Operationskosten als agB.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 und 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden angeführten Abgabe»n betragen:
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Bemessungsgrundlage | Abgabe | |||
Jahr | Art | Höhe | Art | Höhe |
2018» | Einkommen» | 10.852,44 » € | Einkommensteuer | - 361,09»€ |
» | anrechenbare Lohnsteuer» | -» 1181,35 € | ||
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift) | - 1542»€ | |||
Bemessungsgrundlage | Abgabe | |||
Jahr | Art | Höhe | Art | Höhe |
2019» | Einkommen» | 13.555,28 » € | Einkommensteuer | 344,20 » € |
» | anrechenbare Lohnsteuer» | -» 1524,39 € | ||
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift) | - 1180,19 » € |
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den beiliegenden Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit elektronisch am eingelangten Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagung für 2018 und 2019 beantragte die Bf. (neben anderen, nicht streitgegenständlichen Positionen) Außergewöhnliche Belastungen (Krankheitskosten) in der Höhe von € 6886,87 (2018) bzw. € 6137,87 (2019).
Diese setzen sich wie folgt zusammen:
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2018 | 2019 | |
Diverse Kleinrechnungen | 675,99 | 547,69 |
Dr. Arzt2 - OP | 5240 | 5000 |
Beratungstermine | 210 | |
Km-Geld Arzt2 | 489,22 | 209,66 |
Km-Geld GKK | 271,66 | 380,52 |
Summe | 6886,87 | 6137,87 |
Mit Vorhalt vom wurden die diesbezüglichen Unterlagen angefordert.
Mit Bescheiden vom wurden die verfahrensgegenständlichen Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagung) für 2018 und 2019 erlassen.
Für 2018 ergab sich eine Gutschrift von € 177,--. Außergewöhnliche Belastungen (mit Selbstbehalt) wurden im Ausmaß von 125 € anerkannt, lagen jedoch unter dem Selbstbehalt.
Begründend wurde ausgeführt: "Sonderklassengebühren sind als Krankheitskosten nur dann zwangsläufig im Sinne des § 24 Einkommensteuergesetzes 1988 erwachsen, wenn diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden.
Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.
Die beantragten Krankheitskosten (Operation Lipödem) konnten nicht berücksichtigt werden. Wenn ein dringender medizinischer Bedarf für eine Operation besteht (massive Schmerzen, lebensbedrohlicher Zustand) hat die Operation auch in der normalen Klasse ohne Aufschub zu erfolgen (Reihenfolge der Operationen richtet sich nach dem Krankheitsbild). Trotz Aufforderung haben Sie weder eine Bestätigung des Krankenversicherungsträgers noch von einem Krankenhaus, der/das die Operation nicht durchgeführt hat, vorgelegt. Eine Bestätigung des operierenden Arztes auf der Sonderklasse reicht nicht aus.
Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt und die Behandlung in direkten Zusammenhang mit dieser Krankheit steht. Unter Krankheit ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung erfordert. Werden Medikamente, Heil-u. Pflegebehelfe ärztlich verschrieben, sind die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Nicht abzugsfähig sind daher Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten, die Erhaltung der Gesundheit sowie Nahrungsergänzungsmittel. Abzugsfähig sind daher Rezeptgebühren, Behandlungsbeiträge, Selbstbehalte für Heilbehelfe und Heilmittel, Zuzahlung zur Kur etc. Die von Ihnen geltend gemachten Einkäufe bei DM, Hofer, Reform und Privatkäufe in Apotheken konnten daher nicht anerkannt werden.
Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen können nur für das Kalenderjahr berücksichtigt werden, in dem sie gezahlt wurden. Jene Aufwendungen, die nicht im Veranlagungszeitraum gezahlt wurden, können daher nicht abgezogen werden.
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen haben wir nicht berücksichtigt. Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von 1.845,24 Euro."
Für 2019 erfolgte eine gleichlautende Begründung, wobei hier der Selbstbehalt mit € 2061,48 angegeben wurde. Es wurden außergewöhnliche Belastungen in Höhe von € 68,15 (und somit unter dem Selbstbehalt) anerkannt, es ergab sich eine Gutschrift von € 218.
Mit Beschwerde vom wurde ausgeführt: "Die Steuerpflichtige leidet seid Jahren unter einem Lipödem und in der Folge unter chronischen Schmerzen. Sie hat die Beschwerden seit Jahren mit wenig Erfolg konservativ mittels Lymphdrainage und Stützstrümpfen behandelt.
Auf Grund ihrer Erkrankung musst sie 2017 den ursprünglich ausgeübten Beruf einer Fitnesstrainerin aufgeben und krankheitsbedingt auf einen Bürojob als Buchhalterin umsteigen.
