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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 16.11.2023, RV/7103730/2019

Einstellung des Beschwerdeverfahrens nach Löschung der GmbH im Firmenbuch nach § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit an Amts wegen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria Grohe in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des vormaligen Finanzamtes ***FA**** vom betreffend Körperschaftsteuer 2010, Umsatzsteuer 2009, Umsatzsteuer 2010, Umsatzsteuer 2011 und Umsatzsteuer 2012 - Steuernummer ***BF1StNr1***, eingebracht durch ***MV***, ***MV-Adr*** als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren der ***Bf1***, beschlossen:

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

A. Verfahrensgang:

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom tt.mm.2013 GZ. ******** wurde über das Vermögen der ***Bf1*** das Insolvenzverfahren eröffnet und ***MV*** (Bf.) zum Insolvenzverwalter bestellt. (siehe dazu: Mitteilung des Insolvenzgerichtes lt. Firmenbuchauszug FN ***xyz*** h als Aktenbestandteil).

Anlässlich einer, bei der in Insolvenz befindlichen ***Bf1*** im Mai 2013 durchgeführten Außenprüfung betreffend die Jahre 2006 bis 2012 wurden die folgenden beschwerdegegenständlichen Feststellungen getroffen:

Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass die ***Bf1*** im Zuge eines kompletten Umbaus der Liegenschaft ***AdrBf*** im Ausmaß von
2.086 m² (neben fünf Wohneinheiten) auch das darauf befindliche Wohnhaus mit Garten im Ausmaß von 1.248 m², das sich im Eigentum der Geschäftsführerin Frau
***Gefü*** befand, umgebaut hat. Das gesamte Grundstück wurde lt. ersten Kaufvertrag im Jahr 2006 zu 69% von der GmbH und zu 31% von Frau ***Gefü*** (Gesellschafterin und bis 02/2010 Geschäftsführerin der ***Bf1***) erworben. Dies entsprach nicht den tatsächlichen Verhältnissen, da die bebaute Fläche von Top 1 bis 5, 617 m² betrug. Die verbleibende Grundfläche für Top 6 / Wohnhaus betrug 631 m² für Garten und Wohnfläche. Im Zuge der Umbauarbeiten (Errichtung von Wohnungen) wurde auch der Grundstücksanteil (Haus mit Garten), welcher im Eigentum der Geschäftsführerin steht, auf Kosten der GmbH umfassend saniert bzw. umgebaut. Es wurden keinerlei Kosten während bzw. nach Beendigung der Umbauphase an die Geschäftsführerin weiterverrechnet. Es wurde daher diesbezüglich eine Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer betreffend verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafterin Frau ***Gefü*** festgestellt. (Nach Eröffnung des Konkursverfahrens über die ***Bf1*** aber noch während der Prüfung wurde dieses sich im Eigentum der Geschäftsführerin befindliche Wohnhaus um € 2 Mio von der Geschäftsführerin veräußert.)

Auf Basis dieser Feststellungen ergingen seitens des Finanzamtes entsprechende Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide, aufgrund derer es zur Vorschreibung von Nachzahlungen im Ausmaß von etwa Euro 56.000,00 auf dem Abgabenkonto der ***Bf1*** kam.

Diese Beträge wurden gemäß § 212 a BAO ausgesetzt.

Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2012 und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2012 wurden am durch das Finanzamt erlassen und waren diese wie folgt adressiert: "***MV***".

Gegen diese Bescheide erhob der Bf. (Insolvenzverwalter ***MV***) fristgerecht Beschwerde. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde den Beschwerden teilweise stattgegeben. Diese waren wie folgt adressiert: "***MV***". Innerhalb offener Frist stellte der Bf. (Insolvenzverwalter) am einen Vorlageantrag mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung gem. § 274 BAO.

Mit Vorlagebericht vom erfolgte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht wies diesen (1.) Vorlageantrag mit Beschluss vom , zur GZ. RV/7100226/2015 als unzulässig zurück, mit der Begründung, dass die Beschwerdevorentscheidungen vom keine wirksamen Bescheide darstellten, da diese Erledigungen gegenüber der Gemeinschuldnerin, der ***Bf1***, welcher in den die Masse betreffenden Angelegenheiten gemäß § 2 Abs.2 IO die Verfügungsfähigkeit entzogen war, nicht wirksam erlassen werden konnten.

Nachdem unabdingbare Voraussetzung eines Vorlageantrages aber ist, dass die Abgabenbehörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat (Ritz, BAO5, § 264 Tz 6 und die dort zitierte Judikatur) und die als Beschwerdevorentscheidung intendierten Erledigungen des Finanzamtes vom keine wirksamen Bescheide darstellen, wurde der Vorlageantrag vom zurückgewiesen.

Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge mit Datum neue Beschwerdevorentscheidungen mit nunmehr richtigem Bescheidadressaten (Masseverwalter ***MV***). Dagegen erhob dieser wiederum am form- und fristgerecht einen Vorlageantrag, mit identer Begründung wie in jenem aus verfahrensrechtlichen Gründen durch das BFG zurückgewiesenen (1.) Antrag auf Vorlage der Beschwerde.

Die neuerliche Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht erfolgte mit Vorlagebericht vom .

Laut aktuellem Firmenbuchauszug FN ***xyz*** (Fa. ***Bf1***) ergibt sich Nachfolgendes:
Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom tt.mm.2013 wurde über das Vermögen der Bf. das Insolvenzverfahren eröffnet. Am tt.mm.2019 hob das Gericht den Konkurs nach Schlussverteilung auf und wurde der Masseverwalter am seines Amtes enthoben. Am tt.mm.2022 erfolgte die amtswegige Löschung der Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit (GZ. ***zzz***).
Auf dem Abgabenkonto der gelöschten GmbH haftet ein fälliger Rückstand von € 3.939 aus. Daneben ist ein Betrag von € 55.719,45 ausgesetzt (AEH).

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem zuvor geschilderten Verfahrensgang und deckt sich mit den vom Finanzamt vorgelegten Akten und dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung sowie in das Firmenbuch.

B. Rechtliche Ausführungen

B/1. Die Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklarativen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist () und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (siehe Ritz, BAO5, § 79, Tz 11; ; , 2006/13/0187; , 2010/15/0026). An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide können bis zur Vollbeendigung der aufgelösten Gesellschaft grundsätzlich rechtswirksam ergehen, wobei die aufgelöste GmbH einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter benötigt (). Mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch ist nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (; , 3 Ob 113/07z), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer/in wäre unwirksam (). Eine Entscheidung über die Beschwerde könnte durch das BFG im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr zugestellt werden. Der Masseverwalter, der nach Konkurseröffnung über das Vermögen der Bf. die Beschwerde sowie den Vorlageantrag eingebracht hatte, wurde mit Aufhebung des Konkurses seines Amtes enthoben und vertritt die gelöschte GmbH nach Löschung derselben nicht mehr. Eine andere Person, der ein Beschluss oder Erkenntnis in diesem Rechtsmittelverfahren zugestellt werden kann, existiert nicht.

In seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035 zitierte der Verwaltungsgerichtshof einleitend seinen Beschluss vom (), in dem er aussprach, dass der Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH bejaht werde, "solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind". Der VwGH merkte ausdrücklich an, dass sich diese Aussage nicht auf die Erledigung eines Berufungsverfahrens bezog. Weiters verwies er auf seine Entscheidung vom , wonach zu prüfen ist, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen der Beschwerdeführerin ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit der Körperschaft insoweit als fortdauernd anzusehen wäre ().
Im vorliegenden Fall besteht kein Abwicklungsbedarf durch Fortführung des Beschwerdeverfahrens, weil die gelöschte GmbH die vorgeschriebene Umsatz- und Körperschaftsteuer nicht entrichtet hat und daher selbst im Falle einer Stattgabe der Beschwerde kein Aktivvermögen entstünde, da der gesamte Abgabenrückstand auf dem Konto der gelöschten GmbH aushaftet. Die im Firmenbuch gelöschte und vermögenslose GmbH ist damit vollbeendet. Somit besteht nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung kein Anlass zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO (). Eine Zustellung etwa an die früheren Geschäftsführerin wäre unwirksam (; ; ; ; u.a.). Eine Entscheidung über die Beschwerde kann durch das Gericht im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr zugestellt werden. Der Masseverwalter, der (für die Bf.) den Vorlageantrag eingebracht hatte, vertritt die gelöschte GmbH nach Löschung derselben nicht mehr. Eine andere Person, der ein Beschluss oder Erkenntnis in diesem Rechtsmittelverfahren zugestellt werden kann, besteht auf Grund der vorstehenden Ausführungen nicht. Wegen der fehlenden Möglichkeit, der Bf. eine Rechtsmittelentscheidung zuzustellen, kann eine solche durch das BFG auch nicht wirksam erlassen werden (siehe auch ).
Das Beschwerdeverfahren ist daher einzustellen. Diese Einstellung durch das Bundesfinanzgericht hatte mittels Beschluss zu erfolgen () und ergeht dieser mangels Zustellungsmöglichkeit an die Bf. nur an die Amtspartei ().
Gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 BAO iVm § 272 Abs. 5 BAO konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden (siehe Ritz/Koran BAO7 zu § 274 Rz 11; Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, § 274, 762).

B/2. Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur gegenständlichen Rechtsfrage existiert eindeutige höchstgerichtliche Rechtsprechung, auf die sich der gegenständliche Beschluss stützt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

-elektronisch

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
Schlagworte
Vermögenslosigkeit
Verfahrenseinstellung
Löschung im Firmenbuch
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103730.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at