Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages (fehlende Unterschrift auf dem Vorlageantrag)
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer xxx betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 beschlossen:
Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) als zurückgenommen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Der Beschwerdeführer (in Folge: Bf.) brachte am seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 ein und gab bei der Anzahl der inländischen gehalts- und pensionsauszahlenden Stellen "01" an. Der Bf. beantragte unter Punkt 5.1 den Alleinverdienerabsetzbetrag und erklärte unter Punkt 6, dass die jährlichen Einkünfte seiner Ehegattin 6.000,00 Euro nicht überschritten hätten und beanspruchte unter Punkt 7 den erhöhten Pensionistenabsetzbetrag.
In der Beilage "L1i" erklärte der Bf. unter Punkt 1.4, dass er einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte und gab er unter Punkt 1.4.4 an, Bezieher einer ausländischen Pension zu sein. In der Rubrik 2 "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, für die Österreich das Besteuerungsrecht zusteht", Punkt 2.1 "Einkünfte ohne Lohnausweis (kein Formular L 17 vorhanden)" wurde von ihm unter der Kennzahl 359 als "Einkünfte (Einnahmen abzüglich Werbungskosten)" der Betrag iHv 12.981,00 Euro eingetragen und zusätzlich der Vermerk "Deutsche Betriebsrente" handschriftlich eingefügt. Weiters erklärte der Bf., dass die Kennzahl 359 ausschließlich Pensionseinkünfte enthalten würde.
In der Rubrik 4 "Progressionsvorbehalt bei Auslandseinkünften" gab der Bf. unter Kz 493 Werbungskosten iHv. 1.152,60 Euro mit dem handschriftlichen Vermerk "von PVA Versicherung" an.
Die belangte Behörde erließ den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 am und setzte die Einkommensteuer iHv. 3.599,00 Euro fest. In der Begründung führte die belangte Behörde aus: Bei der Ermittlung des Steuersatzes seien ausländische Einkünfte in Höhe von 21.447,84 Euro berücksichtigt worden. Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag sei nicht berücksichtigt worden, da die Pensionseinkünfte höher als der Grenzbetrag von 25.250,00 Euro seien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. fristgerecht am Beschwerde und führte begründend aus, dass der Steuerbescheid EU-rechtswidrig seine deutsche, staatliche Rente beinhalte. Diese sei nur im Quellenstaat steuerpflichtig, in seinem Fall sei dies Deutschland. Nachdem seine Doppelbesteuerung zwischen Deutschland und Österreich von Beginn an EU-rechtswidrig erstellt worden sei, lehne er die Bezahlungsanforderung ab. Er richte sich nach seiner Steuerberechnung für das Jahr 2021 (935,26 Euro). Sein Steuerguthaben (Aufstellung vom ) betrage 32.159,53 Euro abzüglich Steuer 2021 935,26 Euro, das Restguthaben Stand betrage 31.224,27 Euro.
Der Beschwerde waren als Anhänge beigefügt:
- Kopie des Einkommensteuerbescheids 2021 vom , auf welchem der Bf. auf Seite 1 bei "Einkommen 15.676,32" den handschriftlichen Vermerk "ö. Pension + Deutsche Betriebsrente" und bei "Ausländische Einkünfte 21.447,84" den handschriftlichen Vermerk "Deutsche Staatliche Rente" beifügte;
- Kopie des Vorauszahlungsbescheids 2023, datiert ;
- Buchungsmitteilung 1/2022, datiert .
In einem Nachtrag zur Beschwerde, datiert , gab der Bf. an, dass im Steuerbescheid 2021 unter "Ausländische Einkünfte" ein Betrag von 21.447,84 Euro eingetragen sei. Laut seiner Steuererklärung vom für das Jahr 2021 habe er den Betrag von 21.447,84 Euro nicht deklariert. Dadurch werde diese Summe von ihm nicht anerkannt, sie sei illegal. Diese Belastung in der Steuererklärung sei falsch. Laut seiner Berechnung für das Besteuerungsjahr 2021 vom seien die steuerpflichtigen Einnahmen in Österreich erklärt. Jetzt und in Zukunft ersuche er das Finanzamt Österreich in Wien, die von Fachleuten rechtswidrigen Steuerberechnungen zu korrigieren und seine Doppelbesteuerung in Österreich gemäß der Europäischen Gemeinschaft und zwischenstaatlichen Vereinbarung zwischen Österreich und Deutschland anzuwenden.
