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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.12.2023, RV/7103595/2023

Die Bewilligung von Zahlungserleichterungen darf über den beantragten Rahmen (zB zeitlichen Rahmen) nicht hinausgehen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am brachte der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge Bf. genannt) über FinanzOnline folgendes Zahlungserleichterungsansuchen hinsichtlich des zu diesem Zeitpunkt am Abgabenkonto aushaftenden Rückstandes in Höhe von € 9.645,94 ein.

"Ich ersuche um Ratenzahlung meiner offenen Steuerschuld in Monatsraten zu anfänglich € 250,00. Da ich gerade dabei bin, mich beruflich neu zu orientieren, kann ich dzt. leider monatlich nicht mehr aufbringen. Selbstverständlich bin ich bemüht, die Ratenzahlung in absehbarer Zeit zu erhöhen und komme unaufgefordert auf Sie zu, sobald mir dies möglich ist.

Es steht eine Festanstellung bzw. Wiederaufnahme eines Gewerbes im Raum.

Es tut mir auch leid, mich jetzt erst gemeldet zu haben, denn ich dachte ursprünglich, dass die Steuerschuld erst diese Woche fällig wäre, da ich es mir im Kalender falsch vermerkt habe."

Als letzter Zahlungstermin wurde vom Bf. der angegeben.

Mit Bescheid vom wies das damals zuständige Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf den Antrag mit der Begründung ab, dass Versäumnisse in der Offenlegungspflicht nicht zu Härten in der Entrichtung führen könnten. Die selbst verursachte "besondere Härte" stelle somit keinen Grund für einen Zahlungsaufschub dar.

In der dagegen mit Schriftsatz vom eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt:

"Es ist mir vollkommen klar, dass es eindeutig mein Verschulden ist, dass ich die Steuererklärungen nicht abgegeben habe und somit die derzeitige Forderung besteht.

Aufgrund eines Konkurses 2008 war ich ziemlich am Boden und habe die folgenden Jahre einen relativ unsteten Lebenswandel geführt und mich nicht ordentlich um meine steuerlichen Angelegenheiten gekümmert, da ja auch bis zumindest 2010 keine steuerrelevanten Einnahmen zu verzeichnen waren.

Da mein Konkurs nun mit Dezember 2015 abgeschlossen wurde, wollte ich nun mittels dieser Selbstanzeige mein Leben wieder in geordnete Bahnen bringen. Aufgrund meiner Selbstanzeige tritt aber nun natürlich auch die Sozialversicherung mit Forderungen an mich heran, deren Höhe mir dzt. noch nicht bekannt sind, sich aber wahrscheinlich um die 14.000,00 bewegen werden.

Ich versichere Ihnen, dass ich mich bemühen werde, eine von Ihnen gewährte Ratenzahlung in Höhe der beantragten EUR 250,- mtl. regelmäßig einzuhalten. Eine Bezahlung des Betrages in voller Höhe ist mir einfach nicht möglich, da ich nicht über die vorhandenen Mittel verfüge und aufgrund meiner Vorgeschichte auch keinerlei Finanzierung von dritter Seite erhalten kann.

Daher ersuche ich Sie noch einmal, mir die gewünschte Ratenzahlung zu gewähren, damit ich nicht wieder Insolvenz anmelden muss und das Finanzamt und die Sozialversicherung dadurch auch wieder nicht die vollen Forderungen erfüllt bekommen.

Ich bin selbstverständlich auch bemüht, mein Einkommen durch unermüdlichen Einsatz zu erhöhen und versichere Ihnen, dass ich mich melden werden, sobald eine höhere Ratenzahlung oder ev. auch einmal eine Einmalzahlung möglich ist. Mittlerweile habe ich auch bereits wieder einen Gewerbeschein beantragt und auch erhalten.

