Beschwerdevorlage von Sachbescheiden trotz unerledigter und mangelhafter Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pagitsch in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Centurion Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Hegelgasse 8, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Sachbescheide betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004, jeweils vom , des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamtes Wien 1/23), Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
I.) Die Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 vom werden aufgehoben.
II.) Die Vorlageanträge betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 vom werden gemäß § 264 Abs. 4 lit. e iVm Abs. 5 BAO als unzulässig zurückgewiesen.
III.) Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Vorbemerkungen
Mit Vorlagebericht vom wurden seitens der belangten Behörde Beschwerden gegen die Sachbescheide Einkommensteuer 1996 bis 2007 vorgelegt. Der Beschwerdeschriftsatz vom bezieht sich auf die Jahre 1996 bis 2002, der vom auf die Jahre 2002 bis 2005 und jener vom auf die Jahre 2006 bis 2007. Die gegenständliche Entscheidung hat ausschließlich den Beschwerdeschriftsatz vom zum Gegenstand und beschränkt sich auf die Streitjahre 2002 und 2004.
Hingewiesen wird, dass es mit Wirksamkeit zu einer terminologischen Änderung kam und anstatt des Begriffes Berufung der Begriff Beschwerde verwendet wird (vgl. FVwGG 2012, BGBl I 14/2013).
Verfahrensgang
Am hat die belangte Behörde ua. das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2002 gem. § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen und am selben Tag einen neuen Sachbescheid erlassen. Dieser wurde mit Bescheid vom gem. § 293 BAO berichtigt. Gegen den berichtigten Bescheid wurde am Beschwerde erhoben.
Am erließ die belangte Behörde ua. folgende Bescheide:
Einkommensteuerbescheid 2002 - Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303(4) BAO zu Bescheid vom
Einkommensteuerbescheid 2002
Einkommensteuerbescheid 2004 - Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303(4) BAO zu Bescheid vom
Einkommensteuerbescheid 2004 - Gem. § 200 (1) BAO vorläufiger Bescheid
Am langte bei der belangten Behörde ein Schriftsatz datiert mit ein. Dieser enthält - hier verfahrensgegenständlich - folgende Überschrift: "Einkommensteuerbescheide (…) vom betreffend 2002 (…) 2004 (…) Berufung gem. § 243 BAO (…)". Die Beschwerde geht davon aus, dass die Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2002 und 2004 im Wege einer Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 4 BAO erfolgt sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde vom bzw. gegen den Sachbescheid Einkommensteuer 2002 teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert. Ebenso wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde vom gegen den Sachbescheid Einkommensteuer 2004 teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert.
Dagegen wurden mit Schriftsatz vom Vorlageanträge eingebracht. Die belangte Behörde legte am die Beschwerde vom betreffend Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Im Zuge des Erörterungstermins am stellte sich die Frage, ob mit Schriftsatz vom nicht auch gegen die Wiederaufnahmebescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 Beschwerde erhoben worden sei. Mit Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer mit, dass sich die Beschwerde vom auch gegen die Wiederaufnahmebescheide gerichtet habe, da aus der Begründung erkennbar sei, dass der Beschwerdeführer die Zulässigkeit der Wiederaufnahmebescheide bezweifle.
Die belangte Behörde führte dazu in ihrer Stellungnahme vom aus, dass sie den Schriftsatz vom nicht als Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend 2002 und 2004 gewertet habe. Dies ergebe sich aus der Bezeichnung des Schriftsatzes, aufgrund von Widersprüchlichkeiten, welche Jahre wiederaufgenommen und welche vorläufig erlassen worden seien und des Beschwerdeantrages, dass die Einkommensteuer 2002 und 2004 unter Zugrundelegung der abgegebenen Steuererklärungen festzusetzen sei.
Über die Beschwerde wurde erwogen
Festgestellter Sachverhalt
Mit Schriftsatz vom wurde gegen die Wiederaufnahmebescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 sowie die Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004, jeweils vom , Beschwerde erhoben. Die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 weisen inhaltliche Mängel auf.
