Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.12.2023, RV/1100447/2019

Sonstige Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden abgekürzt Bf.) war im Jahr 2017 als Grenzgänger in ***1*** nichtselbständig tätig.

Am erließ das Finanzamt für das Jahr 2017 folgenden Einkommensteuerbescheid:

Berechnung der Einkommensteuer:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag Pauschbetrag für Werbungskosten Gesamtbetrag der Einkünfte Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung (Topf-Sonderausgaben) eingeschliffen nach folgender Formel: (60.000,00 - 40.257,21) * (528,75 - 60) / 23.600,00 + 60 Einkommen Die Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt: 0% für die ersten 11.000,00 25% für die weiteren 7.000,00 35% für die weiteren 13.000,00 42% für die restlichen 8.805,07 Steuer vor Abzug der Absetzbeträge Verkehrsabsetzbetrag Steuer nach Abzug der Absetzbeträge Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt: 0% für die ersten 620,00 6% für die restlichen 2.931,44 Einkommensteuer Ausländische Steuer Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988 Festgesetzte Einkommensteuer
50.217,52 € -9.828,31 € -132,00 € 40.257,21 € -452,14 € 39.805,07 € 0,00 € 1.750,00 € 4.550,00 € 3.698,13 € 9.998,13 € -400,00 € 9.598,13 € 175,89 € 9.774,02 € -2.104,32 € 0,30 € 7.670,00 €

In der fristgerecht am eingebrachten Beschwerde wurde eine Korrektur der sonstigen Bezüge beantragt. Begründend brachte der Bf. vor, diese würden umgerechnet 4.062,08 € ausmachen. Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid sei eine geringere Summe ausgewiesen, weshalb der entsprechende restliche Teilbetrag als normale Einkünfte besteuert worden sein dürften. Dieser Umstand führe zu einer um ca. 370,00 € höheren Besteuerungssumme.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, die sonstigen Bezüge seien bereits im Erstbescheid in der richtigen Höhe in Ansatz gebracht worden. Der betreffende Betrag sei im Erstbescheid auf Seite 5 unter "Lohnzettel und Meldungen" und weiters unter "Bezüge, die neben Arbeitslöhnen nicht monatlich laufend gewährt werden (351)" ersichtlich. Der Grund, weshalb im Bescheid lediglich 2.931,44 € ausgewiesen seien, liege in der Tatsache, dass die anteiligen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 524,30 € (siehe auch dazu die Seite 5 des Erstbescheides) sowie der steuerfreie Betrag in Höhe von 620,00 € in Abzug gebracht worden seien, sodass lediglich der im Bescheid ersichtliche Betrag der Besteuerung unterzogen worden sei.

Im fristgerecht am eingebrachten Vorlageantrag wurde kein ergänzendes Vorbringen erstattet.

Im Vorlagebericht vom nahm das Finanzamt wie folgt Stellung: Die sonstigen Bezüge seien laut Jahreslohnzettel in Ansatz gebracht worden, infolge einer Wechselkursdifferenz sogar mit einem höheren Euro-Betrag als in der Beschwerde beantragt worden sei. So sei von der Behörde der amtliche Wechselkurs verwendet worden, welcher im Internet auf der Homepage www.bmf.gv.at über das Formular L17b abrufbar sei.

Die unterschiedliche bzw. irrtümliche Rechtsansicht des Bf. bezüglich der Höhe der sonstigen Bezüge resultiere offenbar aus dem Umstand, dass im Spruchbetrag deshalb nicht die vollen sonstigen Bezüge ersichtlich seien, da diese einerseits um die aliquoten Pflichtbeiträge, welche iSd EStG 1988 tatsächlich aufzuteilen seien, andererseits aber auch um den Freibetrag in Höhe von 620,00 € gemäß § 67 Abs. 1 EStG gekürzt worden seien. Die Beiträge an die private Krankenversicherung seien nicht aufzuteilen gewesen und seien daher zur Gänze beim laufenden Bezug in Abzug gebracht worden.

