Auch AMS-Ausbildungen müssen volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe 04.2021-09.2021 und des Kinderabsetzbetrages für die volljährige Tochter ***2***, Ordnungsbegriff ***3***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Beih 100 vom zeigte der Beschwerdeführer (Bf) den Wegfall des Beihilfenanspruches für seine volljährige Tochter zum an, weil sie an diesem Tag zu arbeiten begonnen habe.
Unter Hinweis auf § 26 Abs 1 FLAG 1967 und § 33 Abs 3 EStG 1988 forderte die belangte Behörde die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Tochter, geboren am , für den Zeitraum März bis September 2021 zurück, weil sie im Sommersemester 2021 an der Universität nicht mehr zum Studium gemeldet gewesen sei und folglich der Tatbestand einer Berufsausbildung nicht erfüllt wurde.
Bescheidbeschwerde vom (ON3)
Mit von der belangten Behörde als Bescheidbeschwerde gewertetem Antrag auf Aussetzung vom (Poststempel) trug der Bf vor, seine Tochter habe bis Juli eine Ausbildung zur Projektmanagerin gemacht und nur mit dieser Ausbildung habe sie ihren jetzigen Arbeitsplatz erhalten. Der Beschwerde war eine Ablichtung des Ausbildungszertifikats der Zertifizierungsstelle der TÜV AUSTRIA CERT GMBH vom beigeschlossen. Demnach hat die Tochter die "Anforderungen der Zertifizierungsbedingungen in einem Verfahren nach ISO/IEC 17024 über die Kompetenz als Projektmanager/in erfolgreich nachgewiesen". Das Zertifikat ist gültig bis zum .
Als Zertifizierungsvoraussetzung sind auf einem weiteren Blatt angeführt:
Abgeschlossene Ausbildung zum/zur Projektmanager/in der ***1***GmbH oder eines gleichwertigen Lehrgangs
Positive Zertifizierungsprüfung (Projektarbeit und Fachgespräch)
Inhalt der Ausbildung waren:
Grundlagen des Projektmanagements
Voraussetzungen erfolgreicher Projektarbeit
Definitionen und Normen
Projekte in KMUs vs. Projekte in Großbetrieben
Projektorganisation sowie Rollen- und Aufgabenverteilung
Projektinitiative (Umfeld- und Risikoanalyse, Machbarkeitsbeurteilung)
Projektdefinition (Auftragsklärung, Pflichtenheft)
Projektplanung (Projektstrukturplan, Ressourcen-, Ablauf- und Qualitätsplanung)
Projektrealisierung (Projektsteuerung, Personaleinsatz, Controlling, Berichtswesen)
Projekt- und Ergebnispräsentation (Präsentationstechniken)
Tools zur Projektevaluation
Soft-Skills (Kommunikation, Moderation, Konfliktlösung, Entscheidungstechniken und Zeitmanagement)
Überblick über gängige EDV-Tools zum Projektmanagement
Nach den Angaben zum Umfang der Ausbildung umfasste diese 90 UE plus 16 Selbstlerneinheiten. Der Tag der Prüfung und der Zeitraum des besuchten Kurses sind dem Zertifikat oder dem weiteren Blatt nicht zu entnehmen.
Beschwerdevorentscheidung vom (ON4)
Mit dieser gab der belangte Behörde der Beschwerde hinsichtlich des Monats März 2021 statt. Die Tochter habe für das Wintersemester 2020 das Studium der Rechtswissenschaften inskribiert und für dieses Studium sei für ein Jahr (Nachweiszeitraum für die Vorlage eines Erfolgsnachweises) die Familienbeihilfe gewährt worden. Die Tochter habe im Wintersemester 2020/21 Prüfungen erfolgreich abgelegt; für das Sommersemester 2021 sei dann keine neuerliche Inskription erfolgt und dennoch die Familienbeihilfe weiter bezogen worden. Die Tochter sei in der Zeit vom bis beim Arbeitsmarktservice gemeldet gewesen und habe dort offenbar als Bildungsmaßnahme einen Kurs absolviert, um einen bestimmten Arbeitsplatz zu erhalten.
