Aufhebung und Zurückverweisung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom (eingelangt am ) gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung eines Erörterungstermins am beschlossen:
I. Gemäß § 278 Abs 1 BAO wird der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 sowie die in weiterer Folge erlassene Beschwerdevorentscheidung aufgehoben und die Sache zur Erledigung an die Abgabenbehörde zurückverwiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 9 B-VG iVm Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision nicht zulässig.
Begründung
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2019 vorläufig mit EUR -2.036,00 fest. Begründend führte sie aus, dass nach der Aktenlage seit dem Jahr 2008 nur Verluste aus der selbständigen Tätigkeit erzielt worden seien und die Einnahmen gegenüber dem Vorjahr, widersprüchlich zu dem Schreiben vom betreffend die Einkommensteuer 2018, sogar gesunken seien. Die Tätigkeit sei daher als Liebhaberei im Sinne des § 1 Abs 2 LVO zu werten und einkommensteuerlich unbeachtlich.
Dagegen richtete sich die von der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde vom (eingelangt am ), in welcher die Anerkennung der betrieblichen Verluste aus Gewerbebetrieb begehrt werde. Die Tätigkeit einer Sprachschule stelle ebenso wie die Tätigkeit eines Übersetzungsbüros in objektiver Betrachtungsweise eine Tätigkeit mit Einkunftsquellenvermutung dar. Nicht absehbare Unwägbarkeiten und unternehmerische Fehlentscheidungen hätten zu einer Verlängerung des absehbaren Zeitraumes geführt. Der Beschwerdeführer habe folgende strukturverbessernde Maßnahmen gesetzt: Anmietung eines Innenstadtbüros, Anstreben einer Kooperation, Erweiterung des Leistungsangebotes des Übersetzungsbüros für technische Betriebe.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Der Betrieb sei im Jahr 2008 eröffnet worden und habe inklusive Veranlagungsjahres 2019 einen Gesamtverlust iHv EUR -285.292,24 erzielt. Bei der Entwicklung der Verluste sei keine Tendenz zu erkennen, die darauf schließen ließe, dass in den nächsten Jahren ein Gewinn erzielt werden könnte. Allein die Kosten für Fremdhonorare würden pro Jahr ein Viertel bis zur Hälfte der Gesamteinnahmen betragen, die Kraftfahrzeugkosten und der Mietaufwand ebenfalls ca die Hälfte. Die Verluste im Anlaufzeitraum seien anerkannt worden, weil eine Betätigung nach LVO § 1 Abs 1 LVO angenommen worden sei. Ein "Anlaufverlust" in einem Zeitraum von 12 Jahren sei aber in keinem Falle üblich und daher steuerlich auch nicht anzuerkennen. Im vorliegenden Fall seien über einen unüblich langen Zeitraum ausschließlich Verluste erzielt worden die aufgrund des Verhältnisse der fixen Betriebskosten im Vergleich zur Höhe der Einnahmen zu keinem Gewinn führen könnten. Ein Nichteinstellen der Tätigkeit trotz Erfolglosigkeit stelle keine Einkunftsquelle mehr dar, sondern Liebhaberei und führe zur Betriebsaufgabe. Marktgerechtes Verhalten (strukturverbessernde Maßnahme) könne nicht unterstellt werden. Die Erweiterung des Leistungsangebotes habe zur Erhöhung der Fremdhonorare geführt und stellt daher auch kein marktgerechtes und zu Gewinnen führendes Verhalten dar, genauso wenig wie eine nebenberufliche Tätigkeit wie im vorliegenden Fall mit Zeitknappheit.
Am stellte die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers einen Vorlageantrag.
Die belangte Behörde legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde am zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2008 eine Sprachschule betreibe und seit mehreren Jahren auch ein Übersetzungsbüro. Bis zum Veranlagungsjahr 2019 würden aus den Tätigkeiten ausschließlich hohe Verluste erzielt werden (Gesamtverlust iHv EUR 285.292,24). Die hohen Verluste würden vor allem aus den Ausgaben für Fremdhonorare in Höhe von ca der Hälfte der Einnahmen, der Miete eines Geschäftslokales im 1.Bezirk sowie einer Garage und übrigen Aufwendungen, die teilweise gleich hoch seien wie die Einnahmen, teilweise auch mehrfach höher als diese seien. Da seit 12 Jahren ausschließlich Verluste vorliegen würden und keine strukturverbessernden Maßnahmen erkennbar gewesen seien, die irgendwann zu einem Gewinn führen hätten können, sei die Tätigkeit ab 2019 zur Liebhaberei zu erklären.
