Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.12.2023, RV/7103463/2023

Eine entrichtete Selbstbemessungsabgabe (hier: DB), hinsichtlich derer dem (beantragten) Begehren, den DB mit Null festzusetzen, Rechnung getragen wurde - hier: keine Festsetzung von Beschwerdezinsen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/13/0037.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/7103463/2023-RS1
Wird der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen vom Abgabepflichtigen entrichtet und in weiterer Folge - in einem auf "Null-Festsetzung" gerichteten Verfahren nach § 201 BAO - zurückgezahlt, so sind für die rückgezahlten Dienstgeberbeiträge keine Beschwerdezinsen (§ 205a BAO) festzusetzen. Dies deshalb, weil ein Streit im Rechtsmittelweg wegen "Null-Festsetzung" (und damit einhergehend: Zuerkennung einer Abgabengutschrift) nicht zu der Möglichkeit einer Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) und daher – mangels möglicher „Entrichtung“ eines beantragten Gutschriftbetrages - auch nicht zu Beschwerdezinsen führt ().

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden MMag. Gerald Erwin Ehgartner und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Elisabeth Traxler, Mag. Harald Zeller und Christian Ringseis in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellangasse 51, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom betreffend Beschwerdezinsen (§ 205a BAO) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist die Festsetzung von Beschwerdezinsen gemäß § 205a Bundesabgabenordnung (BAO) hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) für die Kalenderjahre 2000-2003.

Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:

Die Beschwerdeführerin (Bf) hat die beschwerdegegenständlichen Kalenderjahre (2000-2003) betreffend den DB entrichtet.

Mit an das Finanzamt Wien 1/23 gerichteten Anträgen ua. vom und vom hat die Bf beantragt, den DB ua. für die Kalenderjahre 2000-2003 mit Null festzusetzen.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt diese Anträge als unbegründet abgewiesen.

Der dagegen eingebrachten Beschwerde vom hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7104988/2018, Folge gegeben. Die vom Finanzamt dagegen erhobenen Revisionen hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen (Beschlüsse vom , Ra 2019/13/0098, und Ro 2019/13/0038).

In ihrem (an das Finanzamt gerichteten) Antrag vom hat die Bf beantragt, betreffend DB für die Kalenderjahre 2000-2003 Beschwerdezinsen gemäß § 205a BAO in Höhe von € 135.045,78 festzusetzen und hat diesen Antrag wie folgt begründet: Aufgrund des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/7104988/2018, sei - für die Kalenderjahre 2000-2003 - in Summe ein DB in Höhe von € 1.013.561,94 gutgeschrieben worden. Das sei (auch) die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Beschwerdezinsen nach § 205a BAO.
Nach § 205a BAO seien Beschwerdezinsen für den Zeitraum ab Entrichtung bis zur Bekanntgabe des die Abgabe herabsetzenden Bescheides bzw. Erkenntnisses festzusetzen. Die durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom (gemeint wohl: vom ) mit Null festgesetzten Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag (gemeint wohl: Dienstgeberbeiträge) seien in den Jahren 2000-2004, somit alle vor dem , an das Finanzamt überwiesen und auf dem Abgabenkonto verbucht worden.
Vor diesem Hintergrund seien daher für den Zeitraum vom (Tag des Inkrafttretens des § 205a BAO) bis zum (Tag der Zustellung des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes) Beschwerdezinsen in Höhe von € 135.045,78 festzusetzen.
Diesen Ausführungen hat die Bf ihre Berechnung der Beschwerdezinsen angeschlossen.

