Vorzeitiger Verkauf von Eigentumswohnungen vor Erzielung eines Gesamtüberschusses - Liebhaberei?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Eco Wth Stb - ecostb GmbH., Hietzinger Hauptstraße 122, 1130 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom bzw bzw bzw. , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2009 - 2018 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Folgende vorläufige Bescheide werden für endgültig erklärt:
Einkommensteuerbescheid 2009 vom
Umsatzsteuerbescheid 2009 vom
Einkommensteuerbescheid 2010 vom
Umsatzsteuerbescheid 2010 vom
Einkommensteuerbescheid 2011 vom
Umsatzsteuerbescheid 2011 vom
Einkommensteuerbescheid 2012 vom
Umsatzsteuerbescheid 2012 vom
Einkommensteuerbescheid 2013 vom
Umsatzsteuerbescheid 2013 vom
Einkommensteuerbescheid 2014 vom
Umsatzsteuerbescheid 2014 vom
Einkommensteuerbescheid 2015 vom
Umsatzsteuerbescheid 2015 vom
Einkommensteuerbescheid 2016 vom
Umsatzsteuerbescheid 2016 vom
Einkommensteuerbescheid 2017 vom
Umsatzsteuerbescheid 2017 vom
Einkommensteuerbescheid 2018 vom
Umsatzsteuerbescheid 2018 vom
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Bisheriger Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer erklärte neben anderen Einkünften auch Einkünfte aus der Vermietung mehrerer Eigentumswohnungen und aus Beteiligungen an Vermietungsgemeinschaften.
Die Einkünfte aus der Vermietung der Eigentumswohnungen hat das Finanzamt mit vorläufigen Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2009 - 2018 anerkannt.
In den angefochtenen (endgültigen) Einkommensteuerbescheiden vom 3.2. bzw. 8.2. bzw. 10.2. bzw. für die Jahre 2009 - 2018 ließ das Finanzamt die erklärten Einkünfte aus der Vermietung der Wohnungen W1, W2, W3, W4 und W5 unberücksichtigt, da diese Wohnungen jeweils vor Erzielung eines Gesamtüberschusses an die X GmbH verkauft worden seien. Da keine Unwägbarkeiten vorgelegen seien, liege Liebhaberei gemäß § 1 Abs. 2 LVO vor. Lediglich die Wohnung in der W6 wurde aufgrund des Gesamtüberschusses als Einkunftsquelle anerkannt bzw wurden auch die Beteiligungen an zwei Vermietungsgemeinschaften steuerlich erfasst.
Gleichzeitig beurteilte das Finanzamt im Bereich der Umsatzsteuer die Vermietung der nicht anerkannten Wohnungen ebenso als Liebhaberei. Somit wurden die Mieterlöse und Vorsteuerbeträge iZm diesen Wohnungen in den (endgültigen) Umsatzsteuerbescheiden2009 - 2018 nicht erfasst.
In den Beschwerden vom gegen die endgültigen Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide brachte der steuerliche Vertreter vor, dass es nicht schädlich sei, wenn die Vermietung vor Erzielung eines Gesamtüberschusses entweder aufgegeben wird oder die Wohnung ungeplant an eine Firma, deren Eigentümer der Verkäufer ist, übertragen wird (). Die Vermietung sei nicht eingestellt worden, sondern aus privaten Gründen an die X GmbH übertragen worden.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidungen vom ab. In der gesonderten Begründung führte das Finanzamt aus, dass bei Auftreten von Verlusten gemäß § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung Liebhaberei anzunehmen sei. Eine Anerkennung der Betätigung als Einkunftsquelle setze voraus, dass trotz Auftretens zeitweiliger Verluste die Erzielung eines Gesamtgewinns oder Gesamtüberschusses in einem absehbaren Zeitraum tatsächlich zu erwarten sei. Aus § 2 Abs. 4 erster Satz Liebhabereiverordnung ergebe sich, dass bei der Beurteilung eines abgeschlossenen Betätigungszeitraumes grundsätzlich nur die Ergebnisse innerhalb dieses Zeitraumes heranzuziehen seien. Lasse die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit von vornherein keinen Gesamtüberschuss innerhalb eines absehbaren Zeitraumes erwarten, liege ungeachtet der Gründe, die zur Beendigung der Betätigung geführt haben, jedenfalls Liebhaberei vor.