Bezüglich der Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 liegen Beschwerdevorentscheidungen vor, nicht aber hinsichtlich der Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004.
Die Vorlageanträge bezüglich der Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 wurden dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Bezüglich der Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 gibt es keine Vorlageanträge.
Beweiswürdigung
Dass mit dem Beschwerdeschriftsatz vom nicht nur gegen die Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004, sondern auch gegen die Bescheide, mit welchen die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 verfügt wurde, Beschwerde erhoben wurde, steht für das Gericht aufgrund nachfolgender Gründe fest:
Gemäß § 307 Abs 1 BAO ist mit dem die Wiederaufnahme bewilligenden oder verfügenden Bescheid unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheids die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden.
Nach übereinstimmender Rspr. haben die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Sachentscheidung für sich Bescheidqualität und ist jeder dieser Bescheide für sich einer Beschwerde zugänglich und für sich rechtskraftfähig (vgl. ).
Für die Beurteilung von Anbringen kommt es auf den Inhalt und auf das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes an. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist eine davon abweichende, nach außen nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgebend. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Behörde gehalten, die Absicht der Partei zu erforschen (vgl. ; ). Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungs-möglichkeit nimmt (vgl. ; ).
Nach § 250 Abs. 1 lit. a BAO muss die Beschwerde die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet, enthalten. Ziel der Bestimmung des § 250 Abs. 1 lit. a BAO ist es, die Behörde in die Lage zu versetzen, über die Beschwerde eine Entscheidung zu treffen, sodass es für die Bezeichnung des Bescheides genügt, dass aus dem gesamten Inhalt des Rechtsmittels hervorgeht, wogegen es sich richtet, und die Behörde auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht zweifeln kann, welcher Bescheid angefochten ist ().
Bei Beurteilung der Frage, gegen welchen Bescheid eine Beschwerde als erhoben anzusehen ist, ist der gesamte Inhalt der Beschwerdeschrift, nicht nur die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides und die Anfechtungserklärung, sondern auch der dazu allenfalls in Widerspruch stehende Beschwerdeantrag und die Beschwerdebegründung, zu berücksichtigen ().
Voraussetzung für die Beurteilung eines Schriftsatzes als Beschwerde ist, dass aus dem Anbringen zumindest andeutungsweise zu entnehmen ist, dass eine Partei beabsichtige, eine behördliche Maßnahme zu bekämpfen, und, vom Vorliegen einer Beschwerde ist auszugehen, wenn sich erkennen lasse, dass der Einschreiter sich durch eine bestimmte Entscheidung beschwert fühle und deren Nachprüfung begehre ().
Gegenständlich wurde die jeweilige Verfügung über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die jeweilige Sachentscheidung nicht in Form eines sogenannten "Sammelbescheides" erlassen, sondern hinsichtlich der Wiederaufnahmeverfügung einerseits und der Einkommensteuerfestsetzung andererseits jeweils ein gesonderter Bescheid ausgefertigt. Dies ergibt sich für das Gericht daraus, dass beide Erledigungen nicht unter einer gemeinsamen Bezeichnung "Bescheid" ergangen sind, jeweils sämtliche für eine gesetzeskonforme Ausfertigung von Bescheiden erforderlichen Bestandteile (vgl. § 93 Abs. 2 und Abs. 3 und § 96 BAO) enthalten und ein Hinweis auf einen Sammelbescheid fehlt. Dass die Bescheide eine durchgehende Blattzahl (Blatt 1 bis 5) aufweisen, tritt daher in den Hintergrund und dürfte aus edv-technische Gründen erfolgt sein. Somit wurden in den Streitjahren 2002 und 2004 hinsichtlich der Wiederaufnahmeverfügung einerseits und der Einkommensteuerfestsetzung andererseits jeweils gesonderte Bescheide ausgefertigt und rechtswirksam zugestellt.