Das (nunmehr zuständige) Finanzamt für Großbetriebe hat diesen Antrag mit Bescheid vom abgewiesen und diese Entscheidung wie folgt begründet: Gemäß § 205a Abs. 3 BAO stünden Beschwerdezinsen insoweit nicht zu, als ein Bescheid in Punkten angefochten werde, in denen er von dem ihm zu Grunde liegenden Anbringen nicht abweiche. Bei in Abgabenvorschriften (hier: § 43 FLAG 1967) angeordneten Selbstberechnungen von Abgaben trete an die Stelle des Bescheides der der Abgabenbehörde bekanntgegebene selbstberechnete Betrag. Als Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages könne in Fällen ohne Erklärungspflicht auch seine Entrichtung anzusehen sein (, mwH). Im ggstdl. Fall sei daher als Anbringen der Bf die ursprüngliche Selbstberechnung (Meldung) und Entrichtung der Dienstgeberbeiträge anzusehen. Das Finanzamt sei von der bekanntgegebenen Selbstberechnung nicht abgewichen und habe die selbstberechneten und entrichteten Abgaben entsprechend verbucht. Erst später habe die Bf die berichtigte Festsetzung der Dienstgeberbeiträge mit Null beantragt. Aus diesem weiteren Anbringen resultiere keine Zahlungsverpflichtung, sodass dieses auch keine Grundlage für eine Entrichtung sein könne. Daher habe (auch) der den Antrag auf Nullfestsetzung abweisende Bescheid des Finanzamtes zu keiner Zahlungsverpflichtung geführt, die Gegenstand einer Einhebung nach § 212a BAO sein hätte können und umgekehrt - nämlich: im Fall der Entrichtung und nachträglichen Bescheidaufhebung im Beschwerdeverfahren - auch nicht zu Beschwerdezinsen iSd § 205a BAO führen könne.
Die Frage einer mittelbaren Abhängigkeit der Entrichtung von der Beschwerdeerledigung - abgesehen davon, dass eine solche mittelbare Abhängigkeit im ggstdl. Fall nicht erfüllt sein könne, weil die frühere Selbstberechnung und Entrichtung nicht mittelbar von der Abweisung des späteren Berichtigungsantrages habe abhängig sein können - stelle sich nicht, weil auch bei mittelbaren Abhängigkeiten das fehlende Abweichen vom mittelbar zu Grunde liegenden Anbringen nach § 205a Abs. 3 BAO Beschwerdezinsen ausschließe. Im vorliegenden Fall sei die Selbstberechnung und die Entrichtung der Dienstgeberbeiträge unstrittig. Die Verbuchung durch das Finanzamt sei erklärungsgemäß erfolgt. Von einer (amtswegigen) Festsetzung der entrichteten Beträge könne somit keine Rede sein. Im ggstdl. Fall seien die Beschwerdezinsen daher nach dem ersten Satz (Fall) des § 205a Abs. 3 BAO auszuschließen.