Der Beschwerdeführer habe mit den vermieteten Eigentumswohnungen ausschließlich Verluste erwirtschaftet, bevor er diese an die X GmbH verkauft habe.
Werde eine Betätigung, für die möglicherweise ein Gesamtüberschuss innerhalb des absehbaren Zeitraumes zu erwarten gewesen wäre, vor Erzielung dieses Gesamterfolges beendet, sei für den abgeschlossenen Zeitraum eine Einkunftsquelle nur dann anzunehmen, wenn Unwägbarkeiten vorliegen. Laut Rechtsprechung sei es Aufgabe des Steuerpflichtigen, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Vermietung nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant war, sondern sich die Beendigung erst nachträglich durch den Eintritt konkreter Unwägbarkeiten ergeben habe.
Der Beschwerdeführer habe aus privaten Gründen die Mietobjekte vor Erzielung eines Gesamtüberschusses an die X GmbH verkauft. Dass den Beschwerdeführer eine Unwägbarkeit zu dem Verkauf veranlasst hat, habe der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen.
Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Er merkte ergänzend an, dass der Verkauf der vermieteten Eigentumswohnungen an die X GmbH erfolgte, um im Ablebensfall die Immobilien in einer Hand weiterverwalten zu können.
Das Finanzamt legte die Beschwerden und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Das Bundesfinanzgericht ersuchte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom (zugestellt am ) um Stellungnahme zur einschlägigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung und hielt fest, dass offensichtlich keine Unwägbarkeiten vorliegen.
Mit Eingabe vom legte die steuerliche Vertretung den Sachverhalt und ihre Rechtsansicht wie folgt dar:
Der Beschwerdeführer habe in den Jahren 2009 - 2015 Wohnungen gekauft, die er jeweils an fremde Dritte vermietet habe. Aufgrund der Aufwendungen und Zinsen seien zunächst Verluste entstanden, in weiterer Folge Gewinne. Aufgrund der Prognoserechnungen zeige sich, dass jeweils ein Totalüberschuss erzielbar und geplant gewesen sei.
Der Beschwerdeführer habe die Wohnungen am an die X GmbH verkauft, die der Beschwerdeführer 2018 gegründet habe und deren Anteile bei Ankauf der Wohnungen dem Beschwerdeführer alleine gehörten. Die Verkäufe seien vor Erzielung eines Totalüberschusses erfolgt.
Der steuerliche Vertreter legte die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes näher dar (, ), aus der folge, dass der Steuerpflichtige nachzuweisen habe, dass er nicht von allem Anfang an den Plan gehabt habe, die Betätigung vor Erzielung eines Einnahmenüberschusses einzustellen. Nicht nur ein unerwartetes Ereignis, eine Unwägbarkeit, könne zur Änderung des ursprünglichen Planes führen, sondern auch andere Gründe - etwa private Motive.
Der Beschwerdeführer habe als Angestellter in führender Position signifikante Einkünfte erzielt, die ein Ansparen von Vermögen gesichert hätten. Der Beschwerdeführer habe sich entschlossen, auch Immobilieninvestitionen durchzuführen, wobei aus der Vermietung an fremde Dritte laufende Einkünfte bezogen werden sollten.
Der Beschwerdeführer habe - wie am Immobilienmarkt durchaus üblich - zum Aufbau von Immobilienvermögen Teile des Kaufpreises fremdfinanziert. Neben den Anlaufkosten und allfälligen Sanierungskosten sei auch ein gewisser Zinsaufwand zu kalkulieren gewesen. Die betrieblichen Planrechnungen bzw Prognoserechnungen würden in einem absehbaren Zeitraum, nämlich in weniger als 20 Jahren (je nach Wohnung unterschiedlich), die Erwirtschaftung eines Gesamtüberschusses zeigen.
Ab diesem Zeitpunkt würden dem Beschwerdeführer laufende Überschüsse zur Verfügung stehen, die ihm zur Absicherung des Lebensstandards nach der Pensionierung dienen sollten. Dies beziehe sich auf den Beschwerdeführer selbst und auch auf seine Familie.
