Betriebsaufgabe Hälftesteuersatz
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Zwilling in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom
gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2013, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (kurz Bf) war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum als Steuerberater tätig.
Im Jahr 2015 fand eine Außenprüfung hinsichtlich Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2013 statt. Im Betriebsprüfungsbericht vom wurde unter Tz 1 festgehalten, dass der Bf mit Abtretungsvertrag vom 2011 seine Anteile an der AB an die beiden anderen Gesellschafter veräußert habe. Ab dem Jahr 2012 habe er dann Leistungen auf Grundlage eines Werkvertrages für die CD erbracht. Der Gewinn sei nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt worden. Mit beendete der Bf seine Tätigkeit und beantragte den Hälftesteuersatz für den Übergangsgewinn. Da die Tätigkeit bei der CD erst im Jahr 2012 begonnen und bereits 2013 wieder beendet worden sei, sei die Frist von 7 Jahren noch nicht verstrichen. Der Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs 5 EStG stehe daher nicht zu.
Das Finanzamt erließ daraufhin am den entsprechenden Einkommensteuerbescheid 2013 und verwies in der Begründung auf die Feststellungen der Außenprüfung.
Dagegen brachte der Bf mit Schriftsatz vom Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, dass er seit 1980 als Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater mit der gleichen Berufsbefugnis tätig gewesen sei. Nur das äußere Erscheinungsbild sei unterschiedlich gewesen. Zunächst habe er seine Tätigkeit als Einzelunternehmer ausgeübt. Dann habe er das Einzelunternehmen in eine GmbH eingebracht und schließlich habe er ab 2011 wieder als Einzelunternehmer gearbeitet. Die von der Betriebsprüfung angeführte VwGH-Entscheidung vom , 2011/15/0101, sei nicht anwendbar, da er seine Berufstätigkeit 2011 nicht eingestellt habe. Viel eher seien die VwGH-Erkenntnisse vom , 0521/69, vom , 2737/79, vom , 90/14/0022 und vom ,91/13/0201 heranzuziehen, die davon ausgingen, dass bei Bestehen eines engen sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhanges grundsätzlich eine einheitliche Tätigkeit anzunehmen sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Frist pro betrieblicher Einheit laufen würde. Der gegenständliche Betrieb sei erst 2012 eröffnet und 2013 eingestellt worden. Die Tätigkeit als Geschäftsführer für die AB sei im April 2011 beendet worden. Wenn ein GmbH-Geschäftsführer, der Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 22 Z 2 EStG erziele, seine Tätigkeit einstelle, liege eine Betriebsaufgabe vor ().
Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Berufsbefugnis über Jahrzehnte bestanden habe bzw. immer schon eine Steuerberatungstätigkeit ausgeübt worden sei.
In der Folge beantragte der Bf mittels Vorlageantrag vom , dass die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt werde. Diesen Antrag begründete er ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen damit, dass die Geschäftsführertätigkeit aus gesellschaftsinternen Gründen (zwangsweise) aufgegeben worden sei und er seine Berufstätigkeit als solche unverändert weitergeführt habe. Dies sei unter anderem aus pensionsrechtlichen Gründen notwendig gewesen (mangels ausreichender Versicherungszeiten). Sogar nicht gleichartige Tätigkeiten würden einen einheitlichen Betrieb bilden, wenn sie geeignet seien, einander zu ergänzen (EStR Rz 5288). Außerdem werde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Aktenkundig ist außerdem ein Schreiben des Bf vom (Vorhaltsbeantwortung) an das Finanzamt, in dem er ausführt, dass er die Tätigkeit für die CD im Herbst 2011 begonnen habe. Ein Teil der Klienten der AB sei daraufhin zur CD gewechselt. Dies habe letztlich auch zu einem Rechtsstreit mit der AB wegen Abwerbung von Mandanten geführt.
Das Finanzamt legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Am fand die mündliche Verhandlung am Bundesfinanzgericht statt. Im Zuge dessen wiederholten beide Parteien im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Der Bf war als Gesellschafter-Geschäftsführer zu 33% an der AB in Salzburg, beteiligt und erzielte daraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die übrigen Geschäftsanteile hielt die EF, deren Gesellschafter Mag. GH und Mag. IJ waren.
Mit Abtretungsvertrag vom 2011 veräußerte er seinen Geschäftsanteil "zur Gänze und mit allen Rechten und Pflichten" an die EF. Im Abtretungsvertrag wird außerdem festgehalten, dass Ertragsanteile aus dem laufenden Geschäftsjahr der übernehmenden Gesellschafterin zu stehen.
Für den Gewinn aus der Beteiligungsveräußerung erhielt der Bf im Jahr 2011 den ermäßigten Steuersatz (Hälftesteuersatz).
Ab Herbst 2011 erbrachte der Bf Leistungen für die CD auf Grundlage eines mündlich abgeschlossenen Werkvertrages. Den daraus entstandenen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs 3 EStG (Einkünfte aus selbständiger Arbeit).
