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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.12.2023, RV/7400069/2023

Einsatzgebühren der Wiener Berufsrettung: Nachträgliche Schuldübernahme durch die ÖGK

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Mathias Burger, Wickenburggasse 3/16, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistratsabteilung 70, Fachbereich Gebühren vom betreffend Festsetzung von Einsatzgebühren (MA70 - Casus) zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das bisherige Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom für die am erfolgte Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes eine Gebühr von 709,00 € vorgeschrieben.

Dagegen richtete dieser die Beschwerde vom mit der Begründung, dass aufgrund des Fehlens einer Genehmigung kein Bescheid vorliege, die Ablehnung der Kostenübernahme seitens des Sozialversicherungsträgers ihm nicht vorliege und dass wesentliche Mängel des Verfahrens insoweit bestehen, als es von der Behörde unterlassen wurde, jedwede Tatsachen festzustellen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde zunächst beantragt, später jedoch zurückgezogen.

Die belangte Behörde wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab und stellte die laut Einsatzdokumentation vorgefallenen Geschehnisse des wie auch die Ablehnung der Übernahme der Einsatzgebühren seitens der Österreichischen Gesundheitskasse aufgrund der Diagnose "Alkoholintoxikation" fest. Der Bescheid enthalte zudem jene Inhalte, welche dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 entsprechen.

Im Vorlageantrag vom bemängelt der Beschwerdeführer die unklare, unbestimmte und mehrdeutige Beschwerdevorentscheidung. Für den Spruch von Leistungs- und Duldungsbescheiden sei in besonderem Maß Bestimmtheit gefordert. Spruch und Begründung stehen im Widerspruch, was die Beschwerdevorentscheidung inhaltlich rechtswidrig mache.

Mit Vorlagebericht vom (eingelangt am ) erklärte die belangte Behörde, dass aufgrund der fehlende Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger die Gebühr dem Gebührenschuldner vorzuschreiben war.

Mit E-Mails vom vom Vertreter des Beschwerdeführers und der belangten Behörde wurde ein Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse übermittelt. Damit erklärt diese, dass der Medizinische Dienst den Einsatz eines Krankenwagens des Rettungs- und Krankenbeförderungsdienstes der Stadt Wien am nach Einsichtnahme in das Einsatzprotokoll befürworten konnte. Die Direktverrechnung mit dem Transportunternehmen wurde bereits veranlasst.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Am wurde die Berufsrettung Wien vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) KTW 349 zur Adresse 1220 Wien, Ecke Erzherzorg-Karl-Straße/Stadlauer Straße, berufen (Casusnummer Casus, Einsatznummer Einsatz). Der Einsatz wurde mit dem Fahrzeug LEO-1N durchgeführt und dauerte von 21:21 Uhr bis 22:11 Uhr.

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** wurde zuvor in alkoholisiertem Zustand von Sanitätern des ASB auf einer dort befindlichen Verkehrsinsel liegend aufgefunden und in deren Rettungswagen gelegt. Vitalwerte wie zB Blutdruck, Herzfrequenz, SpO2 und Temperatur wurden vom ASB gemessen. Über die Leitstelle wurde von der ASB ein zweiter Krankentransportwagen angefordert.

Bei Eintreffen der Berufsrettung Wien befand sich der Beschwerdeführer sitzend im Patientenraum des Rettungswagens des ASB. Dieser wurde von den Sanitätern der Berufsrettung angesprochen und gebeten, in den Rettungswagen der Berufsrettung umzusteigen. Der Beschwerdeführer konnte kaum gehen und wurde durch die Sanitäter der Berufsrettung gestützt und auf deren Trage gelagert.

Der zwischenzeitig eingetroffene Sohn und die Schwiegertochter des Beschwerdeführers lehnten einen Transport in ein Krankenhaus ab. Ein Transport unterblieb.

Es konnte mit gutem Grunde angenommen werden, dass eine erhebliche Gesundheitsstörung vorlag, die es erforderlich machte, den Beschwerdeführer unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen.

