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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 28.11.2023, RV/7103814/2023

Wirksame Zustellung in DataBox trotz fehlender Verständigung

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7103814/2023-RS1
wie RV/7102314/2021-RS1
Entscheidend für die Zustellung ist alleine der Zeitpunkt, in dem die Daten in der DataBox einlangen. Die zusätzliche Verständigung des Empfängers per E-Mail ist eine reine Serviceleistung, an die keine Rechtsfolge geknüpft ist. Daher berührt das Ausbleiben einer Mitteilung auch an eine gültige E-Mailadresse des FinanzOnline-Teilnehmers nicht die Wirksamkeit einer Zustellung in die DataBox.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Dr. Lisa Pucher in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Familienbeihilfe für den Zeitraum Juli 2021 bis September 2022 für das Kind ***S M*** abgewiesen wurde, folgenden Beschluss:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (nachfolgend "Bf") stellte am für ihre Tochter ***S M***, geboren ***GebDatum Tochter***, einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Juli 2021. Die Tochter habe im Juni 2021 maturiert und nun ab Oktober 2022 einen Studienplatz in Graz erhalten. In der Wartezeit bis zur Aufnahmeprüfung und dann Zusage am habe sie bei ihr im Haushalt gelebt und auch kein Einkommen gehabt.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ab. Begründend wurde ausgeführt, dass nicht von einem frühestmöglichen Beginn bzw der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung ausgegangen werden könne.

Mit dem Schreiben vom wurde Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid beim Finanzamt eingebracht. Nachdem die Bf lange auf einen schriftlichen Bescheid von Seiten des Finanzamtes gewartet habe, sei ihr nach telefonischer Rücksprache am zur Kenntnis gelangt, dass der Bescheid nur im Portal FinanzOnline zur Verfügung stehe. Die Bf erhalte regelmäßig Vorschreibungen und Infos über ihre Einkommensteuer per Post; daher habe sie auch keine Veranlassung gesehen, im Portal nachzusehen. Sonstige steuerliche Angelegenheiten würde überdies ihr Steuerberater erledigen. Die Bf könne die Begründung des Bescheides vom nicht nachvollziehen. Ihre Tochter habe sich rechtzeitig für die Ausbildung an der Akademie der angewandten Kunst in Wien angemeldet, sei aber per abgewiesen worden. Damit habe sie sich frühestens Ende Februar 2022 für ***den Studienplatz in Graz*** anmelden können.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als verspätet zurück. Der bekämpfte Bescheid sei am elektronisch zugestellt worden. Die Beschwerdefrist habe somit am geendet.

Die Bf stellte am einen Vorlageantrag. Sie verweise auf die Begründung ihrer Beschwerde vom und ergänze wie folgt: Ihre Tochter habe sich fristgerecht zum Studium "an der Angewandten" angemeldet, für die es prinzipiell keine Alternative gebe. Das sei auch der Grund gewesen, warum sie sich nicht gleichzeitig bei mehreren "Stellen" angemeldet habe. Nach der Absage habe ihre Tochter als Ersatz die Akademie *** in Graz gefunden. Leider habe sie erst einen Platz für das nächste Jahr erhalten. Das sei somit aber die "schnellste Möglichkeit" zur Fortsetzung ihrer Ausbildung gewesen. Die Bf habe bisher alle "Angelegenheiten des Finanzamtes" postalisch erhalten. So sei ihr die einzige elektronische Zustellung (Abweisung ihres Antrages auf Familienbeihilfe) entgangen, weshalb sie leider die Frist versäumt habe. Es sei unverständlich, dass wichtige Entscheidungen nur über FinanzOnline zugestellt werden, ohne dass der Empfänger darüber in irgendeiner anderen Weise (zB über die im Portal hinterlegte Email) informiert wird. Etwa sei ihr die Beschwerdevorentscheidung vom per Rückscheinbrief zugegangen.

Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

2. Sachverhalt

Der den Familienbeihilfenantrag der Bf vom abweisende Bescheid wurde am elektronisch in die FinanzOnline-Databox der Bf eingebracht. Der Bescheid vom enthielt in der Rechtsmittelbelehrung unter anderem den Hinweis, dass eine Beschwerde innerhalb eines Monates nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erhoben werden kann.

