Res iudicata
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***BE*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zurückweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind ***1*** für den Zeitraum September 2021 bis September 2022, SVNr ***2***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt einen Antrag des Beschwerdeführers (Bf) auf Gewährung der Familienbeihilfe für seine am ***3*** geborene Tochter ***2*** für den Zeitraum "ab September 2021" ab.
Mit Antrag vom beantragte der Bf erneut die Familienbeihilfe für seine Tochter ***2*** ab Geburt.
Das Finanzamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom für den Zeitraum September 2021 bis September 2022 mit der Begründung zurück, dass über diesen Zeitraum bereits mit Bescheid vom abgesprochen worden sei. Ab dem Zeitraum Oktober 2022 gewährte es die Familienbeihilfe.
Mit Schriftsatz vom erhob der Bf Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid. Begründend brachte er im Wesentlichen vor, dass er beim ersten Antrag die von ihm abverlangten Dokumente unverschuldet nicht fristgerecht vorlegen konnte. Er habe vom Finanzamt bei einem Telefonat keine Auskunft dazu erhalten, wo er diese besorgen könne. Bei der zweiten Antragstellung habe er die gewünschten Dokumente vollständig vorgelegt. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe seien erfüllt. Er verstehe daher nicht, weshalb der Antrag wegen eines bereits abgelehnten Antrages zurückgewiesen werden könne.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Nach ungenutzter Beschwerdefrist sei der Abweisungsbescheid vom in Rechtskraft erwachsen und stehe einer inhaltlichen Entscheidung des neuerlichen Beihilfenantrages für denselben Zeitraum entgegen.
Dagegen brachte der Bf mit Schriftsatz vom eine als Vorlageantrag zu wertende Beschwerde ein. Begründend wies er wiederum auf die Kommunikationsschwierigkeiten mit der belangten Behörde hin.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Finanzamt erließ mit Datum gegenüber dem Bf einen Abweisungsbescheid, mit welchem der Antrag des Bf vom auf Familienbeihilfe für die im September 2021 geborene Tochter ***1*** für den Zeitraum "ab September 2021" abwies.
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Am stellte der Bf erneut einen Antrag auf Familienbeihilfe für seine Tochter ***2*** ab Geburt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Finanzamt den Antrag vom , soweit dieser die Familienbeihilfe für ***2*** für den Zeitraum September 2021 bis September 2022 betraf, wegen entschiedener Sache zurück.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe, abgesehen von den Fällen des § 10a leg. cit., nur auf Antrag gewährt.
Gemäß § 13 FLAG 1967 hat über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe das Finanzamt Österreich zu entscheiden.
Ein Bescheid ist formell rechtskräftig, wenn er durch ordentliche Rechtsmittel (Beschwerde) nicht oder nicht mehr anfechtbar ist (vgl. , 0275). Unter Rechtskraft im materiellen Sinn ist die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides zu verstehen (vgl. ).
Grundsätzlich darf über eine bereits entschiedene Sache nicht nochmals ein Bescheid ergehen. Ist ein Bescheid in Rechtskraft erwachsen, bedeutet dies grundsätzlich Unwiderrufbarkeit, Unwiederholbarkeit und Verbindlichkeit des Bescheides (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG2 § 26 Rz 3). Wird für denselben Zeitraum, über den bereits ein Abweisungsbescheid ergangen ist, neuerlich Familienbeihilfe beantragt, liegt durch diesen Bescheid res iudicata vor und ist der neuerliche Antrag für diesen Zeitraum zurückzuweisen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG2 § 13 Rz 25; ).
Liegt ein bereits rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren vor, ist auf Grund des Wiederholungsverbots bzw. des Prozesshindernisses der entschiedenen Sache (res iudicata) eine neuerliche Entscheidung nicht zulässig (vgl. etwa ; ; ; ).
Die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. zB mwN).
Mit dem rechtskräftigen Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Familienbeihilfe für die Tochter ***2*** für den Zeitraum ab September 2021 ab, ohne einen Endzeitpunkt zu benennen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt dieser Abspruch mangels eines festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren haben, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im September 2022 (vgl. zB mwN).
Liegt demnach ein rechtskräftiger Bescheid betreffend Familienbeihilfe für die Tochter des Bf für den Zeitraum September 2021 bis September 2022 vor, so erweist sich der (neuerliche) Antrag des Bf vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für dieselbe Tochter und für denselben Zeitraum als unzulässig, weil diesem Antrag die entschiedene Sache (res iudicata) entgegensteht (vgl. ).
Das Finanzamt hat den Antrag für diesen Zeitraum somit zu Recht zurückgewiesen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Das Bundesfinanzgericht folgt in seiner Entscheidung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 10 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 13 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103454.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at