Familienbeihilfe - Studienbehinderung durch fachärztlich diagnostizierte und medikamentös behandelte psychische Erkrankung
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/16/0009. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Dr. ***RR***, den Richter
***R.*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***Beisitzer*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Rückforderung von für ***[Tochter]*** für den Zeitraum Oktober 2016 bis September 2018 bezogenen Beträgen an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, Steuernummer ***Bf1-StNr*** (SVNR: ***Bf1-SVNR***), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird betreffend den Zeitraum Mai 2017 bis September 2018 aufgehoben.
Im Übrigen, somit betreffend den Zeitraum Oktober 2016 bis April 2017, wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Am erließ das Finanzamt den beschwerdegegenständlichen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag wie folgt:
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Zeitraum von - bis
… V… … 06 96 Okt. 2016 - Sept. 2018
Rückforderungsbetrag gesamt: € 5.317,50
Begründung
Zu (Tochter des Bf.):
Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird.
Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.
Da Ihre Tochter (Vorname) ab dem Wintersemester 2016/17 keinen kontinuierlichen Studienerfolg erbracht hat, ist die Familienbeihilfe für oben angeführten Zeitraum
rückzufordern.
Der Beschwerdeführer (Bf.) erhob Beschwerde mit folgender Begründung:
1. Sachverhalt
Meine Tochter studierte von Wintersemester 2015 bis Wintersemester 2018 das Bachelorstudium Technische Chemie an der Technischen Universität Wien. Nunmehr fordert das Finanzamt die bezogene Familienbeihilfe von Oktober 2016 bis September 2018 zurück.
2. Inhaltliche Begründung der Rechtswidrigkeit
a. Begründungspflicht
Gem. § 93 Abs 3 lit a Bundesabgabenordnung (BAO) sind Bescheide zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu aus:
"Nach der ständigen Rechtsprechung muss die Bescheidbegründung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet." ( mwN)
Das Finanzamt begründet seinen Bescheid lapidar damit, dass bei meiner Tochter kein kontinuierlicher Studienerfolg vorliege. Aus dieser Begründung wird für mich der genaue Rückforderungsgrund nicht ersichtlich. Die Begründung genügt nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des VwGH. Dadurch hat das Finanzamt den Bescheid mit einem Verfahrensfehler belastet, der sich im Ergebnis negativ für mich auswirkt. Bereits deshalb ist der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zu beheben.
a. Ernsthaftes und zielstrebiges Studium bei negativen Prüfungen
Scheinbar geht das Finanzamt davon aus, dass bei meiner Tochter kein ernsthaftes und zielstrebiges Studium vorliegt. Das FLAG fordert in § 2 Abs 1 lit b:
"Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste
Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für einvorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von
16 ECTS- Punkten nachgewiesen wird." (Hervorhebung durch die Autorin)
Meine Tochter hat im Studienjahr 2015/16 den vom FLAG geforderten Studienerfolgsnachweis erbracht. Sie hat auch danach ihr Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben. Sie ist im Zuge ihres Studiums jedes Semester, teils erfolgreich, zu Prüfungen angetreten und hat sich außerdem durch selbstständiges Studium in der Bibliothek und zu Hause nach ihren Möglichkeiten dem Studium gewidmet.
Beweis:
Bestätigung des Studienerfolges für (meine Tochter) ausgestellt am durch die Technische Universität Wien (Beilage ./1)
Daraus dass einige dieser Prüfungen negativ beurteilt wurden, kann nicht automatisch geschlossen werden, dass meine Tochter ihr Studium nicht zielstrebig und ernsthaft iS von § 2 Abs 1 lit b FLAG betreibt. Das wird insbesondere durch die wiederholten Antritte in Analytischer Chemie deutlich. (Beilage./1)
Dass der Prüfungserfolg alleine für die Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit des Studiums nicht maßgeblich ist, hat auch der VwGH wiederholt ausgesprochen ( sowie ).
Der Unabhängige Finanzsenat Graz hat in seiner Entscheidung vom zur Zahl RV/0129- G/07 ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium auch in einem Fall angenommen, in dem keinerlei Prüfungsantritt absolviert wurde.
Auch das Bundesfinanzgericht geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium grundsätzlich auch ohne Absolvierung von Prüfungen möglich ist. []
Zusätzlich litt meine Tochter ab Beginn 2018 an immer wiederkehrenden Beschwerden wie Ohnmacht am Morgen, Übelkeit, Kreislaufprobleme sowie Konzentrationsschwierigkeiten. Im Zuge einer eingehenden Diagnose wurde schließlich im Sommer 2018 bei meiner Tochter Gebärmutterhalskrebs festgestellt.
Beweis:
Aufenthaltsbestätigung für meine Tochter ausgestellt durch das Krankenhaus Göttlicher Heiland für den (Beilage ./2)
Vorläufiger Patientenbrief ausgestellt durch das Krankenhaus Göttlicher Heiland Wien am (Beilage ./3)
Befundbericht vom ausgestellt durch Univ. Lektor OA Dr. Harald Lass (Beilage ./4)
Patientenbrief ausgestellt durch das Krankenhaus Göttlicher Heiland Wien am (Beilage ./5)
Meine Tochter war dadurch seit Beginn 2018 durch Krankheit am Studium gehindert. Eine Krankheit stellt ein unabwendbares Ereignis iSv § 2 Abs 1 lit b FLAG dar, wenn sie fachärztlich bestätigt ist. Von einer erkrankten Studierenden ist ein Leistungsnachweis keinesfalls zu fordern.
Abschließend stelle ich daher die
Anträge:
Den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Falls nicht alle zu meinen Lasten gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls mir einen Verbesserungsauftrag zu erteilen.
Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung wie folgt:
Begründung:
Sachverhalt:
Ihre Tochter war von Oktober 2015 bis Februar 2019 in der Studienrichtung BachelorstudiumTechnische Chemie an der Technischen Universität Wien inskribiert [Hervorhebung durch den Sachbearbeiter, auch nachfolgend].
Laut vorgelegter Bestätigung des Studienerfolges vom wurde der Erfolgsnachweis für das Studienjahr 2015/16 (= 1. Studienjahr) mit abgelegten Prüfungen von 17,5 ECTS erbracht.
In den folgenden Semestern ergeben sich folgende Leistungsfeststellungen:
- WS 2016/17: 1,5 ECTS positiv (1 Prüfung) und 3 ECTS negativ (1 Prüfung)
- SS 2017: 2 ECTS positiv (1 Prüfung)
- WS 2017/18: 3 ECTS negativ (1 Prüfung)
- SS 2018: 0.1 ECTS positiv (Feuerlöschungsübung mit Erfolg bestanden)
- WS 2018/19: 0
Auch konnte der angegebenen Studienbehinderung ab 2018 nicht gefolgt werden, da kein schlüssiger Beweis einer durchgehenden 3-monatigen Studienbehinderung in einem Semester vorgelegt wurde (1 Krankenhausaufenthalt von einem Tag: und ein Befundbericht und Patientenbrief von August 2018).
Desweiteren war ihre Tochter von März 2018 bis Dezember 2018 geringfügig beschäftigt.
Von April 2019 bis Juli 2019 war Sie als Angestellte beschäftigt.
Ab Oktober 2019 ist ihre Tochter in der Studienrichtung Biologie an der Universität Wien inskribiert.
Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung des Berufes nicht möglich ist.
Würdigung:
Bei Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen , wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung von Prüfungen im Ausmaß von 16 (bzw. 14) ECTS-Punkten oder im Gesamtumfang von 8 Semesterwochenstunden nachgewiesen wird.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b besteht Familienbeihilfenanspruch nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes antritt.
Grundsätzlich gilt als Erfolgsnachweis in Bezug auf das erste Studienjahr die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von 8 Semesterwochenstunden bzw. 16 ECTS-Punkten. Für die weiteren Studienjahre nach Erbringung des zuvor angeführten Erfolgsnachweises muss grundsätzlich weiterhin die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit der Berufsausbildung nachvollziehbar sein, wobei dies im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach den Gegebenheiten des Einzelfalles zu beurteilen ist. Als Nachweis für die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit sind ein kontinuierlicher Studienerfolg - Richtwert ist hier die Erreichung von etwa 16 ECTS-Punkten pro Studienjahr, eine durchgehende zielstrebige Berufsausbildung, sowie der regelmäßige Besuch der Lehrveranstaltungen.
Laut VwGH 2017/16/0036 vom ist für jedes Jahr jedenfalls der in § 2 Abs 1 lit. b FLAG definierte quantitative Studienerfolg zu erbringen.
Ihre Tochter legte im Studienzeitraum von Oktober 2016 bis Februar 2019 insgesamt nur Prüfungen im Ausmaß von 3,6 ECTS positiv und 6 ECTS negativ ab.
Laut Aktenlage sind somit die oben genannten Voraussetzungen eines ernsthaft und zielstrebig betriebenen Studiums im Rückforderungszeitraum von Oktober 2016 bis September 2018 nicht gegeben.
Auch wurde keine schlüssige ärztliche Bestätigung vorgelegt, dass die Krankheit nach Art und Ausmaß geeignet wäre, in einem Semester zu einer Studienbehinderung in dem vom Gesetz geforderten Ausmaß zu führen.
Ihre Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.
Der Vorlageantrag wurde mit folgender Begründung eingebracht:
1. Sachverhalt und Gang des Verfahrens
Meine Tochter studierte von Wintersemester 2015 bis Wintersemester 2018 das Bachelorstudium Technische Chemie an der Technischen Universität Wien.
Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt die bezogene Familienbeihilfe
von Oktober 2016 bis September 2018 zurück.
Gegen diesen Bescheid erhob ich fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde mir am zugestellt.
