Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.12.2023, RV/1100230/2023

Zuordnung des Besteuerungsrechtes bezüglich einer schweizerischen AHV-Rente nach Maßgabe der Art. 18 und 19 DBA-Schweiz oder des Art. 21 DBA-Schweiz

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2024/15/0009.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Mag. ***B***, über die Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 und 2022, ***StNr***, zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. In den Einkommensteuerbescheiden 2021 und 2022 unterzog das Finanzamt eine der Beschwerdeführerin von der Eidgenössischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ausbezahlte Witwenrente zur Gänze der inländischen Besteuerung.

2. Dagegen erhob der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin mit Schriftsätzen vom unter Verweis auf die Ausführungen in der gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 erhobenen Beschwerde sowie das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100284/2020, Beschwerde und beantragte, den aus der Tätigkeit im öffentlichen Dienst resultierenden Rentenanteil gemäß Art. 23 Abs. 1 DBA-Schweiz in Österreich von der Besteuerung auszunehmen und im Wege des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen. Weiters beantragte er, die Beschwerde gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO dem Bundesfinanzgericht ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vorzulegen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und rechtliche Würdigung

Das Bundesfinanzgericht hat im Einkommensteuer 2016 betreffenden Erkenntnis vom , RV/1100132/2019, ausgesprochen, dass die von der AHV ausbezahlte Witwenrente nach Maßgabe der Beitragszahlungen anteilig unter Art. 18 und Art. 19 DBA-Schweiz zu subsumieren sei und der auf eine Tätigkeit für einen öffentlich-rechtlichen Dienstgeber entfallende und sohin nach Artikel 19 Abs. 1 DBA-Schweiz dem Besteuerungsrecht der Schweiz unterliegende Anteil der Rente (32,35 %) in Österreich gemäß Art. 23 Abs. 1 DBA-Schweiz (unter Progressionsvorbehalt) von der Besteuerung auszunehmen sei.

Im Einkommensteuer 2020 betreffenden Erkenntnis vom , RV/1100347/2022, hat das Bundesfinanzgericht zudem darauf hingewiesen, dass der in der Revision gegen das Erkenntnis vom , RV/1100132/2019, vorgebrachte Einwand, dass die Einkünfte in der Schweiz nach gemäß Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz unter Rückgriff auf das nationale Recht erfolgter Auslegung des Abkommens nicht besteuert werden dürften und den Ansässigkeitsstaat (Österreich) daher keine Verpflichtung zur Steuerfreistellung gemäß Art. 23 Abs. 1 DBA-Schweiz treffe, an dieser Beurteilung nichts ändere.

Der Beschwerdefall gleicht hinsichtlich Sachverhalt und zu beurteilender Rechtsfrage insoweit dem dem Erkenntnis vom , RV/1100132/2019, bzw. dem Erkenntnis vom , RV/1100347/2022, zugrundeliegenden Fall und war aus den dort angeführten Gründen, auf welche an dieser Stelle verwiesen wird, das Besteuerungsrecht an der Witwenrente nach dem unstrittigen Schlüssel antragsgemäß aufzuteilen und den Beschwerden daher Folge zu geben.

2. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der im Beschwerdefall strittigen Frage, ob eine AHV-Rente nach dem Rechtsgrund des An-spruchserwerbes den Zuteilungsregelungen der Art. 18 und 19 DBA-Schweiz zuzuordnen ist oder ob, der im Erlasswege veröffentlichten Konsultationsvereinbarung der zuständigen Behörden Österreichs und der Schweiz folgend, aufgrund der ansonsten (teilweise) eintretenden Doppelnichtbesteuerung Art. 21 DBA-Schweiz zur Anwendung kommt, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bisher noch nicht befasst. Gleiches gilt hinsichtlich der Frage, ob die Nichtbesteuerung der Bezüge im Quellenstaat (Schweiz) bei der gegebenen Sachlage den Ansässigkeitsstaat (Österreich) von der ihn nach Art. 23 Abs. 1 DBA-Schweiz treffenden Freistellungsverpflichtung entbindet. Eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 19 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 18 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 21 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 23 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Verweise
Anmerkung
Gegen das Einkommensteuer 2016 betreffende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100132/2019, wurde eine beim VwGH unter der Zahl Ro 2023/15/0023 anhängige Amtsrevision erhoben.
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100230.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at