Familienbeihilfe während Polizei-Grundausbildung? (Überschreiten der Einkommensgrenzen).
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, SVNr.***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ehemals ***FA***, nunmehr FAÖ DS ***2*** , vom betreffend Familienbeihilfe ab 03.2019, für den Sohn ***3*** ,SVNr. ***4*** , Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
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Übersicht | Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen des FA DS ***2*** (Aktenverzeichnis) |
Familienbeihilfenantrag v. 14 .03.2019 | ab Monat: 03.2019 |
Adresse: Kindesmutter: | ***5***, ***6***seit |
Adresse Sohn ***3*** zum Zeitpunkt des Antrages v. 14 .03.2019 auf FB ab 03/2019: | ***5***, ***7***/***15*** |
Abweisungsbescheid | |
Beschwerde | |
Beschwerdevorentscheidung | |
BVE zugestellt: | |
Vorlageantrag | |
Verfahrenskategorie: | Beih |
Mündliche Verhandlung beantragt: | nein |
Senat: | nein |
Im Vorlagebericht v. führte das ehemalige Finanzamt zum Verfahren/Sachverhalt ergänzend noch Folgendes aus:
"Der volljährige Sohn der Beschwerdeführerin (Bf.) absolviert seit die Grundausbildung für den Exekutivdienst an der Sicherheitsakademie Linz. Die Bf. beantragte daher mit Schreiben vom die Gewährung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ab 03/2019. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom - unter Hinweis auf das Erkenntnis des zu GZ. Ra 2018/16/0203 - abgewiesen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom ebenfalls abgewiesen. Beweismittel: Bestätigung der Sicherheitsakademie Linz vom (Beilage zum Antrag auf Familienbeihilfe) Stellungnahme: Es wird auf die umfangreichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom sowie auf die zu diesem Thema bereits ergangene Rechtsprechung (vgl. ua Ra 2018/16/0203; RV/7103766/2018; RV/7106040/2019) verwiesen. Das ***FA*** beantragt daher, die Beschwerde vollinhaltlich als unbegründet abzuweisen.
Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
Am wurde der Beschwerdefall telefonisch beim Richter urgiert.
Nach diesem Telefonat v. mit der Bfin. wurde zudem noch ein E-Mail v. folgenden Inhaltes an die Bfin. übermittelt:
"Sehr geehrte Frau Bfin., wie gerade telefonisch besprochen werden Ihnen die Unterlagen zur Rechtsprechung in der Familienbeihilfenrechtssache übermittelt.Aus meiner Sicht wären die Sachverhaltsbereiche in ihrem Beschwerdefall noch endgültig zu klären. MfG!"
Mit E-Mail v. wurde die Bfin - unter Anfügung einer Literaturbeilage zum Beschwerdethema-(zum Erkenntnis des VwGH Ro 2022/16/0004) ersucht, folgender Nachweise (innerhalb einer Frist von 4 Wochen) vorzulegen bzw. nachstehende Fragen zu beantworten:
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-Sondervertrag nach § 36 VBGPolizeiliche Grundausbildung Voraussichtliches Ende der Grundausbildung |
Berufspraktikum I, Vertiefung und/oder Berufspraktikum II? |
Höhe der Ausbildungsentgelte im Zeitraum ab März 2019 bis Beendigung der Grundausbildung nach 24 Monaten |
Dienstprüfung |
Berufliche Verwendung nachher |
Wechsel des Haushaltes Ihres Sohnes |
eigenständiger Haushalt während der Grundausbildung |
überwiegende Unterhaltskostentragung |
Mit E-Mail v. wurde vom FAÖ DS ***2***, Fachexpertin, Folgendes mitgeteilt:
"Sehr geehrter Herr Richter, zu dem im Betreff genannten Beschwerdefall nehme ich wie folgt Stellung: Gemäß § 5 Abs. 1 FLAG 1967 führt ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes bis zu einer Höhe von 15.000 € nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Wird diese Grenze überschritten und hat das Kind bereits das 19. Lebensjahr vollendet, wird die Familienbeihilfe um den Betrag gekürzt, um den das eigene Einkommen die Grenze von 15.000 € überschreitet. Gemäß § 5 Abs. 1 lit b. FLAG 1967 bleiben bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens Entschädigungen aus einem anerkanntem Lehrverhältnis außer Betracht.Allerdings gelangte der VwGH in seiner Entscheidung vom (Ro 2022/16/0004-3) zu der Rechtsansicht, dass die Polizeigrundausbildung die Kriterien eines anerkannten Lehrverhältnisses im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b nicht erfüllt. Der Ausbildungsbeitrag der Polizeischüler/innen ist daher bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Kindes zu berücksichtigen.Der Sohn der Beschwerdeführerin ist am tt.mm.1996 geboren und hatte im Jahr 2019 ein zu versteuerndes Einkommen iHv EUR 18.539,62. Nach Kürzung um 3.539,62 (den 15.000 übersteigenden Betrag) bleibt im Jahr 2019 demgemäß keine Familienbeihilfe übrig. Entsprechendes gilt für die Jahre 2020 (stpfl. Einkommen: € 19.260,83) und 2021 (stpfl. Einkommen: € 28.656,54).Im Beschwerdefall besteht daher wegen Überschreitung der Einkommensgrenze kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Freundliche Grüße!"