Da die Bildungsmaßnahme auf einen bestimmten Arbeitsplatz ausgerichtet sei, stelle die AMS-Bildungsmaßnahme keine Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes dar. Die Familienbeihilfe steht daher ab April 2021 nicht mehr zu.
Vorlageantrag vom (ON5-7)
Dagegen richtet sich der über FinanzOnline eingebrachte Vorlageantrag. Da der Rückforderungsgrund nicht aufrecht erhalten wurde, erübrigt sich die Wiedergabe der im Vorlageantrag dargelegten Gründe. mit im Wesentlichen folgender Begründung:
Ergänzungsvorhalt vom (ON8)
IZm der Beschwerde ersuchte die belangte Behörde um Informationen und Unterlagen zum Kurs (Folder, Ziele, Lerninhalte, Aufbau, Kursinstitut,...)
- evtl. Stundenplan des Kurses
- Wie lange dauerte der Kurs (Datum von-bis)?
- Wie viele Tage in der Woche besuchte ***2*** den Kurs? Für wie viele Stunden?
- Fand der Kurs regelmäßig/ jede Woche statt?
- Gab es Selbstlernzeit? Wenn ja, wie viele Stunden
Schriftsatz vom (ON9)
Mit diesem gab der Bf bekannt:
evtl. Stundenplan des Kurses - gab es keinen
Wie lange dauerte der Kurs (Datum von-bis)? - bis
Wie viele Tage in der Woche besuchte ***2*** den Kurs? Für wie viele Stunden? - 5 Tage, von 8:30 Uhr bis 16 Uhr
Fand der Kurs regelmäßig / jede Woche statt? - Ja.
Gab es Selbstlernzeit? Wenn ja, wie viele Stunden? - Es gab 90 UE plus 16 Selbstlerneinheiten
Zusätzlich wurden folgende Beweismittel vorgelegt:
1. Teilnahmezertifikat von AMS (als Auftraggeber) und ***1*** (als Durchführer) vom . Demnach hat die Tochter im Rahmen des New Skills Kurses "digitale Zukunft" das Modul "PROJEKTMANAGEMENT" vom bis über 100 UE erfolgreich absolviert.
Seminarinhalte laut Teilnahmezertifikat vom :
2. Ablichtung des Ausbildungszertifikats der Zertifizierungsstelle der TÜV AUSTRIA CERT GMBH vom mitsamt Zusatzblatt (zum dritten Mal vorgelegt)
3. Projektarbeit "Organisation eines Messeauftritts auf der Hochzeitsmesse in der Arena Nova" "Kärnten" (umfasst inkl Inhaltsverzeichnis 23 Seiten)
4. Präsentation - war eine Aufgabe zur Vorbereitung der Endprüfung (umfasst 19 Folien)
5. Die Power Point Präsentation der Endprüfung der Tochter habe nicht ausgedruckt werden können.
Vorlagebericht vom (ON10)
Mit Vorlagebericht legte die belangte Behörde die Beschwerde betreffend den Zeitraum April bis September 2021 mitsamt den zugehörigen elektronischen Aktenteilen dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Darin hält die belangte Behörde ihre mit der Beschwerdevorentscheidung vertretene Rechtsansicht nicht mehr aufrecht. Da die Tochter nach dem Beschwerdevorbringen das Studium im SS 2021 nicht fortgesetzt und der Projektmanagement-Kurs erst im Mai 2021 begonnen habe, habe sich die Tochter im April 2021 unzweifelhaft nicht in einer Berufsausbildung befunden, sodass für diesen Monat jedenfalls der Rückforderungsanspruch zu Recht bestehe.
Die Abweisung der Beschwerde als unbegründet hinsichtlich der übrigen Monate wird nunmehr aus dem Grund beantragt, weil die AMS-Berufsbildung in quantitativer Hinsicht nicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch genommen habe, wie es etwas vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis , gefordert werde und das Beschwerdevorbringen widersprüchlich sei.