Auf Grund des progressiven Krankheitsverlaufes kam es zu einer weiteren Verschlechterung, sodass die Schmerzen im Jahr 2018 zu einer Beeinträchtigung auch bei der Büroarbeit führten. Ohne weitere Behandlung wären regelmäßige Krankenstände und eine Reduktion der Arbeitszeit unvermeidbar gewesen.
Die Steuerpflichtige ging daher davon aus, dass ohne Behandlung ein neuerlicher Berufswechsel nötig wäre oder sie zumindest bis zur Durchführung einer Operation sie arbeitslos werden würde. Es ist allgemein anerkannt, dass durch den progressiven Verlauf ein Zuwarten mit der Operation über einen gewissen Grad hinaus mit dem Risiko einer nachhaltigen Schädigung des Lymphsystems, der Haut und des Bewegungsapparates verbunden ist.
Im Zuge der Untersuchungen im Sommer 2018 hat sich ergeben, dass sich ihre Krankheit bereits vom Stadium I in Stadium II verschlechtert hatte und ihr daher von den Fachärzten dringend eine rasche Operation geraten wurde.
Von der ÖGK wurde eine Kostenübernahme am abgelehnt und eine weitere konservative Therapie für mindestens 1 Jahr als Voraussetzung für eine mögliche Kostenübernahme gesehen.
Im Hinblick auf die bereits eingetretene Verschlechterung und vor dem Hintergrund der Angst neuerlich den Beruf auf Grund ihrer Erkrankung wechseln zu müssen, hat sich die Patienten zu einer privaten Behandlung entschlossen.
Wie hoch der individuelle Leidensdruck der Patientin, zeigt sich auch in der Bereitschaft, die im Verhältnis zum Jahreseinkommen sehr hohen Kosten der Behandlung bei einem Wahlarzt zu tragen. Im Bescheid werden die Kosten für die operative Behandlung des Lipödems nicht anerkannt. In der Bescheidbegründung geht die belangte Behörde davon aus, dass eine Erkrankung nicht vorliegt. Eine weitere Begründung, warum die Behörde ohne entsprechende Fachkenntnisse und ohne Untersuchung der Patientin zu diesem Schlussgekommen ist, werden nicht angeführt.
Im Arztbrief von Dr. Martin Arzt1 werden sowohl die Beschwerden der Patientin beschrieben, als auch die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung ausdrücklich bestätigt.
Diese Bestätigung wurde laut Bescheidbegründung nicht anerkannt, da Dr. Arzt1 eine Praxisgemeinschaft mit dem operierenden Arzt Dr. Arzt2 betreibt. Entgegen der Bescheidbegründung ist er daher nicht der Operateur gewesen. Objektiv nachvollziehbare Gründe, seine fachliche Kompetenz in Frage zu stellen und seine ausdrückliche Diagnose nicht anzuerkennen werden nicht angeführt.
Ebenfalls wird nicht darauf eingegangen, warum auch die Diagnose des erstbehandelnden Arztes Dr. Arzt3, der eine Überweisung an die darauf spezialisierten Kollegen ebenfalls nicht berücksichtigt wurde.
Dass der diagnostizierende Arzt auch die Behandlung durchführt ist die Regel, umso mehr bei Erkrankungen, bei denen es vor wenige Spezialisten gibt.
Dass es sich beim Lipödem um eine Erkrankung und keine kosmetische Indikation handelt, ist herrschende Meinung, die auch vom BFG geteilt wird (Bundesfinanzgericht RV/7101172/2021):
"Beim Lipödem handelt es sich um eine chronische Funktions- und Fettverteilungsstörung des unter der Haut liegenden Fettgewebes. Diese nahezu nur bei Frauen auftretende lymphologische Erkrankung ist durch eine Fettgewebsvermehrung, bevorzugt an den Beinen, bzw. (als Abgrenzungsmerkmal zur Adipositas) am Missverhältnis zwischen dem Fett am Körperstamm und den Extremitäten gekennzeichnet. Infolge einer Überproduktion an Lymphflüssigkeit in Armen und Beinen kommt es zu Ödembildungen und damit verbunden zu Druck- und Ruheschmerzen, Hämatomneigung und Berührungsempfindlichkeit. In den meisten Fällen ist diese in der Regel genetisch bedingte und nach der Pubertät, nach Schwangerschaften oder in den Wechseljahren zu Tage tretende Erkrankung progredient, wenn sie nicht adäquat behandelt wird. Bei nichtfachgemäßer Behandlung kommt es durch das Ödem zu einer Überlastung und zu einer nachhaltigen Schädigung des Lymphgefäßsystems und der Haut, ebenso können Komplikationen durch Fehlstellungen und orthopädische Folgeschäden auftreten. Eine medizinische Notwendigkeit liegt dann vor, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit vertretbar sind (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], MSA EStG 16. ErgL § 34 Anm 78 "Krankheitskosten"). Der Nachweis für das Vorliegen der medizinischen Notwendigkeit kann durch ärztliche Bestätigung erbracht werden. BFG RV/7101172/2021 Soweit die medizinische Notwendigkeit hinreichend als erwiesen anzusehen ist, können Aufwendungen noch nicht deshalb von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen werden, weil die Sozialversicherung eine Kostenübernahme - sei es hinsichtlich der Höhe oder bereits dem Grunde nach - ablehnt (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], MSA EStG 16. ErgL § 34 Anm78 "Krankheitskosten" mit Verweis auf die Rechtsprechung des "
