass im vorliegenden Fall gerade kein vorläufiger Zoll eingeführt wurde. Dennoch ergibt sich aus den in den angeführten Verordnungen festgestellten Fristen, dass die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls nur unter gewissen Voraussetzungen zulässig ist.
So ist in
Art 9 der Verordnung (EU) 2016/1036 festgehalten, dass der Antidumpingzoll die festgestellte Dumpingspanne nicht übersteigen darf. Er sollte weiters unter der Dumpingspanne liegen, wenn ein niedrigerer Zoll ausreicht, um die Schädigung des Wirtschaftszweiges der Union zu beseitigen (Art 9 Abs 4 der genannten Verordnung). Diesbezüglicher Erhebungen der belangten Behörde sind völlig unterblieben. In Verkennung der Bestimmung des Art 10 der genannten Verordnung geht die belangte Behörde davon aus, dass der vorliegende Antidumpingzoll tatsächlich rechtmäßig endgültig vorgeschrieben wurde. Dies ist durch Art 10 der genannten Verordnung, der die Rückwirkung regelt, jedoch nicht vorgesehen:
Im vorliegenden Fall wurden endgültige Antidumpingzölle vorgeschrieben; es handelt sich hierbei - wie auch die Beschwerdeführerin niemals verkannt hat - um keine vorläufigen Maßnahmen. Endgültige Antidumpingzölle werden gemäß Art 10 Abs 1 nur auf Waren angewendet, die nach dem Zeitpunkt, zu dem die (gemäß Art 7 Abs 1 betreffend vorläufige Maßnahmen) bzw. Art 9 Abs 4 gefasste Maßnahme in Kraft tritt. Die Einfuhr des endgültigen Antidumpingzolls erfolgte gemäß Art 9 Abs 4 jedoch
nicht bereits mit der Einleitung der Untersuchung durch die Durchführungsverordnung (EU) 2016/865 vom , sondern mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/271 der Kommission vom . Erstmals mit dieser Verordnung wurde die Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 925/2009 des Rates eingeführten endgültig eingeführten Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Folien aus Aluminium mit dem Ursprung in der VR China auf Einfuhren bestimmter geringfügig veränderter Folien aus Aluminium ausgeweitet!
Zumal daher keine vorläufigen Maßnahmen im Sinne eines vorläufigen Antidumpingzolls ergriffen wurden, kann ein endgültiger Antidumpingzoll nur auf solche Waren erhoben werden, die gemäß Art 9 Abs 4 durch die Kommission eingeführt werden.
Art 10 Abs 4 bezieht sich
ausschließlich auf endgültige Antidumpingzölle auf Waren, bezüglich derer vorläufige Maßnahmen angewendet wurden, was im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben ist!
Die belangte Behörde hat die genannten Verordnungsstellen daher offenkundig unrichtig angewendet, zumal ohne die Verhängung vorläufiger Maßnahmen eine Rückwirkung gemäß Art 10 Abs 1 nur auf jenen Zeitpunkt zulässig ist, der in Art 9 Abs 4 leg. cit. genannt ist. Die in Art 9 Abs 4 gefasste Maßnahme trat jedoch
erstmals mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/271 vom respektive am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft!
Dem vorgeschriebenen Antidumpingzoll mangelt es daher an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage, womit die belangte Behörde den bekämpften Bescheid nicht nur mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, sondern darüber hinaus mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet, der jeweils dazu geeignet wäre, ein für die Beschwerdeführerin positiveres Ergebnis herbeizuführen, zumal bei richtiger Rechtsansicht der zitierten gesetzlichen Grundlagen keinesfalls ein Antidumpingzoll rückwirkend für den Anmeldungszeitraum bis hätte vorgeschrieben werden dürfen!
Diesbezüglich wird ausdrücklich auch ein
Begründungsmangel geltend gemacht, zumal die entsprechenden Begründungen des Bescheides zu diesem Punkt die Ausführungen der Beschwerdeführerin gänzlich unbeachtet lassen. Die belangte Behörde verweist in ihrer Begründung lediglich darauf, dass im gegenständlichen Antidumpingverfahren von der Kommission gerade kein vorläufiger Antidumpingzoll eingeführt wurde, was die Beschwerdeführerin jedoch auf Seite 5 unter Punkt 5. ihrer Stellungnahme vom selbst erkennt und zugesteht.
Die belangte Behörde hat sich keiner Weise damit auseinandergesetzt, dass die gesetzlich normierten Tatbestandselemente zur Ermöglichung einer rückwirkenden Vorschreibung eines Antidumpingzolls im vorliegenden Fall schlichtweg nicht erfüllt sind und die Vorschreibung des Antidumpingzolls aus diesem Grund daher
definitiv rechtswidrig erfolgte!
Zumal die belangte Behörde eine Abwägung der Argumente der Beschwerdeführerin in ihrer Bescheidbegründung vermissen lässt, grenzt dies bereits als an Willkür grenzendes Verhalten der belangten Behörde, die sich insbesondere inhaltlich damit auseinanderzusetzen haben wird, dass die Voraussetzungen für eine Rückwirkung im vorliegenden Fall gesetzlich schlichtweg nicht gegeben ist!

e)