Sofern somit der richtige Wechselkurs als Grundlage herangezogen werde und die aliquoten Pflichtbeiträge sowie der Freibetrag gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 jenem Betrag, welcher laut Bescheid als Besteuerungsgrundlage zur Besteuerung herangezogen worden sei, hinzugerechnet würden, ergebe sich exakt der Betrag, welcher laut Beschwerde zum Ansatz zu bringen und bereits bei der Berechnung im Erstbescheid berücksichtigt worden sei. Dieser Betrag sei auch auf der letzten Seite des angefochtenen Bescheides in den Daten des ausländischen Lohnzettels L17 ersichtlich.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf., der im Jahr 2017 als Grenzgänger in ***1*** nichtselbständig tätig war, hat für das betreffende Jahr einen "Lohnausweis" sowie ein "Beiblatt für österreichische Arbeitnehmer in ***1*** (Grenzgänger)" übermittelt. In diesen Belegen ist ein Bruttolohn von 61.277,00 CHF ausgewiesen (59.375,00 CHF sowie eine Krankenkassenbeitragsvergütung in Höhe von 1,902 CHF). Aus den gegenständlichen Belegen ist zudem ersichtlich, dass der angeführte Bruttolohn einen 13. Monatslohn in Höhe von 4.600,00 CHF beinhaltet, die vom Arbeitnehmer (Bf.) zu leistenden Pflichtbeiträge insgesamt 7.638,00 CHF betrugen und eine ausländische Steuer in Höhe von 2.375,00 CHF zu entrichten war. Vorgelegt wurde überdies eine Bestätigung, wonach der Bf. private Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 3.585,12 € im Jahr 2017 entrichtet hat.

Auf Basis der obigen, vom Bf. beigebrachten Nachweise und unter Zugrundelegung des für das Jahr 2017 geltenden amtlichen Wechselkurses von 0,886030 für Schweizer Franken (siehe dazu unter www.bmf.gv.at das Formular L17b, welches eine Umrechnungstabelle in Euro-Beträge 2017 beinhaltet) wurde vom Finanzamt der folgende Jahreslohnzettel erstellt und der Veranlagung der Einkommensteuer 2017 zugrunde gelegt:


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Bezeichnung
KZ
Betrag
Bruttobezüge
(350)
54.293,26 €
Sonstige Bezüge, die neben dem laufenden Arbeitslohn nicht monatlich gewährt werden
(351)
4.075,74 €
Einbehaltene Sozial(versicherungs)beiträge
Für laufend ausgezahlten Arbeitslohn
(357)
9.828,31 €
Für Bezüge gemäß Kennzahl 351
(347)
524,30 €
Einbehaltene Steuer
(358)
2.104,32 €

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt dem BFG übermittelten Aktenteilen.

3. Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist, ob die "sonstigen Bezüge" im korrekten Ausmaß (4.600,00 CHF bzw. 4.075,74 €) bei der Veranlagung der Einkommensteuer 2017 berücksichtigt wurden.

§ 67 Abs. 1 EStG 1988 lautet:

"Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), beträgt die Lohnsteuer für sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß Abs. 2 nach Abzug der in Abs. 12 genannten Beträge

1. für die ersten 620 Euro 0 %,

2. für die nächsten 24.380 Euro 6 %,

3. für die nächsten 25.000 Euro 27 %,

4. für die nächsten 33.333 Euro 35,75 %.

Die Besteuerung der sonstigen Bezüge mit diesen festen Steuersätzen unterbleibt, wenn das Jahressechstel gemäß Abs. 2 höchstens 2.100 Euro beträgt. Der Freibetrag von 620 Euro und die Freigrenze von 2.100 Euro sind bei Bezügen gemäß Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5 erster Teilstrich, Abs. 6 bis 8 und Abs. 10 nicht zu berücksichtigen."