Die medizinische Notwendigkeit kann aus den bereits im Verfahren vorgelegten Unterlagen als erwiesen angesehen werden. Als weiterer Ablehnungsgrund wird angeführt, dass im Falle einer Erkrankung ohnehin eine Behandlung durch ein öffentliches Spital auf Kosten des Krankenversicherungsträgers erfolgt wäre. Dieser Aussage ist auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung ausdrücklich entgegenzutreten. Das BFG führt daher in BFG RV/7101172/2021 zutreffend aus, dass "der Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger dabei lediglich Indizwirkung zukommt, zumal deren Ersatzleistungen maßgeblich auch von wirtschaftlichen Überlegungen bestimmt sind und eine strikte Anlehnung an die Ersatzleistungspraxis der Sozialversicherungen zur Folge hätte, dass für die Abzugsfähigkeit von Krankheitskosten im Rahmen des § 34 kaum ein Anwendungsbereich bliebe".
Dass die Patientin im Rahmen der ihr zustehenden freien Arztwahl eine Operation bei einem privaten Spezialisten einer Behandlung im öffentlichen Spital vorgezogen hat, ist für die Anerkennung der Kosten im Rahmen des § 34 nicht relevant.
Dass eine Zwangsläufigkeit vorliegt, vertritt auch Wanke in Wiesner et al., EStG, § 34 Anm. 78 (ABC): "Krankheitskosten" führen: "Fallen bei pflichtversicherten Personen höhere Aufwendungen an als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, sind diese nach der Rsp und LStR 2002 Rz 902 dennoch als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn die Gesamtumstände des Einzelfalles diese Aufwendungen angemessen erscheinen lassen ...
Gleiches gilt für die Unterbringung in der Sonderklasse eines öffentlichen Krankenhauses oder in einer Privatklinik, die sich etwa als notwendig erweisen kann, weil eine - im Einzelfall angezeigte - Behandlung durch einen bestimmten Arzt erforderlich ist...
Im Hinblick auf die höchstpersönliche Sphäre des StPfl erscheint dies auch zutreffend, da die hohen Kosten für eine "Sonderklassebehandlung" bzw für ein Privatkrankenhaus idR nicht wegen eines möglichen "Hotelkomforts", sondern etwa wegen der damit verbundenen freien Arztwahl in Kauf genommen werden. Genausowenig wie dem StPfl zugesonnen werden kann, außerhalb eines Krankenhauses nur einen "Kassenarzt" in Anspruch zu nehmen, kann ihm im Krankenhaus nicht die Behandlung durch einen Arzt seines Vertrauens versagt werden. "Ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass sich in der medizinischen Versorgung zwischen Patienten der Sonderklasse und der allgemeinen Klasse kein Unterschied ergebe", besteht nach Jakom/Baldauf, § 34 Rz 90 "Krankheitskosten" - zutr - nicht. [Anm: Jakom/Baldauf, EStG 2015)
Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung sind vielmehr als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf..." (Zitiert nach der rechtlichen Beurteilung in BFG RV/7104192/2020)
Die Patienten hat sich im Vorfeld mit anderen von der Krankheit betroffenen ausgetauscht und dabei erfahren, dass die Behandlung im öffentlichen Krankenhaus auf Grund der dafür notwenigen hohen Spezialisierung häufig ein schlechtes Ergebnis liefert. Das wurde ihr auch von Dr. Arzt1 im vorgelegten Arztbrief schriftlich bestätigt. Die Entscheidung, die Behandlung privat durchführen zu lassen sind daher objektiv nachvollziehbar und die damit verbundenen Kosten daher zwangsläufig.
Der Rechtssatz BFG RV/7104192/2020 stellt weiters fest: "Die objektiv nachvollziehbare Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, wenn der schon lange dauernde Krankenstand durch die Wartezeit auf einen Operationstermin in einem öffentlichen Krankenhaus noch um Monate hinaus verlängert würde, bewirkt die Zwangsläufigkeit der Kosten für eine Operation im Privatspital ohne eine solche Wartezeit."