Eine Beendigung der Vermietung durch Verkauf, gemeint als Realisierung des Wertes am Markt, sei aus diesem Grund zu keinem Zeitpunkt angedacht gewesen. Langfristiges Immobilienvermögen sollte als zusätzliches Standbein und als Pensionsabsicherung aufgebaut werden.
Erstmals im Jahr 2017 sei im Familienkreis besprochen werden, dass die Immobilieninvestitionen auch der Ehefrau und den beiden Kindern zu Gute kommen sollten. Die Ehefrau habe den Wunsch geäußert, in irgendeiner Form direkt am Vermögen beteiligt zu sein. Auch mit den Kindern habe es entsprechende Diskussionen gegeben, ob und wann sie mit Unterstützungen bzw mit einem vermögensmäßigen Rückhalt rechnen könnten.
Dem Beschwerdeführer sei bewusst geworden, dass im Erbfall oder bei Schenkung eine Zuordnung einzelner Wohnungen an bestimmte Familienmitglieder eine unterschiedliche zukünftige Wertentwicklung zu einer Ungleichheit führen könnte.
Bei einer Übertragung der Wohnungen an alle Familienmitglieder ergebe sich das Problem, dass Wohnungseigentum nur von maximal zwei Personen gehalten werden können. Auch die Gestionierung von Wohnungen mit mehreren Eigentümern könne schwieriger werden.
Nach Beratung mit dem damaligen Steuerberater habe sich der Beschwerdeführer zur Gründung einer GmbH entschlossen, auch wenn bei Ausschüttung der erzielten Gewinne aus der GmbH wahrscheinlich kein Vorteil, sondern sogar ein Nachteil in der laufenden Besteuerung gegeben sei. Vermietungseinkünfte im Privatvermögen seien mit dem normalen Steuersatz besteuert. Die GmbH bezahle hingegen Körperschaftsteuer und auf die Ausschüttungen entfalle Kapitalertragsteuer, sodass eine Steuerbelastung von rund 46% gegeben sei. Bei einem theoretischen Verkauf sei die Rechtsform der GmbH insofern nachteilig, als diese Steuerbelastung einer Immobilienertragsteuer von 30% gegenüberstehe. Zusätzlich falle Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr an.
Die Möglichkeit einer Privatstiftung sei wieder verworfen worden.
Die Entscheidung, die Wohnungen in die neu gegründete GmbH zu verkaufen, habe der Beschwerdeführer daher erst lange Jahre nach der jeweiligen Anschaffung getroffen. Zunächst habe der Plan bestanden, die jeweiligen Wohnungen, die immer ertragsgeeignet gewesen seien, mindestens bis zur Erzielung eines Gesamtüberschusses zu behalten.
Hätte von Anfang an der Plan bestanden, die Wohnungen nach einigen Jahren aus der Rechtsform einer Gesellschaft zu vermieten, wäre es völlig unverständlich, warum die Wohnungen nicht von Anfang an von dieser Gesellschaft gekauft wurden. Eine Vermietung im Privatvermögen und nach einigen Jahren die Übertragung der Wohnungen an eine GmbH mache keinen Sinn, da die Grunderwerbsteuer und die Eintragungsgebühr (insgesamt 4,6%) zu einer doppelten Kostenbelastung geführt habe. Dazu seien noch die Kosten der Kaufvertragserrichtung gekommen.
Der Beschwerdeführer habe sich entschlossen, diese Nachteile zu akzeptieren, weil ihm die Zusammenführung des von ihm aufgebauten Familienvermögens in einer Gesellschaft zur Vermeidung von familieninternen Streitigkeiten als beste Lösung erschienen sei.
Aus diesen Überlegungen folge auch, dass der Plan der Übertragung in eine GmbH logischerweise nicht von Anfang an bestanden haben könne. Er hätte andernfalls die GmbH von allem Anfang an gegründet und die Wohnungen durch die GmbH gekauft.
Bei Erwerb der Wohnungen habe der Beschwerdeführer daher den Plan der langfristigen Einkunftserzielung ("Pensionsvorsorge") gehabt. Erst ab 2017 habe der Beschwerdeführer die dargestellten Überlegungen angestellt, die er 2019 tatsächlich umgesetzt habe. Es sei daher von Vermietungen auszugehen, die bis zur Erzielung eines Gesamtüberschusses durchgeführt werden sollten.