Gemäß § 67 Abs. 12 EStG 1988 sind die auf Bezüge, die mit festen Steuersätzen zu versteuern sind, entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 vor Anwendung der festen Steuersätze in Abzug zu bringen.

Gemäß § 62 Z 4 EStG 1988 sind beim Steuerabzug vom Arbeitslohn vor Anwendung des Lohnsteuertarifes (§ 66) vom Arbeitgeber einbehaltene Beiträge im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4, soweit sie nicht auf Bezüge entfallen, die mit einem festen Steuersatz im Sinne des § 67 zu versteuern sind, vom Arbeitslohn abzuziehen.

Wie das Finanzamt im Vorlagebericht zutreffend ausgeführt hat, sind gemäß § 67 Abs. 12 EStG 1988 von den sonstigen Bezügen die auf sie entfallenden Pflichtversicherungsbeiträge in Abzug zu bringen. Aus der Gesetzessystematik ergibt sich, dass diese Bestimmung auch im Fall der Veranlagung von Arbeitnehmern (z.B. Grenzgänger) anzuwenden ist (vgl. ). Soweit Pflichtbeiträge oder gleich zu behandelnde Beiträge im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 auf sonstige Bezüge entfallen, die mit einem festen Steuersatz zu versteuern sind, sind sie somit grundsätzlich (auch im Veranlagungsverfahren) vor Anwendung des festen Steuersatzes (als Werbungskosten) in Abzug zu bringen. Sozialversicherungsbeiträge sind also generell auf laufende und sonstige Bezüge aufzuteilen, sofern ein Konnex der Sozialversicherungsbeiträge zu den sonstigen Bezügen besteht (siehe dazu , mit Verweis auf Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, Tzen 164 f; Bernold/Mertens, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2015, Frage 62/1 zu § 62 sowie Frage 67/93 zu § 67; Jakom/Lenneis EStG, 2017, § 67 Rz 40).

Wie unter Pkt. II.1. dargelegt wurde, betrug die Summe der im Beschwerdefall einbehaltenen Pflichtbeiträge 7.638,00 CHF bzw. 6.767,50 €. Diese Pflichtbeiträge waren auf laufende bzw. sonstige Bezüge wie folgt aufzuteilen:


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CHF
Euro (Umrechnungsfaktor 0,886030)
7.638,00 CHF : 59.375,00 CHF x 4.600,00 CHF
591,74 CHF
524,30 €
7.638,00 CHF - 591,74 CHF = Anteil laufende Bezüge
7.046,26 CHF
6.243,20 €

Bei den zum Tarif zu versteuernden Einkünften in Höhe von 50.217,52 € waren als Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 - ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 - nicht nur die anteiligen Pflichtbeiträge in Höhe von 6.243,20 € zu berücksichtigen, sondern auch die privaten Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 3.585,12 € (ergibt somit Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 im Gesamtausmaß von 9.828,32 €).

Die sonstigen Bezüge waren im angefochtenen Einkommensteuerbescheid daher wie folgt zu berücksichtigen:


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Jahressechstel
4.075,74 €
Abzüglich der auf das Jahressechstel entfallenden Pflichtbeiträge
-524,30 €
Bezüge, die mit festen Steuersätzen zu besteuern sind
3.551,44 €
Abzüglich der Freibetrag gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988
-620,00 €
Mit 6% zu versteuernde restliche sonstige Bezüge
2.931,44 €

Aus den obigen Ausführungen ist zu ersehen, dass die "sonstigen Bezüge" im korrekten Ausmaß bei der Veranlagung der Einkommensteuer 2017 Beachtung fanden.

Somit kommt dem Beschwerdebegehren keine Berechtigung zu.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ist eine Revision schon deshalb nicht zulässig, weil sich die Rechtsfrage, wie "sonstige Bezüge" bei der Veranlagung der Einkommensteuer zu berechnen sind, bereits aus dem Gesetz ergibt (§ 67 Abs. 1 EStG 1988 iVm § 67 Abs. 12 leg. cit.).

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100447.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at