Mit E-Mail v. wurde der Bfin.in Wahrung des Parteiengehörs die Stellungnahme der Fachexpertin des FAÖ DS ***2*** weitergeleitet.
"Sehr geehrte Frau Bfin. , in der Anlage leite ich die E-Mailbeantwortung der Fachexpertin des FAÖ DS ***2*** v. an Sie weiter. Sie könnten - wenn sie noch wollen - dazu eine Stellungnahme bis Ende Oktober 2023 abgeben. Sollten Sie der Auffassung sein, dass sich die ganze Sache - auch vor dem Hintergrund der VwGH-Rechtsprechung- gar nicht mehr auszahlt , auch die Beschwerde formlos per Post oder per Fax an mich zurücknehmen. In der Folge würde meinerseits ein Gegenstandsloserklärungsbeschluss ergehen MfG"
Im Telefonat v. wurde von der Bfin. angemerkt, dass im gegenständlichen Beschwerdefall möglicherweise noch eine steuerliche Vertretung kontaktiert werde und an mich eine E-Mail in der Folge versendet werden würde.
Bis dato langte bei Gericht keine Stellungnahme bei Gericht ein (weder per E-Mail noch per Post oder per Fax).
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Im FB-Antrag der Bfin. v. wurde bekannt gegeben, dass ihr Sohn ***3***, geb. am tt.mm.1996, ab die polizeiliche Grundausbildung begonnen hatte.
Aus der Bestätigung der Sicherheitsakademie der Bildungsdirektion Linz v. ging Folgendes hervor:
"Es wird bestätigt, dass Aspirant ***3*** geboren am tt.mm.1996, seit für die Landespolizeidirektion Oberösterreich, im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie in 4020 Linz, Liebigstraße 30, Oberösterreich, den VB/S- Polizeigrundausbildungslehrgang L-PGA 04-19-G-O belegt. Voraussichtliches Ende dieses Lehrganges ist der "
ZMR-Abfrage des Gerichtes v.
Aus dieser ZMR-Abfrage ergibt sich betreffend den HWS des Sohnes Folgendes:
Zu den Wohnsitzadressen des Sohnes ***3*** :
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Hauptwohnsitz seit - | ***8*** Hausnummer: ***9***PLZ: ***10*** |
Unterkunftgeber: | ***11*** |
***12*** ***13*** | bis |
***12*** ***14*** | bis (Beschwerdezeitraum ab ) |
***12*** ***6*** | bis |
Ebenso ergab sich aus der ZMR-Abfrage des Gerichtes v. betreffend die Wohnsitzadresse der Mutter und Antragstellerin (u. Bfin.-) Folgendes:
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seit gemeldet in | |
***12*** | ***6*** |
Daraus geht hervor, dass der Sohn ***3*** während der Polizei-Grundausbildung (Beginn ab ) bereits einen eigenständigen Haushalt hatte.
Zur Polizei-Grundausbildung
Der Sohn bezog in den Jahren wie folgt ein zu versteuerndes Einkommen gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988:
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Jahre | Steuerpflichtiges Einkommen gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988:jeweils in € |
2019(Anmerkung des Gerichtes: Für das Jahr 2019 galt noch die Einkommensgrenze von € 10.000,00 entgegen dem E-Mail der Fachexpertin des FAÖ DS ***2***- aber ohne Auswirkung auf den Beschwerdefall) | 18.539,62 |
2020 | 19.260,83 |
2021 | 28.656,54 |
Damit ist offenkundig, dass infolge Überschreitens der maßgeblichen Einkommensgrenzen (siehe die rechtlichen Ausführungen) keine Familienbeihilfe mehr zusteht.
Der Sachverhalt ist unstrittig.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergab sich aus der elektronischen Aktenlage und dem Parteienvorbringen (Urgenz der Bfin. v., E-Mail der Bfin. v. , E-Mail v. (Stellungnahme der Fachexpertin des FAÖ DS ***2***) , bzw. des Telefonates v. sowie dem Schreiben der Bundespolizeidirektion v. und der ZMR -Abfrage des Gerichtes v..