Wörtlich wurde ausgeführt:
"Das Teilnahmezertifikat bescheinigt 100 UE, die Kursbeschreibung des AMS 90 UE + 16 Selbstlerneinheiten. Laut Bf. besuchte die Tochter den Kurs von bis fünf Tage pro Woche in der Zeit von 8:30 Uhr bis 16 Uhr. Das würde bei einem 40 Tage dauernden Kurs bedeuten: bei insgesamt 100 UE wären dies wöchentlich 12,5 UE, bei 106 UE wöchentlich 13,25 UE. Geht man von den Angaben des Bf. aus, dass der Kurs täglich von 08:30 bis 16 Uhr dauerte, so widerspricht sich das insofern mit der Rechnung der UE, als dann in 7,5 Stunden lediglich 2,5 UE stattgefunden haben…. Aus den sich im Akt befindlichen Unterlagen ergibt sich somit jedenfalls ein quantitativ zu geringer Zeitaufwand. Bei einem Wochenstundenausmaß zwischen 12,5 und 13,25 Stunden kann … nicht davon gesprochen werden, dass die Ausbildung der Tochter deren volle Zeit in Anspruch genommen hätte."
Eingabe vom (
Mit diesem legte der Bf die Bestätigung des AMS vom , Geschäftszahl: ***, über Zeiten der Vormerkung zur Arbeitssuche vor, wonach die Tochter den Kurs vom bis besucht habe. Sie hätte jeden Tag von 8:30 Uhr bis 16:00 Uhr Kurs gehabt. Da der Kurs auf zwei Teile aufgeteilt war, könnte es aus diesem Grund zu einem Missverständnis der UE gekommen sein.
Auf der Bestätigung des AMS ist festgehalten: "[Die Tochter] hat in der Zeit vom bis den Kurs "New Skills Büro/Verwaltung mit Schwerpunkt Digitale Zukunft besucht." Die täglichen Kurszeiten wurden vom AMS darin nicht bestätigt.
Darüber hinaus wurde vorgelegt:
Ablichtung des Ausbildungszertifikats der Zertifizierungsstelle der TÜV AUSTRIA CERT GMBH vom , nur erste Seite (bereits vorgelegt mit Beschwerde)
Beschluss vom
Im Wege der Amtshilfe ersuchte das BFG das AMS zum AMS-Kurs "New Skills Büro/Verwaltung mit Schwerpunkt Digitale Zukunft" um Übermittlung eines Stundenplans oÄ, einer Bestätigung der Anwesenheit und eine Auskunft, ob mit dem Kurs in der Regel häusliche Lernzeiten verbunden sind, und wenn ja, in welchem Ausmaß. Der Bf habe im anhängigen Beschwerdeverfahren vorgetragen, dass er solche Unterlagen vom AMS nicht erhalten habe.
hg Beschluss vom 21. Juli 203
Mit diesem wurde dem Bf vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit gegeben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich bis längstens dazu zu äußern sowie ergänzende Beweismittel vorzulegen. Darin wurde auf das krasse Missverhältnis von Unterrichtseinheiten und Wochenstundenzahl hingewiesen.
Auskunft des AMS vom
Mit an die Richterin gerichteter E-Mail wurde mit Bezug auf den Kurs "New Skills Büro/Verwaltung" mitgeteilt, dass die Tochter den Kurs im Zeitraum vom - besucht habe und dieser im Ausmaß von 25 Wochenstunden stattgefunden hat:
Montag, Dienstag 08:30-16:00 Uhr
Mittwoch 08:30-12:30 Uhr
Donnerstag 13:00-16:00 Uhr
Freitag 08:30-12:30 Uhr
Der angefragte Stundenplan (Stundentafel) wurde nicht übermittelt.
Eingabe vom
Vorgelegt wurden:
Folder zum Kurs New Skills Büro/Verwaltung von AMS/***1*** über eine Kursdauer von 20 Wochen zu zwei Terminen, einer davon bis .