Die Österreichische Gesundheitskasse als zuständiger Sozialversicherungsträger lehnte eine Übernahme der Einsatzgebühren zunächst ab, erklärte jedoch am , dass sie die Kosten des Rettungseinsatzes übernehmen werde.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen beruhen auf dem im Verwaltungsakt enthaltenen Einsatzprotokoll der Magistratsabteilung 70.

Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer auf einer Verkehrsinsel liegend angetroffen wurde, er kaum gehen konnte und dazu gestützt werden musste sowie der offensichtlichen starken Alkoholisierung konnte mit gutem Grunde angenommen werden, dass eine erhebliche Gesundheitsstörung vorlag, die es erforderlich machte, den Beschwerdeführer unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen.

Dass der Beschwerdeführer viel Alkohol konsumiert hat, gab der Beschwerdeführer laut Einsatzprotokoll selbst zu bzw. wird in der Beschwerde selbst angeführt. Weitere Indizien lassen eine erhebliche Alkoholisierung vermuten. Einerseits hat der Beschwerdeführer nach Ende des Einsatzes aufgrund eines Streits mit dem Lenker eines herbeigerufenen Taxis dieses wieder verlassen müssen (Beschwerde bzw. Einsatzprotokoll), andererseits hat der Beschwerdeführer bei Untersuchung durch den ASB einem Sanitäter einen Faustschlag versetzt (Einsatzprotokoll). Zudem haben die Sanitäter des ASB angegeben, dass sie deutlichen Alkoholgeruch in der Ausatemluft des Beschwerdeführers bemerkt hatten.

Dass der Beschwerdeführer auf einer Verkehrsinsel liegend aufgefunden wurde, ergibt sich aus dem Einsatzprotokoll und wurde dieser Feststellung vom Beschwerdeführer nicht widersprochen.

Die Tatsache der Kostenübernahme durch die Österreichische Gesundheitskasse ist nachgewiesen durch ein Schreiben, welches von beiden Parteien dem Bundesfinanzgericht am übermittelt worden ist.

3. Rechtliche Beurteilung (siehe Spruchpunkt I.)

Aufgrund des im Rahmen der Beschwerde gestellten Antrages vom war grundsätzlich gemäß § 274 Abs Z 1 lit a BAO eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Der Antrag wurde jedoch zurückgezogen.

Eine Erörterung der Sach- und Rechtslage ist angesichts der Kostenübernahme durch die Österreichische Gesundheitskasse und der mit E-Mail vom von der belangten Behörde geäußerten Ansicht, dass der Bescheid aufzuheben sei, nicht zweckmäßig.

3.1. Genehmigung des Bescheides

§ 96 BAO lautet:

"(1) Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist.

(2) Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, wozu jedenfalls auch Ausfertigungen in Form von mit einer Amtssignatur gemäß § 19 E-Government-Gesetz versehenen elektronischen Dokumenten zählen, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt. Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen erfüllen."

Im Verfahren zur Vorschreibung von Einsatzgebühren ist die Bundesabgabenordnung anwendbar.

Der streitgegenständliche Bescheid wurde mit einer Amtssignatur gemäß § 19 E-Government-Gesetz versehen. Es ist daher davon auszugehen, dass dieser mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden ist. Solche Bescheide bedürfen gemäß § 96 Abs 2 BAO weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung. Sie gelten als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt.

Mit E-Mail vom wurde von der belangten Behörde ein Screenshot über die elektronische Genehmigung und ein Prüfbericht der Amtssignatur des beschwerdegegenständlichen Bescheides zur Verfügung gestellt.

Dass eine solche Genehmigung - wie vom Beschwerdeführer behauptet - nicht vorliegt, ist aufgrund des Akteninhalts nicht festzustellen. Das Bundesfinanzgericht geht von einem rechtsgültigen Bescheid aus.