Am fand vor dem Bundesfinanzgericht ein Erörterungstermin statt.
Mit Schreiben vom zog die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführenden Partei die in der Beschwerde bzw im Vorlageantrag gestellten Anträge auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung zurück.
Sachverhalt
Soweit für das Bundesfinanzgericht nach der Aktenlage ersichtlich wurde in den beim Bundesfinanzgericht anhängigen Jahren 2016 bis 2018 ein Ergänzungsvorhalt an den Beschwerdeführer in Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Liebhabereiqualifikation gestellt. Das Streitjahr 2019 betreffend erfolgten keinerlei Überprüfungstätigkeiten der belangten Behörde.
Ein weiterer Vorhalt vom betreffend die Einkommensteuererklärung 2012 lautet auszugsweise wie folgt:
"Sie werden ersucht betreffend der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Copy-Shop bzw. sontiger Unterricht) eine Prognoserechnung vorzulegen, aus der ersichtlich ist, wann mit einem Gesamtüberschuß (Aufstellung seit Beginn der Tätigkeit) zu rechnen ist bzw. wann abzusehen ist, ab welchen Zeitraum es zu einem Totalüberschuss kommen wird.
Diese Prognoserechnung ist erforderlieh, da in den WJ 2008 bis 2012 ein Totalverlust von 173.377,76 € ausgewiesen wurde und somit eine Beurteilung der Tätigkeit als steuerlich relevante Einkunftsquelle im Sinne des EStG 1988 bzw. der Liebhabereiverordnung zu erfolgen hat."
Der Vorhalt vom betreffend die Einkommensteuer 2018 lautet auszugsweise wie folgt:
"Einkünfte aus Gewerbebetrieb
+ Um genaue Beschreibung Ihrer betrieblichen Tätigkeit wird höflichst ersucht. + Aus welchen Gründen werden seit Jahre nur Verluste erzielt?
+ Welche Maßnahmen zur Erzielung positiver Einkünfte werden/wurden gesetzt?
+ Sie werden höflichst gebeten die folgenden Betriebsausgaben aufzugliedern und die betriebliche Veranlassung nachzuweisen.
- Fremdleistungen
- KFZ-Kosten
- Miete und Pachtaufwand
- Zinsen
- übrige Betriebsausgaben (KZ 9230)"
Mit der Vorhaltbeantwortung vom übermittelte die steuerliche Vertretung die entsprechenden Konten zu den Ausgaben sowie die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung betreffend den Zeitraum des Jahres 2018.
Die belangte Behörde führt erstmals im Rahmen des Erörterungstermins am aus, dass der Beschwerdeführer Ausgaben gehabt hätte, die auch im privaten Bereich angefallen wären. Die belangte Behörde verweist dabei auf die Kraftfahrzeugkosten (65% Privatanteil) und die übrigen nicht dokumentieren Betriebsausgaben sowie die unüblich hohen Zinsen in Zeiten der Finanzkrise.
Überprüfungs- oder Ermittlungstätigkeiten in Bezug auf die Abgabenerklärungen des Beschwerdeführers sind unstrittig in den Jahren 2016 bis 2019 nicht erfolgt. Ebenso wenig hat sich die belangte Behörde mit den mit der Vorhaltbeantwortung vom übermittelten Unterlagen auseinandergesetzt. Es wurden folglich keinerlei Erhebungen oder Überprüfungen in Zusammenhang mit den von der belangten Behörde monierten hohen Betriebsausgaben durchgeführt. Der für das Kraftfahrzeug angenommene Privatanteil iHv 65% wurde zu keinem Zeitpunkt hinterfragt. Die Vorlage eines Fahrtenbuches wurde nicht begehrt. Die Ausgaben und damit die (hohen) Verluste des Beschwerdeführers wurden vielmehr im Hinblick auf die Liebhabereibeurteilung unstrittig zu keinem Zeitpunkt von der belangten Behörde überprüft (Niederschrift über den Erörterungstermin vom ).