Gemäß der Beschreibung im Folder wird durch den Kurs eine Qualifizierung in folgenden Bereichen erworben:
Projektmanagement (ISO Zertifizierung)
Content Management
Webshop
E-commerce und digitales Marketing
App Entwicklung
Einführung 3D Grafik + 3D Animation
Integriertes Bewerbungstraining
Praktikum und Schnuppertage
Kommissionelle Prüfung
Inhalt des Kurses
Assistenz in Büro und Verwaltung
Neue Medien, neue Kommunikation
Betreuung von Websites
IT Advanced
Korrespondenz
Bewerbungstraining
Digitales Marketing / Marketing kompakt
Word Press
Einführung Typo 3
Einführung e-commerce und Webshop
Suchmaschinenoptimierung
Webcontrolling
Social Media
Virtual Reallity , Games und Apps
Einführung 3D- Design und Animation
Content- und Community Management
Projektmanagement
Praktikum / Schnuppertage
Intensivoutplacement
Kurssetting
Gruppe:
29 Gruppenstunden pro Woche
Einzelcoaching:
Trainerin steht für 60 MS/Kurs zur Verfügung
Praktikum:
Woche 19: 28 MS plus 1 Tag Gruppensetting
Kurszeiten
(Rahmenzeiten für Gruppensetting)
MO, DI und DO: 08:30 bis 16:00
MI und FR: 08:30 bis 12:30
Gedächtnisprotokoll der Tochter vom
"Hiermit bestätige ich, …, dass in den 16 UE-Selbstlernzeit, die Erstellung, Vorbereitung und Einübung der Projektarbeit sowie Präsentation nicht vollständig enthalten war. Ich habe täglich mind. zwei Stunden zusätzlich zu der Selbstlernzeit investiert, um meine Arbeit und ihre Präsentation zu perfektionieren."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Bescheidbeschwerde und Vorlageantrag sind frist- und formgerecht. Die Bescheidbeschwerde ist aus folgenden Gründen unbegründet.
II. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß dem letzten Satz des § 33 Abs 3 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988) sind auf Kinderabsetzbeträge, die zu Unrecht bezogen wurde, § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
1. Sachverhalt
Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes, den im Beschwerdeverfahren nachgereichten Unterlagen und des Ergebnisses des vom BFG ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:
Die volljährige Tochter hat ihr Studium der Rechtswissenschaften nach dem ersten Semester abgebrochen und ihre Ausbildung ab dem Sommersemester 2021 mit dem AMS-Berufsausbildungskurs "New Skills Büro/Verwaltung" in der Zeit vom - weiterhin betrieben. Seit war sie arbeitssuchend gemeldet. Der Kurs erfolgte im Auftrag des AMS und wurde von einer privaten Firma (***1***) abgehalten. Der Kurs war in zwei Teile gegliedert. Für den einen Teil waren 90 Unterrichtseinheiten (UE) sowie 16 Selbstlerneinheiten und für den zweiten Teil waren 100 UE vorgesehen. Insgesamt dauerte die Ausbildung 18 Wochen und umfasste 206 UE. Während der Dauer des AMS-Kurses war die Tochter arbeitssuchend gemeldet. Dank des Kurses hat die Tochter einen Arbeitsplatz gefunden. Am begann die Tochter zu arbeiten.
Mit Arbeitsaufnahme durch die Tochter zum meldete der Bf der belangten Behörde, dass die Voraussetzungen für den Wegfall des Familienbeihilfenanspruchs.
Das Beschwerdevorbringen, die vorgelegten Kursunterlagen und das Zertifikat enthalten widersprüchliche Angaben zu den Stunden der Ausbildungsmaßnahme. Die 206 UE sind durch Unterlagen des AMS/***1*** belegt. Die Tochter gab an, täglich mindestens zwei Stunden als private Lernzeit für "Erstellung, Vorbereitung und Einübung der Projektarbeit sowie Präsentation" investiert zu haben.
Die lehrgangsmäßige Organisation des AMS-Kurses wurde nicht nachgewiesen. Der AMS-Kurs hat nicht volle Zeit der Tochter in Anspruch genommen.