Mit beendete der Bf diese Tätigkeit. Für die Ermittlung des Übergangsgewinnes von § 4 Abs 3 EStG auf § 4 Abs 1 EStG erklärte er im Jahr 2013 einen Gewinn von 173.189,82 €. Für diesen Übergangsgewinn wurde der ermäßigte Steuersatz gemäß § 37 Abs 5 EStG beantragt.
Der Bf vollendete im Jahr 2013 das 60. Lebensjahr und stellte mit seine Erwerbstätigkeit ein.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich.
Aus dem Abtretungsvertrag geht hervor, dass der Gesellschaftsanteil in seiner Gesamtheit, also inklusive Kundenstock verkauft wurde, da sämtliche Rechte und Pflichten, sowie die Erträgnisse aus dem laufenden Geschäftsjahr auf die Käufer übergegangen sind.
Die Tätigkeit für die CD wurde nach Angaben des Bf im Herbst 2011 begonnen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 37 Abs 1 EStG ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte (Abs. 5) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.
Außerordentliche Einkünfte sind nach Abs. 5 dieser Bestimmung Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.
2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.
3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
Der Bf hat im Jahr 2013 das 60. Lebensjahr vollendet und seine Erwerbstätigkeit eingestellt. Strittig ist im vorliegenden Beschwerdefall, ob seit der Eröffnung des Betriebes oder dem letzten entgeltlichen Vorgang sieben Jahre verstrichen sind.
Durch § 37 Abs 5 EStG soll die Aufdeckung langfristig angesammelter stiller Reserven begünstigt werden (Fraberger/Papst in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG18, § 37 Rz 21).
Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der letzten Aktivierung des Betriebsvermögens bei Anschaffung oder Gründung des Betriebes (Fraberger/Papst in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG18, § 37 Rz 21 mwN).
Eine Betriebseröffnung ist auch dann anzunehmen, wenn zwar schon bisher eine betriebliche Tätigkeit ausgeübt wurde, diese aber umgewandelt und in einer nicht mehr vergleichbaren Form fortgeführt wird ( und ).
Die Frist läuft pro betriebliche Einheit (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil, vgl. Kanduth-Kristen in Jakom EStG16, § 37 Rz 27).
Der Bf hat im Jahr 2011 seinen Geschäftsanteil an der GmbH veräußert und seine Tätigkeit als Geschäftsführer eingestellt. Aus dem Abtretungsvertrag vom 2011 geht hervor, dass er den Geschäftsanteil in seiner Gesamtheit inklusive dem anteiligen Kundenstock veräußert hat. Der Umstand, dass einzelne Klienten dennoch vom Bf weiter betreut werden wollten und zu einem Wechsel bereit waren, ändert daran nichts. Durch die Begründung des Einzelunternehmens und der Tätigkeit für eine andere Steuerberatungskanzlei hat der Bf einen neuen Betrieb eröffnet. Beispielsweise stellen die Behandlung von Sonderklassepatienten im Krankenhaus durch einen nichtselbständig tätigen Arzt und eine vom selben Arzt geführte Ordination, keinen einheitlichen Betrieb dar; die Erfüllung der Siebenjahresfrist ist für jeden Betrieb getrennt zu beurteilen (siehe Beispiel in Rz 24 zu § 37, Fraberger/Papst in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG18). Das gleiche muss auch für die Tätigkeiten des Bf gelten. Die Siebenjahresfrist hat für den Betrieb des Einzelunternehmens des Bf im Jahr 2011 neu zu laufen begonnen und ist somit im Jahr 2013 noch nicht verstrichen.
Für den Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Gesellschaftsanteile und die entsprechenden stillen Reserven hat der Bf außerdem im Einkommensteuerbescheid 2011 den Hälftesteuersatz erhalten. Sinn und Zweck der Progressionsermäßigung nach § 37 EStG ist es plötzlich auftretende stille Reserven, die sich über einen langen Zeitraum angesammelt haben, einer ermäßigten Besteuerung zu unterziehen. Da der Bf jedoch bereits im Jahr 2011 die stillen Reserven im Zusammenhang mit seinem Geschäftsanteil aufgedeckt und zu einem ermäßigten Steuersatz versteuert hat, bleibt zwei Jahre später kein Platz mehr für eine abermalige Begünstigung. Dabei ist es unerheblich aus welchem Titel die Begünstigung erfolgt ist. Auch aus diesem Grund ist die geforderte siebenjährige Frist keinesfalls erfüllt.
In den vom Bf angeführten VwGH-Erkenntnissen geht es um die Frage der Einkünftezurechnung verschiedener Tätigkeiten. Für die Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalls lässt sich daraus jedoch nichts gewinnen, da ohne Zweifel beide Tätigkeiten des Bf Einkünfte aus selbständiger Arbeit darstellen, sie aber dennoch in zwei getrennten Betrieben ausgeführt wurden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefallhandelt es sich um keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt bzw. die Rechtsfolgen sich außerdem unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen ergeben.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 37 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 37 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | § 37 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 37 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100010.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at