Diesen Ausführungen ist die Bf in ihrer dagegen eingebrachten Beschwerde vom wie folgt entgegengetreten:
Voraussetzung für die Festsetzung von Beschwerdezinsen sei - neben dem Antrag des Abgabepflichtigen -
- eine entrichtete Abgabenschuldigkeit,
- deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhänge und
- die Herabsetzung der Abgabenschuldigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde.
Diese Voraussetzungen seien allesamt kumulativ wie folgt erfüllt:
- Der DB für den Zeitraum 01/2000-12/2003 sei vor Bekanntgabe des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom entrichtet worden.
- Abgaben, deren Höhe mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängig seien, seien alle diejenigen, die im Falle einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabepflichtigen herabzusetzen seien oder deren Festsetzung diesfalls überhaupt aufzuheben sei (Ritz/Koran, BAO, 7. Auflage, § 212a, II. Voraussetzungen, Rz 7; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO³, § 212a Anm 2; ).
- Der entrichtete DB sei durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom herabgesetzt worden.
Die Voraussetzungen des § 205a BAO für die Festsetzung von Beschwerdezinsen seien damit im vorliegenden Fall allesamt erfüllt.
Dass sich aus dem angefochtenen Bescheid (hier: Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Nullfestsetzung des DB) eine Zahlungsverpflichtung, die Gegenstand einer Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) hätte werden können, ergeben müsse, sei weder in § 205a Abs. 1 BAO noch in den weiteren Absätzen des § 205a BAO als Voraussetzung für die Festsetzung von Beschwerdezinsen angeführt. Der Anwendungsbereich des § 205a BAO wäre bei dieser Auslegung in sinnwidriger Weise stark eingeschränkt, da dann beispielsweise für Selbstbemessungsabgaben, die entrichtet worden seien, aber auch für Einkommensteuer, Körperschaftsteuer oder Umsatzsteuer, wenn bereits Vorauszahlungen geleistet worden seien, Beschwerdezinsen nicht oder nur im Falle einer Nachzahlung festgesetzt werden dürften. Eine derartige Auslegung widerspräche aber dem Normzweck des § 205a BAO, der darin bestehe, die Abgabepflichtigen, die Abgabenschuldigkeiten während eines anhängigen Verfahrens über die Berechnung dieser Abgaben entrichten würden, betreffend des Zinsenrisikos mit jenen Abgabepflichtigen wirtschaftlich gleich zu behandeln, die eine Aussetzung der Einhebung dieser Abgabenschuldigkeiten beantragen würden (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO³, § 205a, Rz 4a). Weder der Gesetzeswortlaut noch die Richtlinien des BMF stellten darauf ab, dass nur Abgabennachforderungen, die im bekämpften Bescheid vorgeschrieben würden, einem Beschwerdezinsenantrag zugänglich seien (vgl. Rzeszut/Luka, SWK 2019/32, 1382-1386). Andernfalls bestünde im Falle ausreichend hoher Körperschaftsteuervorauszahlungen (bzw. gegebenenfalls auch durch Leistung einer Zahlung zur Vermeidung von Anspruchszinsen zum 30.09. des Folgejahres), derzufolge es erst gar nicht zur bescheidmäßigen Festsetzung einer Abgabennachforderung kommen würde, nie die Möglichkeit zur Festsetzung von Beschwerdezinsen. Ebenso stehe eine Beschwerdeverzinsung zu, selbst wenn (anders als bei der Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO) dem angefochtenen Bescheid keine Abgabennachforderung zugrunde liege, etwa, weil so hohe Vorauszahlungen geleistet worden seien (vgl. Rzeszut/Luka, SWK 2019/32, 1382-1386).