Auch wenn die Steuerpflichtige im gegenständlichen Fall (noch) nicht in einem langen Krankenstand war, ist auf Grund der dargestellten Umstände des Falles von einer vergleichbaren Situation auszugehen. In der Folge der Operation war eine Versorgung und Pflege der Operationswunden mit Verbandsmaterial und einige Medikamente nötig. Ob diese Materialen - die auf Grund der geringen Einzelkosten ohnehin nicht von der Krankenkasse erstattet werden, in der Apotheke oder in einer Drogerie oder der Drogerie-Abteilung eines Supermarktes gekauft werden, ist für die Absetzbarkeit unerheblich. Das Gesetz kennt keine Einschränkung auf Apotheken. In den vorgelegten Rechnungen von DM, Hofer, Reform wurden solche Materialen zur Nachbehandlung der Operation gekauft. Bei einer postoperativen Versorgung geht der Ablehnungsgrund, es handelt sich um Kosten zur Vorbeugung oder der Erhaltung der Gesundheit daher völlig an der Sachlage vorbei."
In den abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom führte die Amtspartei für beide Jahre gleichlautend begründend aus: "Wenn ein dringender medizinischer Bedarf für eine Operation besteht (massive Schmerzen, lebensbedrohlicher Zustand) hat die Operation auch in der normalen Klasse ohne Aufschub zu erfolgen (Reihenfolge der Operationen richtet sich nach dem Krankheitsbild). Siehe dazu auch .
Unabhängig davon, ist zu diesem Einwand auch auf § 16 KAKuG (Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz) zu verweisen, worin festgelegt ist, dass für die Behandlung von Patienten und Patientinnen in einem Spital ausschließlich der Gesundheitszustand heranzuziehen ist. In der medizinischen Versorgung ergibt sich somit keine Unterscheidung zwischen Patienten der Sonderklasse und denjenigen der allgemeinen Krankenversicherung (vgl. auch UFS, RV/1386-L/07).
Die gegenständlichen Kosten für die OP auf der Sonderklasse sind nur dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn durch ein medizinisches Attest eines "neutralen" Arztes nachgewiesen werden kann, dass der durchgeführte Eingriff nicht auch in einem allgemeinen Krankenhaus auf der normalen Klasse durchgeführt hätte werden können, wenn also zwingende medizinische Gründe die OP erforderlich gemacht haben. Die dadurch vermiedene Wartezeit ist nicht ausreichend, die Zwangsläufigkeit der OP auf der Sonderklasse nachzuweisen. Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen sind dringend notwendige Operationen unabhängig davon, ob der Patient auf der Sonderklasse behandelt wird oder nicht nach dem Krankheitsverlauf (Schmerzsymptomatik, zu befürchtende Folgeschäden etc.) vorzunehmen. Der Umstand, dass vom Sozialversicherungsträger ein operativer Eingriff abgelehnt und auf die Möglichkeit der konservativen Behandlungsmöglichkeiten für ein weiteres Jahr verwiesen wurde, impliziert, dass ein "unmittelbarer" operativer Eingriff vom chefärztlichen Dienst nicht als geeignete Krankenbehandlung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne anerkannt wurde. Im Unterschied zu dem von Ihnen zitierten BFG-Erkenntnisses vom , RV/7101172/2021 wurde die Kostenübernahme durch die Gesundheitskasse versagt und der Abgabenbehörde auch keinerlei Beweise vorgelegt, die darauf hinweisen, dass die Beschwerdeführerin lange Wartezeiten in Kauf hätte nehmen müssen. Lediglich der Umstand ist bekannt, dass am die "sofortige" Kostenübernahme der Gesundheitskasse abgelehnt wurde und die Operation bereits in unmittelbaren Anschluss daran erfolgte. Zudem sind Aufwendungen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, nur dann als zwangsläufig erwachsen zu berücksichtigen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (; , 85/14/0181; , 2013/15/0254). Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (vgl. VwGH 85/14/0181, ). Ebenso ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin bereits lange im Krankenstand war und sich deswegen möglicherweise aus tatsächlichen Gründen den Kosten für die Operation im Privatspital nicht entziehen konnte."
In den gleichlautenden Vorlageanträgen vom wird ausgeführt: "Dass eine ao Belastung eine Kostenerstattung durch die gesetzliche Sozialversicherung voraussetzt oder ein zusätzliches Gutachten eines unabhängigen Arztes steht dem Sinn der gesetzlichen Bestimmung entgegen. Ich verweise auf die Ausführungen in der Beschwerde sowie der nachgereichten Kostenaufstellung und stelle den Antrag auf Entscheidung durch das BFG. Wie bereits in der Beschwerde aufgeführt, wird eine mündliche Verhandlung beim BFG beantragt."
