Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.11.2023, RV/5100778/2022

Besuch einer Maturaschule für Berufstätige

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu Ordnungsbegriff ***1*** betreffend Rückzahlung der für das Kind ***K*** (VNR ***2***) zu Unrecht für den Zeitraum August 2021 bis Juni 2022 gewährten Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von 2.876,50 € zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die am ***2002*** geborene und damit am ***2020*** volljährig gewordene Tochter der Beschwerdeführerin besuchte das Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium für Berufstätige in ***3***.

In der Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom wurde ein Anspruch der Beschwerdeführerin für ihre Tochter für den Zeitraum Juni 2018 bis Juni 2022 bejaht.

Im Zuge einer Überprüfung des Beihilfenanspruches wurde am die Übermittlung einer Schulbesuchsbestätigung, der Bekanntgabe der voraussichtlichen Ausbildungsdauer und der Vorlage des Jahreszeugnisses ersucht.

Die Beschwerdeführerin legte dazu am lediglich eine Schulbesuchsbestätigung vom für das Sommersemester des längst abgelaufene Schuljahr 2020/21 vor (Besuch der Klasse 6CS vom bis mit einem Ausmaß von 28 Wochenstunden).

Weiters wurde eine Bestätigung der volljährigen Tochter vom mit folgendem Inhalt vorgelegt: "Ich ***K*** besuchte das Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium für Berufstätige im Schuljahr 2020/21. Da ich im Jahre 2022 mehrmals im Krankenhaus war konnte ich nicht in der Schule anwesend sein und deswegen habe ich keine bestätigung für das Schuljahr 2021/22. Da ich deswegen leider erst im Herbst wieder mit der Schule anfangen kann, kann ich Ihnen erst im neuen Schuljahr 2022/23 eine bestätigung nachweisen."

Ferner wurden Auszüge aus Schreiben des ***KH*** vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, dass sich die Tochter der Beschwerdeführerin vom bis , bis und bis im Krankenhaus befand.

Daraufhin forderte das Finanzamt mit Bescheid vom die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum August 2021 bis Juni 2022 in Höhe von insgesamt 2.876,50 € zurück, da für ein volljähriges Kind die Familienbeihilfe nur während einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung zustehe. Eine solche sei bei der Tochter der Beschwerdeführerin (im angeführten Zeitraum) nicht vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom . Darin verwies die Beschwerdeführerin neuerlich auf die Krankenhausaufenthalte ihrer Tochter im Schuljahr 2021/2022, die aber "trotzdem in der Schule angemeldet" gewesen sei. Neben den bereits vorgelegten Auszügen aus den Schreiben des Krankenhauses und der Schulbesuchsbestätigung für das Sommersemester 2021 wurde auch eine Schulbesuchsbestätigung für das Wintersemester ( bis ) des Schuljahres 2022/23 vorgelegt. Für das verfahrensgegenständliche Schuljahr 2021/22 wurde auch in der Beschwerde keine Schulbesuchsbestätigung vorgelegt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Die Tochter habe selbst angegeben, dass sie im Schuljahr 2021/22 die Schule nicht besuchen habe könne. Für dieses Schuljahr sei auch keine Schulbesuchsbestätigung vorgelegt worden. Da sich das Kind somit in diesem Zeitraum in keiner Berufsausbildung befunden habe, bestehe für den Zeitraum 8/2021 bis 6/2022 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , mit dem eine Schulbesuchsbestätigung für das Wintersemester 2021/22 vorgelegt wurde. Demnach hab die Tochter der Beschwerdeführerin die Klasse 6C vom bis mit einem Ausmaß von 16 Wochenstunden "besucht".

Am 15. legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

In einem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Beschwerdeführerin ersucht, Ablichtungen aller Jahres- und Semesterzeugnisse ihrer Tochter ab dem Schuljahr 2020/21 (und damit insbesondere auch das Semesterzeugnis für das Wintersemester 2021/22) und eine aktuelle Schulbesuchsbestätigung vorzulegen.

Dazu teilte die Beschwerdeführerin am mit: "Bedauerlicherweise liegen uns derzeit keine Zeugnisse meiner Tochter vor. Aufgrund ihrer laufenden Matura sind weder ein Semesterzeugnis noch ein Jahreszeugnis verfügbar. Trotz wiederholter Bemühungen, einzelne Bestätigungen für bereits abgeschlossene Fächer von der Schule zu erhalten, steht uns bis dato kein Leistungsnachweis zur Verfügung. Meine Tochter, ***K***, hat im Jahr 2022 am Schulunterricht teilgenommen, jedoch konnte sie aufgrund zahlreicher gesundheitlicher Beschwerden zu Beginn des Jahres 2022 nicht weiter am Unterricht teilnehmen. Diese Tatsache wird durch die beigefügten Krankenhausberichte belegt, welche ich Ihnen im Anhang zur Verfügung stelle."

Angeschlossen waren der Stellungnahme bereits bekannte Schulbesuchsbestätigungen sowie ebenfalls bekannte Bestätigungen über die Krankenhausaufenthalte im Jahr 2022.