Dass die Ansicht des Finanzamtes nicht zutreffend sei, zeige somit auch Folgendes: Hätte die Bf den DB zunächst nicht entrichtet, sondern dem Finanzamt die Höhe des DB und die Gründe für die Nichtentrichtung durch einen Festsetzungsantrag gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO mit Null unter Bekanntgabe der nach Rechtsansicht des Finanzamtes vorzuschreibenden Abgabenschuld angezeigt, hätte das Finanzamt den DB bescheidmäßig festsetzen müssen. Im Zusammenhang mit einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hätte eine Aussetzung der Einhebung beantragt werden können oder der DB hätte trotz eingebrachter Beschwerde auch entrichtet werden können. Da sich diesfalls aus dem Bescheid des Finanzamtes eine Zahlungsverpflichtung ergeben hätte, die Gegenstand einer Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) werden hätte können, würden, wenn der DB entrichtet worden wäre (eine spätere Herabsetzung des DB als Folge der Entscheidung über die Beschwerde vorausgesetzt) nach Ansicht des Finanzamtes Beschwerdezinsen zustehen. Eine Differenzierung danach, ob die Entrichtung einer streitgegenständlichen Abgabe vor oder nach Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolge, sei § 205a BAO nicht zu entnehmen. Entscheidend sei, dass eine bereits entrichtete Abgabenschuldigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde herabgesetzt werde. Nach § 205a Abs. 3 BAO seien Zinsen nur insoweit festzusetzen, als ein Bescheid in Punkten angefochten werde, in denen er von dem ihm zugrundeliegenden Anbringen abweiche oder ein Bescheid angefochten werde, dem kein Anbringen zugrunde liege. Das Finanzamt sei hier der Ansicht, dass das relevante Anbringen die erfolgte Selbstberechnung und Entrichtung gewesen sei, wovon im Bescheid nicht abgewichen worden sei, sodass die Voraussetzungen des § 205a Abs. 3 BAO nicht erfüllt seien. Den vor dem Bundesfinanzgericht angefochtenen Bescheiden seien aber Anträge auf Festsetzung des DB mit Null und Rückzahlung der sich daraus ergebenden Gutschriften zugrunde gelegen. Diesen Anträgen habe das Finanzamt nicht stattgegeben, womit ein Abweichen von den zugrundeliegenden Anbringen gegeben sei.
Da es sich beim DB um eine Selbstbemessungsabgabe handle, sei, um die Unrichtigkeit der Selbstbemessung geltend zu machen, zunächst die Erlangung eines Bescheides erforderlich. Nach der Judikatur sei bei Selbstbemessungsabgaben bei Meinungsverschiedenheiten auch vor dem AbgRmRefG über die Richtigkeit der Selbstbemessung ein Bescheid zu erlassen gewesen (vgl. zB ). Dieser Bescheid bilde den Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens, damit seien Anträge auf Festsetzung des DB mit Null "zugrunde liegende Anbringen" iSd § 205a Abs. 3 BAO.
Ergänzend sei noch anzuführen, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2016/13/0034, in diesem Zusammenhang nicht einschlägig sei, da es in diesem Verfahren (nur) um eine Gutschrift aus einer Umsatzsteuervoranmeldung gegangen sei, während es hingegen im ggstdl. Fall um die Erstattung einer bereits entrichteten Abgabe gehe, für die ein Antrag auf Nichtfestsetzung gestellt worden sei, dem erst durch die Erledigung der Bescheidbeschwerde Folge geleistet worden sei.

