Geschäftsführerhaftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe; Vorliegen von Dienstverhältnissen bei Callcenter-Agents; kein entschuldbarer Rechtsirrtum bei Unterlassung zumutbarer Erkundigung an geeigneter Stelle
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Lisa Pucher in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf Adr***, vertreten durch Hofinger Menschick Rechtsanwälte, Roßmarkt 20, 4710 Grieskirchen, über die Berufung (nunmehr Beschwerde) vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom betreffend die Haftung als Geschäftsführer der ***m GmbH*** in Liquidation für den entstandenen Rückstand an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen für den Zeitraum März 2008 bis September 2009 (Haftungsbetrag gesamt: € 6.704,28), zu Recht:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Der Beschwerdeführer wird zur Haftung für nachfolgend angeführte Abgabenbeträge herangezogen:
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Abgabenart | Zeitraum | Betrag |
Kommunalsteuer | 03-12/2008 | € 1.503,84 |
Dienstgeberabgabe | 03-12/2008 | € 55,49 |
Kommunalsteuer | 01-09/2009 | € 4.604,68 |
Dienstgeberabgabe | 01-09/2009 | € 335,68 |
Summe | € 6.499,69 |
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Haftungsvorhalteverfahren
Am richtete der Magistrat der Stadt Wien ein Schreiben betreffend die von der ***m GmbH*** in Liquidation (nachfolgend auch "Primärschuldnerin") geschuldete Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für die Zeiträume 03-12/2008 sowie 01-09/2009 und Säumniszuschläge hierzu an den Beschwerdeführer (nachfolgend "Bf"). Der Bf sei bis zum im Firmenbuch als Geschäftsführer der ***m GmbH*** in Liquidation eingetragen gewesen. Im gegenständlichen Fall seien die Abgaben in Höhe eines Gesamtbetrages von € 6.704,28 nicht entrichtet worden und lägen die (in § 80 Abs 1 BAO sowie § 6a Abs 1 Dienstgeberabgabegesetz bzw § 6a Abs 1 Kommunalsteuergesetz vorgesehenen) gesetzlichen Voraussetzungen für die Haft- und Zahlungspflicht des Bf vor, woraufhin sich der Bf wie folgt äußerte: Solange er Geschäftsführer der ***m GmbH*** gewesen war, seien Abgabenverbindlichkeiten regelmäßig und vollständig entrichtet worden. Soweit Beträge offengeblieben sind, hänge dies nicht mit der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit zusammen; es sei mit Sicherheit kein Zahlungsrückstand zu einem Zeitpunkt entstanden, als noch liquide Mittel zur Verfügung gestanden wären. Bei den jetzt offenbar geltend gemachten Nachforderungen handle es sich um solche, die anlässlich einer Prüfung errechnet wurden. Er habe als Geschäftsführer keine Möglichkeit gehabt, die Prüfungsergebnisse zu überprüfen bzw allfällige Rechtsmittel zu ergreifen. Während seiner Geschäftsführertätigkeit seien jedenfalls keine entsprechenden fälligen Abgaben vorgeschrieben worden, weshalb eine Haftung seiner Person für die bekannt gegebenen Abgaben ausscheide.
Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde den Bf dazu auf, Unterlagen zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung vorzulegen. Der Bf kam der Aufforderung nicht nach, erläuterte aber, dass der von der belangten Behörde angeführte Rückstand sowie die Zusammensetzung der geforderten Beträge nach Monaten und die Rechtsgrundlage für die Forderung für ihn absolut nicht nachvollziehbar sei und er um Aufklärung ersuche. Während seiner Geschäftsführertätigkeit seien keine entsprechenden fälligen Abgaben vorgeschrieben worden und eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne der BAO bestehe daher nicht.
Haftungsbescheid
Am erließ der Magistrat der Stadt Wien einen Haftungsbescheid an den Bf.
Der Haftungsbetrag wurde im Bescheid wie folgt gegliedert:
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Abgabenart/Nebenanspruch | Zeitraum | Betrag |
Kommunalsteuer | 03-12/2008 | € 1.556,87 |
Kommunalsteuer | 01-09/2009 | € 4.604,68 |
Säumniszuschlag | 01-09/2009 | € 92,09 |
Säumniszuschlag | 08/2009 | € 22,66 |
Dienstgeberabgabe | 03-12/2008 | € 55,49 |
Dienstgeberabgabe | 01-09/2009 | € 363,36 |
Säumniszuschlag | 01-09/2009 | € 7,27 |
Säumniszuschlag | 08/2009 | € 1,86 |
Summe | € 6.704,28 |
Begründend führte die belangte Behörde wie folgt aus:
Nach § 6a Abs 1 Dienstgeberabgabegesetz bzw § 6a Abs 1 Kommunalsteuergesetz haften die in § 80 BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe bzw Kommunalsteuer insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.
Gemäß § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Primärschuldnerin (mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom ***Datum*** zur Zahl ***GZ***) erfüllt. Der Bf sei vom bis zum im Firmenbuch als Geschäftsführer der ***m GmbH*** eingetragen gewesen und habe die Bezahlung weder veranlasst, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der ***m GmbH*** in Liquidation auferlegten Pflichten verletzt und sei für den Rückstand haftbar. Die Geltendmachung der Haftung entspräche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der ***m GmbH*** in Liquidation überhaupt noch eingebracht werden könnte. Zum im Haftungsvorhalteverfahren erstatteten Vorbringen des Bf hielt die belangte Behörde fest, dass es sich bei der Kommunalsteuer wie auch bei der Dienstgeberabgabe um Selbstbemessungsabgaben handle, die vom Unternehmer zu erklären und jeweils bis zum 15. des Folgemonates zu entrichten seien. Die für den betreffenden Haftungszeitraum angegebenen Rückstände beruhten auf einer Nachforderung, welche im Zuge einer Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) durch das Finanzamt Linz festgestellt worden seien; die Feststellungen seien auch anerkannt worden. Einen Gläubigergleichbehandlungsnachweis habe der Bf nicht angetreten.
Berufung
Am brachte der Bf fristgerecht Berufung gegen den Haftungsbescheid ein. Der Bf habe kein wie immer geartetes Verhalten gesetzt, welches schuldhaft im Sinne von § 6a Abs 1 Dienstgeberabgabegesetz bzw § 6a Abs 1 Kommunalsteuergesetz gewesen wäre. Im Haftungsbescheid werde lediglich ausgeführt, dass der Bf keine Bezahlung veranlasst bzw keine Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen habe. Dies sei einerseits nicht richtig, andererseits begründe dieser Sachverhalt alleine keinesfalls ein schuldhaftes Verhalten. Die Abgabenbehörde habe sich mit keinem Wort mit der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens im angesprochenen Fälligkeitszeitraum auseinandergesetzt. Ein vorwerfbares Verhalten könne nur dann nachgewiesen werden, wenn zum jeweiligen Zeitpunkt der Fälligkeiten der Abgaben entsprechende Gesellschaftsmittel vorhanden waren, diese allerdings nicht zur Entrichtung bzw zur anteiligen Entrichtung der Abgabenverbindlichkeiten verwendet wurden. Im Insolvenzverfahren seien Konkursforderungen von insgesamt ca € 2.350.000 festgestellt worden. Die im Haftungsbescheid ausgewiesenen Rückstände hätten sich erst im Zuge der Prüfung im Insolvenzverfahren ergeben. Die entsprechenden Beträge seien daher im streitgegenständlichen Zeitraum keine fälligen Abgabenverbindlichkeiten gewesen. Den Bf hätte nicht die Verpflichtung getroffen, diese Abgabenverbindlichkeiten in den angesprochenen Zeitpunkten zu erklären, weil er damals mit vertretbarer Rechtsansicht davon ausgegangen sei, dass die in der Prüfung ermittelten Nachverrechnungsbeträge nicht abgabepflichtig sind. Die ***m GmbH*** habe den Geschäftsbetrieb des Call Centers im Februar 2008 aus der Konkursmasse der ***Z GmbH*** übernommen. Zum Zeitpunkt der Übernahme habe es zahlreiche, so genannte "outbound-agents" gegeben. Für die "outbound-agents" habe keine Bindung an bestimmte Arbeitsabläufe bestanden und es seien auch keine Arbeitszeiten vorgegeben gewesen. Die "outbound-agents" seien daher als freie Dienstnehmer behandelt worden, was im Übrigen auch branchenüblich gewesen sei. Nach einer Studie aus dem Jahr 2005 seien 80% der bei Call Centern Beschäftigten freie Dienstnehmer gewesen. Nach Übernahme des betreffenden Unternehmens durch die ***m GmbH*** habe er als Geschäftsführer von einer entsprechenden rechtlichen Würdigung der freien Mitarbeiter ausgehen dürfen, weshalb ihm die Nichtabführung der Abgaben auch nicht vorgeworfen werden könnte. Im Jahr 2009 sei das Unternehmen in einer substantiellen Liquiditätskrise gewesen. Im Juli 2009 sei ein außergerichtlicher Sanierungsversuch (unter Bereitstellung privater Mittel und neuer Fremdkapitalmittel) unternommen worden. Aufgrund von dramatischen Umsatzeinbrüchen in den Folgemonaten sei die Insolvenz nicht abwendbar gewesen. Aus einer Kontoauswertung für 2009 gehe hervor, dass der Kontorahmen in Höhe von € 250.000 zum Fälligkeitstag jeweils überzogen war, worin sich das Fehlen von Mitteln zur Zahlung der Abgaben in diesem Zeitraum zeige:
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Datum | Stand | Rahmen | Liquide Mittel | |
Kontostand per | -€411.581,89 | € 250.000 | -€ 161.582 | |
Kontostand per | -€ 498.714,64 | € 250.000 | -€ 248.715 | |
Kontostand per | -€ 371.130,60 | € 250.000 | -€ 121.131 | |
Kontostand per | -€ 419.805,23 | € 250.000 | -€ 169.805 | |
Kontostand per | -€ 372.461,95 | € 250.000 | -€ 122.462 | |
Kontostand per | -€ 467.220,95 | € 250.000 | -€ 217.221 | |
Kontostand per | -€ 458.234,04 | € 250.000 | -€ 208.234 | |
Kontostand per | -€ 249.701,03 | € 250.000 | € 299 | |
Kontostand per | -€ 249.128,87 | € 250.000 | € 871 | |
Kontostand per | -€ 259.073,13 | € 250.000 | -€ 9.073 |
Berufungsvorentscheidung
Die Berufung wurde am mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen. Dem Beschwerdevorbringen sei folgendes entgegenzuhalten: Bei Abgaben, welche der Abgabenschuldner selbst zu berechnen und abzuführen hat, bestimme sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Geschäftsführer seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen ist und ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären und nicht im Zeitpunkt der Feststellung der Nachforderungen. Die Nachforderungen beträfen einen Zeitraum, in dem der Berufungswerber als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und daher für die Abgabenentrichtung hätte Sorge tragen müssen. Der Vertreter müsse nachweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist. Eine Liquiditätsaufstellung für den verfahrensgegenständlichen Haftungszeitraum sei nicht vorgelegt worden. Aus einer solchen Liquiditätsaufstellung hätte die genaue Höhe der gesamten Aktiva und Passiva zu den jeweiligen Fälligkeitstagen erkennbar sein müssen und überdies hätte es anhand dieser Aufstellung möglich sein müssen, zu berechnen, welche jeweiligen Quoten eine anteilsmäßige Zahlung der offenen Verbindlichkeiten bedeutet hätte. Den Vertreter träfe eine Beweisvorsorgepflicht. Bemerkt werde, dass die vom Masseverwalter einbezahlte Konkursquote (12,24263%) in Höhe von € 1.573,49 vom gegenständlichen Haftungsbetrag in Abzug gebracht worden sei.