Aufgrund eines Auskunftsersuchens gemäß § 269 Abs. 1 iVm § 158 BAO übermittelte die Schule dem Bundesfinanzgericht Ablichtungen der angeforderten Zeugnisse und teilte mit, dass die Tochter der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2021/22 in vier Modulen zu je vier Wochenstunden, sohin 16 Wochenstunden eingeschrieben war. Jedes der vier Module wurde nicht beurteilt. Die Bewertung "nicht beurteilt" bedeute, dass die Schülerin nicht ausreichend am Präsenz-, Fern- und Onlineunterricht teilgenommen habe um auf eine Bewertung der schulischen Leistungen (positiv oder negativ) zu kommen. Im Sommersemester 2021/22 habe die Schülerin keine Modulbuchungen getätigt, sei aber nicht von der Schule abgemeldet worden. Die Schülerin sei mit gemäß § 32 Abs. 1 Z 4 SchUG-BKV von der Schule abgemeldet worden.

Der Beschwerdeführerin wurde davon zur Wahrung des Parteiengehörs mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom informiert.

Die Beschwerdeführerin teilte dazu am per E-Mail mit:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bitte um eine Fristverlängerung da die Schule meiner Tochter nicht antwortet.

Sie hat dem Sekretariat mehrere E- Mails gesendet und auch mit der Direktorin ***4*** persönlich gesprochen, dennoch verweigern sie meiner Tochter ihre Maturazeugnisse zu geben, weshalb ich Ihnen die gewünschten Papiere nicht senden kann."

Die "gewünschten Papiere" sind vom Bundesfinanzgericht von der Schule angefordert und der Beschwerdeführerin in Ablichtung übermittelt worden. Ein Maturazeugnis liegt für die Tochter der Beschwerdeführerin nicht vor, da diese mit gemäß § 32 Abs. 1 Z 4 SchUG-BKV von der Schule abgemeldet worden ist. Nach dieser Bestimmung endet die Eigenschaft als Studierender einer Ausbildung mit dem Ende eines Halbjahres, wenn nicht in diesem und in dem vorangegangenen Halbjahr Module im Mindestausmaß von 10 Wochenstunden erfolgreich abgeschlossen wurden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt samt Beweiswürdigung

Die volljährige Tochter der Beschwerdeführerin hat das Abendgymnasium Linz (Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium für Berufstätige) in ***3***, besucht.

Bereits das Schuljahr 2020/21 wurde nur mit mäßigem Erfolg besucht. Im Sommersemester war die Schülerin noch für Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 28 Wochenstunden gemeldet, davon wurden drei Fächer nicht beurteilt, zwei Fächer negativ beurteilt und zwei Fächer mit Genügend.

Für das Schuljahr 2021/22 hat die Schülerin nur für das Wintersemester Fächer im Ausmaß von 16 Wochenstunden gebucht (vier Fächer zu je vier Wochenstunden). Jedes der vier Module wurde nicht beurteilt, da die Schülerin nicht ausreichend am Präsenz-, Fern- und Onlineunterricht teilgenommen hat, um eine Bewertung der schulischen Leistungen (positiv oder negativ) vornehmen zu können. Für das Sommersemester wurden keine Fächer gebucht.

Für das Bundesfinanzgericht steht damit ausreichend fest, dass sich die Schülerin im Schuljahr 2021/22 in keiner Schulausbildung befunden hat. Im Einklang damit hat die Schülerin in ihrer Stellungnahme vom selbst angegeben, dass sie keine Bestätigung für das Schuljahr 2021/22 habe, da sie im Jahr 2022 mehrmals im Krankenhaus gewesen sei. In der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin angegeben, dass ihre Tochter im Schuljahr 2021/22 mehrmals im Krankenhaus, aber "trotzdem in der Schule angemeldet" gewesen sei. Eine bloße Anmeldung in einer Schule begründet noch nicht das Vorliegen einer Schul- und damit Berufsausbildung.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (Lenneis/Wanke, FLAG2, § 2 Tz 35 mit Judikaturnachweisen).

Ist das Ziel der Ausbildung die Ablegung der Matura, ist nach der Judikatur des Bundesfinanzgerichtes als Vergleichsmaßstab regelmäßig der für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand heranzuziehen, wobei im Übrigen dazu regelmäßig noch der Aufwand für die Vorbereitung zu Hause kommt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an, insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 zu sprechen (z.B. ). Wenn bei einer 25 Wochenstunden umfassenden Schulausbildung die Hälfte der Unterrichtsgegenstände infolge Abwesenheit vom Unterricht nicht beurteilt wird, ist davon auszugehen, dass die Berufsausbildung nicht die überwiegende Zeit des Schülers in Anspruch genommen hat ().

Im gegenständlichen Fall wurde im Wintersemester 2021/22 keines der ohnehin im nicht ausreichenden Ausmaß von nur 16 Wochenstunden gebuchten Fächer beurteilt, da die Schülerin nicht ausreichend am Präsenz-, Fern- und Onlineunterricht teilgenommen hat, um eine Bewertung der schulischen Leistungen (positiv oder negativ) vornehmen zu können. Für das Sommersemester wurden überhaupt keine Fächer gebucht.

Im Schuljahr 2021/22 befand sich die Schülerin damit in keiner Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, weshalb kein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Familienbeihilfe bestand.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Dies gilt gemäß § 33 Abs. 3 EStG, der auf die Bestimmung des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 verweist, auch für die zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbeträge.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie (fehlendes) Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienbeihilfe, Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe oder die Verwendung derselben sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich (Lenneis/Wanke, FLAG2, § 26 Tz 12 ff mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

Der angefochtene Rückforderungsbescheid erweist sich damit als rechtmäßig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die bei Lenneis/Wanke, FLAG, a.a.O., zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

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