Zusammengefasst wird daher festgehalten, dass die Beschwerdeführerin keinen Antidumpingzoll zu leisten hat. Aufgrund der zitierten Verordnungen der Kommission und des Rates ist eine Rückwirkung ohne Verhängung vorläufiger Maßnahmen vor Inkrafttreten der Durchführungsverordnung vom (EU) 2017/271 der Kommission gerade nicht vorgesehen.
Auch hat die belangte Behörde zahlreiche verfassungsgesetzliche Grundsätze verletzt. So hat die belangte Behörde eine Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren nach
Art 6 EMRK zu verantworten, zumal der Beschwerdeführerin keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme und Wahrung ihrer Verteidigungsrechte eingeräumt wurde. Aufgrund der angefochtenen Bescheide, welche die Beschwerdeführerin zur Zahlung eines sehr hohen Betrages verpflichten, wird auch das Eigentumsrecht nach Art 5 StGG, Art 1 1. ZP EMRK verletzt. Den Schutz des Art 5 StGG genießt jedes vermögenswerte Privatrecht (VfSIG 9283/81).
Mit dem angefochtenen Bescheid wird eine Abgabe vorgeschrieben, weshalb er in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin eingreift. Dieser Eingriff ist nach ständiger Rechtsprechung deshalb verfassungswidrig, da er ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist bzw. die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich möglicherweise unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat. Die belangte Behörde verstößt mit dem bekämpften Bescheid daher auch gegen den Gleichheitssatz des
Art 7 Abs 1 B-VG, Art 2 StGG, zumal die vorliegende Abgabe die Beschwerdeführerin ohne sachliche Differenzierung diskriminiert respektive bereits die Rechtsgrundlage dem Gleichheitssatz widerspricht, zumal ohne sachliche Differenzierung Alufolien mit einer Stärke außerhalb der normierten Grenzwerte eine entsprechende Abgabe im Sinne eines Antidumpingzolls auslösen sollen, welche dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Sachlichkeitsgebot widersprechen.
Darüber hinaus verstößt der bekämpfte Bescheid mangels Rechtsgrundlage (diesbezüglich wird insbesondere auf die Ausführungen unter Punkt 4d) verwiesen) auch gegen den in Art 7 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundsatz "nulla crimen sine lege". Der vorgeschriebene Antidumpingzoll entbehrt unter Hinweis auf die obigen Ausführungen jeglicher gesetzlicher Grundlage im Sinne der zitierten Verordnungen respektive wurde diese Verordnung von Seiten der belangten Behörde denkunmöglich angewendet!"

Die Bescheide mögen dahingehend abgeändert werden, dass die Bf weder einen Antidumpingzoll noch Verzugszinsen zu entrichten hat.
In den Beschwerden wird überdies die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Senat beantragt.

Mit Schriftsatz vom hat die Bf dem Zollamt in Beantwortung eines Vorhalts vom (Mitteilung zur Wahrung des rechtlichen Gehörs) eine Stellungnahme übermittelt und neuerlich ihre Rechtsansicht mitgeteilt.