Vorlageantrag
Am wurde fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht. Der gegenständliche Akt wurde am der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Weitere Ermittlungen und Stellungnahmen des Bf
Entsprechend eines von der Abgabenbehörde zweiter Instanz am erteilten Ermittlungsauftrages forderte die belangte Behörde den Bf am auf, geeignete Beweismittel im Hinblick auf sein Vorbringen, dass es sich bei den im gegenständlichen Betrieb Beschäftigten "outbound-agents" um freie Dienstnehmer gehandelt habe, vorzulegen (zB konkrete schriftliche Verträge oder eine genaue Tätigkeitsbeschreibung, schriftlich vereinbarte Bedingungen für das Tätigwerden der Call Center-Agents). Er solle darlegen, inwiefern die Tätigkeit der "outbound-agents" kontrolliert und überwacht wurde, ob im Call Center nur "outbound-agents" oder zusätzlich auch echte DienstnehmerInnen beschäftigt waren und gegebenenfalls, worin sich die Stellung, Aufgaben und Tätigkeiten der beiden Gruppen ("inbound-agents" und "outbound-agents") unterschieden haben. Auch die maßgeblichen GPLA-Prüfberichte und Niederschriften wurden dem Bf übermittelt. Gemäß den Unterlagen sei die Kommunalsteuerbemessungsgrundlage für die Jahre 2008 und 2009 jeweils um € 79.491,57 angehoben worden. Die Feststellungen seien anerkannt worden. Die vom Bf vorgelegte Liquiditätsaufstellung liefere keinen Beweis, dass eine Gläubigergleichbehandlung im Haftungszeitraum stattgefunden habe bzw könne daraus nicht entnommen werden, in welcher Höhe die aushaftenden Abgaben von der Primärschuldnerin im verfahrensrelevanten Zeitraum bei gleicher Behandlung sämtlicher Gläubiger hätte beglichen werden können. Der Bf werde zur Mängelbehebung aufgefordert.
Mit Schreiben vom legte der Bf Musterverträge (freier Dienstvertrag ***M***, Dienstvertrag ***M***) vor und nahm wie folgt Stellung: Der Vertragstext des freien Dienstvertrages bescheinige eindeutig Dienstverhältnisse (mangels Arbeitspflicht der Vertragspartner, aufgrund der Vertretungsbefugnis und der Entscheidungsfreiheit hinsichtlich des Zeitpunktes der Leistungserbringung). Die Mitarbeiter im Outbound-Bereich hätten lediglich bestimmte Firmenanschriften weitergeleitet erhalten und es sei Sache der freien Mitarbeiter gewesen, wann und wie diese Anschriften bearbeitet wurden. Die Bearbeitung hätte auch außerhalb des Unternehmens erfolgen können. Es habe für die "outbound-agents" keine fixe Zeitvorgabe, keine Kontrolle und keine Leistungsverpflichtung gegeben. Der weitaus überwiegende Teil der Mitarbeiter sei im Inbound-Bereich tätig gewesen. Diese Mitarbeiter hätten eingehende Telefonate annehmen müssen; es habe entsprechende Stundenverpflichtungen mit definierten Arbeitszeiten gegeben, die auch kontrolliert wurden. Bis kurz vor der Insolvenzeröffnung seien sämtliche Beiträge bzw sämtliche Lohnnebenkosten aller Mitarbeiter ordnungsgemäß und vollständig entrichtet worden. Die verfahrensgegenständlichen Beträge beruhten ausschließlich auf Beitragsvorschreibungen, die im Zuge der Betriebsprüfung nach Insolvenzeröffnung entstanden seien. Der Geschäftsführer habe vom Bestehen freier Dienstverhältnisse mit den "outbound-agents" ausgehen können. Dem Bf könne kein Verschulden zur Last gelegt werden; die Verträge seien aus dem Vorunternehmen übernommen worden und die Beschäftigung freier Mitarbeiter sei im Outbound-Bereich absolut üblich gewesen. Dass die ausgeschüttete Quote bereits vom Haftungsbetrag abgezogen worden sei, könne nicht nachvollzogen werden. Die beigelegte Kontoauswertung ergäbe einen permanenten Überzug des Kontokorrentkreditrahmens. Im Zusammenhang mit dem ebenfalls vorgelegten Anmeldungsverzeichnis aus dem Insolvenzverfahren ergäbe sich, dass ab dem Zeitraum Mai/Juni 2009 ein Großteil von Lieferantenverbindlichkeiten und sonstigen Verbindlichkeiten nicht mehr beglichen werden konnte. Damit sei die Gläubigergleichbehandlung sehr wohl bescheinigt. Das Unternehmen selbst sei seit der Insolvenzeröffnung geschlossen und der Betrieb seither operativ nicht mehr tätig. Es gäbe daher keine betriebliche Infrastruktur mehr, mit der eine detaillierte Liquiditätsaufstellung im Nachhinein rekonstruiert werden könnte.
Am ersuchte die Abgabenbehörde zweiter Instanz die belangte Behörde um eine monatsweise Aufgliederung der Abgabenrückstände und um Stellungnahme zum Schreiben des Bf vom . Die belangte Behörde wurde auch mit weiteren Sachverhaltsermittlungen - etwa durch Befragung des Bf bzw Einvernahme ehemaliger Beschäftigter - beauftragt (zur Qualifikation der Call Center-Agents als echte Dienstnehmer, dazu, wie viele und welche Mitarbeiter als echte Dienstnehmer zu qualifizieren sind sowie zu den Honorar-Bezügen, die in die Bemessungsgrundlage einfließen). Die freien Dienstnehmer seien laut dem vorgelegten freien Dienstvertrag zur Sozialversicherung angemeldet worden. Der Magistrat der Stadt Wien solle erheben, ob es sich dabei um die Mitarbeiter im Outbound-Bereich handelte.
Die belangte Behörde hat daraufhin mehrere Zeugen befragt. Mit Schreiben vom wurden dem Bf Niederschriften über die Zeugenbefragungen zur Kenntnis gebracht. Dadurch sei belegt, dass es sich bei den befragten Personen nicht um freie Dienstnehmer gehandelt hat. Es werde nochmals festgehalten, dass der verfahrensgegenständliche Rückstand auf dem Ergebnis der GPLA-Prüfung durch das zuständige Finanzamt beruht. Eine monatliche Aufschlüsselung der Abgabenbeträge sei nicht möglich. Es sei eine pauschale Nachverrechnung seitens der Finanz erfolgt und der GPLA-Prüfbericht beinhalte nur Jahresbeträge. Der GPLA-Akt sei nicht greifbar, da sich sämtliche Unterlagen aufgrund des anhängigen Rechtsmittelverfahrens beim Unabhängigen Finanzsenat (UFS) Linz befänden. Der offene Rückstand ergebe sich aus dem in der Buchhaltungsabteilung 33 des Magistrates der Stadt Wien geführten Abgabenkonto. Der ursprünglich aushaftende Rückstand sei um die vom Masseverwalter einbezahlte 12,24263%ige Quote (um einen Betrag von € 935,29) reduziert worden. Die gesamte Konkursquote habe € 1.573,49 betragen. Die Differenz (€ 638,20) - verbucht am Abgabenkonto für den Zeitraum September 2010 - falle nicht in den verfahrensgegenständlichen Haftungszeitraum.