2. Inhaltliche Begründung der Rechtswidrigkeit
Zusätzlich zu den von mir im Zuge der Beschwerde bereits vorgebrachten Gründen, die auch auf die nunmehr ergangene Beschwerdevorentscheidung zutreffen und auf die ich hiermit verweise, ist sowohl der Bescheid vom als auch die Beschwerdevorentscheidung zudem aus folgenden Gründen rechtswidrig:
Studienbehinderung wegen Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG
Dass meine Tochter ab Beginn 2018 an wiederkehrenden Beschwerden wie Ohnmacht am Morgen, Übelkeit, Kreislaufproblemen und Konzentrationsschwierigkeiten litt, legte ich im Zuge der Beschwerde samt Beweisen ausführlich dar.
Der Gebärmutterhalskrebs, der im Sommer 2018 festgestellt wurde, führte zusätzlich zu den damit einhergehenden studienbehindernden körperlichen Beschwerden und der Operation auch zu einer starken Verschlechterung der psychischen Verfassung meiner Tochter, womit sie in diesem Zeitraum jedenfalls durchgehend wesentlich am Studium behindert war.
Jedoch bereits davor litt (meine Tochter) an der psychischen Erkrankung depressio, die starke Auswirkungen auf das Studium hatte.
(Meine Tochter) leidet bereits seit längerer Zeit an depressio. Die Symptome dieser Erkrankung äußerten sich im Bezug auf das Studium vor allem durch Konzentrationsstörungen, die meine Tochter bereits von Beginn an massiv einschränkten. Dennoch studierte sie ernsthaft und zielstrebig und tat alles in ihrer Macht stehende, so viele Prüfungsleistungen wie möglich zu erbringen. Im Standardwerk zum FLAG, dem Kommentar von Lenneis/Wanke Familienlastenausgleichsgesetz "Gamlitzer Kommentar", 2. Auflage, Linde Verlag, Wien, 2020, S. 78) liest man zum Ablegen von Prüfungen folgendes:
Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen
sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt
daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der
vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf
an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt.
Meine Tochter hatte stets die Absicht, zu Prüfungen anzutreten, wie sich insbesondere aus ihren wiederholten Antritten in analytischer Chemie schließen lässt. Hier zeigt sich die Hartnäckigkeit meiner Tochter, im Rahmen ihrer Möglichkeiten so intensiv wie möglich zu studieren. Durch ihre Erkrankung an depressio und die damit einhergehende starke Behinderung am Studium war es ihr jedoch nicht möglich, Prüfungen in dem Ausmaß abzulegen, wie sie es geplant hatte.
Dies wird auch dadurch ersichtlich, dass von ihr im ersten Studienjahr 17,5 ECTS- Punkte erbracht wurden. Auch im Wintersemester 2016/17 trat (meine Tochter) zu zwei Prüfungen an, wovon sie eine positive ablegte. Ab 2017 wirkte sich die psychische Erkrankung meiner Tochter jedoch stark beeinträchtigend auf den Studienfortschritt aus, weshalb sie ab diesem Zeitpunkt Studienleistungen nicht mehr in dem von ihr geplanten Ausmaß erbringen konnte.
Ersichtlich wird dieser Umstand aus der Krankengeschichte von Dr. … F…, die 2017 depressio, Spannungskopfschmerz und eine Zwangsstörung diagnostizierte und dazu vermerkte: "Chemiestudium im vierten Semester, macht Freude aber Konzentrationsstörungen."
Beweis: Krankengeschichte Dr. … F…, Neurologin (Beilage 1).
Ab Sommersemester 2018 kamen dann die bereits in der Beschwerde angeführten körperlichen Beschwerden hinzu, die in einer Diagnose mit Gebärmutterhalskrebs gipfelten und die die psychischen Beschwerden noch verschlechterten, wodurch meine Tochter trotz ihrem Bemühen, das Studium zu verfolgen, gar keine Prüfungen im WS 2018 ablegte.
(Meine Tochter) war dadurch seit 2017 durch Krankheit wesentlich am Studium gehindert. Dies wird auch aus einem Vermerk der behandelnden Ärztin im Mai 2017 deutlich: "seit längerer Zeit depressiv".
(Meine Tochter) war daher ab Sommersemester 2017 ununterbrochen wesentlich am Studium gehindert.
Beweis: Krankengeschichte Dr. … F…, Neurologin (Beilage 1)
Eine Krankheit stellt ein unabwendbares Ereignis iSv § 2 Abs 1 lit b FLAG dar, wenn sie fachärztlich bestätigt ist. Von einer erkrankten Studierenden ist ein Leistungsnachweis keinesfalls zu fordern.
Abschließend stelle ich daher die
Anträge:
Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Falls nicht alle zu meinen Lasten gehenden Rechtswidrigkeiten von mir geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls mir einen Verbesserungsauftrag zu erteilen.
Darüber hinaus stelle ich gemäß § 212a BAO den Antrag, von der Einhebung des in Streit stehenden Betrages bis zur Erledigung der Beschwerde weiterhin abzusehen.
Gerne reiche ich auf Nachfrage weitere benötigte Unterlagen nach und stehe für weitere Informationen gerne zur Verfügung.
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Tochter des Bf studierte vom Wintersemester 2015 bis zum Wintersemester 2018 das Bachelorstudium Technische Chemie an der Technischen Universität Wien. Seit Oktober 2019 studiert sie Biologie.
Im Studienjahr 2015/16 erlangte die Tochter des Bf 17,5 positiv abgeschlossene ECTS. Der geforderte Leistungsnachweis wurde somit im Studienjahr 2015/16 erbracht.
Im Studienjahr 2016/17 erlangte die Tochter 3,5 positive ECTS und im Studienjahr 2017/18 0,1 positive ECTS.
Im Studienjahr 2018/19 trat die Tochter des Bf zu keiner Prüfung an.
Eine Aufenthaltsbestätigung vom Krankenhaus bestätigte, dass sich die Tochter am in stationärer Behandlung befand.
Zum Verfahrensgang:
Mit Rückforderungsbescheid vom wurde vom Bf für seine Tochter die Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 2016 - September 2018 zurückgefordert. Begründend wurde ausgeführt, dass die Tochter des Bf ihr Studium aufgrund mangelnder Erfolgsnachweise nicht ernsthaft und zielstrebig betreibt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf am Beschwerde, die mit BVE vom , approbiert am , abgewiesen wurde. Korrespondierend dazu wurde mit Bescheid vom der Ablauf der vorher genehmigten Aussetzung der Einhebung verfügt.
Gegen diesen Ablaufbescheid erhob der Bf am Beschwerde, weil er meinte, dass seine ursprüngliche Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid noch nicht erledigt wurde.
Ein Zustellnachweis der BVE vom ist nicht vorhanden.
Diese Beschwerde wurde mit BVE vom abgewiesen, da der Ablauf der Aussetzung der Einhebung aufgrund Beschwerdeerledigung verfügt wurde und somit rechtmäßig erfolgte.
Gegen diese BVE brachte der Bf am einen Vorlageantrag ein und brachte dazu vor, dass ihm die BVE vom immer noch nicht zugestellt worden sei und somit damals der Ablauf der Aussetzung der Einhebung nicht rechtmäßig gewesen wäre.
Am langte bei der belangten Behörde ein Vorlageantrag des Bf bezüglich der Beschwerde vom ein. In diesem brachte er hinsichtlich der Rechtzeitigkeit vor, dass ihm die BVE vom am zugestellt worden sei.
Beweismittel:
Siehe Inhaltsverzeichnis
Stellungnahme:
Zur Zustellung:
§ 26 Abs 2 erster Satz ZustG normiert die Vermutung, dass die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gilt.
Dieser Vermutung ist jedoch durch die erfolgte Bestreitung des Bf die Grundlage entzogen, da in diesem Fall die belangte Behörde die Beweislast trifft.
Da ein Zustellnachweis diesbezüglich nicht aktenkundig ist, wird den Ausführungen des Bf gefolgt, dass die BVE vom erst am zugestellt wurde.
Der am eingelangte Vorlageantrag ist somit fristgerecht.
Inhaltlich wird wie folgt Stellung genommen:
Der Begriff "Berufsausbildung" ist im Gesetz nicht näher umschrieben. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter diesen Begriff alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (vgl , , u.a.).
Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein noch nicht, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen (vgl , ).
Bei Besuch einer in § 3 StudFG 1992 genannten Einrichtung (zB wie hier gegenständlich die Technische Universität Wien) ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn die im zweiten bis letzten Satz des § 2 Abs 1 lit b FLAG näher festgelegten Voraussetzungen vorliegen.
Nach einem (im Regelfall dem ersten) Studienjahr ist einmalig der Studienerfolg nachzuweisen. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht, wenn für das vorhergehende Studienjahr die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird.
Der Studienerfolgsnachweis ist erbracht, wenn im betriebenen Studium Prüfungen im erforderlichen Ausmaß positiv beurteilt wurden (vgl Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b - l) [Rz 69]).
Der laut FLAG erforderliche Leistungsnachweis von 16 ECTS-Punkten orientiert sich an den acht Semesterstunden. Es handelt sich um etwas mehr als die Hälfte des für ein Semester festgelegten Aufwandes, der bei der Familienbeihilfe in Bezug auf ein ganzes Studienjahr gilt. Dem Zweck der Familienbeihilfe entsprechend sind die Anforderungen des Leistungsnachweises - im Vergleich zum StudFG - geringer.
Wie schon im dargestellten Sachverhalt festgestellt, hat die Tochter des Bf im Studienjahr 2016/17 3,5 positive ECTS und (im) Studienjahr 2017/18 0,1 positive ECTS erlangt. Im Studienjahr 2018/19 trat die Tochter des Bf zu keiner Prüfung an.
Unter Zugrundelegung der oben dargestellten Kriterien des für die Familienbeihilfe notwendigen Studienerfolges, erbrachte die Tochter des Bf nicht den erforderlichen Leistungsnachweis.
Auch der vom Bf vorgebrachte vermeintliche Unterbrechungsgrund ist nicht als so einer iSd FLAG zu sehen:
Die Krankengeschichte vom reicht nicht als ärztlicher Nachweis darüber aus, dass die Tochter des Bf drei Monate lang am Studium gehindert gewesen war.
Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gemäß § 2 Abs 1 lit b, 4. u 5. Satz FLAG kann die Studienzeit verlängern. Dies gilt sinngemäß bei Verlängerung des Nachweiszeitraumes für den Studienerfolg (§ 2 Abs 1 lit b, 14. Satz). Eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten bewirkt eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Wenn die Behinderung pro Semester mindestens drei Monate lang ununterbrochen angedauert hat, kann eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester (bzw bei längerer Dauer um mehrere Semester) erfolgen.
Die Art des Beweismittels einer krankheitsbedingten Studienbehinderung ist im Gesetz nicht festgelegt, die für eine Verlängerung der Studienzeit respektive des Nachweiszeitraumes maßgeblichen Umstände sind daher durch geeignete Beweismittel glaubhaft zu machen.
Ist ein zwingender Zusammenhang zwischen der Krankheit einerseits und der behaupteten Studienbehinderung andererseits für den medizinischen Laien nicht erkennbar, bleibt die Beurteilung, ob die Krankheit nach Art und Ausmaß ihres Auftretens geeignet ist, zu einer Studienbehinderung zuführen, ebenso einem Arzt vorbehalten wie die Diagnose der Krankheit selbst.
Eine schlüssige ärztliche Bestätigung ist erforderlich ().
Es muss dargelegt werden, durch welche konkrete Krankheit und zu welchen konkreten Zeiten das Kind derart beeinträchtigt gewesen war, dass es am Studium verhindert gewesen wäre ().
Diese Glaubhaftmachung ist dem Bf jedoch nicht gelungen, der lediglich eine Bestätigung eines Tagesaufenthaltes im Krankenhaus im Juli 2018 vorlegte.
Die von einer Neurologin am niedergeschriebene Krankengeschichte stellt ebenfalls keinen ausreichenden Beweis für eine dreimonatige ununterbrochene Behinderung des Studiums dar.
Aufgrund obiger Ausführungen wird daher beantragt, die Beschwerde vom abzuweisen.
Die Beschwerde vom gegen den Ablauf der Aussetzung der Einhebung ist als gegenstandslos zu erklären, da dem Beschwerdebegehren mit Aussetzungsbescheid vom Rechnung getragen wurde.
Das Bundesfinanzgericht richtete ein Schreiben, dessen Inhalt in den unten folgenden Erwägungsteil eingearbeitet ist, mit dem Ersuchen um Stellungnahme an das Finanzamt.
Das Finanzamt nahm (am ) wie folgt Stellung:
Punkt 1:
Die Studienzeit kann durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert werden. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Eine Unterbrechung wegen Krankheit kann den Nachweiszeitraum für den Leistungsnachweis verlängern. Der Leistungsnachweis wurde allerdings schon vor Eintritt der Krankheit bzw Unterbrechung nicht erbracht. Familienbeihilfe besteht sodann erst wieder, wenn der Leistungsnachweis erbracht wird. Die Unterbrechung durch Krankheit selbst vermittelt keinen Familienbeihilfeanspruch, sondern kann nur Grund dafür sein, dass der Zeitraum für den Leistungsnachweis verlängert wird (idR ein Semester).
Im Erkenntnis des , führt der Gerichtshof Folgendes aus:
"Der Natur der Dinge entsprechende Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges sind für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich."
Dieser bereits vorher entstandene Anspruch ist allerdings bereits vor dem unabwendbaren Ereignis (Krankheit) erloschen.
Aus dem Wortlaut der hier maßgeblichen Bestimmungen des § 2 Abs 1 lit b FLAG ergibt sich, dass ein Studium an einer im § 3 Studienförderungsgesetz genannten Einrichtung eine eigene Berufsausbildung darstellt. Daraus folgt, dass ein Verlängerungstatbestand im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG nur dann vorliegen kann, wenn es durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" (somit zB auch durch eine Krankheit) zu einer Unterbrechung dieser Berufsausbildung (vgl in diesem Zusammenhang auch Zl 90/14/0108 sowie 98/15/0001 vom ) kommt. Demnach muss dieses "Ereignis" während einer Berufsausbildung eintreten. Dadurch, dass aber davor schon kein Familienbeihilfenanspruch bestand, weil eben gerade eine Berufsausbildung gemäß FLAG mangels Zielstrebigkeit nicht vorgelegen hat, kann die Krankheit per Definition auch keine Berufsausbildung iSd FLAG unterbrechen.
Auch eine teleologische Auslegung der Verlängerungsbestimmungen im § 2 Abs 1 lit b FLAG führt zu keinem anderen Ergebnis, da dies dazu führen würde, dass durch eine Krankheit während eines Studiums ein Familienbeihilfenanspruch entstehen kann, obwohl davor mangels Erbringung eines Leistungsnachweises keiner bestanden hat. Die Verlängerungsbestimmung sollte aber jenen Anspruch nur verlängern können, nicht entstehen lassen.
Punkt 2:
Weiters hat die Tochter des Bf das Studium nach der Unterbrechung nicht mehr aufgenommen und im September 2018 das Studium endgültig abgebrochen.
Allein aus diesem Grund ist der Begriff "Unterbrechung" nicht erfüllt.
Die Tochter hatte teilweise im betreffenden Zeitraum das Studium aus Krankheitsgründen unterbrochen (bzw de facto abgebrochen). Da das unterbrochene Studium aber nicht fortgesetzt wurde, besteht für den betreffenden Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Tochter des Bf (vgl ).
Da die Tochter des Bf das beschwerdegegenständliche Studium nach Unterbrechung nicht fortsetzte, kann eine Ausbildung im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht angenommen werden ().
Punkt 3:
Unabhängig davon bzw wenn der Rechtsansicht der ho. Dienststelle aufgrund der og Ausführungen nicht gefolgt wird, wird Ergänzend vorgebracht:
Im Erkenntnis vom , 90/14/0108 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass bei einer mehrjährigen krankheitsbedingten Unterbrechung der tatsächlichen Berufsausbildung der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs 1 lit b FLAG nicht bestehen bleibe, weil in einem solchen Fall die Berufsausbildung nicht mehr aufrecht sei. Sei also das Anspruch vermittelnde Kind auf Grund einer Erkrankung durchgehend gehindert, die für die Ausbildung erforderlichen Prüfungen abzulegen, könne in diesem Zeitraum Ausbildung nicht angenommen werden.
In der angeführten Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof eine Zeitspanne von 24 Monaten als beihilfenschädlich angenommen. In einer weiteren Entscheidung zu dieser Problemstellung lag nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund der für 11 Monate dauernden krankheitsbedingten Unterbrechung der Ausbildung eine mehrjährige krankheitsbedingte Unterbrechung nicht vor (). Weiters hat der Verwaltungsgerichthof in weiteren Entscheidungen eine Unterbrechung für die Dauer von einem Semester () und eine zweimalige Unterbrechung für die Dauer von jeweils einem Semester () als für den Beihilfenanspruch nicht schädlich angesehen.
In einem Erkenntnis vom wurde eine krankheitsbedingte Unterbrechung der Berufsausbildung bei einer Dauer von 20 Monaten als beihilfenschädlich angesehen.
Laut ärztlicher Bestätigung war die Tochter des Bf vom Mai 2017 bis September 2018 durchgehend gehindert, das Studium fortzuführen. Es handelt sich hierbei um 17 Monate, weswegen die ho. Dienststelle nach der og Rechtsprechung eine Unterbrechung von 17 Monaten als beihilfenschädlich ansieht.
In der über Antrag des Bf. durchgeführten mündlichen Verhandlung ergab sich Folgendes:
Tochter des Bf.: In meiner Gymnasialzeit hat mir das Fach Chemie gut gefallen und es ist mir auch leicht von der Hand gegangen. So habe ich mich entschlossen, technische Chemie zu studieren.
Im ersten Studienjahr habe ich es geschafft, einen Teil der Prüfungen positiv abzulegen, einen Teil habe ich nicht bestanden.
Im zweiten Studienjahr hat sich die Lage immer mehr zugespitzt. Ich bin beim Lernen vor dem Stoff gesessen und konnte mir nichts mehr merken. So habe ich mich in ärztliche Behandlung begeben und zwar zu Fr. Dr. L. Es wurde festgestellt, dass ich an Depressionen und Panikattacken litt. Außerdem habe ich privat eine Psychologin, in der Nähe von Spittelau, konsultiert. Sie bestätigte das Vorhandensein von Depressionen.
Wenn ich gefragt werde, ob mit der Psychologin über den Auslöser der Erkrankung gesprochen wurde, gebe ich an: Ja, es wurde aber kein konkreter Auslöser festgemacht.
Nachdem ich gemerkt hatte, dass ich mit dem Studium nicht mehr weiter gekommen bin, habe ich beim FA angerufen und mich erkundigt. Es wurde mir von einem namentlich nicht zu nennenden Bediensteten gesagt, ich könne bis nächsten November Familienbeihilfe beziehen, bis dahin würde mir nichts passieren, weil ich ja im ersten Jahr die erforderlichen ETCS-Punkte nachgewiesen habe.
Bf.: Als die Schwierigkeiten beim Studium massiv geworden sind, habe ich beobachten können, dass meine Tochter weinend vor ihren Studienunterlagen gesessen ist. Ich habe mir damals bereits ernste Sorgen gemacht.
Tochter des Bf.: Über Befragen gebe ich an: Als die Medikamentenumstellung nicht genutzt hatte, habe ich mein Studium mit der Erkrankung behaftet gesehen und so bin ich auf das Studium Biologie umgestiegen. In diesem Studium befinde ich mich im Stadium vor dem Bachelor. Ich habe vor, dieses Studium weiter zu führen. Mit dem Biologiestudium (nicht Lehramt-Biologie) komme ich viel besser zurecht. Ich führe das darauf zurück, dass mittlerweile die Medikamente zu wirken begonnen haben (Escitralopram etwa ein- bis eineinhalb Jahre lang).
Über Befragen gebe ich weiters an: Im Gymnasium waren die Noten in den Fächern Mathematik und Physik meiner Erinnerung nach "Befriedigend", in Chemie und in Biologie "Sehr gut".