3.2. Einsatzgebühr

Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes (WRKG), in der Fassung LGBl für Wien 1/2019, lauten:

"Rettungsdienst

§ 1. Aufgaben eines Rettungsdienstes sind:
1. Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten haben, erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie erforderlichenfalls unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen;
2. Personen wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofortige erste notärztliche Hilfe zu leisten, die anders nicht gewährleistet ist;
3. den Transport von Personen durchzuführen, bei denen lebenswichtige Funktionen ständig überwacht oder aufrecht erhalten werden müssen;

[…]

Krankentransportdienst

§ 2. (1) Aufgabe eines Krankentransportdienstes ist es, Personen, bei denen während des Transports eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln zu befördern.

[…]

Gebühr

§ 28. (1) Für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), ist eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.

(2) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Der Gemeinderat wird ermächtigt, sofern eine solche Ermächtigung nicht ohnedies bundesgesetzlich eingeräumt ist, die Gebühren in einer Gebührenordnung festzusetzen. Eine Gebührenordnung kann bis zu einem Monat rückwirkend erlassen werden.

(4) In der Gebührenordnung sind für jede einzelne Art oder eine Mehrheit ähnlicher Arten einer Inanspruchnahme Gebühren vorzusehen. Diese Gebühren sind nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach Anzahl der gefahrenen Kilometer, nach Anzahl und Art des eingesetzten Personals sowie nach Art und Dauer des Einsatzes abzustufen. Insoweit es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren zweckmäßig ist, sind diese für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen festzusetzen.

(5) Die Höhe der Gebühren ist unter Zugrundelegung der sich in einem Kalenderjahr voraussichtlich ergebenden Zahl von Einsätzen und des auf ein Kalenderjahr entfallenden Gesamtaufwandes derart festzusetzen, dass die Summe der zur Einhebung gelangenden Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb des öffentlichen Rettungsdienstes sowie für die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten nicht übersteigt.

(6) Für Einsätze außerhalb Wiens können unter Berücksichtigung des sich daraus ergebenden Mehraufwandes Zuschläge pro gefahrenem Kilometer festgesetzt werden.

(7) Die Gebührenordnung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen.

Zahlungspflicht

§ 29. (1) Gebührenschuldner ist derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

(2) Bei Zahlungsunfähigkeit des Gebührenschuldners haften für die Entrichtung der Gebühr nach Abs. 1 Personen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht. Ist die Verletzung oder Gesundheitsstörung, die zu einer Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes geführt hat, auf ein Ereignis zurückzuführen, für das zufolge gesetzlicher Vorschrift ein Dritter einzustehen hat, haftet dieser bis zur Höhe der noch unbeglichenen Gebühr.

(3) Unbeschadet eintretender Straffolgen und privatrechtlicher Schadenersatzpflicht sind Gebührenschuldner die Personen, die einen vergeblichen Einsatz des öffentlichen Rettungsdienstes veranlassen, obwohl kein Anlass für einen Einsatz besteht.

(4) Wird am Ort einer Veranstaltung im Sinne des Wiener Veranstaltungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 12/1971, in der jeweils geltenden Fassung, vom Veranstalter, vom Geschäftsführer oder von einer Aufsichtsperson des Veranstalters zur Gewährleistung der ersten Hilfe die Bereitstellung von Sanitätern oder Notärzten eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes verlangt, hat der Veranstalter dafür eine Gebühr zu entrichten, die sich nach Umfang und Dauer richtet.

(5) Auf die Bemessung, Einhebung und zwangsweise Eintreibung der Gebühren findet die Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2018, Anwendung.

Schuldübernahme

§ 30. (1) Mit Zustimmung der Stadt Wien können die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter durch schriftliche Erklärung an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Nach Abgabe dieser Erklärung sind die Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgenanstalten öffentlich Bediensteter allein die Gebührenpflichtigen (-schuldner).

(2) Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 Abs. 1 vorzuschreiben.