Mit Vorlagebericht vom wurden die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung vom wurde seitens der Bf. ergänzend ausgeführt: "Die Beschwerden begannen schon im Jahr 2016. Im Jahr 2016 fand auch ein Kuraufenthalt statt, schon im Zuge dieses Aufenthalts wurden Lymphdrainagen empfohlen und durchgeführt. Ich war damals als Fitnesstrainerin als Studioleiterin bei einem Fitnessstudio angestellt. Trotz vieler Stunden Training pro Tag wurde meine Beine unregelmäßig dicker, was zu Mobbing seitens meines Arbeitsgebers führte. Ich hatte auch laufend blaue Flecken und war regelmäßig beim Arzt. Die konkrete Diagnose wurde erst 2018 gestellt, vorher wurde es nicht erkannt. Ich habe sehr viel selbst probiert, z.B. das Tragen von Kompressionstrümpfen, eine Ernährungsumstellung und private Lymphdrainagen. Die bei der ÖGK begutachtende Ärztin hat sich keine Zeit genommen und keine genaue Diagnose durchgeführt. Sie hat nur gesagt, dass eine Wartezeit von ein bis zwei Jahren jedenfalls noch möglich sei. Bei mir ist jedoch allein in dem Zeitraum zwischen Diagnose und Operation eine Verschlechterung von Stufe 1 auf Stufe 2 eingetreten. Mittlerweile waren auch meine Arme betroffen, dieses habe ich 2022 operieren lassen."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerden der Bf. begannen im Jahr 2016 damit, dass sie ständig blaue Flecke hatte und ihre Beine unregelmäßig dicker wurden. Sie arbeitete damals als Leiterin eines Fitnessstudios und trainierte viele Stunden am Tag selbst. Bei einer Kur 2016 wurden schon Lymphdrainagen angeordnet und durchgeführt. Die Bf. führe selbst eine Ernährungsumstellung durch. Sie war in dieser Zeit bereits mehrmals beim Arzt, allerdings wurde die Krankheit noch nicht erkannt. Die daraus resultierende psychische Belastung war enorm.
Die Berufsausübung als Fitnesstrainerin war nicht mehr möglich, es erfolgte eine Umschulung zur Buchhalterin.
Erst im Juli 2018 wurde bei der Beschwerdeführerin ein Lipödem I-IV, Stadium 1-2 (DIMDI Klassifikation E88.22) diagnostiziert.
Laut beigebrachten Befunden war das Lipödem der Beschwerdeführerin sport- und diätresistent; es verursachte Symptome wie Ruheschmerz, Schwellungsneigung, Spontanhämatome, Druckschmerz, Hypersensibilität, Ermüdung und Antriebslosigkeit. Zur Linderung der Symptome empfahl der diagnostizierende Arzt Kompressionen und manuelle Lymphdrainage.
Zur Prüfung der Notwendigkeit einer operativen Behandlung wurde die Beschwerdeführerin an einen Spezialisten (Dr. Arzt2) überwiesen. Trotz dessen Beurteilung als medizinisch notwendige Heilbehandlung (siehe wahlärztlicher Kostenvoranschlag und Gutachten vom ) wurde die erbetene Kostenübernahme durch die ÖGK abgelehnt. Voraussetzung für eine mögliche Kostenübernahme sei eine weitere konservative Therapie der Erkrankung für mindestens ein Jahr.
Anfragen in anderen Krankenhäusern, ob eine solche Operation auf Kassenkosten durchgeführt werden könnte, erfolgten nicht.
Trotz versagter Kostenübernahme unterzog sich die Beschwerdeführerin noch im Dezember desselben Jahres sowie im Jänner des Folgejahres einer Operation (Liposuktion) in einer Privatklinik. Dies aus Sorge vor einem nochmaligem Arbeitsplatzverlust und einem weiteren Fortschreiten der Krankheit während der Wartezeit.
In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2018 und 2019 wurden die Kosten für die operative Behandlung des Lipödems sowie alle anderen mit der Erkrankung in Verbindung stehenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht.
Im Jahr 2022 waren auch die Arme der Bf. betroffen und mussten auch diese operiert werden.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist unstrittig.
Zur Frage der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen, die im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen ist, wird auf die Ausführungen unter Punkt 3 verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Gemäß Abs. 3 leg. cit. erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Tatsächliche Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere ein der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (vgl. ; ).
Auch in der Lehre wird zum Ausdruck gebracht, dass die Zwangsläufigkeit (medizinische Notwendigkeit) für den jeweiligen Einzelfall im Rahmen der freien Beweiswürdigung anhand der typisierenden Betrachtungsweise festzustellen ist und der Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger dabei lediglich Indizwirkung zukommt, zumal deren Ersatzleistungen maßgeblich auch von wirtschaftlichen Überlegungen bestimmt sind und eine strikte Anlehnung an die Ersatzleistungspraxis der Sozialversicherungen zur Folge hätte, dass für die Abzugsfähigkeit von Krankheitskosten im Rahmen des § 34 kaum ein Anwendungsbereich bliebe.