Verjährung der Bescheide
Die Bestimmung des § 208 Abs. 1 lit d BAO, wonach die Verjährungsfrist mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit wegfällt, zu laufen beginnt, sei nicht anzuwenden, wenn der Bescheid vorläufig erlassen wurde, obwohl keine Ungewissheit bestanden hat.
Es sei zu prüfen, ob bei Bescheiderlassung eine Ungewissheit bestanden habe und bejahendenfalls, wann diese weggefallen ist.
Sei dies vor Erlassung der Bescheide für die jeweiligen Jahre in den Jahren 2020 bzw 2021, so sei entweder das normale Verjährungsregime anzuwenden oder ab Wegfall der Ungewissheit der Beginn der Verjährungsfrist anzunehmen, sodass bestimmte Jahre 2020 bzw 2021 schon verjährt sein könnten.
- Das Finanzamt habe in den Bescheidbegründungen übersehen, dass nicht das Erzielen des Gesamtüberschusses, sondern dessen Erzielbarkeit ausschlaggeben sei. Insofern liege keine Ungewissheit vor bzw werde diese nicht begründet.
- Wenn eine Bescheidbegründung hinsichtlich der Ungewissheit nur eine Floskel enthalte, sei schon deshalb ein vorläufiger Bescheid unzulässig.
- Wenn die Begründung auf die Ergebnisse der künftigen Jahre abstelle, sei zu ermitteln, welche Ergebnisentwicklung es tatsächlich gegeben habe, und ob nicht die Entwicklung der Folgejahre zu einem Wegfallen der Ungewissheit in einem bestimmten Zeitpunkt geführt habe. Bei bestimmten Objekten seien die Ergebnisse sogar besser gewesen als prognostiziert.
- Der Umstand der ausschließlichen Verluste begründe keine Ungewissheit, da das Erzielen von Verlusten in der Anfangsphase durchaus plangemäß sein könne und im Verein mit späteren Gewinnen der prognostizierte Gesamtüberschuss durchaus erzielbar sein könne. Geringfügig höhere Verlust als prognostiziert würden ebenfalls nicht zu einer Ungewissheit führen. Nach der Judikatur liege jeder Schätzung und so auch einer Prognoserechnung ein Element der Unsicherheit zugrunde. Es sei nicht denkbar, dass die prognostizierten Ergebnisse auf den Cent genau erreicht werden. Es gebe Schwankungen in der Höhe der tatsächlich erzielten Mieteinnahmen, der nicht verrechenbaren Betriebskosten und Instandhaltungsaufwendungen, dies durchaus in beide Richtungen. Etwas schlechtere Ergebnisse in wenigen Jahren als prognostiziert würden nicht gegen die Richtigkeit der ursprünglichen Prognose sprechen.
- Die Bescheide 2013 würden überhaupt keine Begründung für die Vorläufigkeit enthalten.
Es sei davon auszugehen, dass für die jeweiligen Jahre keine Ungewissheit bestanden habe, sodass die Verjährungsfrist unter Berücksichtigung der Verlängerung durch die jeweilige Bescheiderlassung 2019 bzw 2020 abgelaufen gewesen sei. Die Änderung der Bescheide 2009 bis 2014 sei daher rechtswidrig.
Der Stellungnahme sind zwei Schreiben der Tochter und des Sohnes beigelegt, aus welchen zusammengefasst hervorgeht, dass ab 2017 in der Familie über eine allfällige Aufteilung der Wohnungen im Erbschaftsfall gesprochen worden sei. Letztendlich sei beschlossen worden, eine Immobilien-GmbH zu gründen, um potentielle künftige Streitigkeiten innerhalb der Familie zu vermeiden.
Die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom wurde an die belangte Behörde zur Information übermittelt.
In der mündlichen Verhandlung am wurde ergänzend vorgebracht:
Zum Punkt Liebhaberei:
Der steuerliche Vertreter fasste den Inhalt der Stellungnahme vom zusammen. Die Vertreterin des Finanzamtes ging diesbezüglich weiterhin davon aus, dass im Rahmen des Verkaufs der Wohnungen keine Unwägbarkeiten vorgelegen sind.