Über Vorhalt, dass ich mein Studium seit dem Beginn meiner Schilderung immer wieder mit Chemie angegeben habe und nicht technische Chemie, gebe ich an: Chemie habe ich deshalb nicht studiert, weil im Gegensatz zum Studium Chemie die Anwendung in Großbetrieben viel mehr im Vordergrund steht und mich das viel mehr interessiert hat. Die Laborausstattung war wesentlich besser und es war mehr praxisbezogen. Technische Chemie wurde natürlich auf der TU studiert. Chemie hätte ich auf der Hauptuni studieren müssen.
Nachtragen möchte ich noch, dass ich am Beginn des Studiums beim Fach analytische Chemie I angestanden bin. Nachdem ich diese Prüfung nicht geschafft habe, auch nicht die Wiederholungsprüfung, bin ich angestanden. Es bildet die Voraussetzung für diverse andere Prüfungen.
Ich habe alle Angebote wahrgenommen, die ich ohne diese Hürde absolvieren habe können.
Ich habe zu keinem Zeitpunkt hinterfragt, ob ich mit technischer Chemie das falsche Studium gewählt habe.
Im Jänner 2021 hat sich meine private Situation insofern geändert, als ich aus der elterlichen Wohnung ausgezogen bin. In dieser Wohnung war mein Zimmer dermaßen belastet mit der Kombination Erkrankung technische Chemie, dass ich Ruhe gefunden habe, außerdem hatte ich da ja schon das Biologiestudium in Angriff genommen gehabt (ab Oktober 2019). Die Medikamente haben inzwischen gewirkt.
Vertretung des FA: Verweist auf den Akteninhalt, insbesondere auf die Stellungnahme vom .
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Von Oktober 2015 bis Februar 2019 war die Tochter des Bf. in der Studienrichtung Bachelorstudium Technische Chemie an der Technischen Universität Wien inskribiert (Beschwerdevorentscheidung).
In den beiden nicht beschwerdegegenständlichen Semestern
- Wintersemester 2015/2016 und
- Sommersemester 2016
hatte die Tochter des Bf. den Erfolgsnachweis für das 1. Studienjahr mit positiv abgelegten Prüfungen von 17,5 ECTS- Punkten erbracht; drei Prüfungen: Analytische Chemie l, Anorganische Chemie I und Grundlagen der Chemie (insgesamt 10,5 ECTS- Punkte) führten zur Beurteilung mit ,nicht genügend' (vorgelegte Bestätigung des Studienerfolges vom ; vgl. Beschwerdevorentscheidung).
Im (beschwerdegegenständlichen) Wintersemester 2016/2017 absolvierte die Tochter des Bf. (am ) eine Prüfung im Ausmaß von 1,5 ECTS und trat am , zum zweiten Mal, zur Prüfung (Analytische Chemie I mit 3 ECTS) an, die sie abermals nicht bestand; der erste Prüfungsantritt war am (vor dem Beschwerdezeitraum) erfolgt (und hatte zur Beurteilung mit nicht genügend geführt).
Im Sommersemester 2017 legte sie eine Prüfung mit 2 ECTS- Punkten (Glasblasen - Übungen am ) erfolgreich ab.
Im Wintersemester 2017/18, am , trat sie zu einer Prüfung, der Wiederholungsprüfung Grundlagen der Chemie, 3.0 ECTS- Punkte, an, die sie abermals nicht bestand; der erste Prüfungsantritt war am (vor dem Beschwerdezeitraum) erfolgt (und hatte zur Beurteilung mit nicht genügend geführt).
Im Sommersemester 2018 bestand sie eine Feuerlöschungsübung mit 0.1 ECTS.
Nach dem Prüfungsantritt zur Wiederholungsprüfung ,Grundlagen der Chemie' am , die die Tochter des Bf. ebenso wie die Wiederholungsprüfung ,Analytische Chemie I' am nicht bestand, trat sie, abgesehen von der Feuerlöschungsübung mit 0.1 ECTS, zu keiner weiteren Prüfung mehr an.
Vom 01. März bis war die Tochter des Bf. geringfügig beschäftigt und erhielt - im 10-monatigen Zeitraum - Bruttobezüge iHv € 3.665,55 (Beschwerdevorentscheidung, Abgabeninformationssystemabfrage).
Am hatte die Tochter des Bf. einen stationären Aufenthalt in einem Wiener Krankenhaus (Aufenthaltsbestätigung).
Gemäß dem Patientenbrief über den stationären Aufenthalt an der Abteilung handelte es sich um Folgendes:
Aufnahmegrund
PAP IIID (1x)
Diagnosen
PAP IIID (1x)
Durchgeführte Maßnahmen
Dysplasie (*) Befund
PAP Abnahme: endocervikal und ektocervikal, ad Zytologie
CK Curettage: erfolgt, ad Histologie
Kolposkopie: adäquat beurteilbar
Transformationszone Typ : 1
Gefäßzeichnungen: typisch
interkapillärer Abstand: klein
Essigprobe: pos.
Jodprobe: anwesend Lokalisation?
Biopsie: Probenentnahme Lokalisation
bei 6 und 12 Uhr
Blutstillung mittels Silbernitratstäbchen
Befundbesprechung und Procedere:
Am um 18:30
* Internetabfrage (ac-forscht.de/zervikaldyspl.): Zellveränderung am Gebärmutterhals, im Fachjargon Zervix genannt. Eine Dysplasie ist kein Krebs, kann aber im weiteren Verlauf dazu führen. … Die Dysplasie lässt sich in drei Schweregrade unterteilen: Grad 1 ist harmlos und nicht behandlungsbedürftig, … . Grad 2 muss nicht zwingend therapiert werden, hier wird individuell entschieden. Bei Grad 3 müssen die Ärzte handeln - oft bleibt keine andere Wahl, als ein Stück des Gebärmutterhalses zu entfernen.
Der Befundbericht vom beinhaltet Folgendes:
Klinischer Status:
Heute Befundbesprechung:
Zyto: PAP III endocervikal und PAP IIID ektocervikal
Histo: CIN I
Diagnosen:
Cervixdysplasie
Behandlung:
Weiteres Procedere wurde besprochen und folgendes Vorgehen vereinbart:
Engmaschige PAP Kontrolle - alle 3 Monate für 1 Jahr
Weiteres wurde das Thema Trichloressigsäure diskutiert -
falls erwünscht z.B. über Prof. Speiser
HPV Impfung empfohlen
Die Krankengeschichte Dr. F., Fachärztin für Neurologie, betreffend die Tochter des Bf., datiert mit ,Wien, am ', weist Folgendes aus:
:
Anamnese:
Seit längerer Zeit depressiv (lustlos, Konzentrationsst,) v
a emotionell belastende Sit. verschlechtern die Depressio.
hat - da der Partner sie immer neg. beeinfl, die
Partnerschaft nach 4 J beendet. Auch innere Leere auch
appetitlos seit einigen Mo 6 kg abgenommen. Jetzt wieder in
einer Partnerschaft, Müsse wiederholt nachsehen ob sie zB
zugesperrt hat. (Kontrollzwang) aber erst seit 2 Mo. Seit
einiger Zeit Ein- und Durchschlafstörungen auch
Alpträume (Ängste verlassen zu werden ). Seit 2 Mo auch
täglich abends druckf. bitemp druckf KS immer wenn sie zu
lernen beginne.
FK: in Pubertät auch depressiv gew. damals auch SMG, auch
an UA geritzt, damals auch Frustessen, hat keine Hilfe
beansprucht.
SA: Chemie-stud im 4 sem., macht Freude aber
Konzentrationsst
Med: keine, Pille
Diagnosen:
Depressio, Zwangsst.,
Spannungskopfschmerz
Folgendes Rezept wurde ausgestellt:
SERTRALIN KRKA FTBL 50MG, 30 ST
Kartei:
NS: HN: Visus grobklinisch o.B., Pupillen mittelweit, direkte
NS: und konsensuelle Lichtreaktion prompt, Bulbusmotilität frei,
NS: keine Doppelbilder, kein Nystagmus, V und VII unauffällig
NS: untere Hirnnerven insges. unauffällig. OE und UE: Kraft und
NS: Tonus seitengleich unauffällig, MER:
NS: seitengleich mittellebhaft auslösbar, Babinski bds. neg.
NS: AV V und FNV o.B., Romberg und Unterberger o.B., Zehen-
NS: und Fersenstand unauffällig.
PS: Bewusstsein klar, allseits orientiert, im Sensorium
PS: unauffällig. Kogn. Funkt.
PS: inkl. Alt- und Kurzzeitgedächtnis normal, im Gedankenduktus
PS: kohärent und PS: zielführend, auch Konzentration, Tempo und Ablauf normal.
PS: Thymopsych.
PS: Funktionen: Stimmungslage subdepressiv bis depressiv,
PS: Befindlichkeit negativ
PS: getönt, Affekt stimmungsadäquat, Affizierbarkeit im pos.
PS: Bereich vermindert,
PS: Antrieb vermindert. Biorhythmusstörung.
M: SERTRALIN KRKA FTBL S0MG/30ST/1 1/2-0-0 nach 1 wo 1-0-0
U: AD PSYCH_THER (Bestätigung)
BR: BRIEF (AN DEN WEITERBEHANDELNDEN ARZT Dr.) :
Diagnosen:
Depressio, Zwangsst.,
Spannungskopfschmerz
Behandlung:
Psych Th empfohlen sui sponte auch gewünscht!!! Adressen
(GKK u Mag Ondra mitgeg)
Kartei:
VK: Hatte 2017 Sertralin genommen, hat nicht geholfen hat Med
VK: abges. Habe jetzt Probleme mit PAP-Abstrich, muß eine Ko
VK: machen, auch and. körperliche Probleme z b KS. Möchte eine
VK: Psycho-Tth machen, habe immer noch Angst
VK: sich zu öffnen, kann niemandem vertrauen, auch Ko- Zwang
VK: (müsse ständig kontrollieren ob sie z B die Tür versperrt
VK: hat, müsse 10 Min lang immer wieder probieren !!!
VK: Med. keine
NS: Idem zu Voruntersuchung.