Gerne bin ich auch bereit. Ihnen meine Situation in einem persönlichen Gespräch näher zu erläutern, falls dies von Ihnen gewünscht wird!"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus:

"Gemäß § 29 Abs. 1 FinStrG wird, wer sich eines Finamvergehens schuldig gemacht hat, insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (Selbstanzeige). Die Darlegung hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften den Zollämtern obliegt, gegenüber einem Zollamt, sonst gegenüber einem Finanzamt zu erfolgen. Sie ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.

Abs. 2: War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offen gelegt werden, und binnen einer Frist von einem Monat die sich daraus ergebenden Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung entrichtet werden. Die Monatsfrist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des Abgaben- oder Haftungsbescheides zu laufen und kann durch Gewährung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) auf höchstens zwei Jahre verlängert werden. Lebt die Schuld nach Entrichtung ganz oder teilweise wieder auf, so bewirkt dies unbeschadet der Bestimmungen des § 31 insoweit auch das Wiederaufleben der Strafbarkeit.

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann auf Ansuchen des Abgabepflichtigen die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hierzu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Es ist daher zu prüfen, ob die sofortige (volle) Entrichtung der Abgaben eine erhebliche Härte darstellt und die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Die Gewährung von Zahlungserleichterungen nach der zitierten Gesetzesstelle setzt sohin das Zutreffen zweier rechtserheblicher Tatsachen voraus, die beide gegeben sein müssen, um die Abgabenbehörde in die Lage zu versetzen, von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen. Ist eines dieser Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt, so kommt eine Zahlungserleichterung nicht in Betracht und es bedarf daher auch keiner Auseinandersetzung mit dem anderen Tatbestandsmerkmal (, , 96/14/0037, , 2001/15/0056). Fehlt auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern hat die Behörde diesfalls den Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen.

Bei Begünstigungstatbeständen tritt ganz allgemein die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber dem Gebot der parteiinitiativen Behauptungs- und Beweislast unter vollständiger und wahrheitsgemäßer Offenlegung der Verhältnisse in den Hintergrund. Dabei hat der Beschwerdeführer die Voraussetzungen sowohl hinsichtlich des Vorliegens der erheblichen Härte als auch für die übrigen Voraussetzungen der Zahlungserleichterung aus Eigenem überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen.

Dass dem Abgabepflichtigen gegenüber eine erhebliche Härte in der Einbringung der Abgaben vorliege, weil er hiedurch in eine wirtschaftliche Notlage oder in finanzielle Bedrängnis gerate, oder ihm die Einziehung, gemessen an den sonstigen Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung seiner anzuerkennenden berechtigten Interessen an der Erhaltung und am Bestand der ihm zur Verfügung stehenden Einkunftsquellen, nicht zugemutet werden könne, hat der Abgabepflichtige aus eigenem Antrieb konkretisierend anhand seiner Einkommens- und Vermögenslage darzulegen (, , 2001/15/0056).

Wirtschaftliche Notlage als Begründung für ein Zahlungserleichterungsverfahren kann nur dann zum Erfolg führen, wenn gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet ist (vgl. , , 88/13/0100). Kommt der Abgabepflichtige als Begünstigungswerber diesen Mindesterfordernissen, die an den Antrag zu stellen sind, nicht nach, hat er mit dessen Abweisung zu rechnen (siehe ). In diesem Fall kommt, wie bereits dargelegt, das Ermessen nicht zum Tragen.

Die Einbringlichkeit der Abgaben ist auf Grund der in der Beschwerde dargelegten Verhältnissen als gefährdet anzusehen. Das Ansuchen um Zahlungserleichterung war daher schon aus diesem Grunde ex lege abzuweisen."

Dagegen beantragte der Bf. mit Schriftsatz vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte aus:

"Da meiner Beschwerde vom offensichtlich aus dem Grund, dass die Einbringung der Abgaben durch den beantragten Aufschub aufgrund der angebotenen zu geringen Ratenzahlungen gefährdet wird, ersuche ich Sie, mir den Zahlungsaufschub so anzubieten und zu gewähren, dass die geforderten Raten bei rechtzeitiger Einzahlung die Einbringung der Steuerschuld gewährleisten.