Es ist beweiswürdigend von einem wöchentlichen Zeiteinsatz von 17,5 Stunden auszugehen.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergab sich wegen widersprüchlicher Beweislage aufgrund folgender Überlegungen:
Der Bf wurde vom BFG auf das nach der Beweislage festzustellende Missverhältnis zwischen Wochenstundenzahl und Unterrichtseinheiten hingewiesen (Beschluss vom ). Der Bf war nach der zuvor dargestellten Rechtslage verpflichtet, dieses Missverhältnis aufzuklären. Da der Bf selbst vorgetragen hat, dass es keinen Stundenplan gegeben hat, und das AMS auf Ersuchen nach § 158 BAO einen Stundenplan nicht übermittelt hat, kommt das BFG im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass es für den von der Tochter besuchten Kurs keinen Stundenplan gegeben hat. Die als Reaktion auf den Beschluss als Beweismittel vorgelegten Folder und das Gedächtnisprotokoll der Tochter haben das im Kurs selbst liegende Missverhältnis nicht aufgeklärt.
Der belangten Behörde lagen zur Kursdauer bei Erstellung des Vorlageberichtes noch nicht sämtliche Beweismittel vor. Die AMS-Ausbildung wurde am , und nicht am begonnen.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom gab der Bf an, die Tochter habe den Kurs 5 Tage von 8:30 Uhr bis 16 Uhr besucht. Das macht 37,5 Stunden pro Woche.
Die AMS-Bestätigung vom macht keine Angaben zu den Stunden je Werktag
Mit Auskunft des AMS vom wurde die Wochenstundenzahl mit 25 Stunden angegeben. Der Kurs habe wie folgt stattgefunden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Montag, Dienstag | 08:30-16:00 Uhr | Das sind 2 x 7,5 Stunden |
Mittwoch, Freitag | 08:30-12:30 Uhr | Das sind 2 x 4 Stunden |
Donnerstag | 13:00-16:00 Uhr | Das sind 3 Stunden |
Ergibt 26 Stunden |
Nach dem Folder fielen 30,5 Wochenstunden wie folgt an:
Kurszeiten
(Rahmenzeiten für Gruppensetting)
MO, DI und DO: 08:30 bis 16:00 = 3 * 7,5 macht 22,5
MI und FR: 08:30 bis 12:30 = 2 * 4 macht 8
Die Wochenstundenzahl wird aufgrund der Widersprüche in den Beweismitteln nicht herangezogen.
Feststeht, dass der Kurs aus zwei Teilen bestand und während der Kursdauer an UE und Selbstlernzeiten 206 UE widerspruchsfrei nachgewiesen sind. Im Beschwerdeverfahren wurde nicht unter Hinweis (Vorlage) anderer Beweismittel behauptet, die Zahl von insgesamt 206 Unterrichtseinheiten sei in Wahrheit höher gewesen.
Die Kursdauer laut Folder von 20 Wochen sowie der Zeitraum bis findet keine Bestätigung in den Unterlagen des AMS und nicht im Arbeitsbeginn der Tochter zum . Ausgehend von der AMS-Bestätigung vom und vom tatsächlichen Arbeitsbeginn der Tochter wird das Kursende zum angenommen, was eine Kursdauer von 18 Wochen ergibt. Durch Abzug von zwei Wochen für Osterferien , Pfingstferien etc verringert sich die Unterrichtszeit auf 16 Wochen.
Ausgehend von 16 Wochen entfallen auf eine Woche 12,875 UE (=206/16, aufgerundet), was (aufgerundet) zehn Echtstunden Zeiteinsatz je Woche entspricht.
Bei 16 Wochen Kursdauer und 5 Arbeitstagen je Woche ergeben sich 80 Arbeitstage. Die von der Tochter bekanntgegebenen Lernzeit von zwei Stunden täglich würden 160 Stunden ergeben, was mehr als der Gesamtzahl der Unterrichtseinheiten (190 UE=142 Stunden) entspricht.
Die von der Tochter bekanntgegebenen Lernzeit von zwei Stunden täglich erscheint im Verhältnis zur Unterrichtszeit unrealistisch hoch, zumal in den Unterrichtseinheiten zahlreiche Gruppeneinheiten vorgesehen waren. Da Selbstlernzeiten nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die Unterrichtszeit nicht übersteigen, wird eine tägliche Lernzeit von anderthalb Stunden angenommen.
Obige zehn Stunden wöchentlicher Zeiteinsatz, die bereits die Selbstlernzeit von 16 Einheiten enthalten, und die siebeneinhalb Stunden Selbstlernzeit ergeben zusammen 17,5 Stunden Zeiteinsatz pro Woche.