BR: BRIEF (AN DEN WEITERBEHANDELNDEN ARZT Dr.)
Mit Arztbrief vom bestätigte die Fachärztin für Neurologie Dr. F. betreffend die Tochter des Bf. folgende Diagnosen
- eine mittelgradige Depressio
- Zwangsstörungen
- Spannungskopfschmerz
Die Patientin war von Mai 2017 bis September 2018 mit og. Diagnosen bei meiner Vorgängerin Dr. L… in neuropsychiatrischer Behandlung. Hierbei hatte die Patientin div. Symptome mit Antriebslosigkeit, Angststörungen und Panikattacken und deutlichen Ein- und Durchschlafstörungen. Aufgrund der multiplen Symptomatik konnte sich die Patientin nicht konzentrieren und war daher an der Fortführung des Studiums in diesem Zeitraum durchgehend wesentlich verhindert.
In einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt wurde die Medikation von Sertralin auf Escitalopram umgestellt. Die zuvor verordnete Medikation hat ,nicht geholfen', auch nach der Medikamentenumstellung war keine rasche Besserung der Erkrankung (Depression) eingetreten. Das Depressionsmedikament Escitalopram nahm die Tochter des Bf. etwa ein- bis eineinhalb Jahre lang ein (vgl. Krankengeschichte Dr. F., Fachärztin für Neurologie sowie Niederschrift über die mündliche Verhandlung).
2. Beweiswürdigung
Die im Einzelnen getroffenen Feststellungen beruhen auf den jeweils angeführten Grundlagen, sind unstrittig und bedarf es daher keiner weiteren Ausführungen.
Die Angaben der Tochter des Bf. in der mündlichen Verhandlung waren sowohl in sich als auch mit dem übrigen Akteninhalt widerspruchsfrei, mehr noch: es kam nichts hervor, was Anlass zu Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit gab.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1 Zu Spruchpunkt I.
Im Erkenntnis vom , RV/7102584/2018, erwog das Bundesfinanzgericht:
Die Unterbrechung der Ausbildung durch der Natur der Dinge entsprechende Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges ist für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich. Hiezu gehören Erkrankungen, die die Berufsausbildung auf begrenzte Zeit unterbrechen, genauso wie Urlaube und Schulferien (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 15. Feber 1983, 82/14/0148). Bei einer mehrjährigen krankheitsbedingten Unterbrechung der tatsächlichen Berufsausbildung bleibt hingegen der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht bestehen, weil die Berufsausbildung nicht mehr aufrecht ist (vgl. nochmals VwGH-Erkenntnis 89/14/0070). …
Laut Aktenlage hat die Tochter der Bf das unterbrochene Studium nicht fortgesetzt bzw. de facto abgebrochen. Da die Tochter der Bf im Beschwerdezeitraum und auch danach laut Aktenlage durchgehend gehindert gewesen ist, das beschwerdegegenstdl. Studium bzw. laut Ausführungen der Bf überhaupt ein Studium zu absolvieren, bzw. das beschwerdegegenständliche Studium nach Unterbrechung nicht fortsetzte (vgl. zuletzt die Ausführungen im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das BFG), konnte Ausbildung im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht angenommen werden. Die diesbezüglichen Voraussetzungen für den Familienbeihilfenbezug iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 idgF wurden nicht erfüllt, weshalb (aus dem Titel der Ausbildung) im beschwerdegegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe vorlag.
Im Erkenntnis vom , 90/14/0108, erwog der Verwaltungsgerichtshof:
Die Unterbrechung der Ausbildung durch der Natur der Dinge entsprechende Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges sind für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich. Hiezu gehören Erkrankungen, die die Berufsausbildung auf begrenzte Zeit unterbrechen, genauso wie Urlaube und Schulferien (vgl. hg. Erkenntnis vom 15. Feber 1983, 82/14/0148). Bei einer mehrjährigen krankheitsbedingten Unterbrechung der tatsächlichen Berufsausbildung bleibt hingegen der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht bestehen, weil die Berufsausbildung nicht mehr aufrecht ist (vgl. nochmals hg. Erkenntnis 89/14/0070).
Entscheidend ist im gegenständlichen Fall, ob der Sohn der Beschwerdeführerin in der Zeit vom November 1982 bis Oktober 1984 - abgesehen vom Zeitraum der Ablegung des Präsenzdienstes - in Berufsausbildung gestanden ist. Ob Berufsausbildung vorgelegen hat, ist zunächst eine Tatfrage, die die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat.
Wäre der Sohn der Beschwerdeführerin im Zeitraum vom November 1982 bis Oktober 1984 aufgrund seiner Krankheit durchgehend gehindert gewesen, für die Ausbildung erforderliche Prüfungen abzulegen, könnte Ausbildung in diesem [Anmerkung des Sachbearbeiters:
24-monatigen] Zeitraum nicht angenommen werden.
Im Erkenntnis vom , 2009/16/0088, erwog der Verwaltungsgerichtshof nach Zitierung der Erwägungen des Erkenntnisses vom , Zl. 98/15/0001:
Aus diesem Erkenntnis folgt für den Fall der Unterbrechung der Ausbildung …, dass auch eine solche Unterbrechung für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich ist, wenn sie den Zeitraum von zwei Jahren nicht deutlich übersteigt (Hervorhebung durch den Sachbearbeiter).
Der Verwaltungsgerichtshof erwog im Erkenntnis vom , 93/15/0133:
Wird aber die Tätigkeit, durch die ein Kind "für einen Beruf ausgebildet" wurde, nicht mehr wiederaufgenommen, sondern krankheitshalber oder aus welchen Gründen auch immer endgültig beendet, so kann ab der Beendigung nicht mehr von einer Berufsausbildung des Kindes im Sinne der in Rede stehenden Gesetzesstelle gesprochen werden.
Im oben zitierten Erkenntnis vom , 89/14/0070, erwog der Verwaltungsgerichtshof:
Wenn die belangte Behörde daher auf Grund eines fast vierjährigen Zeitraumes seit dem letzten Prüfungsantritt zum Ergebnis gelangt ist, daß eine Berufsausbildung im Sinne der zitierten Bestimmung im Beschwerdefall nicht vorliegt, vermag dies der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Zum Zeitraum Oktober 2016 bis April 2017 (Wintersemester 2016/2017;Beginn Sommersemester 2017):
Bei ordentlichen Studien an einer Einrichtung im Sinn des § 3 Studienförderungsgesetzes ist es seit der oben angesprochenen Gesetzesänderung nicht (mehr) ausreichend, dass lediglich die Absicht zur erfolgreichen Ablegung von Prüfungen besteht, sondern kommt es - durch die vom Gesetzgeber vorgenommene Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen - entscheidend darauf an, dass diese Prüfungen in einem gesetzlich normierten Mindestausmaß auch tatsächlich erfolgreich abgelegt werden (vgl. bspw. ).
Im Wintersemester 2016/2017 absolvierte die Tochter des Bf., wie oben angeführt, lediglich eine einzige Prüfung im Ausmaß von 1,5 ECTS und war ferner nur zu einer (1) Prüfung, der Wiederholungsprüfung Analytische Chemie I (mit 3 ECTS- Punkten) angetreten, die sie abermals nicht bestand.
Damit hatte die Tochter des Bf. zwei Wiederholungsprüfungen (Analytische Chemie I und Grundlagen der Chemie) nicht positiv abzulegen vermocht. Zur 3. Wiederholungsprüfung (Anorganische Chemie I am nicht bestanden) trat sie gar nicht an.
Von einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung im Wintersemester 2016/2017 kann nicht gesprochen werden, in Verbindung mit den bereits im 1. Studienjahr zu Tage getretenen Schwierigkeiten kann dahingestellt bleiben, ob es sich um eine falsche Studienwahl gehandelt hatte.
In diesem Zeitraum befand sich die Tochter des Bf. in keiner ärztlichen Behandlung, zeitlich konkretisierte gesundheitliche Studienhinderungsgründe sind betreffend diesen Zeitraum nicht nachgewiesen. In die Richtung des Vorliegens von Studienhinderungsgründen weisende Hinweise beinhaltet die Anamnese der Krankengeschichte Dr. F., Fachärztin für Neurologie, betreffend die Tochter des Bf., datiert mit ,Wien, am ': ": Anamnese: Seit längerer Zeit depressiv (lustlos, Konzentrationsst,)". Eine Nachweisführung, in welchem Ausmaß es in diesem Zeitraum tatsächlich zur Studienbehinderung gekommen war, ist jedoch nicht erfolgt.
Die Beschwerde war daher betreffend den Zeitraum Oktober 2016 bis April 2017 als unbegründet abzuweisen.
Zum Zeitraum Mai 2017 bis September 2018 (Sommersemester 2017 bisSommersemester 2018):
Im Sommersemester 2017 legte die Tochter des Bf. eine Prüfung, Glasblasen - Übungen, 2 ECTS- Punkte, am , erfolgreich ab, im anschließenden Wintersemester 2017/18, am , trat sie zu einer Prüfung, der Wiederholungsprüfung Grundlagen der Chemie, 3.0 ECTS- Punkte, an, die sie abermals - ebenso wie davor die Wiederholungsprüfung ,Analytische Chemie I' - nicht bestand.
Das Finanzamt wendet sich mit folgender Argumentation gegen den Standpunkt des Bf.:
Dadurch, dass aber davor [bevor sich die Tochter des Bf. im Mai 2017 in ärztliche Behandlung begab] schon kein Familienbeihilfenanspruch bestand, weil eben gerade eine Berufsausbildung gemäß FLAG mangels Zielstrebigkeit nicht vorgelegen hat, kann die Krankheit per Definition auch keine Berufsausbildung iSd FLAG unterbrechen.
Betreffend diesen Einwand ist auszuführen:
Im Semester, das dem voranging, in welchem sich die Tochter des Bf. in ärztliche Behandlung begab (im Mai 2017), also im Wintersemester 2016/2017, absolvierte die Tochter des Bf. eine Prüfung im Ausmaß von 1,5 ECTS und war, am , zum zweiten Mal zu einer Prüfung (Analytische Chemie I mit 3 ECTS) angetreten, die sie nicht bestand; der erste Prüfungsantritt war am (vor dem Beschwerdezeitraum) erfolgt (und hatte zur Beurteilung mit ,nicht genügend' geführt).
