Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.10.2023, RV/7104301/2015

Ertragsteuerliche Behandlung von Restbuchwert und Abbruchkosten eines abgetragenen Betriebsgebäudes

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7104301/2015-RS1
Wird ein objektiv noch brauchbares Betriebsgebäude zeitnah zum Erwerb abgetragen, so sind Restbuchwert und Abbruchkosten - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - als sofortige Betriebsausgaben abzugsfähig und nicht als Herstellungskosten auf das neu errichtete Gebäude zu aktivieren.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Martina Salzinger in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***3*** (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe) vom betreffend Körperschaftsteuer 2011 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Einbringungsvertrag vom ***4*** brachte die ***5*** ihren Teilbetrieb "***6***" in die Beschwerdeführerin (kurz Bf.) als deren neu gegründete Tochtergesellschaft ein.

Im Zuge der bei der Bf. für die Jahre 2010 bis 2012 stattgefundenen Betriebsprüfung wurden unter anderem betreffend die Körperschaftsteuer 2011 laut Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom bzw. Niederschrift vom über die Schlussbesprechung nachstehende Feststellungen getroffen:

"Tz. 5 Re. Buchwert Abbruchgebäude

Am legte die Mehrheitseigentümerin ***7*** eine Rechnung in Höhe von 494.000,00 € (+20% USt) an die ***8***. Leistungsinhalt dieser Rechnung ist der Buchwert des Abbruchgebäudes ***9*** zur Errichtung eines Superädifikates. Im Zuge der Prüfung wurde jedoch festgestellt, dass der Grundstückswert zu niedrig angesetzt wurde und dementsprechend der Wert des Abbruchsgebäudes überhöht ist. Dadurch ist die betreffende Rechnung als nicht fremdüblich anzusehen. Deshalb wird sie im Zuge der BP berichtigt. Die Berechnung ist der Beilage zu entnehmen….

Re. Buchwert Abbruchgebäude bisher: 494.000,00 € (Nettobetrag)
Re. Buchwert Abbruchgebäude jetzt: 443.180,69 € (Nettobetrag)…

Tz. 6 Buchwert Abbruchgebäude

[...]

(777) Gesamtbetrag der Einkünfte 2011
Vor Bp.: 187.343,63 €
Tz. 5 Re. Buchwert Abbruchgebäude: 50.819,31 €
Tz. 6 Buchwert Abbruchgebäude: 443.180,69 €
Nach Bp.: 681.343,63 €"

Der Beilage zur Niederschrift ist zu entnehmen:

"Pos. 5: Korrektur Re. ***12*** v. : + 50.819,31 €
Pos. 6: Opfertheorie Buchwert Gebäude: + 443.180,69 €
Summe: + 494.000,00 €

…zu 5 Korrektur Re.: Begründung ist, dass der Grundanteil viel werthaltiger ist als das Abbruchgebäude, somit ist der Beleg zwischen der ***13*** und der GmbH als nicht fremdüblich einzustufen…

Zu 6 Opfertheorie: Gekauft wurde Gebäude samt Grundstück von der ***13***, die Nutzung erfolgte immer schon durch die ***8***. Der Abriss erfolgte noch im selben Jahr nachdem die neuen Anforderungen an die Halle nicht die notwendigen Betriebsanlagengenehmigungen erhalten hätten. Die Kosten für die Umbauten hätten laut Stellungnahme der Planungsgemeinschaft ***14*** die Kosten einer Neuerrichtung überschritten. Mittels Rechnung wurde am der Buchwert auf die ***8*** überschrieben, welche diesen Betrag sofort steuerlich geltend gemacht hat. Aufgrund der derzeitigen Rechtslage zur Opfertheorie ist aus Sicht der BP dieser Wert auf das neue Gebäude zu aktivieren und abzuschreiben neue AK: 443.180,69 Afa 2012: 6.647,71…"

Vom Finanzamt wurden betreffend das Betriebsprüfungsverfahren nachstehende Unterlagen vorgelegt:

a) Berechnung des Grundanteiles:

"Anschaffungskosten Gebäude neu: 449.413,25 €
Afa 2009-2011: -43.831,06 €
Abbruchkosten: 37.598,50 €
neuer Buchwert zum : 443.180,69 €"

b)Zwischen der ***15*** als Verkäuferin und der ***5*** als Käuferin abgeschlossener Kaufvertrag vom ***16*** über den Verkauf der Liegenschaft ***17***, im Gesamtausmaß von ca. 8.839m2 und der Liegenschaftsadresse ***18*** um den Kaufpreis von EUR 650.000,00, wobei EUR 167.238,26 auf das Grundstück entfallen.

c)Stellungnahme der Planungsgemeinschaft ***19*** vom "zur Nutzung der Bestandsgebäude auf Grundstück ***11***":

"Auf Basis der Projektanforderung - ein Konzept für die Nutzung der Bestandsgebäude auf dem o.a. Grundstück zu erstellen - wurden die Baukörper gemeinsam mit dem Statiker auf folgende Kriterien untersucht
Möglichkeiten der Erweiterung der Lagerbereiche und Einbau von Krananlagen für die Manipulation von
***20***
Öffnung von Fassadenflächen für Portaleinbauten zur Schauraumgestaltung
Schaffung von Barrierefreien Staplerbefahrbaren Ausstellungsflächen und Kundenzonen

Baubestand

Die bestehenden Baukörper wurden in mehreren Bauphasen errichtet, umgebaut und Zubauten errichtet. Die Lagergebäude bestehen aus Ziegelmauerwerk, Stahlbetonfertigteilen, Holzkonstruktionen und Stahlkonstruktionen. Es ist kein statisches Gefüge ersichtlich, vielmehr wurden die Bauwerke unkontrolliert umgebaut und den jeweiligen Nutzeranforderungen entsprechend adaptiert. Planunterlagen im Hinblick auf Fundierungen und Bemessung der Bauteile liegen nicht vor.

Stellungnahme zu den Anforderungen

Ein Umbau und eine Erweiterung der Baukörper zur Nutzung als Lager- und Ausstellflächen für ***21*** ist auf Grund der inhomogenen Bauwerksstruktur und der offensichtlich fehlenden Fundierungen nicht möglich. In die bestehenden Lagergebäude können aus den vor angeführten Gründen keinerlei Hebezeuge und Kräne eingebaut werden. Die Fußbodenaufbauten müssen für einen Transport mit Staplern entsprechend den Anforderungen erneuert werden, durch die bestehenden Niveauunterschiede in den Lagergebäuden müssen zur Sicherstellung der Durchfahrtshöhen die Toranlagen versetzt werden. Die Öffnung von Fassadenflächen für den Einbau von Portalen ist aus Standsicherheitsgründen ohne erhebliche statische Aufwendungen nicht möglich. Die Gebäudefußbodenniveaus sind sehr unterschiedlich angelegt und kann keine barrierefreie Ebene hergestellt werden.

Schlussfolgerung

Zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung sind im Hinblick auf
- den geforderten Brandschutz,
- die gültigen Wärmeschutzanforderungen und
- auf Grund der statisch unbestimmten bestehenden Gebäudesubstanz

Umbauten mit einem Aufwand erforderlich, die aller Voraussicht nach die Kosten einer Neuerrichtung überschreiten würden."

d)Von der ***5*** am ausgestellte und an die Bf. adressierte Rechnung wie folgt:

"Betreff: Buchwert Abbruchgebäude
1x Buchwert Abbruchgebäude wegen Errichtung eines Superädifikates 494.000,00
+ 20% USt 98.800,00
Betrag inkl. USt 592.800,00"

e)Zwischen der ***5*** als Vermieterin und der Bf. als Mieterin abgeschlossener Mietvertrag vom ***22*** mit auszugsweise folgendem Inhalt:

"I.

…Gegenstand des Mietvertrages ist die rot lasierte Teilfläche des vorbezeichneten Grundstückes ***23*** des Grundbuches der Katastralgemeinde ***24*** laut integrierter Mappenkopie mit einer Fläche von ca. 9000 m2. Einvernehmlich festgehalten wird, dass e sich bei dem Mietgegenstand um eine Freifläche handelt.

