Zurückweisung einer gegen eine - nicht Bescheidcharakter erlangten - Erledigung gerichteten Beschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1*** (in Liquidation), ***Bf1-Adr*** betreffend Beschwerde vom gegen die - als Bescheid intendierte bzw. titulierte - Erledigung des Finanzamtes Österreich vom betreffend Körperschaftsteuer 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Bei der Bf. handelt es sich um eine GesmbH, die laut Firmenbuch die mit Generalversammlungsbeschluss vom aufgelöst, respektive nach beendeter Abwicklung, ob eines am gestellten Antrages am gelöscht wurde.
Laut dem im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgereichten Gesellschafterbeschluss vom wurde die vormals als Liquidatorin der Bf. fungierende Frau ***1*** zum Verwahrer der Bücher und Schriften der Gesellschaft für die gesetzlich vorgeschriebene Dauer bestellt.
In der Folge wurde mit - als Bescheid titulierter - Erledigung vom gegenüber der Bf. Körperschaftsteuer für das Jahr 2022 im Ausmaß der Mindestkörperschaftsteuer von 1.750,00 Euro festgesetzt, respektive diese zu Handen deren vormaligen steuerlichen Vertretung zugestellt.
Mit Eingabe vom wurde gegen obigen Bescheid Beschwerde erhoben und hierbei begründend moniert, dass angesichts der Tatsache, dass die Liquidation bzw. die Verteilung des Vermögens der Bf. bereits im dritten Quartal des Jahres 2022 erfolgt sei, ob der Norm des § 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988 die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2022 auf Basis des der Mindestkörperschaftsteuer für gesamte Jahr 2022 nicht rechtens erfolgt sei.
Aus vorgenannten Gründen hätte die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2022 richtigerweise auf eine Gutschrift in Höhe von 439,00 Euro lauten müssen.
Gegen die - die Beschwerde mit der Begründung der erst am erfolgten Löschung der Bf. im Firmenbuch - abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde am unter Hinweis der deklaratorischen Wirkung der Löschung im Firmenbuch ein Antrag auf Vorlage des Rechtsmittels an das BFG eingebracht.
Rechtliche Beurteilung
Rechts- und Prozessfähigkeit einer gelöschten GmbH
§ 79 BAO normiert, dass für die Rechts- und Handlungsfähigkeit die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gelten.
Die Löschung einer GmbH im Firmenbuch hat bloß deklarativen Charakter (, RdW 1991, 233; , 6 Ob 201/97w, RdW 1998, 75; ; , 2003/17/0134; , 2006/16/0220).
Eine GmbH besteht auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch fort, solange ein Vermögen vorhanden ist und Rechtsbeziehungen zu Gläubigern oder Schuldnern bestehen (, NZ 1988, 82). Nach der Judikatur des VwGH (z.B. , 95/15/0179; , 2001/13/0030) besteht die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft solange fort, als noch Abwicklungsbedarf vorhanden ist, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind (; , 2010/15/0026; , 2009/13/0112).
In Ansehung vorstehender Ausführungen und der Tatsache, dass gegenüber der Bf. nach deren am erfolgten Löschung im Firmenbuch Körperschaftsteuer 2022 festgesetzt wurde, respektive in weiterer Folge das Ausmaß derselben in Streit steht, ist der Abwicklungsbedarf sowie andersrum gesprochen das Fortbestehen der Rechtspersönlichkeit der Bf. evident.
Vertreter einer aufgelösten GmbH
Nach § 80 Abs. 3 BAO ist Vertreter der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkten Haftung nach Beendigung der Liquidation, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.
Die Bestimmung des § 80 Abs. 3 BAO (idF AbgÄG 2004) ist erstmals anzuwenden, wenn die Liquidation der GmbH nach dem beendigt wird (§ 323 Abs. 17 zweiter Unterabsatz).
Die neue Vertretungsregelung ist nach der Regierungsvorlage (686 BlgNR 22. GP, 36) zweckmäßiger als eine u.a. für die Gerichte aufwendige Bestellung eines Vertreters nach § 15a GmbHG bzw. nach § 93 Abs. 5 GmbHG.
§ 93 Abs. 3 GmbHG lautet:
"(3) Die Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft sind einem der Gesellschafter oder einem Dritten auf die Dauer von sieben Jahren nach dem Schluß des Kalenderjahres, in dem die Liquidation beendet wurde, zur Aufbewahrung zu übergeben. Die Person des Verwahrers wird in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Beschlusses der Gesellschafter durch das Handelsgericht bestimmt."
Die Vertreterstellung des Verwahrers betrifft insbesondere Außenprüfungen (§ 147 Abs 1) sowie offene Rechtsmittelverfahren (ErlRV 686 BlgNR 22. GP, 36; ).
Sie gilt für eine aufgelöste, aber noch nicht beendete (somit noch parteifähige) GmbH
Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO umfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat.
In Anbetracht vorstehender Ausführungen hätte nach Auffassung des BFG die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2022 gegenüber der ***Bf1*** zu Handen der gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG per Gesellschafterbeschluss vom zur Verwahrerin der Bücher bestellten Frau ***1*** erfolgen müssen.
Ergo dessen ist der nach am erfolgter Löschung der Bf. im Firmenbuch an die vormalige steuerliche Vertretung zugestellten - wenn auch seitens der belangten Behörde als Bescheid intendierten bzw. titulierten Erledigung vom - kein Bescheidcharakter beizumessen.
Rechtliche Konsequenzen
Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (z.B. ; , 2006/13/0001; , 2004/15/0131, 0132; , 2010/17/0066).
Es war daher wie im Spruch zu befinden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da die Zurückweisung direkt auf den gesetzlichen Bestimmungen der BAO fußt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103857.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at