(3) Die schriftliche Erklärung gilt für unbestimmte Zeit. Die Stadt Wien, der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter kann die Fortdauer der Gebührenschuldnerschaft widerrufen. Der Widerruf wird frühestens nach Ablauf von drei Kalendermonaten wirksam. Für höchstens drei Monate ab der Wirksamkeit des Widerrufs können die im Abs. 1 genannten Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgeanstalten mit Zustimmung der Stadt Wien durch Erklärung die Inanspruchnahme der Gebührenschuldner gemäß § 29 Abs. 1 aufschieben.

(4) Für die Dauer der Gebührenschuldnerschaft der Sozialversicherungsträger oder der Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter kann der Gemeinderat ohne Rücksicht auf die Gebührenform (abgestufte Gebühren, Einheitsgebühren) niedrigere Gebühren, als sich gemäß § 28 Abs. 4 und 6 ergeben würden, festsetzen, insoweit diese Gebührenschuldnerschaft einen geringeren Verwaltungsaufwand bei der Einhebung der Gebühren bedingt.

[…]"

Der Gebührenanspruch entsteht gemäß § 28 Abs 1 WRKG, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt. Dies ist unstrittig gegeben.

Gemäß § 29 Abs 1 WRKG ist Gebührenschuldner der Einsatzgebühren derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb bzw. wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

Nach § 29 Abs 1 WRKG ist nicht wesentlich, ob der Einsatz ursprünglich medizinisch erforderlich war, sondern entscheidend ist, ob das Vorliegen der Einsatzvoraussetzungen nach § 1 Z 1 bis 4 WRKG aufgrund des Zustandsbildes desjenigen, zu dessen Gunsten der Einsatz erfolgte, mit gutem Grund angenommen werden konnte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss diese Annahme bei jenem Mitarbeiter der Einsatzleitstelle bestanden haben, der die Anforderung des Rettungseinsatzes entgegengenommen hat (; ).

Laut festgestelltem Sachverhalt konnte mit gutem Grunde angenommen werden, dass eine erhebliche Gesundheitsstörung vorlag, die es erforderlich machte, den Beschwerdeführer unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen. Ob die Voraussetzungen des § 1 Z 1 bis 4 WRKG, insbesondere, ob der Einsatz ursprünglich medizinisch notwendig war oder ob der Beschwerdeführer den Einsatz für notwendig erachtet, tatsächlich vorlagen, kann unter diesem Gesichtspunkt dahingestellt bleiben.

Im konkreten Fall hat die Österreichische Gesundheitskasse die Schuldübernahme im Sinne des § 30 Abs 2 WRKG zunächst abgelehnt. Die belangte Behörde hat die Gebühr für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes des Beschwerdeführers somit grundsätzlich zu Recht vorgeschrieben.

Die Österreichische Gesundheitskasse teilte jedoch mit Schreiben vom mit, dass sie an Stelle des Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintritt, womit diese gemäß § 30 Abs 1 WRKG allein Gebührenpflichtiger (-schuldner) ist.

Das Bundesfinanzgericht hat von der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung auszugehen. Veränderungen des Sachverhalts sind zu berücksichtigen (Ritz/Koran, BAO7 § 279 Tz 31). Gemäß § 30 Abs 1 WRKG ist nach Abgabe der Erklärung für die Schuldübernahme alleiniger Gebührenschuldner die Österreichische Gesundheitskasse. Somit ist der Abgabenanspruch gegen den Beschwerdeführer als Gebührenschuldner nicht mehr gegeben. Die Voraussetzungen für die Erlassung des Gebührenbescheides gegenüber dem Beschwerdeführer sind somit nachträglich weggefallen, was im Übrigen auch seitens der belangten Behörde nicht bestritten wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision (siehe Spruchpunkt II.)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Auf der Grundlage des unstrittigen Sachverhalts der Kostenübernahme durch die Österreichische Gesundheitskasse ergibt sich aus dem eindeutigen Gesetzestext deren alleinige Gebührenschuldnerschaft. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt somit nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 28 Abs. 1 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 29 Abs. 1 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 30 Abs. 1 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400069.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at