Die Beschwerden sind vom Zollamt mit Beschwerdevorentscheidungen vom , Zahlen: 230000/***00000a*** bis ***00000l***/07/2017, als unbegründet abgewiesen worden.
Zur ordnungsgemäßen Kenntnissetzung führt die Abgabenbehörde in der Begründung aus, dass die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2016/865 der Kommission vom zur Einleitung einer Untersuchung am mit der Verlautbarung im Amtsblatt L 144 der Europäischen Union in Kraft getreten sei. Die Kommission habe gemäß Punkt E (Verfahren) bzw Artikel 3 dieser Verordnung alle ihr bekannten Parteien über die Einleitung einer Untersuchung und die zollamtliche Erfassung der Einfuhren der zu untersuchenden Waren informiert.
Die der Kommission bekannten Ausführer/Hersteller und die ihr bekannten Ausführer- und Herstellerverbände in der VR China, die ihr bekannten Einführer und die ihr bekannten Einführerverbände in der Union wären im Vorverfahren angeschrieben und - soweit sie darauf geantwortet haben - auch gehört worden.
Laut Rechtsprechung würden Veröffentlichungen von AD-Maßnahmen im Amtsblatt der Europäischen Union bereits eine ausreichende Information der Wirtschaftstreibenden darstellen.
Die Bf sei somit nachweislich ordnungsgemäß und fristgerecht (die Einfuhren erfolgten im Zeitraum vom bis ) seitens der Kommission über die Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung von AD-Maßnahmen bestimmter Folien aus Aluminium mit Ursprung in der VR China informiert worden.
Die Bf hätte somit von der drohenden Gefahr der Einführung eines AD-Zolles auf ihre Geschäftsvorgänge Kenntnis erlangt, wenn sie Einblick in die einschlägigen Amtsblätter des Gemeinschaftsrechts genommen hätte.
Ergänzend dürfe nicht unerwähnt bleiben, dass für die gegenständliche Ware als gleichartige Ware im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/1036 bzw Artikel 13 dieser Verordnung somit schon früher Dumping über einen längeren Zeitraum vorgelegen habe und die Bf mit der Veröffentlichung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2384 im Amtsblatt der Europäischen Union Kenntnis über das Ausmaß des Dumpings und der angeblichen oder festgestellten Schädigung von dem Dumping hatte.
Zur "gleichartigen Ware" und Einholung eines Sachverständigengutachtens führt das Zollamt aus, eine "gleichartige Ware" im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/1036 sei eine Ware, die mit der betreffenden Ware identisch ist, dh ihr in jeder Hinsicht gleicht, oder, wenn es eine solche Ware nicht gibt, eine andere Ware, die zwar der betreffenden Ware nicht in jeder Hinsicht gleicht, aber Merkmale aufweist, die denen der betreffenden Ware sehr ähnlich sind.
Artikel 13 dieser Verordnung besage, dass die gemäß dieser Verordnung eingeführten AD-Zölle auf die Einfuhren der gleichartigen Waren aus Drittländern, geringfügig verändert oder nicht, auf die Einfuhren der geringfügig veränderten gleichartigen Waren aus dem von Maßnahmen betroffenen Land oder auf die Einfuhren von Teilen dieser Ware ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet.
Die von der Bf vorgeworfene Ermessensüberschreitung liege nicht vor, da es sich nach Artikel 1 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/1036 bei gegenständlichen Aluminiumfolien um eine "gleichartige Ware" mit Ursprung VR China, für welche mit der Verordnung (EG) Nr. 925/2009 ein endgültiger AD-Zoll von 30% eingeführt wurde (bzw mit Durchführungsverordnung (EU) 2015/2384), handle. Im Sinne dieser Verordnung sei "gleichartige Ware" eine Ware, die mit der betroffenen Ware identisch ist, dh ihr in jeder Hinsicht gleicht, oder wenn es eine solche Ware nicht gibt, eine andere Ware, die zwar der betreffenden Ware nicht in jeder Hinsicht gleicht, aber Merkmale aufweist, die denen der betreffenden Ware sehr ähnlich sind. Von einem Ermessenspielraum könne somit überhaupt keine Rede sein.
Für Aluminiumfolien mit einer Dicke von wenigstens 0,007mm und weniger als 0,008 mm, ohne Unterlage, nur gewalzt, in Rollen, mit einem Stückgewicht von mehr als 10 kg, unabhängig von der Breite, weichgeglüht oder nicht, TARIC-Code 7607 11 19 30, wäre mit der Durchführungsverordnung (EU) 2016/865 vom (als gleichartige Ware) eine Untersuchung (Art 6) gemäß der Verordnung (EG) 1225/2009 wegen mutmaßlicher Umgehung (Art 13 Absatz 3) des AD- Zolles eingeleitet worden.
Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/271 vom wäre der mit der Verordnung (EG) Nr. 925/2009 eingeführte endgültige AD-Zoll auf Aluminiumfolien mit obiger Stärke mit Ursprung CN ausgeweitet worden.
Der Umstand, dass die Bestellung im März 2016 innerhalb der zum damaligen Zeitpunkt verbindlich festgesetzten Grenzwerte erfolgte, bleibe ohne Bedeutung.
Gemäß Artikel 15 Zollkodex der Union (UZK) sei der Beteiligte und der Anmelder mit der Abgabe der Zollanmeldung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen in der Anmeldung und für die Echtheit, die Richtigkeit und die Gültigkeit jeder der Anmeldung beigefügten Unterlage, verantwortlich. Das heißt, der Beteiligte hatte im Sinne des Artikels 15 UZK vor Abgabe zu prüfen, ob die zur Verzollung angemeldeten Folien dem Wortlaut der Warennummer 7607 1119 30 entsprechen, da er für die Richtigkeit der Informationen, mit allen allfälligen Konsequenzen bei Falschangaben, in der Anmeldung verantwortlich ist.
Da es für die Behörde keinerlei Veranlassung gebe, die Richtigkeit der erklärten Warennummer und somit der erklärten Stärke der Folien zu bezweifeln, könne es somit auch keinesfalls Aufgabe der Behörde sein, die angegebene Stärke der Folie nachträglich zu überprüfen oder ein Sachverständigengutachten zu diesem Thema einzuholen. Aufgrund dieser Warennummer handle es sich um eine "gleichartige Ware" im Sinne der Definition des Artikels 1 Absatz 4 obiger Verordnung.
Zum Irrtum wird angemerkt, gemäß Artikel 77 Absatz 1 Buchstabe a) UZK entstehe die Einfuhrschuld durch die Überführung und Überlassung von einfuhrabgabenpflichtigen Nicht-Unionswaren zum zollrechtlich freien Verkehr.
Die Zollschuld entstehe gemäß Artikel 77 Absatz 2 UZK zum Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung.
Die Überführung und Überlassung der gegenständlichen Waren habe nach dem stattgefunden, daher seien in den gegenständlichen Verfahren die Bestimmungen des mit in Kraft getretenen UZK (Verordnung (EU) 952/2013) anzuwenden.