Eine medizinische Notwendigkeit liegt dann vor, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit vertretbar sind (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], MSA EStG 16. ErgL § 34 Anm 78 "Krankheitskosten").
Der Nachweis für das Vorliegen der medizinischen Notwendigkeit kann durch ärztliche Bestätigung erbracht werden. Für Heilbehandlungen im engeren Sinn wird von der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung die Bestätigung eines Arztes als ausreichend angesehen (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], MSA EStG 16. ErgL § 34 Anm 78 "Krankheitskosten" unter Hinweis auf BFH , VI R 74/10, der ebenfalls kein Attest eines öffentlich-rechtlichen Trägers oder eines Amtsarztes verlangt; ,).
Die medizinische Notwendigkeit wurde ärztlich bestätigt. Die ÖGK hat die Kostenübernahme abgelehnt.
Soweit die medizinische Notwendigkeit hinreichend als erwiesen anzusehen ist, können Aufwendungen noch nicht deshalb von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen werden, weil die Sozialversicherung eine Kostenübernahme - sei es hinsichtlich der Höhe oder bereits dem Grunde nach - ablehnt (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], MSA EStG 16. ErgL § 34 Anm78 "Krankheitskosten" mit Verweis auf die Rechtsprechung des - In diesem Fall wurden Behandlungskosten iHv 17.670,41 € als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, die dem Abgabepflichtigen deshalb erwachsen sind, weil er eine psychiatrische Behandlung in einem Krankenhaus im Ausland in Anspruch genommen hat, obwohl eine gleichwertige Behandlung auch ambulant in Österreich möglich gewesen wäre und die gesetzliche Sozialversicherung aus diesem Grund keine Kosten erstattet hat).
Auch vom BFG und UFS wurden bereits in einer Reihe von Entscheidungen bei krankheitsverlaufbedingten, komplexen Behandlungen (u.a. auch bei erfolglosen Behandlungen durch Vertragsärzte und öffentliche Krankenhäuser) Aufwendungen für Privatärzte und/oder für die Sonderklasse als medizinisch notwendig qualifiziert und die nicht von der Kasse übernommenen Arzthonorare und Sonderklassegebühren als außergewöhnliche Belastungen anerkannt (vgl. zu einer Fußoperation; zu einer Hüftoperation auf Sonderklasse; zu einer Wirbelsäulenoperation vom Wahlarzt auf Sonderklasse; zu Operationskosten eines Transsexuellen ).
Dieser Ansicht entsprechend wurde erst jüngst in einer Entscheidung des BFG (, RV/1100276/2020) entschieden, dass Kosten für eine Operation und einen Aufenthalt in einer Privatklinik als außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen sind, wenn dafür triftige medizinische Gründe vorliegen. In diesem Fall waren bereits auftretende Lähmungserscheinungen gegeben, welche die Dringlichkeit einer unverzüglichen Operation bewiesen. Ein Zuwarten auf einen Termin in einem öffentlichen Krankenhaus hätte daher ernsthafte gesundheitliche Nachteile nach sich gezogen.
Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung stellen aber bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen.
Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.
Beim Lipödem handelt es sich um eine chronische Funktions- und Fettverteilungsstörung des unter der Haut liegenden Fettgewebes. Diese nahezu nur bei Frauen auftretende lymphologische Erkrankung ist durch eine Fettgewebsvermehrung, bevorzugt an den Beinen, bzw. (als Abgrenzungsmerkmal zur Adipositas) am Missverhältnis zwischen dem Fett am Körperstamm und den Extremitäten gekennzeichnet. Infolge einer Überproduktion an Lymphflüssigkeit in Armen und Beinen kommt es zu Ödembildungen und damit verbunden zu Druck- und Ruheschmerzen, Hämatomneigung und Berührungsempfindlichkeit. In den meisten Fällen ist diese in der Regel genetisch bedingte und nach der Pubertät, nach Schwangerschaften oder in den Wechseljahren zu Tage tretende Erkrankung progredient, wenn sie nicht adäquat behandelt wird. Bei nichtfachgemäßer Behandlung kommt es durch das Ödem zu einer Überlastung und zu einer nachhaltigen Schädigung des Lymphgefäßsystems und der Haut, ebenso können Komplikationen durch Fehlstellungen und orthopädische Folgeschäden auftreten.
Die streitgegenständliche Behandlung (Liposuktion) wird zur dauerhaften Reduktion des krankhaften Unterhautfettgewebes an Beinen und Armen eingesetzt.
Aus den Schreiben der behandelnden Ärzte geht hervor, dass bereits mit konservativen Methoden versucht wurde die Erkrankung zu behandeln. Da die konservativen Behandlungsmöglichkeiten - Tragen von Kompressionswäsche, Lymphdrainagen sowie sportliche Betätigung - nicht mehr ausreichend waren, war die operative Behandlung notwendig. Die Erkrankung war im gegenständlichen Fall sport- und diätresistent.