Die belangte Behörde erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und führte begründend aus: Seit dem Jahr 1986 sei der Bf. in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet und sei somit in Österreich mit seinem Welteinkommen steuerpflichtig. Der Bf. beziehe neben der österreichischen Pension noch zwei Pensionen aus Deutschland. Die deutsche Sozialversicherungspension sei gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Deutschland in Österreich progressionserhöhend zum Ansatz zu bringen, die deutsche Firmenrente unterliege in Österreich der vollen Steuerpflicht. Die Pensionen seien dementsprechend zum Ansatz gebracht worden.
Der Bf. brachte am fristgereicht den Vorlageantrag gem. § 264 Abs. 1 BAO ein. Die Beschwerdevorentscheidung werde von ihm wegen der falschen Begründung nicht angenommen. Die deutsche staatliche Rente sei nur in Deutschland steuerpflichtig. In keinem Fall auch in Österreich, das sei Steuerbetrug. Sein Hauptwohnsitz habe sich bis zur Pensionierung 1995 in Deutschland befunden, wo er auch beruflich beschäftigt gewesen sei. Seine Familie sei in Österreich wohnhaft gewesen und sei er wegen der Finanzierung als Alleinverdiener mitangemeldet gewesen.
Die belangte Behörde legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht unter der Rubrik "Stellungnahme" u. a. aus, dass der Bf. eine österreichische Pension von der Pensionsversicherungsanstalt, eine deutsche Firmenpension sowie eine deutsche Sozialversicherungspension von der Deutschen Rentenversicherung Bund bezogen habe. In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung habe der Bf. zwar die Firmenpension, nicht aber die Pension von der Deutschen Rentenversicherung Bund erklärt. Im Einkommensteuerbescheid 2021 habe das Finanzamt die Pension von der Deutschen Rentenversicherung Bund, die dem Finanzamt im Wege einer internationalen Mitteilung (AEOI-Automatic Exchange of Information-Mitteilung) von der deutschen Finanzverwaltung bekanntgegeben worden war, für die Ermittlung des (Durchschnitts-) Steuersatzes zur Anwendung auf die in Österreich zu besteuernden Einkünfte (Pension von der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt und Firmenpension aus Deutschland) in Ansatz (Progressionseinkünfte) gebracht.
Der Bf. argumentiere, dass seine deutsche staatliche Rente nur im Quellenstaat (Deutschland) steuerpflichtig sei.
Die belangte Behörde führte dazu - unter Zitierung der Art 18 Abs. 2 und Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA Deutschland - aus, dass die Rente von der Deutschen Rentenversicherung Bund der deutschen Besteuerungshoheit unterliege Österreich jedoch diese Rente bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen einbeziehen dürfe (Progressionsvorbehalt). Der progressionserhöhende Betrag sei rechtmäßig mit 21.447,84 Euro (22.600,44 Euro = Bruttopension laut AEOI-Mitteilung minus 1.152,60 Euro = vom Bf. unter der KZ 473 als Werbungskosten geltend gemachte Krankenversicherungsbeiträge, die gem. § 73a ASVG bei der inländischen Pension in Abzug gebracht worden seien) ermittelt worden.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf. gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 2a BAO aufgetragen, den folgenden Mangel der Beschwerde vom innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses zu beheben, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte: "Dem Vorlageantrag vom fehlt: die Unterschrift (§ 84 Abs. 2 BAO)."
Diesem Mängelbehebungsauftrag war als Beilage eine Zweitschrift des Vorlageantrags vom zwecks Unterschriftleistung und anschließender Rücksendung an das Bundesfinanzgericht abeigefügt.
Der genannte Beschluss (Mängelbehebungsauftrag) wurde dem Bf. am zugestellt.