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) in der geltenden Fassung (idgF), haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird ...
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Rechtssatz zu seinem Erkenntnis Ra 2020/16/0039 vom Folgendes festgehalten:
"Hat die von der Revisionswerberin (Antragstellerin betreffend Familienbeihilfe) angesprochene Ausbildung ihres Sohnes - wie in der Beschwerde vorgebracht - in einer unter Rz 4 des Erkenntnisses , erwähnten "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel bestanden und hat diese - abgesehen allenfalls von einer Ausbildung im Waffengebrauch, in Selbstverteidigung oder im Sport - in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten bestanden, dann läge darin noch eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG. (Hier: Nach Angabe der Revisionswerberin befand sich ihr Sohn seit , also seit dem ersten Tag der Dauer des Vertragsverhältnisses zum Bund, in der Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum.)"
Gemäß § 10 FLAG 1967 gilt Folgendes:
"(1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; …
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt."
Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ist ein zeitraumbezogener Abspruch. Ein derartiger Abspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. z.B. ).
Die Polizeigrundausbildung wird in der Verordnung zu BGBl. Nr. II 153/2017 geregelt. Auf diese wird verwiesen.
Gemäß § 5 Abs. 1 FLAG in der für die Beschwerdezeiträume 2019 sowie 2020 und 2021) geltenden Fassung (unterschiedliche Rechtslagen betreffend Einkommensgrenzen) gilt Folgendes:
"Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von € 10.000 (für 2019) bzw. € 15.000 (2020 und 2021) in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe.
Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von € 10.000 bzw. 15.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den € 10.000 bzw. € 15.000 übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:
a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
..."
Der Sohn erhielt - wie aus dem Schriftsatz des FAÖ DS ***2*** v. hervorgeht (siehe Tabelle hervorgeht) in den Jahren 2019, 2020 und 2021 jeweils einen Bezug, welcher den Betrag von 10.000 bzw. € 15.000 überstiegen hat.
Die Grundregel des § 5 Abs. 1 FLAG sieht eine Verringerung der gebührenden Familienbeihilfe um den € 10.000 bzw. € 15.000,00 übersteigenden Betrag des Einkommens gemäß § 33 EStG vor. Von dieser Regelung bestehen Ausnahmen, was eine einschränkende Interpretation nahelegt.
Lehrverhältnisse unterliegen bestimmten Regelungen des Berufsausbildungsgesetzes, welches bis März 2020 auch den Begriff "Lehrlingsentschädigung" verwendete (§ 17 Berufsausbildungsgesetz, aktuell wird der Begriff "Lehrlingseinkommen" verwendet).
Gemäß § 5 Abs. 1 Abs. Berufsausbildungsgesetz sind Lehrberufe Tätigkeiten,
"a) die alle oder einzelne Teile einer den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 unterliegenden Beschäftigung oder mehrere solcher Beschäftigungen zum Gegenstand haben,
b) die geeignet sind, im Wirtschaftsleben den Gegenstand eines Berufes zu bilden, und
c) deren sachgemäße Erlernung mindestens zwei Jahre erfordert."
Auch wenn gewisse Ähnlichkeiten der gegenständlichen Grundausbildung mit einem Lehrverhältnis vorliegen, insbesondere ein "duales" System vorliegt, reichen die Ähnlichkeiten doch nicht aus, um das Gehalt der Bundesbediensteten in Grundausbildung mit einer Lehrlingsentschädigung gleichzusetzen.
Lehrlinge können nach Abschluss der Pflichtschule oder sogar ohne Pflichtschulabschluss aufgenommen werden. Üblicherweise erhalten sie im ersten Lehrjahr eine vergleichsweise niedrige Lehrlingsentschädigung. Der Großteil der Ausbildung findet im Betrieb statt, die ergänzende Ausbildung in der Berufsschule nimmt einen vergleichsweise geringeren Anteil der Ausbildungszeit ein, während das erste Jahr der exekutivdienstlichen Grundausbildung ausschließlich im Bildungszentrum erfolgt.
Im Hinblick auf die Grundausbildung der Finanzverwaltung, welche einen Umlauf in den verschiedenen Abteilungen eines Finanzamtes mit verschränkter theoretischer Ausbildung vorgesehen hat und welche damit einer Lehre ähnlicher war als die gegenständliche Ausbildung, ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0164 von einer Berufsausübung ausgegangen, wodurch es bei Bundesbediensteten je nach Ausgestaltung der Grundausbildung zu einer unterschiedlichen Behandlung hinsichtlich der Gewährung der Familienbeihilfe kommt.
