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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.12.2023, RV/7100636/2022

Berechnung des Jahressechstels

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2020 vom 01.01. bis 31.03. und vom 01.06. bis 31.12. bei ein und demselben ausländischen Arbeitgeber beschäftigt und bezog für den Zeitraum 01.04. bis 31.05. Arbeitslosengeld in Höhe von 3.096,97 €.

In der am elektronisch eingelangten Einkommensteuererklärung 2020 erklärte der Beschwerdeführer "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ohne Lohnsteuerabzug" ("Einkünfte ohne Sonderzahlungen Kz 359") in Höhe von 34.000 € und beantragte den Alleinverdienerabsetzbetrag.

Im Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurden Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von 35.715,51 € in Ansatz gebracht:


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Bruttobezüge 01.01. bis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.200,00 €
Bruttobezüge 01.06. bis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.482,18 €
Summe der Bruttobezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39.682,18 €
Bruttobezüge 01.06. bis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.482,18 €
- Bezüge, die neben Arbeitsl. nicht mtl lfd gewährt werden . . . . .
-5.682,18 €
23.800,00 €
- Jahressechstel (23.800 € / 12 x 2 =) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-3.966,67 €
Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35.715,51 €

In der Bescheidbegründung wurde unter anderem ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Bezüge erhalten habe, die nicht monatlich gewährt würden. Diese seien bis zu einem Sechstel der laufenden Bezüge eines Kalenderjahres mit festen Steuersätzen begünstigt besteuert (§ 67 Abs 1 EStG 1988). Der übersteigende Betrag sei nach dem Lohnsteuertarif versteuert worden. Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer bezogenen Arbeitslosengeldes wurde darauf hingewiesen, dass für diesen Fall das Einkommensteuergesetz zwei Berechnungsvarianten vorsehe (§ 3 Abs 2 EStG 1988). Die für den Beschwerdeführer günstigere Kontrollrechnung sei angewendet worden und ein Einkommen von 32.856,77 € zu Grunde gelegt worden.
Die Nichtberücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages wurde damit begründet, dass die steuerpflichtigen Einkünfte und ein allfälliges Wochengeld der Partnerin des Beschwerde-führers höher als 6.000 € seien.

In seiner Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom führte der Beschwerdeführer aus, dass bei der Berechnung der Einkünfte von 35.715,51 € ausgegangen werde, er aber nur 10 Monate gearbeitet habe und 10 mal 3.400 € 34.000 € für laufende Bezüge ergebe. Die Summe der Bruttobezüge abzüglich der sonstigen Bezüge auf beiden Lohnzetteln ergebe auch 34.000 €:


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Bruttobezüge 01.01. bis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.200,00 €
Bruttobezüge 01.06. bis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.482,18 €
Summe der Bruttobezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39.682,18 €
- Bezüge, die neben Arbeitsl. nicht mtl lfd gewährt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-5.682,18 €
10 x 3.400 € = . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34.000,00 €

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass die Einkommensteuer aufgrund der übermittelten Auslandslohnzettel (L 17) des Dienstgebers des Beschwerdeführers gemäß den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes berechnet worden seien: die Summe der Bruttobezüge (39.682,18 €) abzüglich des im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung neu berechneten Jahressechstels (3.967 €) ergebe 35.715,18 €. Bei gleichbleibenden Bezügen entspreche das Jahressechstel zwei Monatsbezügen. Da der Beschwerdeführer im Jahr 2020 aber nur zehn Monate beschäftigt gewesen sei, betrage das neu berechnete Jahressechstel 3.967 €. Bei der Berücksichtigung des begünstigten Steuersatzes sei vom Jahressechstel noch die anteilige Sozialversicherung in Höhe von 679,15 € abzuziehen, was 3.287,85 € ergebe. Davon betrage die Steuer für die ersten 620 € 0 % und für die restlichen 2.667,58 € (gemeint: 2.667,85 €) 6 %. Der Teil der sonstigen Bezüge, der das Jahressechstel übersteige (5.682,18 € abzüglich 3.967 € = 1.715 €) werde nicht begünstigt besteuert.