Dazu äußerte sich der Bf am wie folgt: Die Einvernahme von 3 Personen ermögliche kein abschließendes Urteil über die generelle Situation der freien Dienstverhältnisse im Unternehmen. Im Übrigen ergäben sich bei genauer Betrachtung der einzelnen Zeugenaussagen sogar eindeutige Hinweise für das Vorliegen freier Dienstverhältnisse. Konkret sprächen die Aussagen mehr für eine Qualifikation als freier Dienstnehmer als umgekehrt. Die Zeugen ***K***, ***N*** und ***Kn*** hätten bestätigt, als freie Dienstnehmer gearbeitet zu haben. Die Zeugin ***K*** hätte in Bezug auf die Urlaubsvorgaben keine Angaben gemacht; Vorgaben zu Urlauben hätten jedoch die eigene Urlaubsplanung deutlich eingeschränkt bzw reguliert, sodass sich die Zeugin daran erinnert hätte, wenn diesbezüglich Vorgaben existent gewesen wären. Auch die anderen Zeugen hätten dazu keine Angaben machen können. Dass es konkrete Anweisungen (insbesondere in Bezug auf einen bestimmten Tagesablauf) an die Dienstnehmer gegeben hätte, sei aus den Angaben der Zeugen nicht abzuleiten. Die Existenz von Einschulungen und bestimmten Grundprinzipien für Gesprächsabläufe (als allgemeine Leitfäden) seien auch bei selbständigen Handelsvertretern bzw bei freien Mitarbeitern üblich. Das Erscheinen der Daten zu den nächsten Anrufern auf dem Bildschirm sei keine Vorgabe des Dienstgebers gewesen, sondern eine solche des Kunden bzw Auftraggebers. Fixe Arbeitsplätze seien von den Zeugen verneint worden. Die Zeugen ***N*** und ***B*** hätten bestätigt, dass ein Dienstplan nicht vorgegeben war und eine freie Arbeitszeiteinteilung seitens des Dienstnehmers möglich war. Die Entlohnung sei nach Stunden angegeben worden. Ein fixer Monatslohn sei nicht erwähnt worden; der Hinweis auf einen fixen Stundenlohn habe kein fixes Gehalt, sondern eben einen bestimmten Stundensatz bedeutet. Es sei ausgesagt worden, dass es keine Vertretung im Krankheitsfall gegeben habe. Der Haftungsbescheid sei auch mit einem Begründungsmangel behaftet, da die Anrechnung der Konkursquote nicht entsprechend berücksichtigt bzw dargestellt worden sei. Zum Thema Gleichbehandlung werde auf das Anmeldeverzeichnis im betreffenden Insolvenzverfahren verwiesen. Die Summe der festgestellten Forderungen in diesem Verfahren habe € 1.859.724,37 betragen. Die Abgabenverbindlichkeiten beim Magistrat der Stadt Wien seien mit einem Betrag von € 37.000 angemeldet worden. Die Verbindlichkeiten des Magistrates der Stadt Wien entsprächen damit einem Anteil von 1,90%. Dies bedeute, dass 98,10% "übrige Gläubigerverbindlichkeiten vorliegen". Es gäbe überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass "diese Struktur der Verbindlichkeiten im Rückstandszeitraum der hier gegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten völlig anders gewesen wäre". Eine Gläubigerbenachteiligung sei damit völlig ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom ersuchte die Abgabenbehörde zweiter Instanz die belangte Behörde um Darlegung, weshalb ein Teil der Konkursquote auf eine Schuld angerechnet wurde, welche "erst nach Eröffnung des Konkurses entstanden" ist. Überdies seien die Abgabenrückstände monatsweise aufzuschlüsseln und dem Bf zur Kenntnis zu bringen. Der Bf solle auch darüber unterrichtet werden, auf welche Dienstverhältnisse die dem Haftungsbetrag zu Grunde liegende Bemessungsgrundlage zurückzuführen ist. Sollte der Bf die Auffassung vertreten, dass die betreffenden Mitarbeiter nicht der Kommunalsteuer unterliegen, möge er dies unter genauer Darlegung der Umstände bekanntgeben.
Am informierte das Finanzamt Linz die belangte Behörde wie folgt: Im seinerzeitigen Prüfverfahren über den Prüfzeitraum bis seien die bis dahin nicht erfassten Bezüge der Call Center-Agents dem Dienstgeberbeitrag und dem Dienstgeberzuschlag unterworfen worden. Gegen die in Folge erlassenen Festsetzungsbescheide sei keine Berufung erhoben worden. Nur gegen den Bescheid über die Haftung des Bf für Dienstgeberbeitrag und Dienstgeberzuschlag für die Jahre 2008 und 2009 sei Berufung erhoben worden, wobei das Berufungsverfahren nach wie vor beim UFS anhängig sei. Es wurde auf das VwGH-Erkenntnis vom , 2009/15/0200 verwiesen, wonach bei Call Center-Agents im Outbound-Bereich das Vorliegen eines Dienstverhältnisses bejaht wurde. Das Finanzamt übermittelte der belangten Behörde auch eine Zusammenstellung der von der Nachverrechnung betroffenen Personen in 2008 und 2009. Die Beträge seien der Buchhaltung der Firma entnommen worden. Infolge der Nachverrechnung laut Prüfung in einer einzigen Feststellung (Jahresbetrag 2008 und 2009) sei die Aufteilung der Beträge auf beide Jahre je zur Hälfte durch das Prüfprogramm vorgenommen worden. Zur Nachverrechnung seien die Bezüge von Call Center-Agents im Inbound- und Outboundbereich herangezogen worden, welche seitens der Firma nicht als Dienstnehmer behandelt worden waren.
Mit Schreiben vom brachte die belangte Behörde dem Bf folgendes zur Kenntnis: Der gegenständliche Abgabenrückstand beruhe auf dem Ergebnis einer durch Organe der Bundesfinanz erfolgten GPLA. Die dem Haftungsbetrag zu Grunde liegenden Bemessungsgrundlagen seien auf die Dienstverhältnisse zurückzuführen, die in einer auch beiliegend übermittelten Liste der Wiener Gebietskrankenkasse vom angeführt sind. Niederschriften über die 4 Zeugeneinvernahmen seien dem Bf zur Kenntnis gebracht worden. Der Bf möge darlegen, weshalb die Dienstverhältnisse der in der genannten Liste angeführten Mitarbeiter nicht der Kommunalsteuer unterliegen. Auch die vom Finanzamt Linz übermittelte Zusammenstellung der von der Nachverrechnung für die Kommunalsteuer betroffenen Personen im Zeitraum 2008 und 2009 (Bezüge der betreffenden Call Center-Agents) wurde dem Bf im gegenständlichen Schreiben übermittelt.
Mit Schreiben vom nahm der Bf erneut Stellung: Aus der Zeugenbefragung ergebe sich eindeutig die Qualifikation der "outbound-agents" als freie Dienstnehmer, wobei dafür (nochmals) im Wesentlichen folgende Gründe angeführt wurden:
Keine Fixstundenverpflichtung
freie Arbeitszeiteinteilung (im Rahmen der Betriebszeit), nur Eintragung in Einsatzliste jener Zeiträume, in denen sie tätig werden wollten, durch die Mitarbeiter selbst
keine Kontrollen der Mitarbeiter auf den Arbeitsablauf bezogen (Liste zu den als nächstes anzurufenden Personen sei Kundenvorgabe, zB ***Firma T*** und nicht Vorgabe des Dienstgebers gewesen; Muster für Outbound-Gespräche seien nur allgemeine Leitfäden)
keine persönliche Leistungspflicht
keine fixen Arbeitsplätze
kein fixer Monatslohn nur Abrechnung über fixen Stundenlohn
Erste Zuständigkeitsänderung
Mit dem Wiener Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Abgaben (LGBl für Wien 2013/45, ausgegeben am ) wurde die Zuständigkeit für das Rechtsmittelverfahren betreffend das Abgabenrecht und das abgabenrechtliche Verwaltungsstrafrecht des Landes Wien ab gemäß Art 131 Abs 5 B-VG auf das Bundesfinanzgericht übertragen (siehe § 5 des Gesetzes über die Organisation der Abgabenverwaltung und besondere abgabenrechtliche Bestimmungen in Wien, "WAOR"). Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz VwGbk-ÜG gilt eine bis zum erhobene Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.
Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht
Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Vorlagebericht wird zum einen auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5101371/2011 verwiesen und festgehalten, dass wie auch in diesem Erkenntnis die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber sowie die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers für das Vorliegen von Dienstverhältnissen spreche. Der Bf habe keine konkreten Rechtfertigungsgründe vorgebracht, die dafürsprechen, dass es sich bei diesen Call Center-Mitarbeitern nicht um Dienstnehmer gehandelt haben könnte. Auch auf Grund der Aktenlage und Zeugenaussagen sei von einem Überwiegen der Merkmale eines Dienstverhältnisses auszugehen: Der von den Mitarbeitern erstellte Dienstplan wäre eine Woche vorher bekannt zu geben gewesen. Die Mitarbeiter seien laufend geschult und zum Verkauf von Produkten angehalten worden. Die Telefonate seien nach einem vorgegebenen Gesprächsleitfaden geführt worden. In der Arbeitsstelle seien alle Betriebsmittel (Telefon, PC) zur Verfügung gestellt worden. Es habe eine fixe, erfolgsunabhängige Entlohnung gegeben. Die Mitarbeiter wären nicht berechtigt gewesen, sich bei Krankheit oder Urlaub vertreten zu lassen.
Zweite Zuständigkeitsänderung
Durch Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Fall der Gerichtsabteilung 1024 abgenommen und mit Wirkung der Gerichtsabteilung 1090 neu zugeteilt.
BFG-Verfahren
Da keine Abgabenbescheide im Akt befindlich waren, hat das Bundesfinanzgericht den Magistrat der Stadt Wien am ersucht, diverse Fragen (insbesondere zur Herleitung des bei der Haftungsinanspruchnahme von der belangten Behörde als gegeben und noch nicht erloschen angenommenen Abgabenanspruches gegenüber der Primärschuldnerin) zu beantworten. Der Magistrat der Stadt Wien wurde auch aufgefordert, Ermittlungen zur Aufgliederung der haftungsgegenständlichen Abgabenbeträge nach Monaten anzustellen bzw eine Schätzung der Monatsbeträge vorzunehmen, falls sich die Ermittlungen als nicht zielführend erweisen.
