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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 27.11.2023, RV/7102934/2022

Einstellung des Verfahrens - Löschung im Firmenbuch

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Haftungsbescheid Kapitalertragsteuer 2019 sowie Bescheid vom über die Festsetzung der Umsatzsteuer 10-12/2019 und folgend Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

I. Die Beschwerden werden als gegenstandslos erklärt; das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin (Bf.) handelte es sich um eine im Baugewerbe tätige Gesellschaft mbH.
Die im Spruch angeführten Bescheide ergingen infolge einer am abgeschlossenen Außenprüfung (AP) und der dabei getroffenen Feststellungen. Aufgrund der Feststellungen betreffend Mängel der Buchführung, ungeklärter Einlagen sowie zu Scheinrechnungen und Deckungsrechnungen im geprüften Zeitraum, führte die AP eine Umsatzzuschätzung sowie Vorsteuerkürzungen durch. Aufwendungen, die mit den Schein- und Deckungsrechnungen im Zusammenhang standen, wurden als verdeckte Ausschüttung beurteilt.
Es wurden die daraus resultierenden Abgaben, Umsatzsteuer iHv Euro 7.817,34 und Kapitalertragsteuer iHv Euro 88.308,00, mit Bescheiden vom 9. bzw. , festgesetzt und vorgeschrieben.

Gegen die angeführten Bescheide, Haftungsbescheid Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2019 und Festsetzung der Umsatzsteuer für 10-12/2019, wurden fristgerecht mit Eingaben vom Beschwerden eingebracht. Festgehalten wird, dass die gegen die Umsatzsteuerfestsetzung gerichtete Beschwerde auch als gegen den später, am , ergangenen Umsatzsteuerjahresbescheid 2019 gerichtet gilt.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom , gerichtet an die Insolvenzverwalterin, wies die Abgabenbehörde die Beschwerden als unbegründet ab.

Via Finanz-Online brachte die Bf. am Vorlageanträge ein und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Senatsverhandlung vor dem Bundesfinanzgericht (BFG).

Mit Vorlagebericht vom wurden die Beschwerden samt Akten dem Bundesfinanzgericht übermittelt.
Die Behörde teilte darin u.a. mit, dass das per eröffnete Konkursverfahren mangels Kostendeckung am aufgehoben wurde.

Wie das BFG der Insolvenzdatei sowie dem Firmenbuch die Bf. betreffend entnehmen konnte, wurde der mit Wirkung eröffnete Konkurs mit Beschluss des Gerichtes vom , bekannt gemacht am , nach Schlussrechnung mangels Kostendeckung aufgehoben. Nach Durchführung des Amtslöschungsverfahrens durch das Firmenbuchgericht erfolgte am tt. November 2022 die amtswegige Löschung der Bf. gem. § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit.

Aus dem Abgabenkonto der Bf. ging hervor, dass die in Streit stehenden Abgabenbeträge bisher nicht entrichtet worden waren. Diesbezügliche Zahlungen waren nicht geleistet worden. Der offene vollstreckbare Rückstand betrug Euro 98.475,53. Weiters bestand eine Aussetzung der Einbringung über weitere Abgabenbeträge der Folgejahre (u.a. USt, LSt) iHv Euro 114.793,46.

Da die in Rede stehenden Abgabenbeträge bisher nicht entrichtet wurden, würde auch im Fall einer Stattgabe der Beschwerden kein Aktivvermögen der gelöschten Bf. entstehen. Eine Einbringungsmöglichkeit lag laut Aktenlage und Rücksprache mit der Abgabenbehörde nicht vor. Die Vermögenslosigkeit war als gegeben zu beurteilen.

Rechtliche Beurteilung

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat grundsätzlich deklaratorischen Charakter (vgl. ; ) und beendet die Rechtsfähigkeit prinzipiell nicht, solange noch Vermögen vorhanden ist und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind.

Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn die Abgabenfestsetzung etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugssteuern oder Vorsteuern zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann.

An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher im Fall eines bestehenden Abwicklungsbedarfes grundsätzlich rechtswirksam ().

Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft - so wie bisher - einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter. In der Regel fungiert der ehemalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator"; an die Gesellschaft adressierte behördliche Schriftstücke (Erledigungen) können somit bis zur Bestellung eines Liquidators durch das Gericht an diesen zugestellt werden. Der Auflösung folgt in der Regel die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). In dieser Zeit wird die Gesellschaft durch die bestellten Liquidatoren bzw. Abwickler vertreten. Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch (§ 157 UGB, § 93 GmbHG).

Im Fall der Bf. fand infolge des Konkurses keine Liquidation statt (vgl. Haberer/Zehetner in Straube, GmbHG, § 89 Rz 11).

Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO umfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation nach § 89 GmbHG stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist.

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zwingend zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu auch ). Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (vgl. ; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können.

Infolge der Löschung im Firmenbuch war die Bf. de facto rechtlich nicht mehr existent und auch ohne Rechtsnachfolger. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre daher rechtlich unwirksam.

Bereits mit der Konkurseröffnung erlöschen ex lege bestehende Vertretungsvollmachten (§ 1024 ABGB). Die Vollmacht erlischt endgültig, sie lebt auch nicht mit Aufhebung der Insolvenz wieder auf. Da die Bf. nach Beendigung des Konkurses weder durch die frühere Masseverwalterin, noch den früheren steuerlichen Vertreter vertreten werden konnte, konnte eine Erledigung durch das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Verfahren der Bf. nicht mehr zugestellt werden.

Die Rechtspersönlichkeit der Bf. war durch die Auflösung und Löschung im Firmenbuch beendet worden und lag auch kein Abwicklungsbedarf vor, sodass über die Auflösung und Löschung hinausgehend kein Fortbestand der Rechtssubjektivität und damit der Parteifähigkeit gegeben war.

Wie der VwGH in seiner Rechtsprechung ausführt, ist nicht der Fortbestand der GmbH zu verneinen, weil man ihr nicht mehr zustellen kann, sondern es kann umgekehrt eine Zustellung allein schon im Hinblick auf das Erlöschen der Parteifähigkeit unterbleiben. Zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO besteht in einem solchen Fall kein Anlass (vgl. ).

Da von der Vollbeendigung der Bf. auszugehen ist, ist die Beschwerde im Sinne der Bestimmungen der BAO, insbesondere § 278 Abs. 1 lit. b BAO, als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen. Dies entspricht, den Fällen des § 33 Abs. 1 VwGG und damit der Vorschrift, die nach der Rechtsprechung des VwGH sinngemäß anzuwenden ist, wenn es zum "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der Bf. kommt.

Die Entscheidung war wie im Spruch angeführt zu treffen. Das Verfahren war einzustellen.

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 iVm Abs. 5 BAO kann im Falle einer Formalentscheidung, hier der Gegenstandsloserklärung, von einer beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung liegt im Ermessen und ist verfahrensökonomisch zweckmäßig. Eine Unbilligkeit ist darin nicht erkennbar. Daher wird das Ermessen dahingehend geübt, dass von der mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

Der Beschluss war nur der Abgabenbehörde als Amtspartei zuzustellen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Über die gegenständliche Beschwerde wurde im Sinne der Rechtsprechung des VwGH entschieden und stützt sich die Entscheidung u.a. auf das Erkenntnis des . Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 40 Abs. 1 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102934.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at