II.

Die Vermieterin vermietet hiermit an die Mieterin und diese mietet von der Vermieterin den im Vertragspunkt I. näher bezeichneten Mietgegenstand.

III.

Das Mietverhältnis hat bereits am durch mündlichen Vereinbarung begonnen und wird auf die Dauer von 50 Jahren abgeschlossen…

IV.

Als Mietzins wird ein Betrag von monatlich 700,-- € (Euro siebenhundert) zuzüglich Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe vereinbart…

VI.

Zweck dieses Mietvertrages ist die Errichtung eines Betriebsgebäudes für den ***25***, bestehend aus Bürotrakt (EG und OG), Schauraum (EG und OG) und Lagerhalle auf dem Mietgegenstand…"

Nach vorheriger Wiederaufnahme des Verfahrens wurden mit Körperschaftsteuerbescheid 2011 vom unter begründendem Verweis auf die Feststellungen der Betriebsprüfung die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einem Betrag von 681.343,63 € (statt bisher 187.342,63 €) zum Ansatz gebracht und die Körperschaftsteuer in Höhe von 170.324,00 € (statt bisher 46.824,00 €) festgesetzt.

Die Bf. berief mittels elektronisch eingebrachter Beschwerde vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2011 vom , verwies auf das Erkenntnis des GZ. RV/1100310/2010, und führte aus:

"…Abkehr von der Opfertheorie: der Restbuchwert eines abgerissenen Gebäudes ist sofort abzuschreiben unabhängig davon ob Gebäude noch verwendbar war und für den Betrieb verwendet wurde. Die Firma ***26*** hat das alte Gebäude noch Monate nach Kauf genutzt und wollte dies dann adaptieren und erweitern - wovon der Architekt aber dann aus statischen Gründen abgeraten hat (Schreiben Architekt liegt dem FA vor). Daher kam es dann zur Einreichung eines Neubaus und zum Abriss des Altgebäudes."

Im Akt findet sich weiters folgender handschriftlicher Vermerk:

"Opfertheorie
1)Kauf Grstk + Gebäude durch
***10*** am ***16***

2)Stellungnahme zur Nutzung des Bestandsgebäudes mit Schlussfolgerung, dass Neuerrichtung besser wäre am

3)Abriss und Neubau ab Herbst 2009 durch ***8***

4)Buchwertübertragung von ***13*** an ***8*** am
sofortige Abschreibung bei GmbH bei der
***13*** wurde der BW am abgeschrieben

5)Aktivierung Neugebäude bei GmbH

6)Mietvertrag zwischen ***13*** und GmbH am ***22*** beginnend mit davor keine Mieten"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2011 keine Folge gegeben und dies wie folgt begründet:

"Am ***16*** wurde durch die Firma ***10*** die ***27*** von der Firma ***15*** gekauft. Die Liegenschaft mit der Adresse ***18*** hatte zum Zeitpunkt des Kaufes auch ein Gebäude auf dem Grundstück stehen. Dieser Baukörper wurde, laut vorgelegter Stellungnahme zur Nutzung der Bestandsgebäude von der Firma ***28*** am ., in mehreren Bauphasen errichtet. Die gewünschten Erweiterungen... waren auf Grund der inhomogenen Bauwerkstruktur und offensichtlich fehlenden Fundierung nicht möglich. Diese Erkenntnis führte zum Abriss des bestehenden Gebäudes und zur Neuerrichtung eines flächenmäßig viel größeren Gebäudes. Der Neubau des Gebäudes wurde von der Tochterfirma ***8*** ausgeführt. Am wurde der Buchwert des Abbruchgebäudes wegen der Errichtung eines Superädifikates von der ***10*** an die Tochterfirma ***8*** verrechnet. Dieser Buchwert wurde sofort als Aufwand steuerlich geltend gemacht. Aus Sicht der Betriebsprüfung lag hier der Tatbestand der Opfertheorie vor…