Am beantwortete der Magistrat der Stadt Wien den BFG-Vorhalt wie folgt: Mit Schreiben vom sei sowohl der Bf selbst als auch die ehemalige Steuerberatungskanzlei ***P & P*** schriftlich aufgefordert worden, Unterlagen aus der Buchhaltung der Primärschuldnerin vorzulegen, die eine monatliche Aufschlüsselung der haftungsgegenständlichen Abgabenbeträge an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe ermöglichen. Sowohl die Steuerberatungskanzlei als auch der Bf hätten angegeben, über keinerlei Unterlagen mehr zu verfügen. Laut telefonischer Auskunft der Kanzlei ***W & P*** sei der ehemalige Masseverwalter verstorben und befänden sich dort auch keine Unterlagen der ***m GmbH*** mehr. Mangels Unterlagen werde dem Bundesfinanzgericht eine geschätzte monatliche Aufteilung der Abgabenbeträge übermittelt. Die Dienstgeberabgabe sei nunmehr auf Basis von Sozialversicherungsunterlagen neu berechnet worden. Es werde ersucht, nicht die im Zuge der Haftungsinanspruchnahme nur geschätzten und geringeren Dienstgeberabgabenbeträge, sondern die errechneten Beträge der Haftung zu Grunde zu legen. Zur Verrechnung der Konkursquote erläuterte die belangte Behörde wie folgt: Vom Masseverwalter seien für die im Insolvenzverfahren angemeldeten Abgabenbeträge insgesamt € 1.573,49 (12,24263%) überwiesen worden. Davon seien € 638,20 vom Masseverwalter für die seitens des Magistrates der Stadt Wien angemeldeten bedingten Konkursforderungen überwiesen worden. Die bedingten Konkursforderungen seien nicht Teil der Haftung, weshalb vom aushaftenden Rückstand auch nur € 935,29 abziehbar gewesen sei.
Am übermittelte das Bundesfinanzgericht dem Bf das Schreiben der belangten Behörde vom (beinhaltend auch die von der belangten Behörde im Wege der Schätzung vorgenommene monatliche Aufgliederung jener Abgabenbeträge, die der Haftungsinanspruchnahme des Bf zu Grunde gelegt worden sind). Vom Fehlen von Mitteln sei anhand der Aktenlage nicht auszugehen. Falls die vorhandenen Mittel zur Begleichung sämtlicher Verbindlichkeiten nicht ausgereicht haben, werde der Bf dazu eingeladen, den Nachweis zu erbringen, welcher Betrag unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel bei Gleichbehandlung aller Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Die Haftung des Bf könne (sofern dieser Nachweis gelingt) auf jenen Betrag eingeschränkt werden, um den die Abgabenbehörde bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger mehr erlangt hätte, als sie tatsächlich erhalten hat. Das Schreiben enthielt Anleitungen zur ordnungsgemäßen Quotenberechnung. Der Bf wurde zudem über das betragliche Ausmaß der von der belangten Behörde im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenforderungen des Magistrates der Stadt Wien sowie die im Akt befindlichen Beweismittel, informiert. Der Vorhalt ist unbeantwortet geblieben.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Gesellschaftsvertrag vom ***Datum*** wurde die ***m GmbH*** (früher ***FB-Nummer***) mit Sitz in ***PLZ Ort*** und dem Geschäftszweig Import, Export, Raumausstattung gegründet. Die Primärschuldnerin hat in den Jahren 2008 und 2009 den Geschäftsbetrieb eines Call Centers, das im Februar 2008 aus einer Konkursmasse übernommen worden ist, betrieben.
Zum Abgabenanspruch:
In Summe wurden für den haftungsgegenständlichen Zeitraum nachfolgend angeführte Beträge an Mitarbeiter ("Call Center-Agents") ausbezahlt:
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03-12/2008 | 01-09/2009 |
€ 695.025,67 | € 534.001,72 |
Allgemein wurden bei den bei der ***m GmbH*** als Call Center-Agents beschäftigten Mitarbeitern "inbound-agents" und "outbound-agents" unterschieden. Die ***m GmbH*** schloss mit den Mitarbeitern entweder als "Dienstverträge" bezeichnete Arbeitsverträge oder als "freie Dienstverträge zwischen der […] im Folgenden kurz (Dienstgeber) einerseits und […] im Folgenden kurz (freier Dienstnehmer) andererseits" bezeichnete Vereinbarungen ab. Die wesentlichen Vertragsbestandteile werden in Beilage 2 zitiert. An den Dienststellen (etwa in Wien) wurden von der ***m GmbH*** Arbeitsplätze mit Telefon und PC bereitgestellt. Die Entlohnung der Call Center-Agents erfolgte nach geleisteten Arbeitsstunden zu einem bestimmten Stundensatz.
"Inbound-agents" waren für die Annahme von im Call Center eingehenden Anrufen zuständig. Für sie galten definierte Arbeitszeiten (siehe Vertragspassus zum "Schichtmodell") und Stundenverpflichtungen, die auch kontrolliert wurden. "Outbound-agents" erhielten (durch Erscheinen der Daten am Bildschirm) Firmenanschriften zugeleitet, die sie durch Aufnahme entsprechender Telefonkontakte ("outbound-calls") bearbeiteten. Die anzurufenden Personen ergaben sich aus Vorgaben von Kunden der ***m GmbH***. Es gab zu Beginn der Tätigkeit, aber auch laufend Schulungen für Mitarbeiter und es wurden von der ***m GmbH*** bei der Führung der Telefonate zu berücksichtigende Leitfäden an die Mitarbeiter ausgegeben. "Outbound-agents" hatten die Möglichkeit, ihre Tätigkeit auch außerhalb des Unternehmens zu verrichten. Ein von der ***m GmbH*** vorgegebener Dienstplan existierte für "outbound-agents" nicht. Die Arbeitszeit der "outbound-agents" war (im Rahmen der Betriebszeit) frei einteilbar, sie hatten der ***m GmbH*** ihre Arbeitszeiten eine Woche vorher bekannt zu geben. Die Mitarbeiter im Outbound-Bereich traf keine Leistungsverpflichtung.
Im streitgegenständlichen Zeitraum waren auch die in der Beilage 1 angeführten Personen als Call Center-Agents im Call Center-Betrieb der ***m GmbH*** beschäftigt; sie wurden von der Primärschuldnerin als freie Dienstnehmer (nicht als Dienstnehmer im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988) behandelt und haben im haftungsgegenständlichen Zeitraum nachfolgend angeführte Bezüge von der ***m GmbH*** ausbezahlt erhalten:
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03-12/2008 | 01-09/2009 |
€ 59.860,00 | € 99.123,14 |
Die Primärschuldnerin hat für die haftungsgegenständlichen Monate Kommunalsteuervorauszahlungen in nachfolgend angeführter Höhe geleistet:
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03-12/2008 | 01-09/2009 |
€ 19.054,97 | € 10.826,42 |
Für das Jahr 2008 hat die Primärschuldnerin eine Dienstgeberabgabeerklärung abgegeben, wobei ein Abgabenbetrag von € 1.159,20 zur Erklärung gelangt ist. Für das Jahr 2009 hat die ***m GmbH*** keine Dienstgeberabgabeerklärung abgegeben, es sind aber Beträge selbstberechnet und an den Magistrat der Stadt Wien abgeführt worden. Für jene Call Center-Agents, die bisher als freie Dienstnehmer behandelt worden waren (siehe Beilage 1), hat der Magistrat der Stadt Wien anhand von Sozialversicherungsdaten zusätzlich geschuldete Dienstgeberabgabebetrag in Höhe von € 210,24 für 2008 bzw in Höhe von € 380,16 für 2009 errechnet.
Die Primärschuldnerin hat für die haftungsgegenständlichen Monate Dienstgeberabgabe in nachfolgend angeführter Höhe vorausgezahlt:
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03-12/2008 | 01-09/2008 |
€ 1.159,20 | € 690,48 |
Nach Aufhebung des Konkurses hat der Magistrat der Stadt Wien Quotenzahlungen in Höhe von insgesamt € 1.573,49 (12,24263% vom im Konkursverfahren anerkannten Betrag in Höhe von € 12.852,51) überwiesen erhalten.
Bei der Haftungsinanspruchnahme wurde vom Magistrat der Stadt Wien ein Betrag von insgesamt € 935,29 vom aus Sicht der belangten Behörde bestehenden Rückstand an Abgaben und Nebenansprüchen abgezogen. Die belangte Behörde hat diesen Betrag am überwiesen erhalten. Den auf die Position "Kommunalsteuer bedingt (DN-Forderungen)" entfallenden Betrag (€ 638,20) hat der Magistrat der Stadt Wien vom Masseverwalter erst am überwiesen erhalten. Die Position betrifft vom Magistrat der Stadt Wien angemeldete Kommunalsteuerforderungen für Auszahlungen an Mitarbeiter durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds.
Zur Haftung:
Mit Wirkung ist der Bf zum alleinigen handelsrechtlichen Geschäftsführer der ***m GmbH*** bestellt worden. Der Bf wurde am als Geschäftsführer abberufen. Am wurde die Löschung der Funktion des Bf im Firmenbuch eingetragen.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom ***Datum*** wurde über das Vermögen der ***m GmbH*** der Konkurs eröffnet, der mit Beschluss des Gerichtes vom nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben wurde. Die Konkursquote hat 12,24263% betragen und wurde zur Verteilung gebracht (siehe dazu bereits oben). Am wurde die Gesellschaft gemäß § 40 Firmenbuchgesetz infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Es wurden keine Abgabenbescheide über die haftungsgegenständlichen Abgaben erlassen. Ebenso sind der Primärschuldnerin die im angefochtenen Bescheid haftungsmäßig geltend gemachten Säumniszuschläge nicht mittels Bescheid vorgeschrieben worden.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zu Gründung, Sitz und Geschäftszweig der ***m GmbH*** ergeben sich aus einem Firmenbuchauszug der Primärschuldnerin. Dass die Primärschuldnerin in den Jahren 2008 und 2009 den Geschäftsbetrieb eines Call Centers, das im Februar 2008 aus einer Konkursmasse übernommen worden ist, betrieben hat, ergibt sich aus dem unbestrittenen Vorbringen des Bf.
