Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.12.2023, RV/7100992/2022

Die Kosten ohne konkreter ärztlicher Verordnung eingenommener Vitaminpräparate und anderer Nahrungsergänzungsmittel bilden keine außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt

In der am elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2020 beantragte die Beschwerdeführerin das große Pendlerpauschale in Höhe von 1.476,00 € und einen Pendlereuro in Höhe von 50,00 €. Ferner machte die Beschwerdeführerin als eigene Behinderung eine "Magenkrankheit, andere innere Erkrankung" (§ 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl 303/1996) bei einem Grad der Behinderung von 60 %, sowie Kosten der Heilbehandlung von 2.684,32 € geltend.

Zur Erkrankung der Beschwerdeführerin hat bereits der Unabhängige Finanzsenat in seiner Entscheidung vom , RV/0025-W/10, festgestellt, dass die Beschwerdeführerin an Colitis ulcerosa, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung leidet, und aus diesem Grund laut Feststellung des Bundessozialamtes zu 60 % in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

In einem Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um folgende Ergänzungen:

Bitte senden Sie uns die genaue Kostenaufstellung Ihrer beantragten außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt mit den folgenden Details:
• Rechnung/en inkl. Zahlungsnachweis/e
• Bezeichnung der Aufwendung
• Einzelpreise und Summe über alle Aufwendungen
• Ärztliche Verordnung bzw. Behandlungspläne zu den beantragten Kosten
• Erhaltene bzw. beantragte Kostenersätze wie z. B. Krankenkasse, Versicherung, Fonds, Land, Sozialministeriumservice usw.
• Stellen Sie den Zusammenhang der Aufwendungen mit der Behinderung dar z.B. Arztberichte, Gutachten usw.

Zum Nachweis Ihrer beantragten Aufwendungen legen Sie bitte alle Belege in Kopie bei.

Hinweis:
• Bei stationären Aufenthalten, wie z. B. Krankenhaus oder Kur, ist eine Haushaltsersparnis von 5,23 Euro pro Tag von den beantragten Aufwendungen abzuziehen.
• Nur Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der Behinderung stehen, können ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden.

Sie haben das Pendlerpauschale/den Pendlereuro beantragt. Bitte schicken Sie uns je Arbeitgeber einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner. Den Pendlerrechner finden Sie unter bmf.gv.at/pendlerrechner.

Bitte geben Sie uns auch folgende Daten für jeden Wohnsitz und für jede Arbeitsstätte gesondert bekannt:
Wohnadresse
Adresse Ihrer Arbeitsstätte
Einfache Wegstrecke zwischen Wohnsitz und Arbeitsstätte in Kilometern
Bei Gleitzeit oder Schichtdienst: Der über das Kalenderjahr gesehene häufigste Arbeitsbeginn bzw. das häufigste Arbeitsende
Anzahl der Tage, an denen die Fahrten pro Kalendermonat erfolgt sind
Kostenlose Beförderung auf der Strecke Wohnung-Arbeitsstätte durch den Arbeitgeber wie z.B.
Werkverkehr, Jobticket
Nutzung eines Firmen-KFZ für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Falls zutreffend, bitte um Angabe der Monate

Bei mehreren Arbeitsstätten geben Sie bitte auch bekannt:
• Zeitraum (von - bis) in dem Sie an dieser Arbeitsstätte tätig waren
• Fahren Sie mehrere Arbeitsstätten je Woche an, dann geben Sie uns bitte je Arbeitsstätte die Wochentage an, an denen Sie Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte vorgenommen haben
• Sollten Sie Fahrten zwischen zwei Arbeitsstätten (ohne Rückkehr zur Wohnung) haben, geben Sie bitte die betroffenen Arbeitsstätten und Wochentage bekannt
• Rechnerische Darstellung der Beträge für Pendlerpauschale und Pendlereuro

Hinweis: Sollte Ihre Arbeitsstätte im Ausland liegen und der Pendlerrechner kein Ergebnis liefern, schicken Sie uns bitte das ausgefüllte Formular L33. Für die Berechnung von Spezialfällen stehen Ihnen das Formular L34a, sowie das Steuerbuch unter bmf.gv.at zur Verfügung.

Achtung: Auch bei mehreren Arbeitgebern ist das Pendlerpauschale mit einem jährlichen Höchstbetrag begrenzt.

Am übermittelte die Beschwerdeführerin dazu lediglich folgende summarische Aufstellung zu den außergewöhnlichen Belastungen ohne weitere Beilagen:

[...]

Das Finanzamt forderte daraufhin mit weiterem Vorhalt vom von der Beschwerdeführerin eine detaillierte Aufstellung der Vitaminpräparate und Nahrungsergänzungsmittel sowie eine ärztliche Verordnung dieser Präparate an.

Das Finanzamt hielt dazu in einem elektronischen Vermerk vom fest: "AST kann weitere Unterlagen nicht vorlegen".