Am ist die mit datierte Beschwerde bei der belangten Behörde eingelangt.

Die Bf hat die Möglichkeit der elektronischen Zustellung nicht abgewählt, um Bescheide nur mittels Zustellung per Post zu erhalten.

3. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig.

Der Bescheid vom enthält auf der elektronischen Signatur den Vermerk eines Datums: , 05:18:55 +02:00. Das bedeutet, dass am zeitnah zur vermerkten Uhrzeit die Zustellung in die Databox erfolgte.

Dass die Bf die Möglichkeit der elektronischen Zustellung nicht abgewählt hat, ergibt sich aus den FinanzOnline-Daten (Grunddatenverwaltung: "Elektronische Zustellung Eigene: Ja").

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zu Spruchpunkt I (Zurückweisung)

§ 243 BAO regelt: "Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist."

Gemäß § 245 Abs 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Nach § 93 Abs 4 BAO wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt, wenn der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist enthält oder er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt.

Gemäß § 97 Abs 1 lit a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind, wobei die Bekanntgabe bei schriftlichen Erledigungen grundsätzlich durch Zustellung erfolgt.

Gemäß § 97 Abs 3 BAO kann an Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf.

Eine Verordnung im Sinne des § 97 Abs 3 zweiter Satz BAO ist die FinanzOnline-Verordnung 2006.

Nach § 5b Abs 1 FinanzOnline-Verordnung 2006 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Gemäß § 5b Abs 2 FinanzOnline-Verordnung 2006 hat jeder an der elektronischen Zustellung Teilnehmenden in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Angabe einer unrichtigen, ungültigen oder gar keiner E-Mailadresse hindert nicht die wirksame Zustellung.

§ 5b Abs 3 FinanzOnline-Verordnung 2006 sieht für andere Teilnehmer als bestimmte Unternehmer in FinanzOnline die Möglichkeit des Verzichtes auf die elektronische Form der Zustellung vor. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten.

§ 98 Abs 2 BAO sieht vor: "Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."

Die einmonatige Frist zur Einbringung der Beschwerde begann am Samstag, den :

  1. Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (und damit gemäß § 98 Abs 2 BAO als zugestellt gelten), ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl Ritz/Koran, BAO7 § 98 Rn 4 mit zahlreichen Judikaturnachweisen, darunter ), was im vorliegenden Fall am erfolgt ist. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (siehe Ritz/Koran, BAO7 § 98 Rn 4 und die dort angeführte Judikatur). Auch das Ausbleiben einer Mitteilung an eine gültige E-Mailadresse des FinanzOnline-Teilnehmers berührt nicht die Wirksamkeit einer Zustellung in die DataBox. So spricht auch § 5b Abs 2 FinanzOnline-Verordnung 2006 von der E-Mailadresse, um über die elektronische "Zustellung" informiert zu werden, womit verdeutlicht wird, dass der allfälligen Informations-E-Mail die wirksame Zustellung bereits vorausgegangen ist (so auch ). Die zusätzliche Verständigung des Empfängers per E-Mail ist eine reine Serviceleistung, an die keine Rechtsfolge geknüpft ist.

  2. Eine Ortsabwesenheit wurde von der Bf nicht behauptet.

§ 108 Abs 2 regelt:

"Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. […]."

Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde endete mit Ablauf des (Dienstag).

Die Beschwerde wurde am und somit verspätet beim Finanzamt eingebracht. Vom Verwaltungsgericht sind nicht fristgerecht eingebrachte Beschwerdenmit Beschluss zurückzuweisen (§ 260 Abs 1 lit b BAO).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden. Über das materielle Vorbringen hatte das Bundesfinanzgericht nicht abzusprechen.

Ergänzender Hinweis:

Besteht grundsätzlich eine Zustimmung zur elektronischen Zustellung, hindert dies das Finanzamt nicht daran, für bestimmte Bescheide (zB Beschwerdevorentscheidungen) andere Formen der Zustellung (zB mit Rückscheinbrief) zu wählen.

4.2. Zu Spruchpunkt II (Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der FinanzOnline Verordnung 2006 sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, sind die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gegeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 5b Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b Abs. 3 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103814.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at