Auf Grund folgender Umstände ist es nicht gerechtfertigt davon zu sprechen, die Tochter des Bf. habe ihr Studium mangels Zielstrebigkeit bereits abgebrochen - und nicht bloß unterbrochen - gehabt. Art und Ausmaß der nachfolgend angeführten Gesundheitsprobleme lassen den Rückschluss zu, dass eine gewisse erkrankungsbedingte Einschränkung auch im vorangegangenen Semester gegeben war.
Im Mai 2017 begab sich die Tochter des Bf. in ärztliche Behandlung; sie litt an einer mittelgradigen Depressio, Zwangsstörungen und Spannungskopfschmerz, die medikamentöse Behandlung erfolgte mit Sertralin, die Medikamente haben aber ,nicht geholfen', in einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt wurde die Medikation von Sertralin auf Escitalopram umgestellt (die zuvor verordnete Medikation hat ,nicht geholfen', auch nach der Medikamentenumstellung war keine rasche Besserung der Erkrankung (Depression) eingetreten, das Depressionsmedikament Escitalopram nahm die Tochter des Bf. etwa ein- bis eineinhalb Jahre lang ein) und war sie an der Fortführung des Studiums in diesem Zeitraum durchgehend wesentlich gehindert. Anfang Juli 2018 trat zudem eine Zervixdysplasie (intraepitheliale plattenepitheliale oder drüsige Präkanzerose) hinzu, es erfolgte eine CK Curettage, und erhöhte, was weiterer Ausführungen nicht bedarf, den Leidensdruck auf die Tochter des Bf. Auf Grund welches Umstandes bzw. welcher Umstände die Krankengeschichte Dr. F., Fachärztin für Neurologie, bzw. die Bestätigung vom Juli 2020 keinen ausreichenden Beweis für eine dreimonatige ununterbrochene Behinderung des Studiums darstellt, wurde vom Finanzamt nicht dargelegt und ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
- Hatte die beschriebene Erkrankung im Mai 2017, somit rund 1 ½ Jahre nach ihrem
Studienbeginn im Oktober 2015, einen Leidensdruck in einem Maß aufgebaut, der die
Tochter des Bf. veranlasste, sich in ärztliche Behandlung zu begeben,
- bewirkten die Behandlungen geraume Zeit keine Besserung ihres Zustandes,
- kam es zu einer Umstellung der Medikation, war auch nach dieser keine rasche Besserung
der Erkrankung (Depression) eingetreten und
- spielten sich all diese Vorgänge während ihres Technische Chemie- Studiums ab,
entspricht die Angabe der Tochter des Bf., dass sie ihr "Studium (Technische Chemie) mit der Erkrankung behaftet gesehen (hat) und so … auf das Studium Biologie umgestiegen (ist)", der Lebenserfahrung und kann nicht mit Recht angezweifelt werden, sie entspreche nicht der Wahrheit. Auf Grund dieser besonderen Umstände vermag sich der Wechsel auf das Biologiestudium (im Oktober 2019) nicht rückwirkend auf den beschwerdegegenständlichen Zeitraum (Mai 2017 bis September 2018) auszuwirken.
Betreffend dieses ab Oktober 2019 begonnene Studium sei bemerkt, dass die Angaben der Tochter des Bf. auf ein Überwinden ihrer Erkrankung bzw. erkrankungsbedingten Schwierigkeiten hinweisen: "In diesem Studium befinde ich mich im Stadium vor dem Bachelor. Ich habe vor, dieses Studium weiter zu führen. Mit dem Biologiestudium (nicht Lehramt-Biologie) komme ich viel besser zurecht. Ich führe das darauf zurück, dass mittlerweile die Medikamente zu wirken begonnen haben (Escitralopram etwa ein- bis eineinhalb Jahre lang)."
Unter Punkt 3. der Stellungnahme des Finanzamtes vertritt das Finanzamt unter Verweis auf die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/1540-W/10 (eine krankheitsbedingte Unterbrechung der Berufsausbildung bei einer Dauer von 20 Monaten wurde als beihilfenschädlich angesehen) folgende Ansicht:
Laut ärztlicher Bestätigung war die Tochter des Bf vom Mai 2017 bis September 2018 durchgehend gehindert, das Studium fortzuführen. Es handelt sich hierbei um 17 Monate, weswegen die ho. Dienststelle nach der og Rechtsprechung eine Unterbrechung von 17 Monaten als beihilfenschädlich ansieht.
Dieser Ansicht wird entgegengehalten:
1. Der angesprochene 17 Monate- Zeitraum bezieht sich auf die Monate "Mai 2017 bis September 2018". In diesem Zeitraum war jedoch keine Unterbrechung gegeben, sondern eine gravierende krankheitsbedingte Studienbehinderung, das zeigen die im Sommersemester 2017 (am ) erfolgreich abgelegte Prüfung und das im Wintersemester 2017/18 (am ) erfolgte Prüfungsantreten (wenn die Prüfung auch mit nicht genügend beurteilt wurde).
2. Im o.a. Erkenntnis vom , 2009/16/0088, sprach der Verwaltungsgerichtshof (nach Zitierung der Erwägungen des Erkenntnisses vom , Zl. 98/15/0001) aus, aus diesem Erkenntnis folgt für den Fall der Unterbrechung der Ausbildung …, dass auch eine solche Unterbrechung für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich ist, wenn sie den Zeitraum von zwei Jahren nicht deutlich übersteigt.
Der Beschwerde war daher betreffend den Zeitraum Mai 2017 bis September 2018 stattzugeben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind einer Revision nicht zugängig.
Wien, am
1. Sachverhalt
Von Oktober 2015 bis Februar 2019 war die Tochter des Bf. in der Studienrichtung Bachelorstudium Technische Chemie an der Technischen Universität Wien inskribiert (Beschwerdevorentscheidung).
In den beiden nicht beschwerdegegenständlichen Semestern
- Wintersemester 2015/2016 und
- Sommersemester 2016
hatte die Tochter des Bf. den Erfolgsnachweis für das 1. Studienjahr mit positiv abgelegten Prüfungen von 17,5 ECTS- Punkten erbracht; drei Prüfungen: Analytische Chemie l, Anorganische Chemie I und Grundlagen der Chemie (insgesamt 10,5 ECTS- Punkte) führten zur Beurteilung mit ,nicht genügend' (vorgelegte Bestätigung des Studienerfolges vom ; vgl. Beschwerdevorentscheidung).
Im (beschwerdegegenständlichen) Wintersemester 2016/2017 absolvierte die Tochter des Bf. (am ) eine Prüfung im Ausmaß von 1,5 ECTS und trat am , zum zweiten Mal, zur Prüfung (Analytische Chemie I mit 3 ECTS) an, die sie abermals nicht bestand; der erste Prüfungsantritt war am (vor dem Beschwerdezeitraum) erfolgt (und hatte zur Beurteilung mit nicht genügend geführt).
Im Sommersemester 2017 legte sie eine Prüfung mit 2 ECTS- Punkten (Glasblasen - Übungen am ) erfolgreich ab.
Im Wintersemester 2017/18, am , trat sie zu einer Prüfung, der Wiederholungsprüfung Grundlagen der Chemie, 3.0 ECTS- Punkte, an, die sie abermals nicht bestand; der erste Prüfungsantritt war am (vor dem Beschwerdezeitraum) erfolgt (und hatte zur Beurteilung mit nicht genügend geführt).
Im Sommersemester 2018 bestand sie eine Feuerlöschungsübung mit 0.1 ECTS.
Nach dem Prüfungsantritt zur Wiederholungsprüfung ,Grundlagen der Chemie' am , die die Tochter des Bf. ebenso wie die Wiederholungsprüfung ,Analytische Chemie I' am nicht bestand, trat sie, abgesehen von der Feuerlöschungsübung mit 0.1 ECTS, zu keiner weiteren Prüfung mehr an.
Vom 01. März bis war die Tochter des Bf. geringfügig beschäftigt und erhielt - im 10-monatigen Zeitraum - Bruttobezüge iHv € 3.665,55 (Beschwerdevorentscheidung, Abgabeninformationssystemabfrage).
Am hatte die Tochter des Bf. einen stationären Aufenthalt in einem Wiener Krankenhaus (Aufenthaltsbestätigung).
Gemäß dem Patientenbrief über den stationären Aufenthalt an der Abteilung handelte es sich um Folgendes:
Aufnahmegrund
PAP IIID (1x)
Diagnosen
PAP IIID (1x)
Durchgeführte Maßnahmen
Dysplasie (*) Befund
PAP Abnahme: endocervikal und ektocervikal, ad Zytologie
CK Curettage: erfolgt, ad Histologie
Kolposkopie: adäquat beurteilbar
Transformationszone Typ : 1
Gefäßzeichnungen: typisch
interkapillärer Abstand: klein
Essigprobe: pos.
Jodprobe: anwesend Lokalisation?
Biopsie: Probenentnahme Lokalisation
bei 6 und 12 Uhr
Blutstillung mittels Silbernitratstäbchen
Befundbesprechung und Procedere:
Am um 18:30
* Internetabfrage (ac-forscht.de/zervikaldyspl.): Zellveränderung am Gebärmutterhals, im Fachjargon Zervix genannt. Eine Dysplasie ist kein Krebs, kann aber im weiteren Verlauf dazu führen. … Die Dysplasie lässt sich in drei Schweregrade unterteilen: Grad 1 ist harmlos und nicht behandlungsbedürftig, … . Grad 2 muss nicht zwingend therapiert werden, hier wird individuell entschieden. Bei Grad 3 müssen die Ärzte handeln - oft bleibt keine andere Wahl, als ein Stück des Gebärmutterhalses zu entfernen.