3. Rechtliche Beurteilung
Bescheidbeschwerde und Vorlageantrag sind frist- und formgereicht. Die Bescheidbeschwerde ist unbegründet.
Der Austausch des Rückforderungsgrundes durch die belangte Behörde ist zulässig.
Bezüglich des Monats März 2021 hat die belangte Behörde der Beschwerde bereits mit Beschwerdevorentscheidung stattgegeben und den angefochtenen Bescheid abgeändert. Da die Beschwerdevorentscheidung zum Monate März 2021 formal rechtskräftig geworden ist, ist eine Entscheidung durch das BFG zu diesem Monat nicht mehr zulässig.
3.1. Zu Spruchpunkt I.
§ 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 definiert die Voraussetzungen, unter denen das Studium eines volljährigen Kindes als Berufsausbildung anzusehen ist, und regelt den Erfolgsnachweis. Zu Berufsausbildungen, die nicht in Studien bestehen, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung Kriterien herausgebildet, die vom volljährigen Kind zu erfüllen sind. Diese Voraussetzungen sind:
Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es (überdies) nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. zum Ganzen etwa 2007/13/0125, mwN.). […] Maßgeblich ist aber der erforderliche zeitliche Einsatz während des Lehrganges, der - soll eine Berufsausbildung vorliegen (siehe oben) - so beschaffen sein muss, dass die "volle Zeit" des Kindes in Anspruch genommen wird (; ).
Wesentlich [für eine schulische oder kursmäßige Ausbildung] ist vielmehr, dass durch den lehrgangsmäßigen Kurs die tatsächliche Ausbildung für einen Beruf erfolgt. Feststellungen über Art, Inhalt und Umfang des Lehrganges sind hiezu ebenso unerlässlich wie solche zum Umstand, ob und gegebenenfalls welche Prüfungen/Hausaufgaben abzulegen sind und auf welche Art und Weise die Vorbereitung hiefür zu gestalten ist ().
Als "Berufsausbildung" hat der Verwaltungsgerichtshof etwa "die sogenannten - in der Regel zweijährigen - Kolleg-Lehrgänge an höheren Lehranstalten zu, in denen Maturanten im Rahmen eines lehrgangsmäßigen Kurses für einen speziellen Beruf ausgebildet werden," anerkannt (; jeweils mHa , Hervorhebung durch BFG).
Gemäß dem ersten Teilsatz des § 10 Abs 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt. Bereits die Einrichtung des Beihilfenverfahrens als Antragsverfahren legt dem Antragswerber Beweispflichten auf. Im Rückforderungsverfahren bestehen wie in jedem Abgabenverfahren Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten der Partei (§ 119 Abs 1 BAO, § 138 Abs 1 BAO). Die Offenlegung muss nach dem Gesetzeswortlaut vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Gemäß § 165 BAO sollen andere Personen erst dann befragt …, wenn die Verhandlungen mit dem Abgabepflichtigen nicht zum Ziel führen oder keinen Erfolg versprechen.
Der Nachweis einer lehrgangsmäßigen Organisation einer Berufsausbildung wird lässt sich in der Regel anhand eines konkreten Stundenplanes (Stundentafel oÄ) nachweisen. Der Stundenplan ist im Beschwerdefall wegen der Widersprüche zur Wochenstundenzahl und wegen des krassen Missverhältnisses zwischen Wochenstundenzahl und den nachgewiesenen Unterrichtseinheiten unerlässlich, denn 142 Stunden (190 UE) ließen sich bei 25 Wochenstunden laut AMS-Auskunft in nicht ganz sechs Wochen vortragen. Zuzüglich zwei Wochen Vorbereitungszeit für die Präsentation der Projektarbeit ergeben etwa acht Wochen. Die Kursdauer von 20 Wochen, wie im Folder angegeben, ist nicht nachvollziehbar.
Dass die Tochter aufgrund der vom AMS gemeinsam mit der Firma ***1*** organisierten Ausbildung zum Projektmanager eine Berufsausbildung erlangt hat und dank dieser einen Arbeitsplatz gefunden hat, reicht für sich alleine nicht.