Mit Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurde die Arbeitnehmerveranlagung für dieses Jahr durchgeführt. Die Einkommensteuer wurde mit 10.943,12 € festgesetzt, woraus sich unter Berücksichtigung der anrechenbaren Lohnsteuer eine Abgabengutschrift von 668,00 € ergab. Von den oben angeführten außergewöhnlichen Belastungen wurden dabei vom Finanzamt nur die geltend gemachten Rezeptgebühren und das von Dr. ***1*** verordnete (wenn auch nicht näher bezeichnete) "medizinische Produkt", insgesamt somit 161,95 € berücksichtigt. Weiters wurde ein Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 Abs. 3 EStG 1988) und ein Pauschbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung in Höhe von 504,00 € berücksichtigt. Schließlich wurden der Verkehrsabsetzbetrag von 400,00 € und ein Pendlereuro von 54,00 € angesetzt. Den auf der letzten Seite des Bescheides angeschlossenen Lohnzetteldaten ist zu entnehmen, dass der Arbeitgeber der Beschwerdeführerin im Rahmen der Lohnverrechnung bereits das kleine Pendlerpauschale in Höhe von 696,00 € berücksichtigt hat. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass nach einhelliger Rechtsmeinung Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit nicht abzugsfähig seien. Zu den allgemeinen Gesundheitsvorsorgemaßnahmen zählten Aufwendung für allgemeine Stärkungsmittel, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel, funktionelle Lebensmittel oder Körperpflegeprodukte, außer die Verwendung sei im Einzelfall medizinisch indiziert, was der Steuerpflichtige nachzuweisen habe (§ 34 EStG 1988). Da die Beschwerdeführerin keine Nachweise für das [erg.: von ihr beantragte große] Pendlerpauschale vorgelegt habe, könne dieses nicht anerkannt werden.

Dagegen richtet sich die elektronisch eingebrachte Beschwerde vom . Darin machte die Beschwerdeführerin ohne weitere Angaben oder Unterlagenvorlage neuerlich das große Pendlerpauschale in Höhe von 1,476,00 € und einen Pendlereuro von 50,00 € geltend. Ebenso wurden die außergewöhnlichen Belastungen wiederum mit 2.684,32 € beziffert. In der Begründung verwies die Beschwerdeführerin auf die bereits eingangs erwähnte Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0025-W/10, betreffend die Veranlagung der Beschwerdeführerin zur Einkommensteuer 2008. Gemäß dieser Entscheidung wären Kostenaufwendungen für Erhaltung bzw. Stabilisierung des Gesundheitszustandes zu ersetzen. Die gekauften Präparate wie hochdosiertes Vitamin D, Colsotrum und diverse Vitaminkapseln (rein pflanzliche Substanzen) dienten im Augenblick zur Stärkung ihres Immunsystems. Trotz regelmäßiger Verabreichung von Immunsuppressiva gelinge es ihr somit, Beschwerden zu lindern bzw. vorzubeugen, ohne Krankenstand ihren Alltag zu bewältigen und damit aktiv im Berufsleben zu stehen. Der Beschwerde war eine Ablichtung der erwähnten UFS-Entscheidung angeschlossen.

Im Zuge eines am über FinanzOnline eingebrachten Anbringens betreffend "große Pendlerpauschale Aufrollung rückwirkend" legte die Beschwerdeführerin das ausgefüllte Formblatt L 34 sowie einen Auszug aus ihrem Behindertenpass vor, in dem die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung bestätigt wird. Aufgrund dieser Eintragung stehe das große Pendlerpauschale zu, von der Arbeitgeberin sei aber immer nur das kleine Pendlerpauschale "verrechnet" worden. Die Beschwerdeführerin ersuche daher für alle Jahre "soweit wie möglich" um rückwirkende "Nachverrechnung" bzw. Überweisung der Differenz auf ihr Konto.

Das Finanzamt wies die gegenständliche Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die von der Beschwerdeführerin zitierte Berufungsentscheidung vom die damals geltend gemachten Aufwendungen für Physiotherapie und Akkupunktur, und nicht Nahrungsergänzungsmittel betreffend würde. Solche seien in der Regel steuerlich nicht absetzbar (z.B. -G/11). Das große Pendlerpauschale berücksichtigte das Finanzamt wie im Erstbescheid nicht, begründete dies aber nicht näher.

Im Vorlageantrag vom verwies die Beschwerdeführerin neuerlich auf die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom und beantragte eine erklärungsgemäß Veranlagung.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Da die zuständig gewesene Richterin in den Ruhestand getreten ist, wurde aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes vom die Gerichtsabteilung des erkennenden Richters unter anderem zur Erledigung auch der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Das Bundesfinanzgericht wies das Finanzamt am darauf hin, dass auch die Frage, ob das große Pendlerpauschale (zzgl. Pendlereuro) zustehe, beschwerdegegenständlich sei. Die Beschwerdeführerin habe zwar insoweit den Vorhalt des Finanzamtes vom unbeantwortet gelassen. Sie habe jedoch in ihrem Antrag "auf Aufrollung" vom auf die entsprechende Zusatzeintragung in ihrem Behindertenausweis hingewiesen und das ausgefüllte Formular L 34 vorgelegt. Das Finanzamt habe diesen Antrag als Wiederaufnahmeantrag gewertet und in den wiederaufgenommenen Verfahren 2016 bis 2019 das große Pendlerpauschale und den beantragten Pendlereuro antragsgemäß berücksichtigt. Es sei daher beabsichtigt, diese auch im gegenständlichen Verfahren betreffend das Jahr 2020 zu gewähren. Das Finanzamt stimmte dem zu.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

Dabei können gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 Aufwendungen im Sinne des § 35 EStG 1988, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5) ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden.

Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eigene körperliche oder geistige Behinderung, so steht ihm unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988 ein Freibetrag zu, der bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 55 % bis 64 % jährlich 486 Euro beträgt (§ 35 Abs. 3 EStG 1988).

Anstelle dieses Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5 EStG 1988 mit Hinweis auf § 34 Abs. 6).

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind (§ 34 Abs. 6 letzter Satz EStG 1988).

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idgF, sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat. Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25 % beträgt (§ 1 Abs. 2 der VO).

Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind gemäß § 2 Abs. 1 der VO ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro pro Kalendermonat (jährlich somit 504,00 €) zu berücksichtigen.

Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen (§ 4 der VO).

Allgemein gilt, dass nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung führt. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung und Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind. Krankheitskosten können nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie mit einer konkreten Heilbehandlung verbunden sind, nicht hingegen, wenn sie bloß allgemein der Vorbeugung von Krankheiten dienen. Die Kosten ohne konkreter ärztlicher Verordnung eingenommener Vitaminpräparate und anderer Nahrungsergänzungsmittel bilden keine außergewöhnliche Belastung (Fuchs in Doralt et al, EStG20, § 34 Tz 78 mit Hinweis auf und Renner, BFGjournal 2016, 168). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass bei vorliegender Erkrankung grundsätzlich jene Kosten abzugsfähig sind, die der Heilung, Besserung oder dem Erträglichmachen einer Krankheit dienen (insofern wurde in der Entscheidung , zutreffend auf Doralt, a.a.O., verwiesen). Auch wenn somit Aufwendungen für Medikamente einschließlich medizinisch verordnete homöopathische Präparate, Rezeptgebühren, Selbstbehalte bei Heilbehelfen und Heilmitteln bei vorliegender Erkrankung grundsätzlich zu berücksichtigen sind, so bedarf es für die Berücksichtigung der Kosten für Vitaminpräparate und Nahrungsergänzungsmittel einer konkreten ärztlichen Verordnung. Dies ist deswegen notwendig, weil solche Aufwendungen ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern auch mitunter von Gesunden getätigt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten oder ihr Wohlbefinden zu steigern. Um sicherzustellen, dass die Einnahme von Vitaminpräparaten und Nahrungsergänzungsmitteln aufgrund der Erkrankung (hier einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung) tatsächlich medizinisch indiziert ist, bedarf es zur Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastung einer entsprechenden ärztlichen Verordnung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählen zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind. Zum Nachweis der Notwendigkeit ist ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich (). Auch eine ärztliche Verordnung ist in diesem Zusammenhang ausreichend. Eine solche konnte die Beschwerdeführerin aber nicht vorlegen.

Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin mit Ergänzungsersuchen vom aufgefordert worden war, die geltend gemachten Kosten durch Rechnungen samt Zahlungsnachweisen zu belegen. Auch dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin nicht nach. Bei antragsbedürftigen Abgabenbegünstigungen (hier Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen) kommt dem Erfordernis des Nachweises bzw. der Glaubhaftmachung der Tatbestandsverwirklichung durch den Abgabenpflichtigen gegenüber der amtswegigen Wahrheitsfindung aber eine erhöhte Bedeutung zu (). Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (vgl. etwa , mwN). Die Beweislast dafür trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann ( mit Hinweis auf , mwN).

Insgesamt gesehen hat daher das Finanzamt die geltend gemachten Kosten für Vitaminpräparate und andere Nahrungsergänzungsmittel zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.

Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte stellen Werbungskosten dar, die in § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 wie folgt näher geregelt sind:

Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

b) Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu; dies gilt nicht wenn ein arbeitgebereigenes Fahrrad oder Elektrofahrrad zur Verfügung gestellt wird.

c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:

Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich,

bei mehr als 40 km bis 60 km 1 356 Euro jährlich,

bei mehr als 60 km 2 016 Euro jährlich.

d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:

Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich,

bei mehr als 20 km bis 40 km 1 476 Euro jährlich,

bei mehr als 40 km bis 60 km 2 568 Euro jährlich,

bei mehr als 60 km 3 672 Euro jährlich.

Gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat.

Laut dem vom Arbeitgeber übermittelten Lohnzettel wurde das kleine Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 in Höhe von 696,00 € bereits im Rahmen der Lohnverrechnung berücksichtigt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für das im Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung beantragte große Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 in Höhe von 1.476,00 € wurde von der Beschwerdeführerin in ihrem Antrag vom nachgewiesen. Das große Pendlerpauschale und der beantragte Pendlereuro werden daher in der beiliegenden Neuberechnung der Einkommensteuer 2020 berücksichtigt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise







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ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100992.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at