Ein Irrtum gemäß Artikel 119 Absatz 1 UZK liege vor, sofern der der ursprünglich mitgeteilten Zollschuld entsprechende Betrag aufgrund eines Irrtums der zuständigen Behörden einem niedrigeren als dem zu entrichtenden Betrag entsprach und dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und der Zollschuldner gutgläubig gehandelt hat. Diese Bestimmung entspreche dem Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b) ZK in der bis zum geltenden Fassung. Anstatt des Unterbleibens einer nachträglichen buchmäßigen Erfassung sei nun jedoch die Erstattung bzw der Erlass von Einfuhrabgabenbeträgen vorgesehen. Entfallen sei die Bedingung, dass der Zollschuldner die Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Hinsichtlich Auslegung könnten die zu Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b) ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechungen bzw Entscheidungen der Kommission herangezogen werden.
Mit Durchführungsverordnung (EU) 2016/865 vom wären für Aluminiumfolien mit einer Dicke von wenigstens 0,007mm und weniger als 0,008 mm, ohne Unterlage, nur gewalzt, in Rollen, mit einem Stückgewicht von mehr als 10 kg, unabhängig von der Breite, weichgeglüht oder nicht, TARIC-Code 7607 11 19 30, eine Untersuchung wegen mutmaßlicher Umgehung des AD-Zolles eingeleitet und die zollamtliche Erfassung der genannten Einfuhren verfügt worden. Als nächster Schritt sei mit Durchführungsverordnung (EU) 2017/271 die Ausweitung und Einführung eines endgültigen AD-Zolles auf die Einfuhren genannter Folien gekommen. Diese Vorgänge und Regelungen wären im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. Es entspreche der Judikatur des EUGH, dass die Kenntnis solcher Veröffentlichungen den Wirtschaftsbeteiligten, der in diesem Metier tätig ist, zumutbar und vorauszusetzen sei. Ein Unternehmer, der sich nicht durch Einsichtnahme in die einschlägigen Amtsblätter vergewissere, handle fahrlässig und könne sich nicht mehr auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen (zB ; ). Unter diesem Aspekt könne von einer Gutgläubigkeit der Bf nicht mehr die Rede sein, zumal ja klar sein konnte, dass es sich bei Folien aus Aluminium um eine "sensible" Ware handelte, bei der die Einführung eines AD-Zolles zu erwarten bzw schon erfolgt sei. Ein Irrtum der Zollbehörde sei somit auszuschließen.
Ein endgültiger AD-Zoll könne rückwirkend unter gewissen Voraussetzungen (gemäß Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe a bis d der Verordnung (EU) 1225/2009) auf Waren erhoben werden, die innerhalb von 90 Tagen vor dem Zeitpunkt der Anwendung allfälliger vorläufiger Maßnahmen (Artikel 7), jedenfalls aber nicht vor der Einleitung der Untersuchung (Artikel 6) in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wurden. Die rückwirkende Erhebung des AD-Zolles sei somit sehr wohl zulässig, da die Voraussetzungen gemäß Artikel 10 zur rückwirkenden Erhebung, wie nachstehend erläutert, gegeben seien.
Da keine vorläufigen Maßnahmen auf die betroffenen Waren auferlegt wurden, habe diese Bestimmung des Artikels 10 Absatz 4 der Verordnung keine Relevanz für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der rückwirkenden Erhebung.
Von Bedeutung für die Zulässigkeit bzw Unzulässigkeit der rückwirkenden Erhebung sei im gegenständlichen Fall jedoch der letzte Halbsatz des Artikels 10 Absatz 4, der besage, dass die Überführung der betroffenen Waren in den zollrechtlich freien Verkehr keinesfalls vor der Einleitung der Untersuchung gemäß Artikel 6 der Verordnung, erfolgen dürfe.
In den verfahrensgegenständlichen Fällen erfolgte die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ab dem , die Einleitung der Untersuchung mit der Verlautbarung der Verordnung (EU) 2016/865 vom im Amtsblatt der Europäischen Union.
Bezüglich der Behauptung der Bf, dass die rückwirkende Einhebung der endgültigen AD-Zölle rechtswidrig wäre, weil keine vorläufigen Maßnahmen angewendet wurden, sei nochmals festzuhalten, dass vorläufige Maßnahmen auferlegt werden können aber nicht auferlegt werden müssen.
Der Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1225/2009 sehe vor, dass eingeführte AD-Zölle auf Einfuhren der gleichartigen Ware aus Drittländern, geringfügig verändert oder nicht, auf die Einfuhren der geringfügig veränderten gleichartigen Ware aus dem von Maßnahmen betroffenen Land oder auf die Einfuhren von Teilen dieser Ware ausgeweitet werden können, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet.
Artikel 13 Absatz 3 obiger Verordnung besage, dass die Ausweitung der bereits eingeführten endgültigen Maßnahmen bei Vorliegen einer Umgehung der geltenden Maßnahmen ab dem Zeitpunkt gilt, zu dem die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich erfasst wurden.
Abschließend werde daher festgestellt, dass die Ausweitung ab dem Zeitpunkt gelte, zu dem die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich erfasst wurden. Verfahrensgegenständlich habe die Ausweitung der mit Durchführungsverordnung (EU) 2016/865 angeordneten Maßnahmen somit ab , mit Inkrafttreten der Einleitungsverordnung, und nicht erst, wie von der Bf argumentiert, mit Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/271 gegolten (siehe dazu auch , Paltrade).
Eine Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 EMRK sei nicht gegeben, da nach herrschender Auffassung das Abgabenwesen nicht unter die im Artikel 6 EMRK angeführten Angelegenheiten zu zählen sei (). Neben der Strafgerichtsbarkeit betreffe es nur Fälle, in denen eine Behörde über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen ("civil rights") abspricht. Dazu zähle die im öffentlichen Recht begründete Vorschreibung von Abgaben nicht (; , B 107/77; , B 17, 48, 75, 76/75).
Zu dem in Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Absatz 1 entspricht Artikel 13 EMRK; Absatz 2 entspricht Artikel 6 Absatz 1 EMRK) sei ganz allgemein zu bemerken, dass im Unionsrecht gemäß den Erläuterungen zur Charta der Grundrechte (2007/C 303/02, Amtsblatt der Europäischen Union C-303/9) das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht garantiert ist. Durch Artikel 44 UZK würden die Mitgliedstaaten in Zollverfahren insoweit verpflichtet, dass jede Person gegen Entscheidungen von Zollbehörden, die sie unmittelbar betreffen, einen Rechtsbehelf auf der zweiten Stufe bei einer höheren unabhängigen Stelle - dabei könne es nach Maßgabe der geltenden Vorschriften der Mitgliedstaaten um ein Gericht oder eine gleichwertige spezialisierte Stelle handeln - einlegen kann bzw einlegen können muss. In Österreich könne in Zollangelegenheiten als höhere unabhängige Stelle das Bundesfinanzgericht angerufen werden.
Da von der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) des gegenständlichen Verfahrens auszugehen sei, liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht vor.
Überdies werde noch darauf hingewiesen, dass der Bf entsprechend der Bestimmung des Artikels 22 Absatz 6 UZK die Möglichkeit zur Stellungnahme vor Erlassung der Entscheidung eingeräumt worden sei. Neue Beschwerdegründe wären mit Schriftsatz vom nicht mehr vorgebracht worden.