Zum Abgabenanspruch:
Dass für den haftungsgegenständlichen Zeitraum in Summe die unter Punkt II.1. angeführten Beträge an Call Center-Agents ausbezahlt worden sind, gründet sich auf folgende Umstände:
Für das Jahr 2008 hat die Primärschuldnerin eine Kommunalsteuerjahreserklärung abgegeben (Bemessungsgrundlage laut Jahreserklärung: € 635.165) und es wurden die unter Punkt II.1 genannten Beträge vorausbezahlt. Im Zuge einer GPLA-Prüfung hat sich herausgestellt, dass bestimmte Call Center-Agents (siehe Beilage 1; sowohl "inbound-agents" als auch "outbound-agents") von der Primärschuldnerin nicht als Dienstnehmer behandelt worden sind, die jedoch nach Ansicht des Prüfers als Dienstnehmer im Sinne EStG zu qualifizieren seien. Eine dem Magistrat der Stadt Wien vom zuständigen Finanzamt zur Verfügung gestellten Unterlage (siehe Beilage 1; Aktenseite 216 ff) zeigt einen im Jahr 2008 an die betreffenden Mitarbeiter ausbezahlten Betrag in Höhe von € 59.860. Der Betrag ist laut einer vom zuständigen Finanzamt erteilten Auskunft aus der Buchhaltung der ***m GmbH*** abgeleitet worden. Die insgesamt ausgezahlten Löhne und Gehälter in Höhe von € 695.025,67 entfallen nur auf den haftungsgegenständlichen Zeitraum 03-12/2008: Die Primärschuldnerin hat nur für diesen Zeitraum Kommunalsteuerbeträge selbstberechnet und vorausgezahlt. Die von der Prüfungsfeststellung betroffenen Mitarbeiter waren laut den von der ÖGK zur Verfügung gestellten und auch dem Bf zur Kenntnis gebrachten Daten überdies erst ab 03/2008 bei der Primärschuldnerin angemeldet. Anmerkung: An Call Center-Agents, die bisher nicht als Dienstnehmer im einkommensteuerlichen Sinne behandelt worden waren, wurde laut GPLA im Zeitraum 03-12/2008 sowie 01-09/2009 ein Betrag von insgesamt € 158.983,14 ausbezahlt (davon 03-12/2008: € 59.860; davon 01-09/2009: € 99.123,14). Laut Prüfbericht ist pro Jahr ein Betrag von € 79.491,57 ("Pauschale Nachrechnung Finanz") genannt; dies entspricht nicht den tatsächlichen Auszahlungen, sondern es ist aus Vereinfachungsgründen eine lineare Aufteilung durch das Prüfprogramm je zur Hälfte erfolgt. Die belangte Behörde hat die lineare Aufteilung auch der Haftungsinanspruchnahme des Bf zu Grunde gelegt.
Für das Jahr 2009 hat die Primärschuldnerin keine Jahreserklärung abgegeben, es sind aber laut dem beim Magistrat der Stadt Wien geführten Abgabenkonto von der Primärschuldnerin bis einschließlich August 2009 monatlich selbstberechnete Vorauszahlungen geleistet worden (insgesamt vorausgezahlter Betrag: € 10.826,42; entspricht einer Kommunalsteuerbemessungsgrundlage von € 360.880,67). Im Zuge der GPLA-Prüfung wurde festgestellt, dass die Primärschuldnerin im Jahr 2009 insgesamt Löhne und Gehälter in Höhe von € 534.001,72 an Mitarbeiter ausbezahlt hat, weshalb der von der Primärschuldnerin vorausbezahlte Betrag zu gering ist. Dies entspricht dem laut der Unterlage Prüfungsergebnis 2009, die auch dem Bf zur Kenntnis gebracht wurde, im Zeitraum 01.01.- an jene Mitarbeiter im Inbound-Bereich und Outbound-Bereich, die bereits ursprünglich von der Primärschuldnerin als Dienstnehmer qualifiziert worden sind, ausbezahlten Betrag in Höhe von € 434.878,58 zuzüglich an bislang von der Primärschuldnerin als freie Dienstnehmer eingestufte Mitarbeiter laut Buchhaltung ausbezahlte Vergütungen in Höhe von € 99.123,14 (siehe Beilage 1; Aktenseite 216 ff). Dass der in der Unterlage Prüfungsergebnis 2009 als ausgezahlt angeführte Betrag (€ 434.878,58) nicht bereits die Vergütungen an Dienstnehmer, die bisher nicht als solche angesehen worden sind, enthält, wurde von der belangten Behörde vorgebracht und dem Bf vom Bundesfinanzgericht vorgehalten. Der Bf hat keine Einwendungen dagegen erhoben. Im Dezember 2023 hat das Bundesfinanzgericht diesbezüglich noch in den Akt des Bundeshaftungsverfahrens (RV/5101371/2011) Einsicht genommen, um das Vorbringen der belangten Behörde zu verifizieren. Der betreffende Akt enthielt eine Beilage zur Niederschrift über die Schlussbesprechung der auch hier gegenständlichen GPLA mit Angaben zur Kommunalsteuerbemessungsgrundlage für den Zeitraum 01-09/2009. Laut dieser Aufstellung wurde ein Betrag von € 534.011,72 (nur ganz geringfügige Differenz zum oben angeführten Betrag) "durch die Firma" ausbezahlt (siehe Beilage 3).
Dass die von der Primärschuldnerin geleisteten Vorauszahlungen nicht aufgrund von tatsächlichen Lohn- und Gehaltsauszahlungen erfolgt sind, wurde nicht vorgebracht und es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür. Die aufgrund der GPLA vom Finanzamt erlassenen Bescheide vom über Dienstgeberbeiträge samt Zuschlägen und Nebenansprüchen wurden vom Masseverwalter nicht angefochten und erwuchsen in Rechtskraft.
Folgende Feststellungen gründen sich auf das Vorbringen des Bf sowie auf die Ergebnisse der von der belangten Behörde durchgeführten Zeugeneinvernahmen, die dem Bf am zur Kenntnis gebracht worden sind:
Mit den Mitarbeitern sind die in der Beilage 2 zitierten Vereinbarungen geschlossen worden.
Die ***m GmbH*** stellte Infrastruktur (Telefonarbeitsplätze) zur Verfügung. Anmerkung: Der Bf brachte vor, dass den Mitarbeitern "fixe" Arbeitsplätze nicht zugeteilt gewesen wären und die Bearbeitung der Telefonlisten durch "outbound-agents" auch außerhalb des Unternehmens hätte erfolgen können. Damit wird nicht in Abrede gestellt, dass es innerhalb des Unternehmens Telefonarbeitsplätze gegeben hat, die von den Mitarbeitern genutzt werden konnten und tatsächlich auch wurden; lediglich die ausschließliche Nutzung eines Telefonarbeitsplatzes durch einen Mitarbeiter dürfte nicht die Regel gewesen sein, was im Übrigen auch für die (bei den "outbound-agents" rechtlich mögliche) Verrichtung der Tätigkeit im Homeoffice bzw außerhalb der Betriebsstätte gilt.
Die Entlohnung erfolgte nach geleisteten Arbeitsstunden zu einem bestimmten Stundensatz.
Aufgaben der "outbound-agents", Vorgaben und Einflussmöglichkeiten der ***m GmbH*** auf deren Tätigkeit sowie Zeiteinteilung der Mitarbeiter im Outbound-Bereich; Aufgaben der "inbound-agents"
Dass die Primärschuldnerin für das Jahr 2008 Dienstgeberabgabe erklärt und vorausgezahlt und für das Jahr 2009 Dienstgeberabgabe selbstberechnet und vorausgezahlt hat, ist aktenkundig (zur Höhe der in 2008 und 2009 geleisteten Vorauszahlungen siehe Punkt II.1). Gleiches gilt für den Umstand, dass der Magistrat der Stadt Wien anhand von Sozialversicherungsdaten für Call Center-Agents, die bisher als freie Dienstnehmer behandelt worden waren, zusätzlich geschuldete Dienstgeberabgabebetrag in Höhe von € 210,24 für 2008 bzw in Höhe von € 380,16 errechnet hat. Anmerkung: Bei der Haftungsinanspruchnahme ist der Magistrat der Stadt Wien aufgrund der Prüfungsfeststellung noch von einer (zusätzlichen) Dienstgeberabgabe für das Jahr 2008 von € 115,20 ausgegangen (davon ist die Zahlung und die Quote in Abzug gebracht worden, von der belangten Behörde in Haftung gezogener Betrag daher nur € 55,49). Der Dienstgeberabgabebetrag ist damals durch Schätzung wie folgt ermittelt worden: Der insgesamt (für Dienstnehmer, die bisher nicht als solche behandelt worden sind) im Zuge der GPLA festgestellte Betrag (€ 158.983,14) wurde durch 500 (= fiktiver Wochenlohn) dividiert, das Ergebnis wurde auf 160 Wochen aufgerundet und mit 0,72 multipliziert. Der für 2009 vom Magistrat der Stadt Wien geschätzte Betrag war nicht mehr rekonstruierbar.
Eine Aufgliederung der Abgabenbeträge auf die einzelnen Monate anhand der tatsächlichen Lohn- und Gehaltsauszahlungen war nicht mehr durchführbar. Da der Magistrat der Stadt Wien diesbezüglich immer wieder auf den betreffenden - damals angeblich beim UFS "befindlichen" Akt des Finanzamtes Linz - Bezug nahm, hat das Bundesfinanzgericht Einsicht in den Akt des Bundeshaftungsverfahrens (RV/5101371/2011) genommen. Auch die dort befindlichen Unterlagen ließen keine Rückschlüsse auf die monatlichen Bemessungsgrundlagen bzw Abgabenbeträge zu. Die monatlichen Abgabenbeträge sind daher durch lineare Aliquotierung geschätzt worden.