Zusammen mit der Beschwerde hat die Bf ua auch die Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung (§ 262 Abs. 2 BAO) beantragt.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung haben die Bf und das Finanzamt auf ihre bisherigen Vorbringen verwiesen bzw. diese wiederholt und die Bf hat - wie bereits im bisherigen Verfahren - die Stattgabe der Beschwerde beantragt und das Finanzamt - auch wie bisher - die Abweisung der Beschwerde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Absätze 1 und 3 (erster Satz) in § 205a BAO lauten wie folgt:
"(1) Soweit eine bereits entrichtete Abgabenschuldigkeit, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, herabgesetzt wird, sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Zinsen für den Zeitraum ab Entrichtung bis zur Bekanntgabe des die Abgabe herabsetzenden Bescheides bzw. Erkenntnisses festzusetzen (Beschwerdezinsen).
(3) Zinsen sind nur insoweit festzusetzen, als ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er von dem ihm zugrunde liegenden Anbringen abweicht oder ein Bescheid angefochten wird, dem kein Anbringen zugrunde liegt."

Im (auch von der Bf angesprochenen) Erkenntnis vom , Ra 2016/13/0034, hat sich der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2011 (mit dem § 205a in die BAO eingefügt wurde) ausführlich mit dem Normzweck des § 205a BAO auseinandergesetzt und ist dabei zu folgendem Ergebnis gelangt:
"18 … steht § 205a BAO in engem Zusammenhang mit § 212a Abs. 9 BAO. Nach dieser Bestimmung sind für Abgabenschuldigkeiten, soweit u.a. infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt, Aussetzungszinsen zu entrichten. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.
19 Der Normzweck des § 205a BAO besteht darin, einen Abgabepflichtigen, der Abgabenschuldigkeiten während eines anhängigen Verfahrens über die Berechtigung dieser Abgaben entrichtet, betreffend das Zinsenrisiko mit jenem wirtschaftlich gleich zu behandeln, der eine Aussetzung der Einhebung dieser Abgabenschuldigkeiten beantragt.
20 Bei einer Aussetzung der Einhebung soll der Abgabepflichtige bei erfolgloser Bekämpfung der Nachforderung Zinsen zahlen; dieser Zinsenzahlung steht der Aspekt des Zinsengewinnes durch den Zahlungsaufschub gegenüber (vgl. das Erkenntnis vom , 99/13/0065, mwN); bei einer Herabsetzung der Nachforderung werden auch die Aussetzungszinsen reduziert.
21 Jener Abgabepflichtige hingegen, der keine Aussetzung der Einhebung der strittigen Abgaben begehrt, sondern die Abgaben vor Erledigung des Streites über die Berechtigung dieser Abgaben entrichtet, soll bei erfolgreicher Bekämpfung der Nachforderung Zinsen erhalten.
22 Damit ergibt sich die vom Gesetzgeber beabsichtigte Gleichbehandlung:
23 Erweist sich die Abgabenschuldigkeit im anhängigen Verfahren als nicht berechtigt, fallen bei Aussetzung der Einhebung - im Hinblick auf die rückwirkende Berücksichtigung des Verfahrensergebnisses - keine Aussetzungszinsen an. Hat der Abgabepflichtige hingegen die Abgabenschuldigkeit bereits entrichtet, erhält er - zur Abgeltung des durch die Entrichtung entstandenen Zinsverlustes - Beschwerdezinsen. Im Ergebnis (und bei pauschaler Betrachtung) tritt sowohl bei jenem Abgabepflichtigen, der die Aussetzung der Einhebung begehrt, als auch bei jenem, der die Abgaben entrichtet, kein Zinsverlust ein.
24 Stellt sich diese Abgabenschuldigkeit im anhängigen Verfahren hingegen als berechtigt heraus, hat jener, der die Aussetzung beantragt hat, Aussetzungszinsen zu bezahlen. Hat der Abgabepflichtige hingegen die Abgabenschuld bereits entrichtet, tritt ein Zinsverlust (allenfalls in Form entgangener Zinsen) im Hinblick auf die frühzeitige Zahlung ein. Auch hier wird im Ergebnis (und bei pauschaler Betrachtung) jener Abgabepflichtige, der die Aussetzung der Einhebung begehrt, mit jenem, der die Abgaben entrichtet, gleich behandelt; beide werden mit Zinsen belastet.
25 Besteht hingegen keine Abgabenschuldigkeit, weil sich - wie hier (Veranlagung mit 0 EUR) - aus dem Bescheid keine Nachforderung (eine aus einer Abgabenfestsetzung resultierende Zahlungsverpflichtung; vgl. das Erkenntnis vom , 2002/17/0238, mwN) ergibt, ist bei einer Bekämpfung dieses Bescheides eine Aussetzung der Einhebung (mangels Nachforderungsbetrages) nicht möglich, auch Aussetzungszinsen fallen in einem derartigen Fall nicht an. Mangels Nachforderung kommt eine Entrichtung nicht in Frage, sodass auch Beschwerdezinsen nicht in Betracht kommen.

27 Ein Streit im Rechtsmittelweg um die Zuerkennung einer Abgabengutschrift führt hingegen - entgegen dem Revisionsvorbringen - weder zu der Möglichkeit einer Aussetzung der Einhebung (vgl. etwa Ritz, aaO, § 212a Tz 13: Abweisung eines Antrags auf Nachsicht im Unterschied zum Widerruf einer Nachsicht) und daher auch nicht zu Aussetzungszinsen noch zu Beschwerdezinsen (mangels möglicher ,Entrichtung' eines beantragten Gutschriftbetrages)."

Entgegen der von der Bf vertretenen Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis den engen Zusammenhang zwischen § 205a BAO und § 212a BAO hervorgehoben. Und ungeachtet des Umstandes, dass dieses Erkenntnis zu einer Gutschrift (aus einer Umsatzsteuervoranmeldung) ergangen ist und es im ggstdl. - dem Antrag auf Festsetzung von Beschwerdezinsen zugrunde liegenden - Verfahren um die Erstattung einer bereits entrichteten Abgabe gegangen ist, sind die vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis von dem zugrundliegenden Sachverhalt losgelösten Grundsätze allgemein gehalten und daher auch im ggstdl. Fall zu beachten.

Auf den ggstdl. Fall bezogen bedeutet das daher kurz zusammengefasst: Ein - wie auch im ggstdl. Fall vorliegender - Streit im Rechtsmittelverfahren um die Zuerkennung einer Abgabengutschrift führt - weil aus einem diesbezüglichen Bescheid kein Nachforderungsbetrag resultiert - weder zu der Möglichkeit einer Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO), noch zu Beschwerdezinsen (§ 205a BAO).

Der Beschwerde war daher der gewünschte Erfolg zu versagen.


Zur Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG):
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Festsetzung von Beschwerdezinsen gemäß § 205a BAO gibt es bereits eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das Bundesfinanzgericht nicht abgewichen ist.
Die Revision ist daher nicht zulässig.

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 205a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103463.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at