Mit Schreiben vom hat die ***Bf*** beantragt, das Bundesfinanzgericht möge über ihre oa Beschwerden entscheiden.

Mit Schriftsatz vom hat der Vertreter der Beschwerdeführerin bekanntgegeben, dass das Vollmachtsverhältnis zwischen ihm und der ***Bf*** aufgelöst worden ist. Künftige Zustellungen mögen direkt an die Beschwerdeführerin vorgenommen werden.

Laut Eintragung im Firmenbuch wurde die ***Bf*** ***Anfang 2023*** als übertragende Gesellschaft mit der ***Bf-neu*** als übernehmende Gesellschaft verschmolzen und die Firma gelöscht.

Die beantragte mündliche Senatsverhandlung wurde am am Sitz des Bundesfinanzgerichtes durchgeführt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (nachstehend "Grundverordnung") kann ein endgültiger Antidumpingzoll auf Waren erhoben werden, die innerhalb von 90 Tagen vor dem Zeitpunkt der Anwendung der vorläufigen Maßnahmen, aber nicht vor der Einleitung der Untersuchung in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wurden, sofern die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich erfasst wurden, die betreffenden Einführer von der Kommission Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten, und sofern
a) bei der betreffenden Ware schon früher Dumping über einen längeren Zeitraum vorlag oder der Einführer nach dem Ausmaß des Dumpings und der angeblichen oder festgestellten Schädigung von dem Dumping Kenntnis hatte oder hätte haben müssen; und
b) zusätzlich zu der Höhe der Einfuhren, die die Schädigung im Untersuchungszeitraum verursachten, ein erheblicher Anstieg der Einfuhren verzeichnet wird, der in Anbetracht der Zeitspanne und des Volumens und sonstiger Umstände die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben wird.

Artikel 13 Absatz 3 der Grundverordnung lautet:

"Untersuchungen werden nach Maßgabe dieses Artikels auf Initiative der Kommission oder auf Antrag eines Mitgliedstaats oder jeder anderen interessierten Partei eingeleitet, wenn der Antrag ausreichende Beweise für die in Absatz 1 genannten Faktoren enthält. Die Einleitung erfolgt nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss durch eine Verordnung der Kommission, in der gleichzeitig den Zollbehörden Anweisung gegeben werden kann, die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich zu erfassen oder Sicherheitsleistungen zu verlangen. Die Untersuchungen werden von der Kommission durchgeführt, die von den Zollbehörden unterstützt werden kann, und innerhalb von neun Monaten abgeschlossen. Rechtfertigen die endgültig ermittelten Tatsachen die Ausweitung der Maßnahmen, wird diese Ausweitung vom Rat auf Vorschlag der Kommission nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss eingeführt. Der Vorschlag wird vom Rat angenommen, es sei denn, der Rat beschließt innerhalb eines Monats nach dessen Vorlage durch die Kommission mit einfacher Mehrheit, den Vorschlag abzulehnen. Die Ausweitung gilt ab dem Zeitpunkt, zu dem die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich erfasst wurden oder zu dem Sicherheiten verlangt wurden. Die einschlägigen Verfahrensbestimmungen dieser Verordnung zur Einleitung und Durchführung von Untersuchungen finden Anwendung."

Artikel 14 Absatz 5 der Grundverordnung bestimmt:

"Die Kommission kann nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss die Zollbehörden anweisen, geeignete Schritte zu unternehmen, um die Einfuhren zollamtlich zu erfassen, so dass in der Folge Maßnahmen gegenüber diesen Einfuhren vom Zeitpunkt dieser zollamtlichen Erfassung an eingeführt werden können. Die zollamtliche Erfassung der Einfuhren kann auf einen Antrag des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft vorgenommen werden, der ausreichende Beweise für die Rechtfertigung dieser Maßnahme enthält. Die zollamtliche Erfassung wird durch eine Verordnung eingeführt, in der der Zweck dieser Erfassung und, soweit angemessen, der geschätzte Betrag der möglichen zukünftigen Zollschuld angegeben werden. Die Einfuhren dürfen nicht länger als neun Monate zollamtlich erfasst werden."

Bei der Verordnung, mit der - gestützt auf Artikel 14 Absatz 5 der Grundverordnung - die zollamtliche Erfassung der verfahrensgegenständlichen Einfuhren eingeführt worden ist, handelt es sich um die Durchführungsverordnung (EU) 2016/865 der Kommission vom . Zur Rückwirkung wird unter Erwägungsgrund 22 dieser Verordnung ausgeführt:
"Nach Artikel 14 Absatz 5 der Grundverordnung sind die Einfuhren der zu untersuchenden Waren zollamtlich zu erfassen, damit auf diese Einfuhren ab dem Zeitpunkt der zollamtlichen Erfassung Antidumpingzölle in angemessener Höhe erhoben werden können, falls bei der Untersuchung eine Umgehung festgestellt wird."