Die Feststellung, dass der Magistrat der Stadt Wien nach Aufhebung des Konkurses eine Quotenzahlung in Höhe von € 1.573,49 überwiesen erhalten hat, gründet sich auf das Vorbringen der belangten Behörde; im Akt befindet sich ein Auszug vom für die Primärschuldnerin geführten Abgabenkonto, der die Überweisung dieses Betrages (am sowie am ) zeigt. Der Betrag entspricht auch 12,24263% vom im Insolvenzverfahren vom Magistrat der Stadt Wien angemeldeten (und auch vom Masseverwalter und der Gemeinschuldnerin nicht bestrittenen) Betrag (€ 12.852,51). Anmerkung: Der Magistrat der Stadt Wien hatte im Insolvenzverfahren betreffend die Primärschuldnerin ursprünglich Forderungen in Höhe eines geschätzten Betrages von € 37.000 angemeldet. Davon wurde im Insolvenzverfahren (nur) ein Betrag von € 12.852,51 anerkannt; der Rest wurde vom Masseverwalter sowie von der Gemeinschuldnerin bestritten. Der anerkannte Betrag setzt sich laut dem Magistrat der Stadt Wien wie folgt zusammen (siehe auch Beilage 4):
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Abgabenart/Nebenanspruch | anerkannter Betrag | Quote (12,24263%) |
Kommunalsteuer 03-12/08 | € 2.384,75 | € 291,96 |
Säumniszuschlag | € 47,70 | € 5,84 |
Kommunalsteuer 08/09 | € 22,66 | € 2,77 |
Kommunalsteuer 01-09/09 | € 4.604,68 | € 563,73 |
Säumniszuschlag | € 92,09 | € 11,27 |
Kommunalsteuer bedingt (DN-Forderungen) | € 5.212,94 | € 638,20 |
Dienstgeberabgabe 03-12/08 | € 115,20 | € 14,10 |
Säumniszuschlag | € 1,86 | € 0,23 |
Dienstgeberabgabe 01-12/2009 | € 363,36 | € 44,48 |
Säumniszuschlag | € 7,27 | € 0,89 |
Summe | € 12.852,51 | € 1.573,49 |
Dass bei der Haftungsinanspruchnahme vom Magistrat der Stadt Wien ein Betrag von insgesamt € 935,29 vom aus Sicht der belangten Behörde bestehenden Rückstand an Abgaben und Nebenansprüchen abgezogen wurde, erschließt sich aus den im Akt befindlichen Abgabenkontoauszügen (siehe Buchung ). Der Rest (gebucht am ) betrifft die vom Magistrat der Stadt Wien unter der Position "Kommunalsteuer bedingt (DN-Forderungen)" angemeldete Forderung in Höhe von € 638,20 (für Kommunalsteuerforderungen durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds für an Mitarbeiter der ***m GmbH*** ausbezahlte Löhne und Gehälter).
Zur Haftung:
Die Feststellungen zur Vertreterstellung des Bf sowie zum Konkursverfahren gründen sich auf die Eintragungen im Firmenbuch. Dass die Konkursquote 12,24263% betrug und auch erfüllt wurde, ergibt sich aus dem Vorbringen der belangten Behörde und wurde vom Bf im Verfahren nicht bestritten.
Dass keine Bescheide an die Primärschuldnerin hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Abgaben bzw Säumniszuschläge erlassen worden sind, ergibt sich aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Zum Abgabenanspruch:
Da im vorliegenden Fall keine Abgabenbescheide ergangen sind, war als Vorfrage im Haftungsverfahren zunächst über das Bestehen eines Abgabenanspruches (dem Grunde und der Höhe nach) zu befinden:
(1) Rechtliche Rahmenbedingungen
Gemäß § 47 Abs 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Dieser Legaldefinition sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos) Bedacht zu nehmen. Kennzeichnend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist, dass der Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft (laufend) zur Verfügung zu stellen, die Verpflichtung des Arbeitgebers gegenübersteht, dem Arbeitnehmer einen vom Erfolg unabhängigen Lohn zu bezahlen. Entscheidend ist dabei stets das Gesamtbild der Tätigkeit.
(2) Schlussfolgerungen
Im gegenständlichen Fall waren von den Call Center-Agents entweder eingehende Telefonate anzunehmen ("inbound-agents") oder von der ***m GmbH*** (durch Erscheinen der Daten am Bildschirm) zur Verfügung gestellte Kundenlisten durch ausgehende Telefonate abzuarbeiten ("outbound-agents"), wobei es Einschulungen gab und von der Primärschuldnerin Gesprächsleitfäden an die Mitarbeiter ausgehändigt worden sind, an die sich die Mitarbeiterinnen offenbar auch tatsächlich gehalten haben (siehe Zeugeneinvernahmen). Selbst wenn man - wie vom Bf vorgebracht - annimmt, dass die Telefonate von den betreffenden Mitarbeitern überwiegend frei gestaltbar waren ("keine Bindung an bestimmte Arbeitsabläufe"), lassen Vorgaben dieser Art eine persönliche Weisungsgebundenheit der Mitarbeiter erkennen (siehe ). Der Gesprächsablauf ergibt sich auch aus den Zielvorgaben des Arbeitgebers (zB Verkauf von Produkten). Die Disposition der "outbound-agents" über die Reihenfolge der Kontaktaufnahme war offenbar (aufgrund des Erscheinens der Daten zum nächsten Kontakt am Bildschirm, siehe eigenes Vorbringen des Bf) eingeschränkt; "inbound-agents" hatten wohl nicht die Möglichkeit, ankommende Anrufe nicht anzunehmen. Gegen die Weisungsgebundenheit der "outbound-agents" spricht auch nicht das ihnen vertraglich (unter bestimmten Voraussetzungen) eingeräumte Recht, sich vertreten zu lassen: Ein solches Recht vermag die persönliche Abhängigkeit und Dienstnehmereigenschaft von vornherein nur auszuschließen, wenn das Vertretungsrecht tatsächlich genutzt wird oder bei objektiver Betrachtung eine solche Nutzung zu erwarten ist. Beides trifft für den gegenständlichen Fall nicht zu. Weder wurden konkrete Vertretungsfälle bekannt gegeben, noch waren solche aufgrund der Gegebenheiten (weitgehend freie Zeiteinteilung, Einschulung der Vertreter) realistisch. Die aktenkundigen Zeugenaussagen verdeutlichen, dass den befragten Zeugen (Call Center-Agents) die - rechtlich bestehende - Vertretungsmöglichkeit gar nicht bewusst war. Offenbar hat praktisch auch keine Notwendigkeit bestanden, davon Gebrauch zu machen, zumal die "outbound-agents" ohnedies keine Arbeitsverpflichtung getroffen hat (vgl ). Daraus erschließt sich, dass der vereinbarten Vertretungsbefugnis kein tatsächliches Gewicht zukam.
Für die organisatorische Eingliederung der Call Center-Agents spricht die Bereitstellung der Infrastruktur an der Dienststelle (Telefonarbeitsplätze) durch die ***m GmbH***. Aus den Zeugeneinvernahmen geht hervor, dass die bereitgestellte Infrastruktur (Telefon, PC und Software) bzw die Arbeitsplätze an der Dienststelle von den Mitarbeitern auch tatsächlich genutzt worden sind, wenngleich für "outbound-agents" auch die Berechtigung bestand, ihre Arbeit im Homeoffice (wohl gegebenenfalls auch unter Nutzung der Infrastruktur der ***m GmbH***) durchzuführen. Das Vorbringen des Bf, es hätte keine Kontrollen der Mitarbeiter "in Bezug auf den Arbeitsablauf" gegeben, vermag eine Selbständigkeit der Mitarbeiter (mangels organisatorischer Eingliederung) nicht zu begründen. Selbst wenn tatsächlich keine Kontrolle über die Mitarbeiter ausgeübt wurde, ist festzuhalten, dass die bloße Möglichkeit der Kontrolle ausreicht; unwesentlich ist, ob eine Kontrolle tatsächlich stattgefunden hat oder nicht. Eine Kontrollmöglichkeit ist im gegenständlichen Fall jedenfalls darin zu sehen, dass die Mitarbeiter vielfach am Firmensitz gearbeitet haben. Dass die "outbound-agents" prinzipiell die Möglichkeit einer flexiblen Arbeitszeiteinteilung hatten, spricht nicht gegen deren Eingliederung im Betrieb (siehe ). Davon abgesehen waren die "outbound-agents" in ihrer Zeiteinteilung offenbar auch nicht völlig frei: Zum einen hatten die Mitarbeiter vorweg bekannt zu geben, wann sie arbeiten. Zum anderen sind die von den "outbound-agents" abzuarbeitenden Listen von Kunden der ***m GmbH*** (zB Telekom Austria) vorgegeben worden, was nahelegt, dass wohl auch projektbezogene Zeitvorgaben bestanden haben, die naturgemäß auch die Zeiteinteilung der Mitarbeiter beeinflussten. Bei den "inbound-agents" tritt die Bindung an Arbeitszeiten noch deutlicher zu Tage, da die Arbeitszeit diesfalls nur in vorgegebenen Schichten abgeleistet werden konnte und die Arbeitszeiten auch kontrolliert wurden.
Das fehlende Unternehmerwagnis spricht eindeutig für das Vorliegen von Dienstverhältnissen im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988. Die Abrechnung nach Arbeitsstunden (erfolgsunabhängige Entlohnung) und nicht nach erbrachter Leistung begründet kein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko. Das Vorliegen eines ausgabenseitigen Unternehmerrisikos der Call Center-Agents wird in der Beschwerde gar nicht behauptet. Die Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub spricht zwar gegen ein Unternehmerrisiko; ihr Fehlen (siehe Beilage 2, Klausel "Keine Entgeltfortzahlung; kein Urlaub") bedeutet aber noch nicht, dass ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft nicht schuldet (siehe ).
Angesichts der soeben erläuterten Umstände ist festzuhalten, dass das Gesamtbild der zu beurteilenden Tätigkeit für Dienstverhältnisse im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988 spricht (siehe auch 2007/15/0163, 2009/15/0200 und Ra 2017/13/0067 sowie die ständige Rechtsprechung des BFG zu vergleichbaren Sachverhalten, RV/2100624/2009, RV/7102165/2009, RV/7101870/2013, RV/7104173/2014, RV/7101308/2015). Ein Überwiegen der Merkmale der Selbständigkeit konnte nicht aufgezeigt werden. Die nachweislich an die Call Center-Agents geleisteten Vergütungen sind daher kommunalsteuer- bzw dienstgeberabgabepflichtig.
Zum Einwand des Bf, die Einvernahme von 3 Personen ermögliche kein abschließendes Urteil über die generelle Situation der freien Dienstverhältnisse im Unternehmen, ist zu sagen, dass dies nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes sehr wohl der Fall ist. Dass im Detail für die Beurteilung der hier zu lösenden Fragen (Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988) wesentliche Unterschiede in der Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse mit den Call Center-Agents bestanden haben, wurde nicht vorgebracht. Der Bezeichnung der Vertragsverhältnisse als "freie" Dienstverhältnisse (im schriftlichen Vertragswerk oder auch durch die Zeugen) kommt keine maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend sind bei der Beurteilung von Beschäftigungsverhältnissen die tatsächlichen Verhältnisse, die konkrete Ausgestaltung und das "tatsächlich Gelebte".