Die Tatsache, dass die Entrichtung der gesamten Steuerschuld durch Einmalzahlung für mich mit erheblichen Härten verbunden ist, habe ich Ihnen meines Erachtens nach bereits in meiner Beschwerde vom ausführlich dargestellt.

Es kann auch durch die Firma ***1*** nötigenfalls eine Bestätigung nachgereicht werden, aus welcher hervorgeht, dass mein Vertragsverhältnis mit dieser Firma aus heutiger Sicht sicherlich noch länger bestehen wird, als die vorgesehene Frist für die Entrichtung der Steuerschuld vorsieht.

In der Hoffnung, dass diesem Antrag stattgeben wird und mir somit die Möglichkeit eingeräumt werden kann, meine durch mein Verschulden entstandene Abgabenschuld ordnungsgemäß zu begleichen, da mir eben eine Zahlung der vollen Summe mittels Einmalzahlung derzeit leider nicht möglich ist und ich ansonsten keine andere Möglichkeit hätte, auch aufgrund der Zahlungen an die Sozialversicherung, Insolvenz anmelden zu müssen."

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Österreich, Dienststelle Wien 12/13/14 Purkersdorf die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Über FinanzOnline beantragte der Bf. am eine Ratenzahlung zu je 250,00 Euro bis , der Abgabenrückstand betrug € 9.645,94.

Zum Entscheidungszeitpunkt ist der letzte beantragte Zahlungstermin jedenfalls abgelaufen.

Derzeit haften am Abgabenkonto insgesamt € 36.011,81 vollstreckbar aus.

Der damals aushaftende Rückstand in Höhe von € 9.645,94 wurde bis dato lediglich um € 1.270,54 reduziert, nämlich durch die am , und verbuchten Überweisungen in Höhe von je € 400,00 und einer Gutschrift aus dem Anspruchszinsenbescheid für das Jahr 2019 vom .

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorlagebericht sowie den dazu von der belangten Behörde übermittelten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 212 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird (§ 213 BAO), erstrecken.

Gemäß § 212 Abs. 4 BAO sind die für Ansuchen um Zahlungserleichterungen geltenden Vorschriften auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Ansuchen und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.

Zahlungserleichterungsbescheide sind antragsgebundene Verwaltungsakte (zB ).

Die Bewilligung von Zahlungserleichterungen darf über den beantragten Rahmen (zB zeitlichen Rahmen) nicht hinausgehen (Ritz, BAO6, § 212 Rz 1).

Zahlungserleichterungsansuchen sind, wenn sie erst nach dem begehrten Stundungstermin erledigt werden, als gegenstandslos abzuweisen ().

Im Beschwerdefall wurde im Antrag der als letzter Zahlungstermin angegeben. Beantragt wurden Raten in Höhe von € 250,00.

Bei monatlichen Raten in Höhe von € 250,00 wäre der Abgabenrückstand in Höhe von € 9.645,94 in 39 Monaten, somit in 3,25 Jahren getilgt gewesen.

Seit der Einbringung des Zahlungserleichterungsansuchens sind jedoch nunmehr mehr als 7 Jahre vergangen, vom damals aushaftenden Abgabenrückstand wurden lediglich € 1.270,54 getilgt, derzeit haften sogar € 36.011,81 aus, der Rückstand hat sich nahezu vervierfacht.

Da der vom Bf. begehrte letzte Zahlungstermin im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde bereits abgelaufen ist, ist die Beschwerde abzuweisen, weil die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht über den beantragten Rahmen, insbesondere über den zeitlichen, hinausgehen darf.

Da bereits aus den genannten Gründen die Ratenzahlung (aufgrund des zwischenzeitigen Ablaufs der beantragten Frist) nicht (mehr) zu bewilligen ist, war eine Auseinandersetzung mit den übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Zahlungserleichterungen (Vorliegen einer erheblichen Härte und Nichtvorliegen einer Gefährdung der Einbringlichkeit) somit nicht mehr geboten.

Es war daher war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die gegenständliche Entscheidung der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war eine Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103595.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at