Gemäß § 18 Abs. 1 Berufsausbildungsgesetz ist der Lehrberechtigte verpflichtet, den Lehrling, dessen Lehrverhältnis mit ihm gemäß § 14 Abs. 1 oder § 14 Abs. 2 lit. e endet, im Betrieb drei Monate im erlernten Beruf weiter zu beschäftigen.
Gerade bei der Ausbildung zu Exekutivbediensteten kommt es nicht zu einer Ausbildung für ein Gewerbe oder zu einem Beruf, der in der Wirtschaft nachgefragt wird. Ziel der Ausbildung ist vielmehr die Übernahme der ausgebildeten Aspiranten in den Polizeidienst, welche im Fall des Bestehens der Dienstprüfung und der erforderlichen Eignung von beiden Seiten angestrebt wird.
Eine hinreichende Ähnlichkeit zwischen der Grundausbildung von Bundesbediensteten und einer Lehre ist daher nicht gegeben (vgl. auch ).
Dass nicht jedes Ausbildungsverhältnis als Lehre anzusehen ist, kommt auch in einem vom Verwaltungsgerichtshof verfassten Rechtssatz zum Erkenntnis vom , 83/13/0105 zum Ausdruck. In diesem wurde der dem Rechtspraktikanten bewilligte Unterstützungsbeitrag nicht als Entschädigung aus einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis beurteilt.
Es kommt daher zur Anwendung der Grundregel des § 5 Abs. 1 FLAG, welche dazu führt, dass im Beschwerdezeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr (obwohl grundsätzlich eine Berufsausbildung vorliegt) bestand.
Auch im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7103880/2020 wurde die Rechtsansicht vertreten, dass es sich bei dem während der exekutivdienstlichen Grundausbildung bezogenen Gehalt um keine Lehrlingsentschädigung handelt. Da die Beschwerdeführerin in diesem Verfahren ein ausführlicheres Vorbringen erstattet hat und mehr Unterlagen zur Polizeigrundausbildung gewürdigt wurden, setzte sich die Begründung dieses Erkenntnisses im Einzelnen damit auseinander. Gegen dieses Erkenntnis wurde Revision beim VwGH eingebracht. Der VwGH hat die Revision als unbegründet abgewiesen (Ro 2022/16/0004 vom ).
Rechtssatz des Höchstgerichtes
"Mit Erkenntnis vom , G 98/94, hat der VfGH das Wort "gesetzlich" in § 5 Abs. 1 lit. b FamLAG 1967 als verfassungswidrig aufgehoben. Wie den Ausführungen des VfGH deutlich entnehmbar ist, führt der Entfall des Wortes "gesetzlich" nicht dazu, dass nunmehr sämtliche durch generelle Normen geregelten Ausbildungsverhältnisse als "anerkannte Lehrverhältnisse" iSd. § 5 Abs. 1 lit. b FamLAG 1967 anzusehen sind, sondern nur solche, die einer Ausbildung in gesetzlich geregelten Lehrberufen - insbesondere jenen im BAG 1969 - vergleichbar sind. Darunter fallen somit nur durch generelle Normen - zu denen insbesondere auch Kollektivverträge gehören (vgl. ) - als Ausbildung in einem Lehrberuf anerkannte Lehrverhältnisse (vgl. dazu auch , mwN)."
Nach § 13 zweiter Satz FLAG hat ein Bescheid nur dann zu ergehen, wenn einem Antrag auf Familienbeilhilfe nicht oder nicht vollinhaltlich stattgeben wird. Die Stattgabe eines Antrags auf Familienbeihilfe erfolgt durch deren Gewährung (Auszahlung). Das Bundesfinanzgericht darf daher bei Stattgabe der Beschwerde den abweisenden Bescheid des Finanzamts nicht abändern, sondern muss diesen ersatzlos beheben (vgl. ).
Da bei der Polizeigrundausbildung nicht von einem Lehrverhältnis im Sinne der angeführten Gesetzesbestimmungen bzw. der höchstgerichtlichen Judikatur auszugehen ist, gebührt für den Beschwerdezeitraum ab 03/2019 keine Familienbeihilfe.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenständlich war keine Rechtsfrage mehr zu beurteilen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Ob ein Polizeischüler ein Lehrling ist, ist nunmehr nach mehreren Erkenntnissen des VwGH (ua.-3) geklärt.
Das Gehalt eines Polizeischülers gilt aber nicht als Lehrlingsentschädigung.
Es waren daher die jeweiligen Einkommensgrenzen zu beachten.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | Gehalt eines Polizeischülers ist keine Lehrlingsentschädigung Überschreiten der Einkommensgrenzen Polizeigrundausbildung und Familienbeihilfe? |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100933.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at