Bei der Primärschuldnerin haften die in den Beilagen 5 und 6 dargestellten, bereits entstandenen und fälligen Abgabenverbindlichkeiten unberichtigt aus. Anmerkung: Die Konkursquote wurde vom Bundesfinanzgericht aliquot mit den einzelnen als Konkursforderungen angemeldeten Abgabenforderungen verrechnet (siehe etwa , ) und zwar wie in Beilage 7 dargestellt. Die seitens des Magistrates der Stadt Wien erhaltene Konkursquote in Höhe von insgesamt € 1.573,49 hat sich nur in Höhe von € 917,05 (Kommunalsteuer 03-12/08, Kommunalsteuer 08/09, Kommunalsteuer 01-09/09, Dienstgeberabgabe 03-12/08, Dienstgeberabgabe 01-12/2009) mindernd auf den hier festgestellten Abgabenanspruch ausgewirkt (siehe Beilagen 5 und 6). Der Rest entfällt auf Beträge, für die der Bf nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht haftet (Säumniszuschläge, darauf entfallende Konkursquote € 18,23) bzw auf andere, vom Magistrat der Stadt Wien nicht in Haftung gezogene Beträge (Kommunalsteuer für nach Konkurseröffnung durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds ausbezahlte Löhne und Gehälter, darauf entfallende Konkursquote € 638,20).
Zur Haftung:
Sodann war zu klären, ob und inwieweit die Haftungsinspruchnahme des Bf für die hier gegenständlichen Abgaben und Nebenansprüche zu Recht erfolgt ist:
(1) Rechtliche Rahmenbedingungen
§ 6a Kommunalsteuergesetz 1993 regelt:
"(1) Die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.
(2) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.
(3) Die in Abs. 2 bezeichneten Personen haften für die Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens."
§ 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz enthält folgende Regelung:
"(1) Die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung - BAO gilt sinngemäß.
(2) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.
(3) Die in Abs. 2 bezeichneten Personen haften für die Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung."
§ 80 Abs 1 BAO sieht vor: "Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Siehaben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden."
Demnach setzt die Geltendmachung der Haftung gemäß § 6a Kommunalsteuergesetz bzw § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz in Verbindung mit § 80 BAO folgendes voraus:
1. Vertreterstellung gemäß den §§ 80 ff BAO
2. Erschwerte Einbringlichkeit der betreffenden Abgabenforderung beim Vertretenen (Primärschuldner)
3. Verletzung von abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten
4. Verschulden des Vertreters
5. Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und erschwerter Einbringlichkeit
Die Erlassung von Haftungsbescheiden (§ 224 BAO) liegt im Ermessen der Abgabenbehörde (siehe Ritz/Koran, BAO7 § 7 Rn 5 mwN). Nach § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium bei der Geltendmachung persönlicher Haftungen ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Dem Begriff "Billigkeit" ist die Bedeutung "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", dem Begriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl zB ). Neben der Nachrangigkeit der Haftung wäre bei der Ermessensübung in diesem Sinn beispielsweise ein behördliches Mitverschulden an der Erschwerung der Einbringung beim Hauptschuldner (etwa durch Säumigkeit der Abgabenbehörde bei der Eintreibung der Abgaben bei der Primärschuldnerin), die Geringfügigkeit des haftungsgegenständlichen Betrages oder die (endgültige) Uneinbringlichkeit beim Haftungspflichtigen selbst zu berücksichtigen (siehe dazu Ritz/Koran, BAO7 § 7 Rn 7 mwN).
(2) Schlussfolgerungen
Die oben angeführten - aus § 6a Kommunalsteuergesetz bzw § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz sowie den §§ 80 ff BAO ableitbaren - Haftungsvoraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt:
Vertreterstellung gemäß den §§ 80 ff BAO
Als GmbH-Geschäftsführer gehörte der Bf (von bis ) zum in den §§ 80 ff BAO angesprochenen Personenkreis.
Erschwerte Einbringlichkeit der betreffenden Abgabenforderung beim Vertretenen (Primärschuldner)
Die in § 6a Kommunalsteuergesetz bzw § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz normierte "erschwerte Einbringlichkeit" als Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme ist durch die Eröffnung des Konkursverfahrens (= Insolvenzverfahren im Sinne des § 6a Kommunalsteuergesetz bzw § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz) gegeben. Das Konkursverfahren ist mittlerweile aufgehoben und die Gesellschaft aus dem Firmenbuch gelöscht. Eine (auch nur teilweise) Einbringung der noch aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten bei der Primärschuldnerin ist nicht mehr möglich.
Verletzung von abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten
Zu den Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH gehört es, die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft wahrzunehmen und für die Entrichtung der Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu sorgen (siehe zB , , ). Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe wären monatsweise, jeweils am 15. des darauffolgenden Monates zu entrichten gewesen (siehe § 11 Abs 2 Kommunalsteuergesetz 1993 sowie § 6 Abs 1 Wiener Dienstgeberabgabegesetz). Der Bf wäre daher prinzipiell dazu verpflichtet gewesen, für die Entrichtung der betreffenden (monatlich fälligen) Abgaben Sorge zu tragen und zwar insoweit als hierfür liquide Mittel vorhanden waren (vgl zB , , ). Abgaben, deren Fälligkeit nicht bis zur Abberufung des Bf als Geschäftsführer (am ) eingetreten ist, sind nicht Gegenstand der Haftung. Die hier gegenständlichen Rückstände sind allesamt im Zeitraum bis fällig geworden. Dass die Rückstände Großteils auf im Zuge einer GPLA festgestellte Rückstände zurückzuführen sind, ändert nichts an der nach den dargestellten Regeln im Zeitraum bis eingetretenen Fälligkeit (für September 2009 zuletzt am ). Es handelt sich um Selbstbemessungsabgaben. Maßgebend ist daher, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären.
Die gänzliche Mittellosigkeit der Gesellschaft zu den haftungsrelevanten Fälligkeitsterminen wurde vom Bf nicht aufgezeigt und ergibt sich auch sonst nicht aus der Aktenlage. Der Bf hat eine Aufstellung über die Kontostände bei der Hausbank zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen für das Jahr 2009 vorgelegt. Im Jahr 2009 war der von der Bank eingeräumte Rahmen zwar fast durchgängig "überzogen", woraus sich negative Beträge in der Spalte "liquide Mittel" ergaben. Dieser Umstand bedeutet aber noch keine völlige Mittellosigkeit der Gesellschaft, wurden doch bis zur Konkurseröffnung am ***Datum*** - trotz überzogenem Rahmen - laufend anfallende (umfangreiche) Abgabenforderungen an das Finanzamt (aber auch an den Magistrat der Stadt Wien) bezahlt. Für das Jahr 2008 liegt aus dem Haftungsverfahren des Bf betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2008 und 2009 (siehe ) eine Aufstellung über die Kontostände bei der Hausbank zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen vor: Der Aufstellung über die Kontostände ist zu entnehmen, dass jedenfalls Mittel zur Entrichtung der in diesem Jahr fällig gewesenen haftungsgegenständlichen Abgaben 2008 vorhanden gewesen wären. Die liquiden Mittel zum betrugen € 272.299, aber auch zum waren € 69.968 vorhanden. Bei dieser Sachlage kann von einer völligen Mittellosigkeit der Gesellschaft keine Rede sein (so auch bereits ). Sofern die Primärschuldnerin nicht über ausreichende Mittel zur Befriedigung aller Verbindlichkeiten verfügte, hätte den Bf die Verpflichtung getroffen, alle Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz). Gelingt dem Vertreter der Nachweis, dass der Abgabengläubiger ebenso viel an vorhandenen Mitteln erhalten hat wie andere Gläubiger, dann haftet er nicht (). Es darf kein einziger Gläubiger dem Abgabengläubiger vorgezogen werden (, , ). Es ist daher nicht darzustellen, dass der Abgabengläubiger nicht weniger als der Durchschnitt der Gläubiger bekommen hat, sondern dass kein anderer Gläubiger mehr als der Abgabengläubiger erhalten hat (siehe Lachmayer, RdW 2023, 682). Die volle Bezahlung der Löhne und Betriebskosten oder eine höhere Tilgung von Bankverbindlichkeiten ist ebenso schädlich wie Zug-um-Zug-Geschäfte, also Bargeschäfte. Entscheidet sich der Vertreter dafür, trotz nicht ausreichender Mittel andere Verbindlichkeiten voll oder in einem höheren Ausmaß zu tilgen, muss er dies auch bei den Abgabenschulden so handhaben. Der Bf hat trotz Aufforderung nicht nachgewiesen, dass er dieser Pflicht nachgekommen ist. Das Vorbringen des Bf (Die Summe der festgestellten Forderungen in diesem Verfahren habe € 1.859.724,37 betragen. Die Abgabenverbindlichkeiten beim Magistrat der Stadt Wien seien mit einem Betrag von € 37.000 angemeldet worden. Die Verbindlichkeiten des Magistrates der Stadt Wien entsprächen damit einem Anteil von 1,90%. Dies bedeute, dass 98,10% "übrige Gläubigerverbindlichkeiten vorliegen". Es gäbe überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass "diese Struktur der Verbindlichkeiten im Rückstandszeitraum der hier gegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten völlig anders gewesen wäre". Eine Gläubigerbenachteiligung sei damit völlig ausgeschlossen.) ist zu unkonkret. Präzisierungen und Beweise wurde vom Vertreter mehrfach (durch schriftliche Erläuterungen zum Gläubigergleichbehandlungsnachweis) abgefordert. Zweckentsprechende Unterlagen wurden nicht vorgelegt. Auf die den Bf treffende qualifizierte Mitwirkungspflicht wird hingewiesen: Nur der Vertreter wird in der Regel jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (zB , , , ). Daher hat er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (), etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken (zB ).