Der Befundbericht vom beinhaltet Folgendes:
Klinischer Status:
Heute Befundbesprechung:
Zyto: PAP III endocervikal und PAP IIID ektocervikal
Histo: CIN I
Diagnosen:
Cervixdysplasie
Behandlung:
Weiteres Procedere wurde besprochen und folgendes Vorgehen vereinbart:
Engmaschige PAP Kontrolle - alle 3 Monate für 1 Jahr
Weiteres wurde das Thema Trichloressigsäure diskutiert -
falls erwünscht z.B. über Prof. Speiser
HPV Impfung empfohlen
Die Krankengeschichte Dr. F., Fachärztin für Neurologie, betreffend die Tochter des Bf., datiert mit ,Wien, am ', weist Folgendes aus:
:
Anamnese:
Seit längerer Zeit depressiv (lustlos, Konzentrationsst,) v
a emotionell belastende Sit. verschlechtern die Depressio.
hat - da der Partner sie immer neg. beeinfl, die
Partnerschaft nach 4 J beendet. Auch innere Leere auch
appetitlos seit einigen Mo 6 kg abgenommen. Jetzt wieder in
einer Partnerschaft, Müsse wiederholt nachsehen ob sie zB
zugesperrt hat. (Kontrollzwang) aber erst seit 2 Mo. Seit
einiger Zeit Ein- und Durchschlafstörungen auch
Alpträume (Ängste verlassen zu werden ). Seit 2 Mo auch
täglich abends druckf. bitemp druckf KS immer wenn sie zu
lernen beginne.
FK: in Pubertät auch depressiv gew. damals auch SMG, auch
an UA geritzt, damals auch Frustessen, hat keine Hilfe
beansprucht.
SA: Chemie-stud im 4 sem., macht Freude aber
Konzentrationsst
Med: keine, Pille
Diagnosen:
Depressio, Zwangsst.,
Spannungskopfschmerz
Folgendes Rezept wurde ausgestellt:
SERTRALIN KRKA FTBL 50MG, 30 ST
Kartei:
NS: HN: Visus grobklinisch o.B., Pupillen mittelweit, direkte
NS: und konsensuelle Lichtreaktion prompt, Bulbusmotilität frei,
NS: keine Doppelbilder, kein Nystagmus, V und VII unauffällig
NS: untere Hirnnerven insges. unauffällig. OE und UE: Kraft und
NS: Tonus seitengleich unauffällig, MER:
NS: seitengleich mittellebhaft auslösbar, Babinski bds. neg.
NS: AV V und FNV o.B., Romberg und Unterberger o.B., Zehen-
NS: und Fersenstand unauffällig.
PS: Bewusstsein klar, allseits orientiert, im Sensorium
PS: unauffällig. Kogn. Funkt.
PS: inkl. Alt- und Kurzzeitgedächtnis normal, im Gedankenduktus
PS: kohärent und PS: zielführend, auch Konzentration, Tempo und Ablauf normal.
PS: Thymopsych.
PS: Funktionen: Stimmungslage subdepressiv bis depressiv,
PS: Befindlichkeit negativ
PS: getönt, Affekt stimmungsadäquat, Affizierbarkeit im pos.
PS: Bereich vermindert,
PS: Antrieb vermindert. Biorhythmusstörung.
M: SERTRALIN KRKA FTBL S0MG/30ST/1 1/2-0-0 nach 1 wo 1-0-0
U: AD PSYCH_THER (Bestätigung)
BR: BRIEF (AN DEN WEITERBEHANDELNDEN ARZT Dr.) :
Diagnosen:
Depressio, Zwangsst.,
Spannungskopfschmerz
Behandlung:
Psych Th empfohlen sui sponte auch gewünscht!!! Adressen
(GKK u Mag Ondra mitgeg)
Kartei:
VK: Hatte 2017 Sertralin genommen, hat nicht geholfen hat Med
VK: abges. Habe jetzt Probleme mit PAP-Abstrich, muß eine Ko
VK: machen, auch and. körperliche Probleme z b KS. Möchte eine
VK: Psycho-Tth machen, habe immer noch Angst
VK: sich zu öffnen, kann niemandem vertrauen, auch Ko- Zwang
VK: (müsse ständig kontrollieren ob sie z B die Tür versperrt
VK: hat, müsse 10 Min lang immer wieder probieren !!!
VK: Med. keine
NS: Idem zu Voruntersuchung.
BR: BRIEF (AN DEN WEITERBEHANDELNDEN ARZT Dr.)
Mit Arztbrief vom bestätigte die Fachärztin für Neurologie Dr. F. betreffend die Tochter des Bf. folgende Diagnosen
- eine mittelgradige Depressio
- Zwangsstörungen
- Spannungskopfschmerz
Die Patientin war von Mai 2017 bis September 2018 mit og. Diagnosen bei meiner Vorgängerin Dr. L… in neuropsychiatrischer Behandlung. Hierbei hatte die Patientin div. Symptome mit Antriebslosigkeit, Angststörungen und Panikattacken und deutlichen Ein- und Durchschlafstörungen. Aufgrund der multiplen Symptomatik konnte sich die Patientin nicht konzentrieren und war daher an der Fortführung des Studiums in diesem Zeitraum durchgehend wesentlich verhindert.
In einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt wurde die Medikation von Sertralin auf Escitalopram umgestellt. Die zuvor verordnete Medikation hat ,nicht geholfen', auch nach der Medikamentenumstellung war keine rasche Besserung der Erkrankung (Depression) eingetreten. Das Depressionsmedikament Escitalopram nahm die Tochter des Bf. etwa ein- bis eineinhalb Jahre lang ein (vgl. Krankengeschichte Dr. F., Fachärztin für Neurologie sowie Niederschrift über die mündliche Verhandlung).
2. Beweiswürdigung
Die im Einzelnen getroffenen Feststellungen beruhen auf den jeweils angeführten Grundlagen, sind unstrittig und bedarf es daher keiner weiteren Ausführungen.
Die Angaben der Tochter des Bf. in der mündlichen Verhandlung waren sowohl in sich als auch mit dem übrigen Akteninhalt widerspruchsfrei, mehr noch: es kam nichts hervor, was Anlass zu Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit gab.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1 Zu Spruchpunkt I.
Im Erkenntnis vom , RV/7102584/2018, erwog das Bundesfinanzgericht:
Die Unterbrechung der Ausbildung durch der Natur der Dinge entsprechende Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges ist für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich. Hiezu gehören Erkrankungen, die die Berufsausbildung auf begrenzte Zeit unterbrechen, genauso wie Urlaube und Schulferien (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 15. Feber 1983, 82/14/0148). Bei einer mehrjährigen krankheitsbedingten Unterbrechung der tatsächlichen Berufsausbildung bleibt hingegen der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht bestehen, weil die Berufsausbildung nicht mehr aufrecht ist (vgl. nochmals VwGH-Erkenntnis 89/14/0070). …
Laut Aktenlage hat die Tochter der Bf das unterbrochene Studium nicht fortgesetzt bzw. de facto abgebrochen. Da die Tochter der Bf im Beschwerdezeitraum und auch danach laut Aktenlage durchgehend gehindert gewesen ist, das beschwerdegegenstdl. Studium bzw. laut Ausführungen der Bf überhaupt ein Studium zu absolvieren, bzw. das beschwerdegegenständliche Studium nach Unterbrechung nicht fortsetzte (vgl. zuletzt die Ausführungen im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das BFG), konnte Ausbildung im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht angenommen werden. Die diesbezüglichen Voraussetzungen für den Familienbeihilfenbezug iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 idgF wurden nicht erfüllt, weshalb (aus dem Titel der Ausbildung) im beschwerdegegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe vorlag.
Im Erkenntnis vom , 90/14/0108, erwog der Verwaltungsgerichtshof:
Die Unterbrechung der Ausbildung durch der Natur der Dinge entsprechende Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges sind für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich. Hiezu gehören Erkrankungen, die die Berufsausbildung auf begrenzte Zeit unterbrechen, genauso wie Urlaube und Schulferien (vgl. hg. Erkenntnis vom 15. Feber 1983, 82/14/0148). Bei einer mehrjährigen krankheitsbedingten Unterbrechung der tatsächlichen Berufsausbildung bleibt hingegen der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht bestehen, weil die Berufsausbildung nicht mehr aufrecht ist (vgl. nochmals hg. Erkenntnis 89/14/0070).
Entscheidend ist im gegenständlichen Fall, ob der Sohn der Beschwerdeführerin in der Zeit vom November 1982 bis Oktober 1984 - abgesehen vom Zeitraum der Ablegung des Präsenzdienstes - in Berufsausbildung gestanden ist. Ob Berufsausbildung vorgelegen hat, ist zunächst eine Tatfrage, die die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat.
Wäre der Sohn der Beschwerdeführerin im Zeitraum vom November 1982 bis Oktober 1984 aufgrund seiner Krankheit durchgehend gehindert gewesen, für die Ausbildung erforderliche Prüfungen abzulegen, könnte Ausbildung in diesem [Anmerkung des Sachbearbeiters:
24-monatigen] Zeitraum nicht angenommen werden.
Im Erkenntnis vom , 2009/16/0088, erwog der Verwaltungsgerichtshof nach Zitierung der Erwägungen des Erkenntnisses vom , Zl. 98/15/0001:
Aus diesem Erkenntnis folgt für den Fall der Unterbrechung der Ausbildung …, dass auch eine solche Unterbrechung für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich ist, wenn sie den Zeitraum von zwei Jahren nicht deutlich übersteigt (Hervorhebung durch den Sachbearbeiter).
Der Verwaltungsgerichtshof erwog im Erkenntnis vom , 93/15/0133:
Wird aber die Tätigkeit, durch die ein Kind "für einen Beruf ausgebildet" wurde, nicht mehr wiederaufgenommen, sondern krankheitshalber oder aus welchen Gründen auch immer endgültig beendet, so kann ab der Beendigung nicht mehr von einer Berufsausbildung des Kindes im Sinne der in Rede stehenden Gesetzesstelle gesprochen werden.