Am ist im Amtsblatt L 40 die Durchführungsverordnung (EU) 2017/271 der Kommission vom zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 925/2009 des Rates eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Folien aus Aluminium mit Ursprung in der Volksrepublik China auf Einfuhren bestimmter geringfügig veränderter Folien aus Aluminium veröffentlicht worden.
Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass die Zölle auf die Einfuhren der betroffenen Ware, wie in der Ausgangsuntersuchung beschrieben, durch Einfuhren der geringfügig veränderten betroffenen Ware mit Ursprung in der VR China umgangen wurden.
In der Verordnung wird allerdings zwischen Aluminiumhaushaltsfolien (im Folgenden "AHF") und Aluminiumkonverterfolie (im Folgenden "ACF") unterschieden. Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass - angesichts der besonderen Umstände dieses Falles - für die Zwecke der Ausweitung der ursprünglichen Maßnahme zwischen den beiden Waren am besten aufgrund der Endverwendung unterschieden werden kann. Dementsprechend wurde den Einführern, die die eingeführte Aluminiumfolie nicht für Verwendungen im Haushalt nutzen, die Möglichkeit gegeben, eine Erklärung im Rahmen der Endverwendungsbestimmungen nach Artikel 254 des Zollkodex der Union abzugeben.
Gemäß Artikel 1 Absatz 4 der Verordnung wird die in Absatz 1 beschriebene Ware (zB Folien aus Aluminium des TARIC-Codes 7607 11 19 30) vom endgültigen Antidumpingzoll befreit, wenn sie für andere Verwendungen außer der Verwendung als Haushaltsfolie eingeführt wird. Eine Befreiung unterliegt den Bedingungen, die in den entsprechenden Zollbestimmungen der Union zur Endverwendung festgelegt sind, insbesondere Artikel 254 des UZK.
Gemäß Artikel 1 Absatz 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/271 wird der durch Absatz 1 dieses Artikels ausgeweitete Zoll auf Einfuhren mit Ursprung in der Volksrepublik China erhoben, zollamtlich erfasst nach Artikel 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/865 und Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2016/1036, mit Ausnahme der Einfuhren, die von den in Absatz 2 dieses Artikels aufgeführten Unternehmen hergestellt wurden, und unter Befreiung der Unternehmen, die nachweisen können, dass die Ware im Einklang mit Absatz 4 für andere Verwendungen außer der Verwendung als Haushaltsfolie genutzt wurde.
Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs und andere Zölle auf den Warenverkehr mit Nichtmitgliedstaaten, die von Gemeinschaftsorganen eingeführt wurden oder werden, zählen zu den traditionellen Eigenmitteln der EU, weil sie immer als direkte Einnahmequelle des EU-Haushalts bestanden haben. Ein Ermessen hinsichtlich der Erhebung des ausgeweiteten Zolls seitens der nationalen Zollverwaltungen sieht die genannte Bestimmung nicht vor.
Gemäß Artikel 1 Absatz 5 der genannten Verordnung finden - sofern nichts anderes bestimmt ist - die geltenden Zollvorschriften Anwendung.

Laut Aktenlage sind die verfahrensgegenständlichen Aluminiumfolien nicht einem in Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung aufgeführten Unternehmen hergestellt worden.

Gemäß Artikel 239 der Delegierenden Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union wird eine Bewilligung für die Endverwendung (Artikel 254 UZK) unter der Voraussetzung erteilt, dass der Inhaber der Bewilligung zusagt, eine der folgenden Verpflichtungen nachzukommen:
a) die Waren zu den Zwecken zu verwenden, die für die Anwendung der Abgabenfreiheit oder des ermäßigten Abgabensatzes vorgeschrieben waren;
b) die Verpflichtung nach Buchstabe a zu den von den Zollbehörden festgelegten Bedingungen auf eine andere Person zu übertragen.
Eine solche Zusage bzw Verpflichtung des Inhabers der Bewilligung für die Endverwendung (Artikel 211 Absatz 1 Buchstabe a UZK) liegt nicht vor, dies wohl deshalb, weil im vorliegenden Fall von AHF auszugehen ist.

Die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer haben das Recht, vorab klar und präzise von den Antidumpingmaßnahmen informiert zu werden, denen sie unterworfen werden können, und solche Maßnahmen müssen folglich Gegenstand angemessener Veröffentlichung, insbesondere im Amtsblatt der Europäischen Union, sein (, Asta Stores Ltd, Rn 95).
Dem wurde im vorliegenden Fall entsprochen; über die Einleitung der Untersuchung und die Ausweitung des Antidumpingzolls sind die Wirtschaftsteilnehmer im Amtsblatt der Europäischen Union durch Veröffentlichung der entsprechenden Verordnungen informiert worden. Zusätzlich hat auch die Wirtschaftskammer als Interessensvertretung darüber auf https://www.wko.at/aussenwirtschaft/aluminium-haushaltsfolien-gross berichtet und ua ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Antidumpingzoll 30% beträgt und rückwirkend ab dem Tag der zollamtlichen Erfassung () eingehoben wird.

Wenn die Bf vorbringt, die tatsächliche Stärke der eingeführten Folien wäre vom Zollamt unter Beiziehung eines Sachverständigengutachtens zu erheben gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass es laut Aktenlage weder Beweise noch Anhaltspunkte für Abweichungen zwischen der eingeführten Ware und der Warenbeschreibung in den Zollanmeldungen und den beigefügten Unterlagen gibt. Von der Möglichkeit, die Ware anlässlich der Zollabfertigung untersuchen zu lassen, hat die Bf keinen Gebrauch gemacht. Eine spätere Untersuchung der Einfuhrwaren ist mangels entsprechender Warenmuster nicht mehr möglich und aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes auch nicht geboten.

