Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.12.2023, RV/7103446/2023

Werbungskosten eines Milizsoldaten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer ist Milizsoldat. Gegen den erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2022 erhob er Beschwerde und beantragte unter dem Titel "Arbeitsmittel" die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von 512,75 €.

Über Ersuchen der belangten Behörde brachte er folgende Aufstellung von Werbungskosten in Höhe von 549,74 € bei:


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Tasmanian Tiger Entlastungs-/Zwischengürtel
36,99 €
VEGA Schlüssel und Ausrüstungshalter
43,02 €
Mil-Tec Tarnband Klebeband 4,5 Meter
2,70 €
UF PRO Striker HAT Kampfhose brown grey 34/34
173,70 €
DSG D4 Holster OWB Licht/Laser Glock
89,91 €
Olight BALDR S 800 Lumen grüner Laser schwarz
139,50 €
BLACKHAWK Wuick Disconnect Male Adapter
23,22 €
BLACKHAWK Wuick Disconnect Female Adapter
28,71 €
COP FUG4 Universal Funkgeräteholster
11,99 €
Summe
549,74 €

In der Beschwerdevorentscheidung wurde die Berücksichtigung dieses Betrages abgelehnt und in der Begründung ausgeführt, diese Ausrüstungsgegenstände würden vom Militär zur Verfügung gestellt, eine private Anschaffung sei nicht notwendig bzw. seien auch im Hinblick auf die diversen Ausrüstungsverordnungen nicht zugelassen.

Im Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer aus, Milizsoldaten würden keine Forterhaltungsgebühr erhalten. Er habe somit nicht die Möglichkeit, Uniformen und Zubehör über die Forterhaltungsgebühr abzurechnen. Außerdem seien privat angeschaffte Pistolenholster sehr wohl erlaubt. Beim Militärkommando Wien, NÖ und Bgld entscheide dies der jeweilige Einheitskommandant. Auch privat angeschaffte Kampfwesten dürften verwendet werden, sofern sie dem Mindeststandard des Bundesheeres entsprächen und sich im Äußeren nicht gravierend unterschieden.

In Beantwortung eines von der belangten Behörde an das Bundesministerium für Landesverteidigung gerichteten Amtshilfeersuchens wurde mit Schreiben vom mitgeteilt, sämtliche von Milizsoldaten benötigte Ausrüstungsgegenstände würden vom ÖBH zur Verfügung gestellt, ein privater Erwerb durch den Soldaten bzw. die Soldatin sei somit nicht notwendig und auch nicht vorgesehen. Das Tragen persönlich erworbener Ausrüstungsgegenstände sei nicht nur nicht vorgesehen, sondern verboten. Es gebe in diesem Zusammenhang keine Ausnahmen, somit dürften auch keine privat angeschafften Kampfwesten oder Pistolenholster getragen bzw. verwendet werden. Da der Erwerb von Ausrüstungsgegenständen für den dienstlichen Gebrauch nicht vorgesehen sei, erhalte der Milizsoldat auch keine Zuschüsse/Entschädigungen für den Erwerb von Ausrüstungsgegenständen.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde dem Beschwerdeführer die Stellungnahme des Bundesministeriums für Landesverteidigung in Wahrung des Parteiengehörs nachweislich zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt. Der Beschwerdeführer gab jedoch keine Stellungnahme dazu ab.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist Milizsoldat. Sämtliche von ihm benötigte Ausrüstungsgegenstände werden ihm vom Bundesheer zur Verfügung gestellt. Das Verwenden der von ihm privat angeschafften Ausrüstungsgegenstände, für die er im Streitjahr 2022 einen Betrag in Höhe von 549,74 € verausgabte, ist verboten.

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt gründet sich hinsichtlich der Höhe des verausgabten Betrages auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und hinsichtlich des Verwendungsverbotes privat angeschaffter Ausrüstungsgegenstände auf die Auskunft des Bundesministeriums für Landesverteidigung, welcher der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen und der Entscheidung zugrunde legen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 gehören zu den Werbungskosten Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung).

Arbeitsmittel sind Wirtschaftsgüter, die der/die Arbeitnehmer(in) zur Ausübung seines/ihres Berufs benötigt. Soweit die nötigen Arbeitsmittel nicht ohnedies vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, sind Aufwendungen hierfür idR Werbungskosten.

Aufwendungen oder Ausgaben, die in gleicher Weise mit der Einkunftserzielung wie mit der Lebensführung zusammenhängen können, bei denen die Abgabenbehörde aber nicht in der Lage ist zu prüfen, ob die Aufwendungen oder Ausgaben durch die Einkunftserzielung oder durch die Lebensführung veranlasst worden sind, dürfen nicht schon deshalb als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil die im konkreten Fall gegebene Veranlassung nicht feststellbar ist. In Fällen von Aufwendungen oder Ausgaben, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahelegen, darf die Veranlassung durch die Einkunftserzielung vielmehr nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Die Notwendigkeit bietet in derartigen Fällen das verlässliche Indiz der beruflichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung. Dies gebietet auch die verfassungskonforme Interpretation des § 16 Abs. 1 EStG 1988. Eine Regelung, nach der Aufwendungen oder Ausgaben der Lebensführung ausschließlich bei jenen Einkünften mindernd berücksichtigt werden, bei denen die Möglichkeit einer Veranlassung durch die Einkunftserzielung, nicht aber die Möglichkeit der Überprüfung der tatsächlichen Nutzung, gegeben ist, verstieße gegen den Gleichheitssatz des Art. 7 Abs. 1 B-VG (, 95/14/0044 und 95/14/0045).

Die Notwendigkeit von Ausgaben oder Aufwendungen ist also grundsätzlich keine Voraussetzung für die Anerkennung von Werbungskosten. Sie bildet nach der Judikatur jedoch in Zweifelsfällen ein "verlässliches Indiz" für die berufliche Veranlassung. Die Notwendigkeit ist also in typisierender Betrachtungsweise zu einem Instrument der Abgrenzung von Aufwendungen der Lebensführung geworden (Pfalz/Sutter in Büsser/Ehrke-Rabel/Hirschler/Petritz/Sutter (Hrsg), Die Einkommensteuer (EStG 1988) Band III - Kommentar (62. Lfg 2016) zu § 16 EStG allgemein Rz 23)

Vor diesem Hintergrund geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die vom Beschwerdeführer im Streitjahr erworbenen Gegenstände mit Aktivitäten im Zusammenhang stehen, welche die Pflichten des Beschwerdeführers in seinem Beruf als Milizsoldat übersteigen. Die dafür getätigten Aufwendungen waren für die Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit als Milizsoldat im Sinn der obigen Ausführungen nicht notwendig. Seine Stellung als Milizsoldat wäre auch dann nicht gefährdet gewesen, wenn er diese Gegenstände nicht erworben hätte. Dies wird auch durch die Auskunft des Bundesministeriums für Landesverteidigung unterstrichen, in welcher die berufliche Notwendigkeit in seiner Stellungnahme ausdrücklich verneint worden ist. Vielmehr hat das Bundesministerium für Landesverteidigung bestätigt, dass der Einsatz privat angeschaffter Gegenstände bei der beruflichen Tätigkeit als Milizsoldat verboten ist, was einer Nutzung zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen als Milizsoldat diametral entgegensteht.

Die beantragten Aufwendungen waren daher nicht als Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das vorliegende Erkenntnis weicht hinsichtlich der Berücksichtigung von Aufwendungen für Arbeitsmittel nicht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ab, weshalb das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103446.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at