Im Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht vom wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass in der Beschwerdevorentscheidung die Höhe des Jahressechstels von 3.067 € nicht aufgrund von 10 Monaten (Jänner bis März und Juni bis Dezember), sondern nur aufgrund von 7 Monaten (Juni bis Dezember) berechnet worden sei. Offensichtlich sei nur der zweite Lohnzettel berücksichtigt worden. Der Beschwerdeführer ersuchte, dies zu korrigieren.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2020 vom 01.01. bis 31.03. und vom 01.06. bis 31.12. bei ein und demselben ausländischen Arbeitgeber beschäftigt.

Am übermittelte die steuerliche Vertretung des Arbeitgebers zwei Lohnzettel (L 17) an die Abgabenbehörde, wovon lediglich jener, den Zeitraum 01.06 bis 31.12. betreffend, "sonstige Bezüge, die neben dem laufenden Arbeitslohn nicht monatlich gewährt werden" (5.682,18 €) ausweist.

Die Höhe der Bruttolöhne - ohne die sonstigen Bezüge - beträgt im Streitjahr 2020 34.000 €
(= 10 Monate x 3.400 €).

17,12 % der sonstigen Bezüge (5.682,18 €) wurden als Sozialversicherungsbeträge (972,78 €) einbehalten.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

§ 67 Abs 1 EStG 1988 lautet:
"Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), beträgt die Lohnsteuer für sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß Abs 2 nach Abzug der in Abs 12 genannten Beträge

für die ersten 620 Euro 0 %,

für die nächsten 24.380 Euro 6 %,

für die nächsten 25.000 Euro 27 %,

für die nächsten 33.333 Euro 35,75 %.

Die Besteuerung der sonstigen Bezüge mit diesen festen Steuersätzen unterbleibt, wenn das Jahressechstel gemäß Abs 2 höchstens 2.100 Euro beträgt. Der Freibetrag von 620 Euro und die Freigrenze von 2.100 Euro sind bei Bezügen gemäß Abs 3, Abs 4, Abs 5 erster Teilstrich, Abs 6 bis 8 und Abs 10 nicht zu berücksichtigen."

§ 67 Abs 2 EStG 1988 lautet:
"Das Jahressechstel beträgt ein Sechstel der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge. Soweit die sonstigen Bezüge gemäß Abs 1 mehr als das Jahressechstel oder nach Abzug der in Abs 12 genannten Beträge mehr als 83.333 Euro betragen, sind diese übersteigenden Bezüge im Auszahlungsmonat nach Abs 10 zu besteuern. Bei der Berechnung des Jahressechstels ist jener laufende Bezug, der zusammen mit dem sonstigen Bezug ausgezahlt wird, bereits zu berücksichtigen. Wird ein sonstiger Bezug in einem Kalenderjahr vor Fälligkeit des ersten laufenden Bezuges ausgezahlt, ist dieser erste laufende Bezug in seiner voraussichtlichen Höhe auf das Kalenderjahr umzurechnen. Steuerfreie laufende Bezüge gemäß § 3, ausgenommen laufendeEinkünfte gemäß § 3 Abs 1 Z 10, 11 und 15 lit a, erhöhen nicht das Jahressechstel, steuerfreie sonstige Bezüge gemäß § 3, ausgenommen sonstige Einkünfte gemäß § 3 Abs 1 Z 10 und 11, werden auf das Jahressechstel nicht angerechnet. Ausgenommen in Fällen von Elternkarenz darf der Arbeitgeber in einem Kalenderjahr nicht mehr als ein Sechstel der im Kalenderjahr zugeflossenen laufenden Bezüge als sonstige Bezüge mit den festen Steuersätzen gemäß Abs 1 besteuern (§ 77 Abs 4a)."

Zur Berechnung des Jahressechstels ist die Summe der im Kalenderjahr zugeflossenen laufenden Bezüge durch die Anzahl der bereits abgelaufenen Kalendermonate zu teilen. Der so ermittelte Durchschnitt ist auf den Jahresbezug umzurechnen, also mit zwölf zu vervielfachen und davon das Sechstel zu berechnen (vgl Jakom/Ebner EStG, 2023, § 67 Rz 6; ; ).