Der steuerliche Vertreter entgegnete, dass nach der VwGH-Rechtsprechung nicht unbedingt Unwägbarkeiten vorliegen müssen. Auch ein Verkauf aus privaten Gründen sei anzuerkennen, sofern der ursprüngliche Plan bestanden habe, die Wohnungen bis zur Erzielung eines Gesamtüberschusses zu behalten.
Die Vertreterin des Finanzamtes wandte ein, dass der Beschwerdeführer jedenfalls nachzuweisen habe, dass er nicht schon ursprünglich geplant hat, die Wohnungen vorzeitig zu verkaufen.
Dem wird Seitens des steuerlichen Vertreters entgegengehalten, dass Indizien für einen geplanten vorzeitigen Verkauf nicht vorhanden seien.
Auf Nachfrage der Verhandlungsleiterin gab die Vertreterin des Finanzamtes zu den vorliegenden Prognoserechnungen der einzelnen Wohnungen keine Äußerung ab.
Der steuerliche Vertreter gab bekannt, dass alle Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet worden seien.
Zum Punkt Verjährung:
Nach Ansicht des Finanzamtes habe Ungewissheit bestanden, ob tatsächlich ein Gesamtüberschuss erzielt werden könne. Diese Ungewissheit sei letztlich erst mit dem Verkauf im Jahr 2019 weggefallen. Es sei daher bei Erlassung der endgültigen Bescheide noch keine Verjährung vorgelegen.
Der steuerliche Vertreter verwies darauf, dass bezüglich der einzelnen Wohnungen zu ermitteln sei, wann die Ungewissheit weggefallen ist, zB. wenn sich die Ergebnisse tatsächlich günstiger gestaltet haben, als prognostiziert, oder wenn die Ergebnisse im Rahmen der Schwankungsbreite innerhalb der Prognose sind.
Die Vertreterin des Finanzamtes hielt fest, dass man sich jede Wohnung einzeln hätte anschauen müssen. Am Gesamtergebnis hätte sich wahrscheinlich nichts geändert.
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer erwarb in den Jahren 2009 - 2015 insgesamt sechs Eigentumswohnungen, die an fremde Dritte vermietet wurden. Bei der am gegründeten X GmbH fungiert der Beschwerdeführer als Gesellschaftergeschäftsführer. Er veräußerte sämtliche Wohnungen zum an die X GmbH. Ab April 2019 ist auch die Gattin mit einem Geschäftsanteil von 1/3 an der Gesellschaft beteiligt.
Es liegen jeweils zu Beginn der Vermietung vom Beschwerdeführer erstellte Prognoserechnungen vor, wonach für die einzelnen Wohnungen in einem absehbaren Zeitraum Gesamtüberschüsse zu erwarten waren. Die objektive Ertragsfähigkeit der Eigentumswohnungen hat die Abgabenbehörde nicht in Zweifel gezogen. In dem durch den Verkauf abgeschlossenen Zeitraum ergab sich jedoch in der Folge lediglich für die Wohnung W6 ein Gesamtüberschuss, für die übrigen fünf Wohnungen W1, W2, W3, W4 und W5 hingegen jeweils ein Gesamtverlust.
Fest steht, dass dem Verkauf der Wohnungen an die "eigene" GmbH keine Unwägbarkeiten, sondern private Motive zugrunde lagen.
Das Finanzamt hat in den Jahren 2009 bis 2018 die Wohnungsvermietungen vorerst mit vorläufigen Bescheiden anerkannt und ist aber in der Folge bezüglich der fünf "Verlustwohnungen" in den angefochtenen endgültigen Bescheiden von Liebhaberei ausgegangen.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Feststellungen beruhen auf der Aktenlage, dem Firmenbuchauszug der X GmbH sowie dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und sind unstrittig. In Streit steht jedoch, ob der Beschwerdeführer ursprünglich beabsichtigte, die Vermietung der einzelnen Eigentumswohnungen zumindest bis zum Erzielen eines jeweiligen Gesamtüberschusses fortzuführen.