Nach der Aktenlage hat sich die belangte Behörde unstrittig noch zu keinem Zeitpunkt mit dem im Streitjahr 2019 maßgebenden Vorbringen der im Jahr 2019 möglicherweise eingetretenen Änderung der Bewirtschaftung auseinandergesetzt. In diesem Zusammenhang wurden weder Erhebungen durchgeführt noch Feststellungen getroffen.
Die Feststellung des Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst ist im Beschwerdefall unstrittig nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden (Niederschrift über den Erörterungstermin vom ).
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.
Nach der Aktenlage ergibt sich eindeutig, dass die belangte Behörde ihrer Pflicht zur Überprüfung der Abgabenerklärungen nach § 161 BAO nicht nachgekommen ist. Der Vertreter des Beschwerdeführers führte im Erörterungstermin vom aus, dass die betriebliche Veranlassung der Ausgaben zu keinem Zeitpunkt von der belangten Behörde angezweifelt worden sei. Er bestätigte weiter, dass keine Vorhalte an den Beschwerdeführer gerichtet worden oder sonstige Ermittlungen angestrebt worden seien. Die belangte Behörde räumt im Rahmen des Erörterungstermins vom ebenfalls grobe Versäumnisse der Ermittlungspflicht und die ungeprüfte Übernahme der Angaben des Beschwerdeführers im Hinblick auf die hohen Ausgaben ein.
In der Vorhaltbeantwortung vom führte die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers auszugsweise wie folgt aus:
"[…] Seit seinem Eintritt in den Ruhestand und der ausschließlichen Zuwendung zur beruflichen Tätigkeit des Sprachinstitutes hat sich bereits im Jahr 2019 ein signifikanter Wandel abgezeichnet. Es konnte ein Industriebetrieb als Hauptkunde gewonnen werden. Gleichzeitig werden auch die Kontakte zu "Stammübersetzerinnen" intensiviert, so dass in absehbarer Zeit bereits eine Vergesellschaftung im Bereich des Möglichen angedacht ist. […]"
In Bezug auf dieses Vorbringen gab der Beschwerdeführer im Rahmen des Erörterungstermins vom an, dass es im Jahr 2019 zu einer Änderung der Bewirtschaftung gekommen sei, insbesondere, weil eine Kooperation mit ***A*** angestrebt worden sei. Zudem sei der Beschwerdeführer mit Ende November 2018 als AHS-Lehrer in den Ruhestand getreten.
Nach der Aktenlage hat sich die belangte Behörde noch zu keinem Zeitpunkt, dh weder im Einkommensteuerbescheid 2019 noch in der Beschwerdevorentscheidung betreffend die Einkommensteuer 2019, mit dem Vorbringen der Änderung der Bewirtschaftung bzw allenfalls strukturverbessernden Maßnahmen im Jahr 2019 auseinandergesetzt. Erhebungen im Veranlagungsverfahren wie etwa ein Ergänzungsvorhalt wurden nicht vorgenommen.
Dass hinsichtlich der Liebhabereiqualifikation im Jahr 2019 von der belangten Behörde keine Ermittlungen durchgeführt wurden, ergibt sich schon in Zusammenschau der dargelegten Gesamtumstände insbesondere der ungeprüften Übernahme der Angaben des Steuerpflichtigen, obwohl die belangte Behörde diese nunmehr selbst moniert und wird von der belangten Behörde im Übrigen im Rahmen des Erörterungstermins eingeräumt (Niederschrift über den Erörterungstermin vom ). Weiters setzte sich die belangte Behörde zu keinem Zeitpunkt mit den in den Schriftsätzen vorgebrachten Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander, sondern führte unstrittig wiederholt lediglich die - ungeprüft übernommenen - hohen Verluste ins Treffen.