Da die Summe der im Kalenderjahr 2020 zugeflossenen laufenden Bruttobezüge 34.000 € beträgt und die Anzahl der bereits abgelaufenen Kalendermonate zwölf, ergibt sich ein Jahressechstel von 5.666,67 €. Aus der Summer der Bruttobezüge (39.682,18 €) abzüglich des Jahressechstels (5.666,67 €) resultieren die laufenden Bezüge ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von 34.015,51 €, die als laufende Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit in Ansatz zu bringen sind:


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Bruttobezüge 01.01. bis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.200,00 €
Bruttobezüge 01.06. bis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.482,18 €
Summe der Bruttobezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39.682,18 €
Summe der Bruttobezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39.682,18 €
- Bezüge, die neben Arbeitsl. nicht mtl lfd gewährt werden . . . . .
-5.682,18 €
Summe der laufenden Bruttobezüge (10 Monate x 3.400 € =) . . . .
34.000,00 €
- Jahressechstel (34.000 € / 12 x 2 =) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-5.666,67 €
laufende Bezüge ohne inländischen Steuerabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34.015,51 €

Die Summe der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5.820,80 € ist abzüglich der auf das Jahressechstel entfallenden Sozialversicherung in Höhe von 970,13 € (= 17,12 % von 5.666,67 €) als Werbungskosten iSd § 16 Abs 1 Z 4 EStG 1988 - ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag gemäß § 16 Abs 3 EStG 1988 - in Höhe von 4.850,67 € zu berücksichtigen:


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Einbehaltene Sozial(versicherungs)beiträge: für laufend ausgezahlten Arbeitslohn (357)
2.999,78 €
Einbehaltene Sozial(versicherungs)beiträge: für Zuwendungen gem KZ 351 (347) . . . . . .
972,78 €
Einbehaltene Sozial(versicherungs)beiträge: für laufend ausgezahlten Arbeitslohn (357)
1.848,24 €
Summe der einbehaltenen Sozial(versicherungs)beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.820,80 €
- 17,12 % vom Jahressechstel (5.666,67 €) = . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-970,13 €
sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag (§ 16 Abs 1 Z 4 EStG)
4.850,67 €

Gemäß § 67 Abs 12 EStG 1988 sind die auf Bezüge, die mit festen Steuersätzen zu versteuern sind, entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 vor Anwendung der festen Steuersätze in Abzug zu bringen.

Gemäß § 62 Z 4 EStG 1988 sind beim Steuerabzug vom Arbeitslohn vor Anwendung des Lohnsteuertarifs (§ 66) vom Arbeitgeber einbehaltene Beiträge im Sinne des § 16 Abs 1 Z 4, soweit sie nicht auf Bezüge entfallen, die mit einem festen Steuersatz im Sinne des § 67 zu versteuern sind, vom Arbeitslohn abzuziehen:


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Jahressechstel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.666,67 €
- 17,12 % vom Jahressechstel (5.666,67 €) = . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-970,13 €
Bezüge, die mit festen Steuersätzen zu versteuern sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.696,54 €
- Freibetrag gemäß § 67 Abs 1 EStG 1988 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-620,00 €
mit 6 % zu versteuernde restliche sonstige Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.076,54 €

Das Jahressechstel (5.666,67 €) ist abzüglich der auf das Jahressechstel entfallenden Sozialversicherung in Höhe von 970,13 € (= 17,12 % von 5.666,67 €) mit festen Steuersätzen zu besteuern.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: Berechnungsblatt

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beurteilung der zu lösenden Rechtsfrage, wie das Jahressechstel zu berechnen ist, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und erfolgte im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes.
Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist daher zu verneinen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
sonstige Bezüge
laufende Bezüge
Jahressechstel
feste Steuersätze
Verweise
Jakom/Ebner EStG, 2023, § 67 Rz 6

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100636.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at