Nach der Darstellung des Beschwerdeführers werden die an die X GmbH verkauften Wohnungen durch die Gesellschaft weiterhin vermietet. Diese Behauptung ist insofern glaubhaft, als die Gesellschaft als Käuferin in die bestehenden Mietverträge eingetreten ist (siehe Kaufvertrag Pkt II 5). Überdies konnte durch Einsichtnahme in das Grundbuch festgestellt werden, dass sich die Wohnungen nach wie vor im Eigentum der X GmbH befinden.
Der Beschwerdeführer brachte vor, habe er in den Zeitpunkten des Erwerbs der Eigentumswohnungen geplant, die nach Erwirtschaftung eines Gesamtüberschusses anfallenden laufenden Überschüsse zur Absicherung seines Lebensstandards nach der Pensionierung zu verwenden.
Die Darstellung des Beschwerdeführers, die Idee zur Gründung einer Gesellschaft mbH. und zum Verkauf der Eigentumswohnungen an die GmbH sei erst 2017 aufgekommen, ist glaubhaft. Um zusätzliche Kosten zu vermeiden (siehe auch die ausführliche Darlegung in der Stellungnahme vom ), wären die Wohnungen andernfalls von vorneherein direkt durch die GmbH erworben worden. Es ist daher nachvollziehbar, dass der Verkauf an die Gesellschaft nicht schon im Zeitpunkt des Erwerbs der Wohnungen geplant gewesen ist.
Aber auch abseits dieses Verkaufs an die GmbH sind keinerlei Indizien für eine beabsichtigte Beendigung der Vermietung einzelner bzw aller Eigentumswohnungen schon vor Erzielen eines Gesamtüberschusses erkennbar. Die ursprüngliche Planung in Richtung einer Pensionsvorsorge durch laufende Mieteinnahmen ist durchaus glaubwürdig, zumal die Vermietungen durch die Gesellschaft weitergeführt werden. Damit hat sich letztendlich an der Eignung der Wohnungen zur Erzielung von Zusatzeinkünften faktisch nichts geändert.
In freier Beweiswürdigung geht das Bundesfinanzgericht daher nach den Umständen des Einzelfalles iSd § 167 Abs. 2 BAO davon aus, dass die ursprüngliche Absicht von zeitlich unbegrenzten Vermietungen die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat. Im Übrigen hat auch die belangte Behörde keine konkreten Einwendungen gegen das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers getätigt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Liebhaberei ist gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 LVO bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.
Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 LVO ausgeschlossen sein.
§ 2 Abs. 4 LVO regelt:
Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).
Nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt (Liebhaberei).
Treten in den in § 1 Abs 2 LVO bezeichneten Fällen Verluste auf, ist grundsätzlich Liebhaberei zu vermuten. Soll die Betätigung dennoch als Einkunftsquelle anerkannt werden, muss ein Gesamtüberschuss in einem absehbaren Zeitraum tatsächlich zu erwarten sein (objektive Ertragsfähigkeit und Widerlegung der Vermutung nach § 2 Abs 4 LVO).
Die Vermietung von Eigentumswohnungen führt grundsätzlich zur Prüfung der einzelnen Wohnungen, wobei jede Wohnung für sich zu beurteilen ist (vgl. auch ).
Im vorliegenden Fall wies die Vermietung der streitgegenständlichen Eigentumswohnungen in den ersten Jahren ausschließlich Verluste auf, wobei anhand der vorliegenden Prognoserechnungen allerdings in einem absehbaren Zeitraum ein Gesamtüberschuss der Einnahmen als wahrscheinlich zu erwarten war.