Zudem wurden die Bescheide vom , mit welchem die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 verfügt wurde, wie folgt bezeichnet:
• Einkommensteuerbescheid 2002 - Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303(4) BAO zu Bescheid vom
• Einkommensteuerbescheid 2004 - Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303(4) BAO zu Bescheid vom
Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer in den Rechtsmittelbelehrungen der jeweiligen Wiederaufnahmebescheide ausdrücklich angewiesen, dass im Falle einer Beschwerde, dieser Bescheid als "Einkommensteuerbescheid 2002 vom " bzw. "Einkommensteuerbescheid 2004 vom " zu bezeichnen ist.
Die Rechtsmittelbelehrungen der jeweiligen Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 weisen darauf hin, dass in einer Beschwerde der Bescheid (ebenfalls) als "Einkommensteuerbescheid 2002 vom " bzw. "Einkommensteuerbescheid 2004 vom " zu bezeichnen ist.
Wenn gegenständlich der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom in der Überschrift ausführt, dass er gegen "die Einkommensteuerbescheide betreffend 2002 (…) 2004 vom " Beschwerde erhebt und in der Begründung ausführt, dass "keine Tatsachen und Beweismittel NEU hervorgekommen seien, die eine Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 4 BAO rechtfertigen würde", so kann die belangte Behörde insbesondere auch in Anbetracht ihrer Rechtsmittelbelehrung nicht zweifelsfrei davon ausgehen, dass sich die Beschwerde nur gegen die Sachbescheide gerichtet habe. Vielmehr ist aus der Zusammenschau dieser Formulierungen nach Ansicht des Gerichtes der eindeutige und klare Wille des Beschwerdeführers zu entnehmen, auch die Wiederaufnahmebescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 bekämpfen zu wollen.
Hinsichtlich der missverständlichen Bezeichnung von Bescheiden in einer Rechtsmittelbelehrung wird dazu auf die Rechtsprechung des VwGH verwiesen, wonach jene Bezeichnung eines mit Beschwerde zu bekämpfenden Bescheides, die das Finanzamt in der Beschwerdeschrift verwendet wissen will, auch für die Individualisierung des zu bekämpfenden Bescheides nach § 245 Abs. 3 BAO hinreicht (; ähnlich ). Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass gegenständlich die Beschwerden die zu bekämpfenden Wiederaufnahmebescheide mit exakt jener Bezeichnung in der Überschrift benennen, welche die belangte Behörde in den Wiederaufnahmebescheiden (aber auch in den Sachbescheiden) gefordert hat, und dass diese Bezeichnung zudem jener entspricht, die der Kopf der Wiederaufnahmebescheide (aber auch der Sachbescheide) anführt (vgl. ). Bei dieser Sachlage kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer mit der vorgenommenen Bezeichnung der Bescheide nicht auch die jeweilige Wiederaufnahmeverfügung bekämpfen wollte (vgl. ; ).
Diese Schlussfolgerung muss im gegenständlichen Fall umso mehr gelten, als - wie bereits oben ausgeführt - im Begründungsteil der Beschwerde ausgeführt wird, dass "keine neuen Tatsachen und Beweismittel NEU hervorgekommen sind, die eine Wiederaufnahme gem. § 303 (4) BAO rechtfertigen würde." Dadurch kommt in Verbindung mit der Bescheidbezeichnung in der Überschrift des Beschwerdeschreibens der Wille und die Absicht des Beschwerdeführers auch die Wiederaufnahmebescheide bekämpfen zu wollen, eindeutig und klar zum Ausdruck, sodass das Gericht keine Zweifel hat, dass auch diese Bescheide bekämpft wurden.
Über diese Formulierungen hat sich die belangte Behörde bei der Würdigung der Beschwerdeschrift aber offensichtlich hinweggesetzt und verlor die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom dazu kein Wort. Die belangte Behörde war aber nicht berechtigt diese Erklärungen des Beschwerdeführers zu ignorieren, zumal bei Beurteilung der Frage, gegen welchen Bescheid eine Beschwerde als erhoben anzusehen ist, der gesamte Inhalt der Beschwerdeschrift und somit auch die Beschwerdebezeichnung in der Überschrift und die Beschwerdebegründung zu berücksichtigen ist (vgl. ).