Der Bf. übermittelte mit Schreiben vom folgende Antwort an das Bundesfinanzgericht:
"Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom ,Mängelbehebungsauftrag' wird von mir eine Nachbesserung abgelehnt, da ich aufgrund meines hohen Alters (88 Jahre) nicht mehr imstande bin, dieses seit 10 Jahren bestehende Steuerbetrugs-Verfahren detailliert weiterzuverfolgen."
Im Übrigen wiederholte der Bf. das bisherige Vorbringen und übermittelte zusätzlich Kopien von Schreiben an die belangte Behörde, an die Oberstaatsanwaltschaft Wien und an die Staatsanwaltschaft Wien sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2020/15/0034.
§ 85 BAO lautet auszugsweise:
"(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift)
berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht ..."
Beim Vorlageantrag vom handelt es sich um ein Anbringen gem. § 85 Abs. 1 BAO (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 264 Rz 4).
Aufgrund der fehlenden Unterschrift war gem. § 85 Abs. 2 BAO vorzugehen.
Da der Bf. die Erfüllung des Mängelbehebungsauftrags nach § 85 Abs. 2 BAO mit Schreiben vom abgelehnt und damit nicht vollinhaltlich nachgekommen ist, gilt die Beschwerde mit Ablauf der gesetzten Frist - d.i. der (zwei Wochen-Frist beginnend ab dem Tag der Zustellung des Mängelbehebungsauftrags am ) -, als zurückgenommen.
Der Ausspruch, dass die Beschwerde als zurückgenommen gilt, erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschluss.
Rein informativ wird bzgl. des Beschwerdevorbringens auf zwei Punkte hingewiesen:
Nach Art. 18 Abs. 2 DBA Deutschland - Österreich [in Folge: DBA Deutschland] hat Österreich kein Besteuerungsrecht für die strittige Pension der Deutschen Rentenversicherung Bund.
Diese Einkünfte unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA Deutschland. Durch die Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird die strittige deutsche Rente in Österreich nicht besteuert, sondern es werden lediglich die steuerpflichtigen inländischen Einkünfte mit jenem Steuersatz erfasst, der zum Tragen käme, wenn alle Einkünfte aus inländischen Quellen stammten (vgl. dazu ).
Die von Seiten des Bf. eingewendete "Doppelbesteuerung" im Hinblick auf die Erfassung der Pension von der Deutschen Rentenversicherung Bund liegt im Streitfall gerade nicht vor; die deutsche Rente wurde lediglich für Zwecke des Progressionsvorbehaltes einbezogen.
Bei Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird das Einkommen (Gesamteinkommen) nach den Vorschriften des österreichischen EStG ermittelt, die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer eruiert, und sodann der Durchschnittssteuersatz errechnet. Dieser wird auf jenen Einkommensteil angewandt, welcher von Österreich besteuert werden darf (; , RS1 mwH).
Aus der dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid zu entnehmenden Berechnung ist eindeutig erkennbar, dass der errechnete Durchschnittsteuersatz von 22,96% (Seite 2 des Bescheids: "8.522,15 / 37.124,16 x 100 ....... 22,96 %") nur auf das Einkommen von 15.676,32 Euro, das sich aus der österreichischen Pension von der Pensionsversicherung und der deutschen Betriebsrente zusammensetzt, angewendet wurde (Seite 2 des Bescheids: "Durchschnittssteuersatz 22,96 % von 15.676,32 ...... 3.599,28 Euro").
Die Einkünfte aus der Deutschen Rentenversicherung Bund iHv. 21.447,84 Euro wurden nicht der österreichischen Besteuerung unterzogen, sondern als steuerfrei behandelt.Die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung des progressionswirksamen Welteinkommens und des Durchschnittsteuersatzes im angefochtenen Bescheid entspricht daher der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs.
Das vom Bf. herangezogene Erkenntnis , ist für die gegenständlich strittige Frage nicht von Bedeutung, da dort über die Behandlung einer slowenischen Pension (aus der slowenischen Sozialversicherung) gem. DBA Österreich - Slowenien abgesprochen wurde.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs . Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100236.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at