Verschulden des Vertreters
Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist nicht gefordert (auch leichte Fahrlässigkeit reicht aus, zB , ). Nach ständiger Rechtsprechung hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (zB , , , , ). Dem Vertreter obliegt dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (, ; zumindest "qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast"; siehe Ritz/Koran, BAO7 § 9 Rn 22). Auf Ebene des Verschuldens ist zu prüfen, ob dem Vertreter die objektive Rechtswidrigkeit seines Verhaltens (nämlich die Nichtentrichtung der hier gegenständlichen Abgaben) auch subjektiv vorwerfbar ist. Dies wäre etwa nicht der Fall, wenn der Bf die Unrichtigkeit (hier nicht fristgerechte Entrichtung der Abgabe) nicht hätte erkennen können (vgl etwa ). Unter dem Aspekt des dem Vertreter vorzuwerfenden Verschuldens an der Verletzung von Vertreterpflichten wäre es auch beachtlich, wenn der Vertreter auf Grund eines Rechtsirrtums die Entrichtung der Abgaben unterlassen hat und ihm ausnahmsweise ein solcher Rechtsirrtum nicht vorzuwerfen wäre (siehe etwa ). Gesetzesunkenntnis oder objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind aber nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde (). Das Risiko des Rechtsirrtums trägt auch der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage wäre es, um das Verschulden an der nicht erfolgten Entrichtung der in Haftung gezogenen Abgaben mit Erfolg von sich weisen zu können, Aufgabe des Bf gewesen, initiativ und bestimmt darzulegen, aus welchen Gründen er - gegebenenfalls trotz entsprechender Erkundigungen - zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der in Rede stehenden Selbstbemessungsabgaben der vertretbaren Rechtsansicht sein konnte, es lägen hinsichtlich der einzelnen Mitarbeiter keine diesen Abgaben unterliegende so genannte freie Dienstverträge vor (). In diesem Zusammenhang brachte der Bf zunächst vor, dass die aus der Konkursmasse der ***Z GmbH*** übernommenen "outbound-agents" im Vorunternehmen und in der Branche allgemein nicht als Dienstnehmer angesehen worden seien und ihm eine (nicht näher präzisierte) Studie aus dem Jahr 2005 vorgelegen sei, wonach 80 % der Beschäftigten in einem Call Center freie Dienstnehmer gewesen wären. Dabei übersieht der Bf, dass es allein auf die faktische Ausgestaltung der Dienstverhältnisse der Beschäftigten mit der Primärschuldnerin ankommt, und nicht darauf, wie diese Dienstverhältnisse im Vorunternehmen ausgestaltet waren. Gleiches gilt für den Hinweis auf eine Studie aus dem Jahr 2005; diese zeigte allenfalls auf, dass ein großer Teil der Dienstverhältnisse faktisch als freie Dienstverhältnisse gestaltet war, gibt aber keine Auskunft darüber, ob dies in rechtlicher Hinsicht zutreffend war. Dass sich der Bf an geeigneter Stelle über die steuerrechtliche Behandlung der konkreten Dienstverhältnisse im Unternehmen der Primärschuldnerin erkundigt hätte, wird nicht behauptet. Mit der Unterlassung einer solchen Erkundigung wurde jedoch die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, und nach den subjektiven Verhältnissen auch zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen. Darüber hinaus wurde zu den Gründen, warum der Bf (ohne nähere Erkundigungen eingeholt zu haben) zu den Fälligkeitszeitpunkten der haftungsgegenständlichen Lohnabgaben der vertretbaren Rechtsansicht sein habe können, es lägen hinsichtlich der einzelnen Mitarbeiter keine diesen Abgaben unterliegende so genannte freien Dienstverträge vor, nur vorgebracht, dass es "keine bestimmten Arbeitsabläufe" und "keine Bindung an Arbeitszeiten" gegeben habe. Von einer initiativen und bestimmten Darlegung jener eben angeführten Rechtfertigungsgründe kann dabei aber keine Rede sein. Der Bf hätte die konkrete Ausgestaltung der Dienstverhältnisse unter Berücksichtigung der in § 47 Abs 2 EStG 1988 vorgesehenen Kriterien näher darstellen und glaubhaft machen müssen, dass er (auch ohne die oben erwähnten und gebotenen Erkundigungen) der vertretbaren Rechtsansicht sein konnte, die für freie Dienstverhältnisse sprechenden Kriterien würden überwiegen. Mit dem bloßen Hinweis, dass es "keine bestimmten Arbeitsabläufe" und "keine Bindung an Arbeitszeiten" gegeben habe, wurde noch nicht plausibel gemacht, weshalb in rechtlicher Hinsicht eine vertretbare Rechtsauffassung in Bezug auf die Qualifikation der Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen wäre. Da somit nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein ausnahmsweise entschuldbarer Rechtsirrtum vorgelegen wäre, ist ein haftungsrelevantes Verschulden des Bf anzunehmen.
Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und erschwerter Einbringlichkeit
Der Vertreter haftet für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreter tatsächlich erhalten hat (). Die Verletzung der Gleichbehandlungspflicht wird nur als kausal für den anteiligen Abgabenausfall angesehen (siehe Ritz/Koran, BAO7 § 9 Rn 27). Nach der Rechtsprechung des VwGH setzt die Haftung des Vertreters in der Höhe des Quotenschadens den Nachweis voraus, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Zahlungen an andere Gläubiger spielen bei der Berechnung der "fiktiven" Quote keine Rolle. Die Quote, die errechnet wird, betrachtet nur, wie viel an Abgabenschulden getilgt worden wäre, wenn der Vertreter die vorhandenen Mittel gleichmäßig verteilt hätte. Diese Quote ist dann der Quote der tatsächlich bezahlten Abgabenschulden gegenüberzustellen. Für den Differenzbetrag haftet der Vertreter. Gelingt es dem Vertreter nicht, diese Quote nachzuweisen, haftet er für die vollen Abgabenrückstände (vgl , ). Eine Anleitung zur Quotenberechnung wurde dem Bf vom Bundesfinanzgericht übermittelt. Der Nachweis wurde vom Bf nicht angetreten.
Aus nachfolgend angeführten Gründen war die Haftung des Bf vom Bundesfinanzgericht auf die im Spruch genannten Abgabenbeträge (zur monatlichen Aufgliederung siehe Beilage 5 und 6) herabzusetzen:
Zu Kommunalsteuer 03-12/2008 und Dienstgeberabgabe 01-09/2009: Die entstandenen und noch aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin beim Magistrat der Stadt Wien (Kommunalsteuer 03-12/2008: € 1.503,84; Dienstgeberabgabe 01-09/2009: € 335,68 - siehe Beilage 5 und 6) sind niedriger als die dem Bf mit Haftungsbescheid vom vorgeschriebenen Abgabenbeträge (Kommunalsteuer 03-12/2008: € 1.556,87; Dienstgeberabgabe 01-09/2009: € 363,36). Die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen setzt voraus, dass eine Abgabenschuld entstanden - und noch nicht (zB durch Entrichtung) erloschen - ist (Grundsatz der materiellen Akzessorietät der Haftung, vgl zB Stoll, BAO, 105; , ). Die Haftung darf nicht für mehr bestehen, als die Primärschuldnerin leisten müsste. Demnach war die Haftung des Bf entsprechend einzuschränken.
Zu Kommunalsteuer 01-09/2009 und Dienstgeberabgabe 03-12/2008: Die entstandenen und noch aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin beim Magistrat der Stadt Wien (Kommunalsteuer 01-09/2009: € 4.626,70; Dienstgeberabgabe 03-12/2008: € 196,14) sind höher als die dem Bf mit Haftungsbescheid vom vorgeschriebenen Abgabenbeträge (Kommunalsteuer 03-12/2008: € 4.604,68; Dienstgeberabgabe 01-09/2009: € 55,49). Vom Verwaltungsgericht dürfen keine höheren als die im Spruch des Haftungsbescheides festgestellten Beträge als Haftungsbeträge zu Grunde gelegt werden. Der Magistrat der Stadt Wien hat im Haftungsbescheid vom die Kommunalsteuer bzw Dienstgeberabgabe für die Zeiträume 03-12/2008 und 01-09/2009 betraglich gesondert ausgewiesen und damit gesondert festgesetzt (= Sammelbescheid). Damit ist der Rahmen für die Abänderungsbefugnis im Rechtsmittelverfahren festgelegt. Eine Erweiterung der Haftung des Bf über die genannten Beträge hinaus (Kommunalsteuer 03-12/2008: € 4.604,68; Dienstgeberabgabe 01-09/2009: € 55,49) durch das Bundesfinanzgericht kommt nicht in Betracht.
Die nur im Haftungsweg vorgeschriebenen Säumniszuschläge sind nicht bis zum fällig geworden. Nach § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Die betreffenden Säumniszuschläge sind erst mit Haftungsbescheid vom festgesetzt worden. Sie waren somit aus der Haftung auszuscheiden.
Gründe, die es - im Rahmen der Ermessensübung - rechtfertigen, von der Haftungsinanspruchnahme Abstand zu nehmen bzw die Haftung noch weitereinzuschränken, sind nicht ersichtlich: Die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung der Haftung liegt darin, dass nur durch diese Maßnahme eine Einbringlichkeit der angeführten Abgaben gegeben ist und nur so dem öffentlichen Interesse an der Erhebung der Abgaben nachgekommen werden kann. Sachverhaltselemente, die eine Inanspruchnahme zur Haftung als unbillig (also einem berechtigten Interesse des Bf widersprechend) erscheinen lassen, wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Über die sich im gegenständlichen Fall stellenden Rechtsfragen (Vorliegen von Dienstverhältnissen bei Call Center-Agents, Heranziehung des organschaftlichen Vertreters einer GmbH zur Haftung für deren Abgabenschulden) wurde im Sinne der oben wiedergegebenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden. Darüber hinaus hing die Entscheidung von auf Ebene der Beweiswürdigung zu klärenden Sachfragen ab. Eine Revision ist daher unzulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 6a WDGAG, Wr. Dienstgeberabgabegesetz, LGBl. Nr. 17/1970 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 §§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400112.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at