Im oben zitierten Erkenntnis vom , 89/14/0070, erwog der Verwaltungsgerichtshof:
Wenn die belangte Behörde daher auf Grund eines fast vierjährigen Zeitraumes seit dem letzten Prüfungsantritt zum Ergebnis gelangt ist, daß eine Berufsausbildung im Sinne der zitierten Bestimmung im Beschwerdefall nicht vorliegt, vermag dies der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Zum Zeitraum Oktober 2016 bis April 2017 (Wintersemester 2016/2017;Beginn Sommersemester 2017):
Bei ordentlichen Studien an einer Einrichtung im Sinn des § 3 Studienförderungsgesetzes ist es seit der oben angesprochenen Gesetzesänderung nicht (mehr) ausreichend, dass lediglich die Absicht zur erfolgreichen Ablegung von Prüfungen besteht, sondern kommt es - durch die vom Gesetzgeber vorgenommene Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen - entscheidend darauf an, dass diese Prüfungen in einem gesetzlich normierten Mindestausmaß auch tatsächlich erfolgreich abgelegt werden (vgl. bspw. ).
Im Wintersemester 2016/2017 absolvierte die Tochter des Bf., wie oben angeführt, lediglich eine einzige Prüfung im Ausmaß von 1,5 ECTS und war ferner nur zu einer (1) Prüfung, der Wiederholungsprüfung Analytische Chemie I (mit 3 ECTS- Punkten) angetreten, die sie abermals nicht bestand.
Damit hatte die Tochter des Bf. zwei Wiederholungsprüfungen (Analytische Chemie I und Grundlagen der Chemie) nicht positiv abzulegen vermocht. Zur 3. Wiederholungsprüfung (Anorganische Chemie I am nicht bestanden) trat sie gar nicht an.
Von einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung im Wintersemester 2016/2017 kann nicht gesprochen werden, in Verbindung mit den bereits im 1. Studienjahr zu Tage getretenen Schwierigkeiten kann dahingestellt bleiben, ob es sich um eine falsche Studienwahl gehandelt hatte.
In diesem Zeitraum befand sich die Tochter des Bf. in keiner ärztlichen Behandlung, zeitlich konkretisierte gesundheitliche Studienhinderungsgründe sind betreffend diesen Zeitraum nicht nachgewiesen. In die Richtung des Vorliegens von Studienhinderungsgründen weisende Hinweise beinhaltet die Anamnese der Krankengeschichte Dr. F., Fachärztin für Neurologie, betreffend die Tochter des Bf., datiert mit ,Wien, am ': ": Anamnese: Seit längerer Zeit depressiv (lustlos, Konzentrationsst,)". Eine Nachweisführung, in welchem Ausmaß es in diesem Zeitraum tatsächlich zur Studienbehinderung gekommen war, ist jedoch nicht erfolgt.
Die Beschwerde war daher betreffend den Zeitraum Oktober 2016 bis April 2017 als unbegründet abzuweisen.
Zum Zeitraum Mai 2017 bis September 2018 (Sommersemester 2017 bisSommersemester 2018):
Im Sommersemester 2017 legte die Tochter des Bf. eine Prüfung, Glasblasen - Übungen, 2 ECTS- Punkte, am , erfolgreich ab, im anschließenden Wintersemester 2017/18, am , trat sie zu einer Prüfung, der Wiederholungsprüfung Grundlagen der Chemie, 3.0 ECTS- Punkte, an, die sie abermals - ebenso wie davor die Wiederholungsprüfung ,Analytische Chemie I' - nicht bestand.
Das Finanzamt wendet sich mit folgender Argumentation gegen den Standpunkt des Bf.:
Dadurch, dass aber davor [bevor sich die Tochter des Bf. im Mai 2017 in ärztliche Behandlung begab] schon kein Familienbeihilfenanspruch bestand, weil eben gerade eine Berufsausbildung gemäß FLAG mangels Zielstrebigkeit nicht vorgelegen hat, kann die Krankheit per Definition auch keine Berufsausbildung iSd FLAG unterbrechen.
Betreffend diesen Einwand ist auszuführen:
Im Semester, das dem voranging, in welchem sich die Tochter des Bf. in ärztliche Behandlung begab (im Mai 2017), also im Wintersemester 2016/2017, absolvierte die Tochter des Bf. eine Prüfung im Ausmaß von 1,5 ECTS und war, am , zum zweiten Mal zu einer Prüfung (Analytische Chemie I mit 3 ECTS) angetreten, die sie nicht bestand; der erste Prüfungsantritt war am (vor dem Beschwerdezeitraum) erfolgt (und hatte zur Beurteilung mit ,nicht genügend' geführt).
Auf Grund folgender Umstände ist es nicht gerechtfertigt davon zu sprechen, die Tochter des Bf. habe ihr Studium mangels Zielstrebigkeit bereits abgebrochen - und nicht bloß unterbrochen - gehabt. Art und Ausmaß der nachfolgend angeführten Gesundheitsprobleme lassen den Rückschluss zu, dass eine gewisse erkrankungsbedingte Einschränkung auch im vorangegangenen Semester gegeben war.
Im Mai 2017 begab sich die Tochter des Bf. in ärztliche Behandlung; sie litt an einer mittelgradigen Depressio, Zwangsstörungen und Spannungskopfschmerz, die medikamentöse Behandlung erfolgte mit Sertralin, die Medikamente haben aber ,nicht geholfen', in einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt wurde die Medikation von Sertralin auf Escitalopram umgestellt (die zuvor verordnete Medikation hat ,nicht geholfen', auch nach der Medikamentenumstellung war keine rasche Besserung der Erkrankung (Depression) eingetreten, das Depressionsmedikament Escitalopram nahm die Tochter des Bf. etwa ein- bis eineinhalb Jahre lang ein) und war sie an der Fortführung des Studiums in diesem Zeitraum durchgehend wesentlich gehindert. Anfang Juli 2018 trat zudem eine Zervixdysplasie (intraepitheliale plattenepitheliale oder drüsige Präkanzerose) hinzu, es erfolgte eine CK Curettage, und erhöhte, was weiterer Ausführungen nicht bedarf, den Leidensdruck auf die Tochter des Bf. Auf Grund welches Umstandes bzw. welcher Umstände die Krankengeschichte Dr. F., Fachärztin für Neurologie, bzw. die Bestätigung vom Juli 2020 keinen ausreichenden Beweis für eine dreimonatige ununterbrochene Behinderung des Studiums darstellt, wurde vom Finanzamt nicht dargelegt und ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
- Hatte die beschriebene Erkrankung im Mai 2017, somit rund 1 ½ Jahre nach ihrem
Studienbeginn im Oktober 2015, einen Leidensdruck in einem Maß aufgebaut, der die
Tochter des Bf. veranlasste, sich in ärztliche Behandlung zu begeben,
- bewirkten die Behandlungen geraume Zeit keine Besserung ihres Zustandes,
- kam es zu einer Umstellung der Medikation, war auch nach dieser keine rasche Besserung
der Erkrankung (Depression) eingetreten und
- spielten sich all diese Vorgänge während ihres Technische Chemie- Studiums ab,
entspricht die Angabe der Tochter des Bf., dass sie ihr "Studium (Technische Chemie) mit der Erkrankung behaftet gesehen (hat) und so … auf das Studium Biologie umgestiegen (ist)", der Lebenserfahrung und kann nicht mit Recht angezweifelt werden, sie entspreche nicht der Wahrheit. Auf Grund dieser besonderen Umstände vermag sich der Wechsel auf das Biologiestudium (im Oktober 2019) nicht rückwirkend auf den beschwerdegegenständlichen Zeitraum (Mai 2017 bis September 2018) auszuwirken.
Betreffend dieses ab Oktober 2019 begonnene Studium sei bemerkt, dass die Angaben der Tochter des Bf. auf ein Überwinden ihrer Erkrankung bzw. erkrankungsbedingten Schwierigkeiten hinweisen: "In diesem Studium befinde ich mich im Stadium vor dem Bachelor. Ich habe vor, dieses Studium weiter zu führen. Mit dem Biologiestudium (nicht Lehramt-Biologie) komme ich viel besser zurecht. Ich führe das darauf zurück, dass mittlerweile die Medikamente zu wirken begonnen haben (Escitralopram etwa ein- bis eineinhalb Jahre lang)."
Unter Punkt 3. der Stellungnahme des Finanzamtes vertritt das Finanzamt unter Verweis auf die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/1540-W/10 (eine krankheitsbedingte Unterbrechung der Berufsausbildung bei einer Dauer von 20 Monaten wurde als beihilfenschädlich angesehen) folgende Ansicht:
Laut ärztlicher Bestätigung war die Tochter des Bf vom Mai 2017 bis September 2018 durchgehend gehindert, das Studium fortzuführen. Es handelt sich hierbei um 17 Monate, weswegen die ho. Dienststelle nach der og Rechtsprechung eine Unterbrechung von 17 Monaten als beihilfenschädlich ansieht.
Dieser Ansicht wird entgegengehalten:
1. Der angesprochene 17 Monate- Zeitraum bezieht sich auf die Monate "Mai 2017 bis September 2018". In diesem Zeitraum war jedoch keine Unterbrechung gegeben, sondern eine gravierende krankheitsbedingte Studienbehinderung, das zeigen die im Sommersemester 2017 (am ) erfolgreich abgelegte Prüfung und das im Wintersemester 2017/18 (am ) erfolgte Prüfungsantreten (wenn die Prüfung auch mit nicht genügend beurteilt wurde).
2. Im o.a. Erkenntnis vom , 2009/16/0088, sprach der Verwaltungsgerichtshof (nach Zitierung der Erwägungen des Erkenntnisses vom , Zl. 98/15/0001) aus, aus diesem Erkenntnis folgt für den Fall der Unterbrechung der Ausbildung …, dass auch eine solche Unterbrechung für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich ist, wenn sie den Zeitraum von zwei Jahren nicht deutlich übersteigt.
Der Beschwerde war daher betreffend den Zeitraum Mai 2017 bis September 2018 stattzugeben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind einer Revision nicht zugängig.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102801.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at