Nur Ausbildungen, bei denen die volle Zeit des volljährigen Kindes gebunden ist, ist als eine Berufsausbildung iSd FLAG zu qualifizieren. Jede Berufsausbildung iSd FLAG weist ein qualitatives und ein quantitatives Element auf (vgl. ; ): Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch der zeitliche Umfang (vgl Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 36).
Was die zeitliche Komponente anlangt, so ergibt sich aus der Judikatur des BFG sowie dem FLAG-Kommentar Csaszar/Lenneis/Wanke zu § 2 Abs. 1 lit b) FLAG als Vergleichsmaßstab ein erforderlicher Zeitaufwand von zumindest 30 Wochenstunden für Unterricht und Vorbereitungszeit, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG sprechen zu können (vgl RV/0706-I/12, ).
Aus den in der Beweiswürdigung genannten Gründen waren Ausgangspunkt der Ermittlung des Zeiteinsatzes der Tochter die Unterrichtseinheiten, die zunächst in Stunden umgerechnet wurden und zu diesem Ergebnis sodann die Selbstlernzeit addiert wurde. Eine Unterrichtseinheit (UE) beträgt 45 Minuten. Der solcherart ermittelte Zweiteinsatz betrug 17,5 Wochenstunden und liegt weit unter dem erforderlichen Zeiteinsatz von zumindest 30 Stunden je Woche.
Mit einem Zeiteinsatz von 17,5 Stunden hat der AMS-Kurs die Zeit der Tochter nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen, sodass die Rückforderung zu Recht besteht.
Auch Ausbildungen des AMS müssen neben den übrigen Voraussetzungen eine lehrgangsmäßige Organisation (erkennbar aus einem Stundenplan, einer Ablauforganisation) aufweisen und die volle Zeit des Kindes beanspruchen, damit der Legalbegriff der Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 erfüllt wird. Sämtliche Merkmale müssen gemeinsam erfüllt sein. Da das im Beschwerdefall nicht gegeben ist, kann der Rückforderung nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall war keine Rechtsfrage in obigem Sinn zu beantworten. Entscheidungserheblich waren die lehrgangsmäßige Organisation der AMS-Ausbildung und der volle Zeiteinsatz der Tochter. Bei der Falllösung konnte zu diesen Sachfragen auf eine ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Die Klarsichtfolie wird dem Bf mit dem Erkenntnis zurückgesandt.
Wien, am
II. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß dem letzten Satz des § 33 Abs 3 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988) sind auf Kinderabsetzbeträge, die zu Unrecht bezogen wurde, § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
1. Sachverhalt
Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes, den im Beschwerdeverfahren nachgereichten Unterlagen und des Ergebnisses des vom BFG ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:
Die volljährige Tochter hat ihr Studium der Rechtswissenschaften nach dem ersten Semester abgebrochen und ihre Ausbildung ab dem Sommersemester 2021 mit dem AMS-Berufsausbildungskurs "New Skills Büro/Verwaltung" in der Zeit vom - weiterhin betrieben. Seit war sie arbeitssuchend gemeldet. Der Kurs erfolgte im Auftrag des AMS und wurde von einer privaten Firma (***1***) abgehalten. Der Kurs war in zwei Teile gegliedert. Für den einen Teil waren 90 Unterrichtseinheiten (UE) sowie 16 Selbstlerneinheiten und für den zweiten Teil waren 100 UE vorgesehen. Insgesamt dauerte die Ausbildung 18 Wochen und umfasste 206 UE. Während der Dauer des AMS-Kurses war die Tochter arbeitssuchend gemeldet. Dank des Kurses hat die Tochter einen Arbeitsplatz gefunden. Am begann die Tochter zu arbeiten.
Mit Arbeitsaufnahme durch die Tochter zum meldete der Bf der belangten Behörde, dass die Voraussetzungen für den Wegfall des Familienbeihilfenanspruchs.
Das Beschwerdevorbringen, die vorgelegten Kursunterlagen und das Zertifikat enthalten widersprüchliche Angaben zu den Stunden der Ausbildungsmaßnahme. Die 206 UE sind durch Unterlagen des AMS/***1*** belegt. Die Tochter gab an, täglich mindestens zwei Stunden als private Lernzeit für "Erstellung, Vorbereitung und Einübung der Projektarbeit sowie Präsentation" investiert zu haben.