Wenn schon die belangte Behörde aufgrund dieser Formulierungen nicht zum Ergebnis gekommen ist, dass hinsichtlich der Jahre 2002 bis 2004 Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide vorliegen, so hätte sie zumindest Zweifel haben müssen, welche Bescheide angefochten wurden. Sie hätte daher den Parteiwillen erforschen und einen Mängelbehebungsauftrag gem. § 250 Abs. 1 iVm § 85 Abs. 2 BAO erlassen müssen, um zweifelsfrei feststellen zu können, gegen welche Bescheide sich die Beschwerde vom tatsächlich richtet. Auch dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde nicht nachgekommen.
Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem beim Bundesfinanzgericht anhängigen Verfahren betreffend die Sachbescheide mit Schreiben vom mitgeteilt, dass sehr wohl eine, wenn auch mangelhafte, Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide erhoben worden ist.
Dass die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 inhaltliche Mängel aufweisen, ist unstrittig. So fehlt unter Verweis auf § 250 Abs. 1 BAO den Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide bspw. eine genauere Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden, die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und eine nähere Begründung.
Dass hinsichtlich den Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide 2002 und 2004 keine Beschwerdevorentscheidungen erlassen und auch keine Vorlageanträge eingebracht wurden, ergibt sich aus der Aktenlage und bestätigten dies zudem beide Parteien.
Rechtliche Erwägungen
Gem. § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Gem. § 262 Abs. 2 BAO hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben, a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
Gem. § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
Gem. § 265 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
Gem. § 323 Abs. 37 BAO treten §§ 2a, 3 Abs. 2 lit. a (Anm.: richtig: 3 Abs. 2 lit. b), 15 Abs. 1, 52, 76, 78 Abs. 1, 85a, 93a zweiter Satz, 103 Abs. 2, 104, 118 Abs. 9, 120 Abs. 3, 122 Abs. 1, 148 Abs. 3 lit. c, 200 Abs. 5, 201 Abs. 2 und 3 Z 2, 205 Abs. 6, 205a, 209a Abs. 1, 2 und 5, 212 Abs. 2 und 4, 212a Abs. 1 bis 5, 217 Abs. 8, 225 Abs. 1, 238 Abs. 3 lit. c, 243 bis 291, 293a, 294 Abs. 4, 295 Abs. 5, 295a, 299, 300, 303, 304, 305, 308 Abs. 1, 3 und 4, 309, 309a, 310 Abs. 1, 312 sowie 313, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 14/2013, mit in Kraft und sind, soweit sie Beschwerden betreffen, auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen und Devolutionsanträge anzuwenden. Die §§ 209b, 302 Abs. 2 lit. d, 303a, 311 und 311a, treten mit außer Kraft.
Hinsichtlich der Einkommensteuer 2002 wird zunächst auf § 253 BAO verwiesen, wonach im Falle, dass ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet gilt.
Gegenständlich wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2002 mit Bescheid vom erneut wiederaufgenommen und ein neuer Sachbescheid erlassen, obwohl über die ursprüngliche Beschwerde vom gegen den (berichtigten) Sachbescheid Einkommensteuer 2002 vom noch nicht abgesprochen wurde. Die erneute Wiederaufnahme des Verfahrens am hatte zur Folge, dass der bereits bekämpfte Sachbescheid Einkommensteuer 2002 durch den neuen Sachbescheid Einkommensteuer 2002 vom ersetzt wurde und die Bescheidbeschwerde vom auch gegen diesen Bescheid wirkt.
Nach ständiger Rspr. des VwGH widerspricht es dem Gesetz, eine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens unerledigt zu lassen und vorerst über die Beschwerde gegen den neuen Sachbescheid abzusprechen. Richtet sich somit die Beschwerde sowohl gegen die verfügte Wiederaufnahme der Verfahren als auch gegen die neuen Sachbescheide, darf die belangte Behörde die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmeverfügungen nicht unerledigt lassen und nur über die Beschwerde gegen die neuen Sachbescheide entscheiden (vgl. ; ; ). Eine derartige Vorgangsweise würde die Entscheidung der Rechtsmittelbehörde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belasten ().