Die Bf. hat im Zuge der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass sie unter den für die Erkrankung typischen Schmerzen litt, welche immer stärker wurden und die vorgenommenen Behandlungen (darunter auch die empfohlenen Lymphdrainagen) die Beschwerden nicht mehr lindern konnten. Ebenso hat sie dargelegt, dass sich die Beschwerden zwischen Diagnose und Operation so verschlimmert hätten, dass ein weiteres Zuwarten um ein Jahr für sie nicht in Frage gekommen sei.
Die Krankheit hat - wie aus den einschlägigen Foren hervorgeht - einen progredienten Verlauf und führt bei einer nicht gehörigen Behandlung zu ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen (insbesondere zu nachhaltigen Schädigungen des Lymphsystems und der Haut). Nach den medizinischen Unterlagen bestand ein Typ IV Lipödem an den Beinen und nach der Diagnose des Wahlarztes wurde für diese ein Operationserfordernis bestätigt. Dass die Bf. in Anbetracht wegen Fortschreitens der Erkrankung bereits starken Schmerzen ausgesetzt war, ist der Bestätigung des Hausarztes zu entnehmen. Wenn die Bf. bei dem glaubhaft dargelegten Krankheits- und Behandlungsverlauf die einzig mögliche dauerhafte Besserungs - bzw. Heilungsbehandlung in Anspruch nimmt, handelt es sich daher nach Ansicht des Gerichtes nicht um die Befriedigung bloßer Wünsche und Vorstellungen der Bf. Mit der vom Wahlarzt medizinisch indizierten, operativen Entfernung/Reduzierung des erkrankten Fettgewebes konnten nachweislich die mit der Erkrankung einhergehenden Symptome (Schmerzen) nachhaltig beseitigt werden.
Nach Recherchen auf Internetseiten wie Wikipedia ((https://wikipedia.org/wiki/Lipödem), Hauptverband der Sozialversicherungen (www.hauptverband.at), Seiten diverser Fachärzte (ua. www.netdoktor.at/krankheit/lipoedem; www.infomedizin.at/krankheiten/lipoedem) wäre die Bf. bei einer weiterhin nicht gehörigen Behandlung bzw. bei einem weiteren Zuwarten mit der Operation dem Risiko einer nachhaltigen Schädigung des Lymphsystems, der Haut und des Bewegungsapparates ausgesetzt gewesen.
Nachdem die empfohlene Operation zur Vermeidung ernsthafter gesundheitlicher Nachteile geeignet war, kann im gegenständlichen Fall - wie im Fall des BFG () - den Behandlungskosten nicht deshalb die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen versagt werden, weil der Sozialversicherungsträger die Kostenübernahme an ein weiteres Jahr konservativer Therapie geknüpft hat. (vgl. auch RV/1100H276/2020)
Was die Möglichkeit der Durchführung der Operation in einem öffentlichen Krankenhaus (mit Kostentragung durch den Sozialversicherungsträger) betrifft, hat die Bf. keine solchen Anfragen getätigt. Bei dem fortgeschrittenen Krankheitsverlauf (wie es bei der Bf. der Fall ist) und da konservativen Therapien (welche nachweislich durchgeführt wurden) nicht mehr anschlugen sowie den dadurch verursachten starken Schmerzen waren im konkreten Fall jedenfalls triftige medizinische Gründe für die Durchführung der Operationen bei einem Wahlarzt aus Sicht des Gerichts gegeben.
Das Gericht gelangt zusammenfassend zur Ansicht, dass die Kosten für die Operationen und damit zusammenhängende Kosten jedenfalls außergewöhnliche Belastungen darstellen.
Davon abweichend können folgende geltend gemachten Beträge nicht anerkannt werden:
1) Falscher Zeitraum
Für 2018 wurden auch Aufwendungen der Jahre 2016 und 2017 geltend gemacht. Diese Beträge (Apotheke 15,35 €, Sanität 33,20 €, Dr. ***2*** 11,70 €, Apotheke 25,85 €, Apotheke *** €10,05) sind auszuscheiden, da nur Aufwendungen des Kalenderjahres 2018 geltend gemacht werden können. Diesbezüglich waren die geltend gemachten Aufwendungen 2018 um 96,15 € zu kürzen.
2) Nahrungsergänzungsmittel/Vitamine/Mineralstoffe/Schüssler Salze/Ätherische Öle/ Fachliteratur zur Krankheit
Krankheitskosten sind nach allgemeiner Rechtsauffassung außergewöhnlich und auch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig im o.a. Sinne. Abzugsfähig sind beispielsweise Aufwendungen für Arzt und Krankenhaus, Medikamente, Ambulanzgebühren, Behandlungsbeiträge, Selbstbehalte, Zuzahlungen etc. (vgl. Jakom/Peyerl, EStG 2019, § 34 Rz 90 "Krankheitskosten").