Die ***8*** konnte das Gebäude jedoch lediglich ein paar Monate nutzen. Aus Sicht der Finanzverwaltung ist dies jedenfalls zu wenig um die betriebliche Nutzung und den Erwerb ohne Abbruchabsicht nachzuweisen. Weiters ist festzuhalten, dass bereits im Kaufvertrag vom ***16*** zwischen ***10*** und ***15*** unter dem Punkt "III. Eigenschaften des Kaufgegenstandes" folgendes festgehalten wurde: "Der Verkäufer leistet keine Gewähr dafür, dass die erforderlichen Genehmigungen für die auf der Liegenschaft befindlichen Bauwerke (wie u.a. Baubewilligung(en), Benützungsbewilligung(en) udgl.) vorliegen, alle im Zuge der Errichtung und des Betriebes der auf der Liegenschaft befindlichen Bauwerke erteilten Auflagen vollständig erfüllt wurden und alle notwendigen Genehmigungen für die derzeitige und die geplante Nutzung des Kaufgegenstandes vorliegen." Dieser Passus aus dem Kaufvertrag untermauert noch zusätzlich die Ansicht der Finanzverwaltung, dass die Liegenschaft bereits zum Kaufzeitpunkt in Abbruchabsicht erworben wurde, da man sich ansonsten schon vor dem Kauf der Liegenschaft über den Zustand des Gebäudes und deren Nutzungsmöglichkeiten informiert hätte…"

Im Vorlageantrag vom führte die Bf. ins Treffen:

"Chronologie: Der Ankauf der Immobilie (Grund und Gebäude) von ***29*** erfolgte im ***30*** (Kaufvertrag liegt der Behörde vor). Gerade die seitens der Außenprüfung als Indiz für die Abbruchansicht angeführte Passage des Kaufvertrages: " ...Verkäufer leistet keine Gewähr dafür, dass alle erforderlichen Genehmigungen wie Baubewilligung, Benützungsbewilligung für die derzeitige und geplante (!) Nutzung vorliegen" ist u.E. umso mehr auch Indiz dafür, dass die erworbene Immobilie bis dato schon von ***26*** via Miete betrieblich genutzt wurde und auch weiterhin zukünftig betrieblich genutzt werden soll(te) und dies auch dem Verkäufer bekannt war. Daher schloss der Verkäufer auch explizit eine Haftung für Genehmigungen der Bauwerke aus, da er wusste, dass die Firma ***26*** diese weiter betrieblich nutzen wollte! Wäre allen von Anfang an klar gewesen, dass das Gebäude abgerissen wird, hätte man sich um so eine haftungsfreistellende Formulierung auf Verkäuferseite nicht bemüht. Die Firma ***26*** hat diese Gebäude auch weiterhin als Lager genutzt und im Sommer 2009 entstand der Plan, in diesen Hallen die Verkaufshallen und Schauräume einzurichten…Im Dez 2009 wurde um eine Abrissbewilligung und ein n Neubau eingereicht und im Feb 2010 tatsächlich abgerissen."

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2011 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Eingabe vom stellte die steuerliche Vertretung der Bf. den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt wie folgt dar:

"Die ***10*** (nicht Prüfungsgegenstand) hat die streitgegenständliche Liegenschaft mit funktionstüchtiger Halle im ***30*** von ***31*** gekauft und über 12 Monate an die ***8*** (geprüfte Firma) vermietet gehabt. Als sich im Mietverlauf seitens der ***8*** herausgestellt hat, dass die Halle in weiterer Folge für die geplanten Erweiterungszwecke statisch nicht ausreichend ist… wurde die Halle der ***13*** abgekauft und abgerissen und in weiterer Folge ein Superädifikat darauf errichtet. Im Rahmen einer BP bei der ***8*** in 2014 über 2011 - 2012 hat der Prüfer den Buchwert der abgerissen Halle über die Laufzeit der neuen Halle aktiviert…"

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1.Gesetzeslage, festgestellter Sachverhalt und dessen rechtliche Würdigung

Streitthema ist, ob die für die Abtragung und den Restbuchwert eines Altgebäudes aufgewendeten Kosten den Herstellungskosten des errichteten Neugebäudes zuzurechnen sind oder sofort abzugsfähige Betriebsausgaben darstellen.