Nach Erörterung der Sachlage und der bisher nicht durchgeführten Ermittlungen seitens der belangten Behörde sowie der noch ausstehenden Erhebungen wurde mit beiden Parteien die Möglichkeit der Bescheidaufhebung und Zurückverweisung iSd § 278 BAO erörtert und auch seitens der belangten Behörde die Zweckmäßigkeit im konkreten Beschwerdefall hervorgehoben. Die vorzunehmenden Ermittlungen übersteigen im konkreten Beschwerdefall - unstrittig - ein Ausmaß, wonach die Feststellung des Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.
Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung und Zurückverweisung)
§ 278 BAO lautet wie folgt:
"§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst."
Vor dem Hintergrund der oben festgestellten, gänzlich fehlenden Sachverhaltsermittlungen hat es die Abgabenbehörde unterlassen, sich mit der Liebhabereiqualifikation und der geltend gemachten Betriebsausgaben im Generellen sowie insbesondere auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers zum Änderung der Bewirtschaftung bzw allenfalls strukturverbessernden Maßnahmen im Jahr 2019 auseinanderzusetzen. Erhebungen sowie Feststellungen zu den Betriebsausgaben insbesondere zu den nunmehr monierten Kraftfahrzeugkosten sowie Kreditzinsen wurden unterlassen. In all diesen Schritten hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewähren müssen. Bei Durchführung dieser wesentlichen Ermittlungsschritte, hätte ein anderslautender Bescheid erlassen werden können.
All diese für die Beurteilung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes erforderlichen und auch für das Bescheidergebnis wesentlichen Ermittlungen könnten zwar noch vom Bundesfinanzgericht im Rahmen eines das mangelhafte erstinstanzliche Ermittlungsverfahren substituierende Verfahren vorgenommen werden, reichen aber schon an ein Ausmaß heran, in dem für den Beschwerdefall von einer Verschiebung der der Abgabenbehörde zukommenden Ermittlungspflicht auf Ebene des Verwaltungsgerichtes gesprochen werden muss (vgl Sutter in Holoubek/Lang, Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht; Die Entscheidung in der Sache im Steuerverfahren, S 275).
Da es im Beschwerdefall bei den ausstehenden Ermittlungshandlungen nicht bloß um punktuell und lückenschließend vorzunehmende Ermittlungshandlungen geht, sondern die der Abgabenbehörde zukommende Ermittlungspflicht geradezu originär substituiert werden müsste, kann nicht von einer erheblichen Kostenersparnis gesprochen werden, wenn das Bundesfinanzgericht gleichsam als Abgabenbehörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt erstmals ermittelt.
All diese Feststellungen hätten möglicherweise zu einem anderslautenden Bescheid geführt. Auch hierfür gilt, dass das Bundesfinanzgericht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar grundsätzlich in der Sache zu entscheiden hat (vgl ), dies aber eben nicht so weit gehen kann, dass das Bundesfinanzgericht erstmals den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln hat.
Zur Ermessensübung ist auszuführen, dass das Kriterium der Billigkeit dafür spricht, gegenüber einer Partei bereits im Verfahren vor der Abgabenbehörde ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren und somit insgesamt ein mängelfreies, die Parteienrechte wahrendes Ermittlungsverfahren nach den §§ 114 ff BAO durchzuführen. Die Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens wesentlicher Ermittlungsschritte einer Verwaltungsbehörde zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor das Verwaltungsgericht käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn ein Verwaltungsgericht, statt seine (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Organisation ist, die erstmals alle Aspekte des entscheidungswesentlichen Sachverhalts ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Im Hinblick auf das Kriterium der Zweckmäßigkeit stehen keine öffentlichen Interessen einer Aufhebung unter Zurückverweisung entgegen.
Die Beschwerdevorentscheidung ist ebenfalls aufzuheben, weil ihre Wirkung durch den Vorlageantrag nicht berührt wird (vgl Ritz/Koran, BAO7, §278 Tz 7).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision ist unzulässig, weil die Frage, ob der Umfang der vom Bundesfinanzgericht zur Erforschung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes selbst vorzunehmenden Ermittlungen im konkreten Einzelfall jenes Ausmaß überschreitet, das eine Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigt, eine Sachfrage (nämlich Fehlen wesentlicher Sachverhaltsermittlungen) ist, die in freier Beweiswürdigung beurteilt wurde.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100876.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at