Auf die zu KN-Code ex 7607 11 19 (TARIC-Code 7607 11 19 30) gehörenden Einfuhrwaren ist zu Recht Antidumpingzoll festgesetzt worden. Nach Artikel 1 Absatz 1 Durchführungsverordnung 2017/271 ist der mit Verordnung Nr. 925/2009 für bestimmte Folien aus Aluminium mit Ursprung in der VR China eingeführte endgültige Antidumpingzoll auf die Einfuhren bestimmter geringfügig veränderter Folien aus Aluminium ausgeweitet worden. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift besteht keine Befreiung, wenn die beschriebene Ware zur Verwendung als Haushaltsfolie eingeführt wird. Zu den gemäß Artikel 1 Absatz 2 Verordnung 2017/271 von der Ausweitung des Antidumpingzolls ausgenommenen Unternehmen gehört der chinesische Lieferant der Bf nicht. Nach Artikel 1 Absatz 5 Verordnung 2017/271 wird der ausgeweitete Antidumpingzoll auf Einfuhren mit Ursprung in der VR China erhoben, zollamtlich erfasst nach Artikel 2 der Verordnung 2016/865 und Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 5 der Verordnung 2016/1036, soweit - wie in den verfahrensgegenständlichen Fällen - keine Ausnahme Anwendung findet. Die Voraussetzungen des Artikels 105 Absatz 4 UZK für die Nacherhebung der bei der Einfuhr zunächst nicht erhobenen Einfuhrabgaben sind erfüllt.
Ein Ermessen bei der buchmäßigen Erfassung der Einfuhrabgabenbeträge besteht seitens der Zollbehörden - wie schon ausgeführt - nicht. Auch Anhaltspunkte für einen Irrtum der Zollbehörde oder die Verletzung eines schutzwürdigen Vertrauens liegen nicht vor.
Die genannten Verordnungen sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Das in Artikel 7 EMRK normierte Rückwirkungsverbot gilt nur für Strafen. Die Nacherhebung von Einfuhrabgaben stellt jedoch keine Strafe dar, weshalb der Hinweis auf den Grundsatz "nulla crimen sine lege", in diesem Zusammenhang ins Leere geht.
Wie schon vom Zollamt zutreffend ausgeführt wurde, findet Artikel 6 EMRK auf die Abgabeneinhebung keine Anwendung. Es ist für das Bundesfinanzgericht allerdings auch nicht erkennbar, weshalb das gegenständliche Verfahren nicht fair geführt worden sein sollte.

Ein allfälliger verfahrensrechtlicher Begründungsmangel in den angefochtenen Bescheiden wurde durch die Beschwerdevorentscheidungen saniert bzw wird durch das gegenständliche Erkenntnis behoben.

Der Ansicht der Bf, die rückwirkende Ausweitung des Antidumpingzolls sei unzulässig, ist nicht zu folgen.
Nach Artikel 13 Absatz 1 Unterabsatz 11 Satz 1 der Grundverordnung können Antidumpingzölle (ua) auf die Einfuhren der gleichartigen Ware aus Drittländern ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet. Nach Satz 3 der Vorschrift ist als Umgehung eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft oder zwischen einzelnen Unternehmen in dem von Maßnahmen betroffenen Land und der Gemeinschaft anzusehen, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise für eine Schädigung oder dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wird, und wenn erforderlichenfalls im Einklang mit Artikel 2 der Verordnung ermittelte Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten, die für die gleichartige Ware vorher festgestellt wurden, vorliegen.
Wie sich aus den Erwägungsgründen Nrn 23 ff der Verordnung 2017/271 ergibt, ist nach dem Ergebnis der dem Erlass dieser Verordnung vorangegangenen Untersuchung eine Umgehung des mit der Verordnung Nr. 925/2009 eingeführten Antidumpingzolls iS des Artikels 13 Absatz 1 der Grundverordnung durch Einfuhren geringfügig veränderter Waren mit Ursprung in der VR China umgangen worden. Es gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme, diese Feststellungen seien unzutreffend oder die festgestellten Tatsachen seien fehlerhaft beurteilt worden. Der Rat war somit nach Artikel 13 Absatz 1 berechtigt, die geltenden Maßnahmen auf die Einfuhren bestimmter geringfügig veränderter Waren auszuweiten.

Wird eine Umgehung geltender Antidumpingmaßnahmen festgestellt, ist der Rat im Rahmen der ihm nach der Grundverordnung zur Verfügung stehenden Gegenmaßnahmen nicht auf bestimmte Maßnahmen beschränkt. Vielmehr verfügt er in diesem Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wegen der Komplexität der zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen (, Simon, Evers & Co., Rn 29).

Auch in Anbetracht der von der Bf angeführten Freiheits- bzw. Gleichheitsrechte gemäß der Grundrechtecharta kann nicht angenommen werden, der Verordnungsgeber habe sein Ermessen missbraucht, indem er den Antidumpingzoll auf Einfuhren bestimmter geringfügig veränderter Folien aus Aluminium ausgeweitet hat.
Den Beschwerden kann nicht gefolgt werden, soweit vorgebracht wird, die Ausweitung des Antidumpingzolls verletze das Eigentumsrecht, widerspreche dem Gleichheitssatz und verstoße gegen den Grundsatz "nulla crimen sine lege". Die Einführung sowie die Ausweitung eines Antidumpingzolls sind handelspolitische Maßnahmen, die sich gegen unfaire, zu Marktverzerrungen in der Union führende Handelspraktiken bestimmter Hersteller/Ausführer in bestimmten nicht zur Union gehörenden Ländern richten, die von dort ihre Waren zu Dumpingpreisen in die Union ausführen. Das Ziel von Antidumpingzöllen ist die Erhöhung der Einfuhrpreise für gedumpte Waren auf ihren sogenannten Normalwert, um Schädigungen eines Wirtschaftszweigs der Union durch eingeführte Dumpingwaren zu vermeiden. Eingriffe in die Berufs- bzw Unternehmensfreiheit in der Union ansässiger Importeure sind weder das Ziel noch die unvermeidbare Folge von Antidumpingzöllen. Weder das Recht auf Berufsfreiheit noch das Recht auf unternehmerische Freiheit schützen davor, auf gesetzlicher Grundlage erhobene Abgaben entrichten zu müssen, es sei denn, diese haben eine sogenannte erdrosselnde Wirkung, wovon im Fall eines die Einfuhrpreise auf einen Normalwert anhebenden Antidumpingzolls jedoch keine Rede sein kann.
Jedenfalls ist die Ausweitung des Antidumpingzolls durch die Verordnung 2017/271 keine unverhältnismäßige Maßnahme iS von Artikel 52 Absatz 1 Satz 2 Grundrechtecharta.