Aber nicht alle Kosten, die bei Behandlung einer Krankheit entstehen, sind einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zugänglich. Nach der Judikatur werden nur Kosten anerkannt, die mit einer Heilbehandlung bzw. -betreuung typischerweise verbunden sind. Nicht absetzbar sind Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit in Zusammenhang stehen, auch wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken können ().
Nicht abzugsfähig sind nach einhelliger Rechtsmeinung Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit (vgl. Doralt, EStG 11 , § 34 Rz 78 "Krankheitskosten"). Zu derartigen allgemeinen Gesundheitsvorsorgemaßnahmen zählen Aufwendung für allgemeine Stärkungsmittel, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel, funktionelle Lebensmittel oder Körperpflegeprodukte, außer die Verwendung ist im Einzelfall medizinisch indiziert, was der/die Steuerpflichtige nachzuweisen hat (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 16. Erg.Lfg., § 34 Anm 78 "Krankheitskosten").
Bei Magnesium- und Vitaminpräperaten wird zudem darauf hingewiesen, dass Kosten für von weiten Bevölkerungskreisen mit gesteigertem Gesundheitsbewusstsein als Vorbeugungsmaßnahmen verwendete Artikel als Ausgaben der allgemeinen Lebensführung zu werten sind und daher nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.
Betreffend der geltend gemachten Fachliteratur wird darauf hingewiesen, dass medizinische Fachliteratur nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist. (BFH , III R 106/93)
Die Kosten waren daher nach folgender Aufstellung für 2018 um 376,79 € und für 2019 um 226,60 € zu kürzen.
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2018 | 2019 | ||
Hofer (f. Gesundheit) 4,98 € | Mineralstoffe/Vitamine | SKG/Ticket 1,50 € | 1,5 |
Thalia (Fachbuch f. Lipödem) 58,70 € | Fachbuch | Apotheke 21,35 € | 21,35 |
Reformk 27,66 € | Nahrungsergänzung | DM 11,20 € | 11,2 |
Apotheke 33,55 € | 33,55 | DM 1,90 € | 1,9 |
abzüglich Schüssler Salze | -14,2 | Apotheke 43,25 € | 43,25 |
Thalia (Fachbuch f. Lipödem) 20,90 € | Fachbuch | Apotheke2 8,45 € | 8,45 |
Apotheke 11,35 € | 11,35 | Thalia (Fachbuch f. Lipödem) 33,80 € | Fachbuch |
Apotheke 40,90 € | 40,9 | Parken 1,10 € | 1,1 |
Apotheke3 61,85 € | Nahrungsergänzung | Apotheke 14,80 € | 14,8 |
DM 4,85 € | Vitamine | Apotheke 44,90 € | 44,9 |
Apotheke 15,35 € | 15,35 | ***1*** 116,00 € | ätherische Öle, Raindrop Energetik |
Parken 1,30 € | 1,3 | Apotheke 12,20 € | 12,2 |
Apotheke 14,55 € | Magnesium | ||
Apotheke 13,50 € | 13,5 | Apotheke 45,40 € | 45,4 |
Apotheke 76,30 € | 76,3 | Apotheke 44,90 € | 44,9 |
Apotheke 76,30 € | Doppelerfassung | Apotheke 14,55 € | Magnesium |
DM 15,10 € | 3,9 | Firma 22,89 € | 22,89 |
Pflaster, Rest Vitamine | Apotheke 47,25 € | 47,25 | |
Sanität 83,40 € | 83,4 | Apotheke4 47,70 € | Schüssler Salze |
Apotheke 28,15 € | 28,15 | ||
DM 5,70 € | 5,7 | ||
Geltend gemacht | Anerkannt | Geltend gemacht | Anerkannt |
675,99 | 299,2 | 547,69 € | 321,09 |
Gesamthaft konnten daher folgende Ausgaben als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden:
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2018 | 2019 | |
Diverse Rechnungen | 299,2 | 321,09 |
Dr. Arzt2 | 5240 | 5000 |
Beratungstermine | 210 | |
Fahrtkosten Arzt2 | 489,22 | 209,66 |
GKK-Therapie | 271,66 | 380,52 |
Summe | 6510,08 | 5911,27 |
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: 2 Berechnungsblätter
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3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme. Die zu entscheidende Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen Krankheitskosten, die nicht von der Sozialversicherung getragen werden, als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 abgezogen werden können, ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH13.5.1986, 85/14/0181; ) geklärt. Die Entscheidung war im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles und der Beweiswürdigung abhängig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100666.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at