Zu beurteilen ist nun, ob die Abgabenbehörde nach dem Verkauf der Eigentumswohnungen, der für fünf Wohnungen zu einem Gesamtverlust im abgeschlossenen Zeitraum geführt hat, diesen Wohnungen zu Recht die Einkunftsquelleneigenschaft abgesprochen hat. Die Abgabenbehörde stützte sich dabei darauf, dass den Beschwerdeführer keine Unwägbarkeiten, sondern private Gründe zu dem Verkauf veranlasst haben.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in seiner ständigen Rechtsprechung zur vorzeitigen Beendigung einer Vermietungstätigkeit - vor Erzielen eines Gesamtüberschusses - durch Verkauf der Liegenschaft folgende Rechtsansicht (zB , , , ):
"Es muss der Ertragsfähigkeit einer Vermietungsbetätigung nicht entgegenstehen, wenn die Liegenschaft vor der tatsächlichen Erzielung eines gesamtpositiven Ergebnisses übertragen wird. Dies gilt entsprechend für den Fall der Einstellung einer Vermietung. Die Behörde kann allerdings in der Regel keine Kenntnis davon haben, ob der Steuerpflichtige geplant hat, die Vermietung unbegrenzt (bzw. zumindest bis zum Erzielen eines gesamtpositiven Ergebnisses) fortzusetzen, oder ob er die Vermietung für einen zeitlich begrenzten Zeitraum geplant hat. Daher wird es, wenn der Steuerpflichtige die Vermietung tatsächlich einstellt, an ihm gelegen sein, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Vermietung nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant gewesen ist, sondern sich die Beendigung erst nachträglich, insbesondere durch den Eintritt konkreter Unwägbarkeiten, ergeben hat."
Der Steuerpflichtige, der eine Tätigkeit vorzeitig einstellt, hat den Beweis zu führen, dass seine ursprüngliche Planung auf die Aufrechterhaltung der Tätigkeit (zumindest) bis zur Erreichung eines Gesamteinnahmenüberschusses abgestellt und sich der Entschluss zur vorzeitigen Einstellung erst nachträglich ergeben hat. In diesem Zusammenhang kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Umständen steuerlich beachtliche Indizwirkung zu, die den Bereich der privaten Lebensführung betreffen. Dass aber nur der "Notverkauf der Einkunftsquelle auf Grund eines de facto nicht zu beeinflussenden Ereignisses" als Beweis für eine auf Dauer geplante Vermietung angesehen werden kann, ist aus der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht ableitbar. Der Verkauf des Mietobjektes vor der Erzielung eines positiven Gesamtergebnisses und ohne Vorliegen einer Unwägbarkeit im Sinne der Rechtsprechung ist für den Verwaltungsgerichtshof ein Indiz dafür, dass die Vermietung von vornherein nicht für die Dauer eines absehbaren Zeitraumes iSd § 2 Abs. 4 LVO beabsichtigt war (siehe , ). Der Verwaltungsgerichtshof betont aber, dass "in solchen Fällen nicht ,nur' eine Unwägbarkeit zur Verneinung der Liebhaberei führen kann" ().
Der Verwaltungsgerichtshof hat somit als entscheidend beurteilt, dass der ursprüngliche Plan auf eine Vermietung (zumindest) bis zur Erreichung eines Gesamtüberschusses gerichtet war, auch wenn schließlich eine Übertragung des Mietobjektes aus privaten Gründen, ohne Vorliegen von Unwägbarkeiten erfolgt.
Im Rahmen der Beweiswürdigung geht das Bundesfinanzgericht - wie oben dargelegt - von ursprünglich auf Dauer geplanten Vermietungen zur Erzielung von Gesamtüberschüssen aus. Der Entschluss zur Übertragung der Wohnungen hat sich erst nachträglich ergeben.
Da die Vermietungstätigkeiten nach den Prognoserechnungen innerhalb des jeweils absehbaren Zeitraumes ertragsgeeignet waren, führt die vorzeitige Beendigung als nachträglich gefasster Entschluss zur Beurteilung als Einnahmequellen.
Der Beschwerde war daher sowohl im Bereich der Umsatz- als auch der Einkommensteuer Folge zu geben.
Es erübrigt sich somit, auf die Einwendungen der steuerlichen Vertretung hinsichtlich einer allfälligen Verjährung der Jahre 2009 bis 2014 einzugehen.
Abschließend wird informativ darauf hingewiesen, dass über die Beschwerde gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2019 in einer separaten Entscheidung abgesprochen wird.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor, da das Bundesfinanzgericht die Frage der Qualifikation als Einkunftsquelle bei vorzeitiger Beendigung der Vermietungstätigkeit auf Grundlage der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (zB. , ) beurteilt hat.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 4 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Ehgartner/Knechtl in SWK 18/2024, 882 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102416.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at