Gemäß § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988, in der hier maßgebenden Fassung, sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betriebsausgaben liegen dann vor, wenn die Aufwendungen mit dem Betrieb in Zusammenhang stehen bzw. wenn sie im Interesse des Betriebes anfallen.

Nach § 6 Z 1 EStG 1988 ist abnutzbares Anlagevermögen des Betriebsvermögens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 und 8, anzusetzen.

Folgender Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen der Verfahrensparteien und dem Veranlagungsakt und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

Mit Kaufvertrag vom ***16*** erwarb die ***5*** die streitgegenständliche Liegenschaft ***32*** (bestehend aus einem Grundstück mit Gebäude). Den unbestrittenen Angaben der Parteien zufolge wurde das auf der Liegenschaft befindliche Gebäude fortan - wie bisher auch - von der Bf. als Lagerhalle für deren ***33*** genutzt (siehe Niederschrift: "die Nutzung erfolgte immer schon durch die ***8***"). Die von der Bf. in weiterer Folge beauftragte Zivilingenieur- und Architektengemeinschaft kam in der Stellungnahme vom August 2009 zu dem Ergebnis, dass Umbau und Erweiterung des bisher als Lagergebäude genutzten Bestandsobjektes auf aufgrund dessen Baustruktur und Fundierung nur mit einem - die Kosten eines Neubaus übersteigenden - Aufwand möglich sei. Im Jahr 2010 trug die Bf. das bis zu diesem Zeitpunkt betrieblich genutzte Altgebäude ab und errichtete auf der im Eigentum der Muttergesellschaft verbliebenen Liegenschaft ein neues Betriebsgebäude. Mit Rechnung vom verrechnete die ***5*** an die Bf. einen Betrag von 494.000 € (+ 20 % USt) für den "Buchwert des Abbruchgebäudes". Im nachfolgend abgeschlossenen Mietvertrag aus 2014 wurde der Bf. von der ***5*** auf der in ihrem Eigentum stehenden beschwerdegegenständlichen Liegenschaft für die Dauer von 50 Jahren ein Superädifikat zum Zweck der Errichtung von Betriebsanlagen für den ***25*** der Bf. gegen einen monatlichen Mietzins eingeräumt.

Auf Basis der dargestellten Sach- und Rechtslage gelangt das Bundesfinanzgericht zu folgender rechtlichen Würdigung:

Mit der Fragestellung, wie Abbruchkosten und Restbuchwert im Fall der Abtragung eines Altobjektes und nachfolgender Errichtung eines Neugebäudes zu behandeln sind, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt zu befassen. So hat der Gerichtshof in zu Vorgängergesetzen des EStG 1988 ergangenen Erkenntnissen die Auffassung vertreten, dass der Buchwert eines noch brauchbaren Gebäudes sowie die Abbruchkosten zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes zu rechnen sind (so genannte Opfertheorie). Im Hinblick darauf, dass Altgebäude einerseits und Neugebäude andererseits nicht als das nämliche Wirtschaftsgut angesehen werden können, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch im Erkenntnis vom , 2003/14/0107, jedenfalls bei der dort zu beurteilenden Sachverhaltskonstellation (schon länger vom Unternehmer genutzte Gebäude), für den Geltungsbereich des EStG 1988 die Opfertheorie aufgegeben und im Ergebnis ausgesprochen, dass zu den Herstellungskosten eines Gebäudes in diesem Fall weder der Buchwert des Altgebäudes noch Kosten der Beseitigung des Altgebäudes gehören. An dieser Auffassung hat der VwGH im Erkenntnis vom , 2011/15/0088, letztlich betreffend ein bis zum Abriss noch verwendbares Gebäude, das sich nur kurzfristig im Betriebsvermögen befunden hat, festgehalten. Demnach ist entscheidendes Kriterium für die Beurteilung von Aufwendungen für Beseitigung und Restbuchwert eines Gebäudes (neben dem - im Beschwerdefall unstrittig gegebenen - Veranlassungszusammenhang mit steuerpflichtigen Einkünften) dessen Eigenschaft als "abbruchreif" oder "noch verwendbar".

Bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation kann nun keine Rede davon sein, dass das auf dem Betriebsgrundstück befindliche und in der Folge abgetragene Gebäude als "unbrauchbar" im Sinne der dargestellten Judikatur zu qualifizieren ist. Es besteht nämlich kein Zweifel daran, dass das Altobjekt bis zu dessen Abbruch von der Bf. als Lagerhalle benutzt worden ist. Wenngleich sich im Rahmen des angeforderten Planungsgutachten herausgestellt hat, dass die angedachte Erweiterung und Modernisierung nur mit erheblichen oder sogar die Errichtung eines Neugebäudes übersteigenden Kosten zu realisieren gewesen wäre, so ist im Beschwerdefall noch nicht von einer technischen oder wirtschaftlichen Unbenutzbarkeit des Gebäudes auszugehen. Schließlich mag sich das Altgebäude zwar nicht für die von der Bf. beabsichtigten Nutzungsanforderungen geeignet haben, wäre jedoch weiterhin sehr wohl als Lagerhalle verwendbar gewesen.

In so einem Fall (Abriss eines objektiv noch verwendbaren Gebäudes) vertritt das Bundesfinanzgericht entsprechend der geänderten VwGH-Judikatur die Auffassung, dass sowohl die Abbruchkosten als auch die Kosten für den Restbuchwert des Altgebäudes im Jahr der Rechnungslegung als erfolgsmindernder Aufwand zu erfassen sind.

Daran ändert auch der Einwand der Behörde nichts, wonach davon auszugehen ist, dass das Gebäude bereits in Abbruchabsicht erworben worden ist. Entscheidend ist hier allein die festgestellte Brauchbarkeit des Gebäudes, nicht die subjektive Absicht der Bf. oder deren Muttergesellschaft. Für die sofortige Abzugsfähigkeit der in Rede stehenden Kosten, ist es somit auch irrelevant, ob die Liegenschaft von der ***5*** bereits mit Abbruchabsicht bezüglich des darauf befindlichen und objektiv noch nutzbaren Altbestandes gekauft worden ist oder nicht.

Daraus folgt, dass die für den Abbruch des Altgebäudes bei der Bf. angefallenen Kosten nicht den Herstellungskosten des Neugebäudes zuzurechnen sind, sondern in dem vom Prüfer ermittelten und auch von der Bf. nicht in Abrede gestellten Ausmaß von 443.180,69 € sofort absetzbare Betriebsausgaben im Beschwerdejahr 2011 darstellen.

2. Bemessungsgrundlagen und Festsetzung der Körperschaftsteuer für das Jahr 2011

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2011 stellen sich infolge Stattgabe der Beschwerde wie folgt dar:


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2011
Betrag in EUR
Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. angefochtenem Bescheid
681.343,63
Abzüglich Buchwertabschreibung
-443.180,69
Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. BFG
238.162,94

Festgesetzte Körperschaftsteuer 2011


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Beträge in EUR
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
238.162,94
Gesamtbetrag der Einkünfte
238.162,94
Einkommen
238.162,94
Die Körperschaftsteuer vom Einkommen beträgt:
25,00 % von
238.162,94
59.540,74
Körperschaftsteuer
59.540,74
Einbehaltene Steuerbeträge
-11,94
0,20
Festgesetzte Körperschaftsteuer
59.529,00

3.Nichtzulassung einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob die Abbruchkosten und der Restbuchwert eines noch verwendbaren Gebäudes sofort als Betriebsausgabe zu erfassen oder auf das neu errichtete Betriebsgebäude zu aktivieren sind, wurde bereits durch die der Entscheidung zugrunde gelegte und darin auch angeführte Rechtsprechung des VwGH geklärt. Eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7104301.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at