Im konkreten Fall wurde durch das Bundesfinanzgericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer auch gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 Beschwerde - wenn auch mangelhaft - erhoben hat, und seitens der belangten Behörde über diese Beschwerde nicht entschieden wurde. Die belangte Behörde ging offenbar davon aus, dass mit den Beschwerden vom nur die Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 angefochten wurden. Das Bundesfinanzgericht steht daher vor der Situation, dass es über die Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 nicht rechtmäßig entscheiden kann, da die Beschwerden gegen die Wiederaufnahme der Verfahren noch unerledigt sind. Andererseits kann das Bundesfinanzgericht nicht über die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide entscheiden, da diesbezüglich keine Zuständigkeit gegeben ist. Daher ist es geboten, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen, der durch die Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 entstanden ist, ohne dass vorher über das Rechtsmittel gegen die diesbezüglichen Wiederaufnahmebescheide entschieden wurde ().
Dadurch, dass die belangte Behörde nur über die Sachbescheide entschieden und die Beschwerden betreffend die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2002 und 2004 unerledigt gelassen hat, hat es seine Entscheidungen (Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 vom ) mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und waren diese entsprechend der oben angeführten Judikatur als rechtswidrig aufzuheben ().
Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine im Rechtsbestand befindliche Beschwerdevorentscheidung voraus (; ). Da betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2002 und 2004 die erlassenen Beschwerdevorentscheidungen infolge Aufhebung aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sind, erweisen sich die Vorlageanträge als unzulässig und waren diese daher gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO iVm § 264 Abs. 5 BAO mit Beschluss als unzulässig (geworden) zurückzuweisen (vgl. ; ).
Daraus folgt, dass betreffend die Beschwerden gegen die Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 keine Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes mehr gegeben ist. Hinsichtlich der Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 war mangels Beschwerdevorentscheidungen und Vorlageanträge ohnehin nie eine gerichtliche Zuständigkeit gegeben, sodass das Bundesfinanzgericht gegenständlich unter Verweis auf die Einhaltung des Instanzenzuges auch nicht berechtigt war, einen Mängelbehebungsauftrag gem. § 85 Abs. 2 iVm § 250 Abs. 1 BAO zu erlassen.
Es wird daher die belangte Behörde zunächst hinsichtlich der unerledigten Beschwerden vom gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 einen Mängelbehebungsauftrag gem. § 85 Abs. 2 BAO zu erlassen haben, da die Beschwerden nicht - wie bereits oben ausgeführt - die im § 250 Abs. 1 BAO umschriebenen Inhaltserfordernisse aufweisen.
In weiterer Folge wird es Sache der belangten Behörde sein, zunächst mit Beschwerdevorentscheidungen die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2002 und 2004 und dann über jene (durch die gegenständliche Aufhebung noch unerledigten Beschwerden) gegen die Sachbescheide Einkommensteuer 2002 und 2004 zu entscheiden.
Sollten hinsichtlich der erlassenen Beschwerdevorentscheidungen Vorlageanträge eingebracht werden, sind diese ungesäumt dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.
Sollten die jeweiligen Beschwerdeverfahren durch die belangte Behörde beendet werden, wird diese ersucht, dass Bundesfinanzgericht unter Anschluss der dahingehenden Entscheidungen zu verständigen, da die Erledigungen möglicherweise auch für die anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend Sachbescheide Einkommensteuer 1996 bis 2001 und 2005 bis 2007 von Bedeutung sein könnten.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gem. Art 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG ist gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die Frage, ob gegenständlich eine Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide 2002 und 2004 vorliegt, war eine Tatfrage und war daher vom Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung zu entscheiden. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen ergaben sich unmittelbar aus dem Gesetz oder beschränkten sich auf solche, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden. Eine Revision gegen diesen Beschluss ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 307 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103790.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at