Um die Ausweitung des Antidumpingzolls auf das zur Verhinderung von Umgehungspraktiken Notwendige zu beschränken, besteht nach Artikel 13 Absatz 4 der Grundverordnung die Möglichkeit, Unternehmen des Ausfuhrlands, die nicht an Umgehungspraktiken beteiligt sind, auf Antrag Befreiung zu gewähren. Von dieser Möglichkeit ist mit der Verordnung 2017/271 in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht worden.

Wie sich aus den Erwägungsgründen Nr. 36 und Nr. 49 der Verordnung 2017/271 ergibt, entfielen im Betrachtungszeitraum ( bis ) 80% der Gesamtmenge der Einfuhren der untersuchten Ware mit Ursprung in der VR China auf die geringfügig veränderte betroffene Ware und ist das Vorliegen einer Umgehungspraxis iS des Artikels 13 Absatz 1 der Grundverordnung auf Landesebene für diese Einfuhren belegt.
Unter diesen Umständen sowie unter Berücksichtigung der Regelungen des Artikels 18 der Grundverordnung handelte der Verordnungsgeber nicht unverhältnismäßig, indem er den Antidumpingzoll auf Einfuhren bestimmter geringfügig veränderter Folien aus Aluminium ausweitete und es den ausführenden Herstellern aus der VR China überließ, Anträge auf Befreiung zu stellen und dabei nachzuweisen, nicht an Umgehungspraktiken beteiligt zu sein (vgl zu einer der Durchführungsverordnung 2017/271 entsprechenden Antidumpingverordnung: , Simon, Evers & Co., Rn 33-37).

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass den Beschwerden gegen die Nacherhebung des Antidumpingzolls aus den genannten Gründen nicht stattzugeben ist.

Entsteht die Zollschuld aufgrund von Artikel 79 oder wird die Zollschuld aufgrund einer nachträglichen Kontrolle mitgeteilt, werden nach Artikel 114 Absatz 2 UZK ab dem Tag des Entstehens der Zollschuld bis zum Tag der Mitteilung der Zollschuld Verzugszinsen auf den Einfuhrabgabenbetrag berechnet.

Nach Artikel 79 Absatz 1 UZK entsteht für einfuhrabgabenpflichtige Waren eine Einfuhrzollschuld, wenn Folgendes nicht erfüllt ist:

a) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, auf das Entziehen dieser Waren aus der zollamtlichen Überwachung oder auf die Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwahrung, vorübergehende Verwendung oder Verwertung dieser Waren in diesem Gebiet,

b) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf die Endverwendung von Waren innerhalb des Zollgebiets der Union,

c) eine Voraussetzung für die Überführung von Nicht-Unionswaren in ein Zollverfahren oder für die Gewährung der vollständigen oder teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben aufgrund der Endverwendung der Waren.

Laut Aktenlage liegt kein Verstoß, der zum Entstehen der Zollschuld aufgrund Artikel 79 führen würde, vor.

Was als "nachträgliche Kontrolle" zu verstehen ist, bestimmt Artikel 48 UZK. Demnach können die Zollbehörden zum Zwecke der Zollkontrollen die Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten Angaben in einer Zollanmeldung, einer Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung, einer summarischen Eingangsanmeldung, einer summarischen Ausgangsanmeldung, einer Wiederausfuhranmeldung oder einer Wiederausfuhrmitteilung sowie das Vorhandensein und die Echtheit, Richtigkeit und Gültigkeit gegebenenfalls beigefügter Unterlagen überprüfen und die Buchhaltung und andere Aufzeichnungen des Anmelders über die die fraglichen Waren betreffenden Arbeitsvorgänge oder vorangegangenen oder nachfolgenden wirtschaftlichen Vorgänge nach Überlassung der Waren prüfen. Die Zollbehörden können auch, sofern es ihnen noch möglich ist, eine Prüfung dieser Waren vornehmen und/oder Muster und Proben nehmen.
Solche Kontrollen können beim Besitzer der Waren oder seinem Vertreter, bei allen in geschäftlicher Funktion unmittelbar oder mittelbar an diesen Vorgängen beteiligten Personen und allen anderen Personen durchgeführt werden, die über diese Unterlagen oder diese Daten aus geschäftlichen Gründen verfügen.

In den verfahrensgegenständlichen Fällen hat die Bf keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben in den betreffenden Zollanmeldungen gemacht. Es erfolgte auch keine nachträgliche Kontrolle seitens der Zollbehörden, sondern hat die Kommission eine Untersuchung nach Artikel 13 der Grundverordnung durchgeführt, die eine Ausweitung des Antidumpingzolls zur Folge hatte.
Da die Zollschuld in den gegenständlichen Fällen weder aufgrund eines Verstoßes entstanden ist noch aufgrund einer nachträgliche Kontrolle iS von Artikel 48 UZK mitgeteilt wurde, bleibt der nacherhobene Abgabenbetrag zinsfrei.
Den Beschwerden gegen die Berechnung von Verzugszinsen auf die Einfuhrabgabenbeträge war daher stattzugeben.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen liegen - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht vor (Antidumpingzoll) bzw hat sich das Bundesfinanzgericht auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen gestützt (Verzugszinsen).

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 9 VO 2016/1036, ABl. Nr. L 176 vom S. 21
Art. 114 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 1 Abs. 4 VO 2016/1036, ABl. Nr. L 176 vom S. 21
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7200002.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at