Die lehrgangsmäßige Organisation des AMS-Kurses wurde nicht nachgewiesen. Der AMS-Kurs hat nicht volle Zeit der Tochter in Anspruch genommen.
Es ist beweiswürdigend von einem wöchentlichen Zeiteinsatz von 17,5 Stunden auszugehen.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergab sich wegen widersprüchlicher Beweislage aufgrund folgender Überlegungen:
Der Bf wurde vom BFG auf das nach der Beweislage festzustellende Missverhältnis zwischen Wochenstundenzahl und Unterrichtseinheiten hingewiesen (Beschluss vom ). Der Bf war nach der zuvor dargestellten Rechtslage verpflichtet, dieses Missverhältnis aufzuklären. Da der Bf selbst vorgetragen hat, dass es keinen Stundenplan gegeben hat, und das AMS auf Ersuchen nach § 158 BAO einen Stundenplan nicht übermittelt hat, kommt das BFG im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass es für den von der Tochter besuchten Kurs keinen Stundenplan gegeben hat. Die als Reaktion auf den Beschluss als Beweismittel vorgelegten Folder und das Gedächtnisprotokoll der Tochter haben das im Kurs selbst liegende Missverhältnis nicht aufgeklärt.
Der belangten Behörde lagen zur Kursdauer bei Erstellung des Vorlageberichtes noch nicht sämtliche Beweismittel vor. Die AMS-Ausbildung wurde am , und nicht am begonnen.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom gab der Bf an, die Tochter habe den Kurs 5 Tage von 8:30 Uhr bis 16 Uhr besucht. Das macht 37,5 Stunden pro Woche.
Die AMS-Bestätigung vom macht keine Angaben zu den Stunden je Werktag
Mit Auskunft des AMS vom wurde die Wochenstundenzahl mit 25 Stunden angegeben. Der Kurs habe wie folgt stattgefunden:
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Montag, Dienstag | 08:30-16:00 Uhr | Das sind 2 x 7,5 Stunden |
Mittwoch, Freitag | 08:30-12:30 Uhr | Das sind 2 x 4 Stunden |
Donnerstag | 13:00-16:00 Uhr | Das sind 3 Stunden |
Ergibt 26 Stunden |
Nach dem Folder fielen 30,5 Wochenstunden wie folgt an:
Kurszeiten
(Rahmenzeiten für Gruppensetting)
MO, DI und DO: 08:30 bis 16:00 = 3 * 7,5 macht 22,5
MI und FR: 08:30 bis 12:30 = 2 * 4 macht 8
Die Wochenstundenzahl wird aufgrund der Widersprüche in den Beweismitteln nicht herangezogen.
Feststeht, dass der Kurs aus zwei Teilen bestand und während der Kursdauer an UE und Selbstlernzeiten 206 UE widerspruchsfrei nachgewiesen sind. Im Beschwerdeverfahren wurde nicht unter Hinweis (Vorlage) anderer Beweismittel behauptet, die Zahl von insgesamt 206 Unterrichtseinheiten sei in Wahrheit höher gewesen.
Die Kursdauer laut Folder von 20 Wochen sowie der Zeitraum bis findet keine Bestätigung in den Unterlagen des AMS und nicht im Arbeitsbeginn der Tochter zum . Ausgehend von der AMS-Bestätigung vom und vom tatsächlichen Arbeitsbeginn der Tochter wird das Kursende zum angenommen, was eine Kursdauer von 18 Wochen ergibt. Durch Abzug von zwei Wochen für Osterferien , Pfingstferien etc verringert sich die Unterrichtszeit auf 16 Wochen.
Ausgehend von 16 Wochen entfallen auf eine Woche 12,875 UE (=206/16, aufgerundet), was (aufgerundet) zehn Echtstunden Zeiteinsatz je Woche entspricht.
Bei 16 Wochen Kursdauer und 5 Arbeitstagen je Woche ergeben sich 80 Arbeitstage. Die von der Tochter bekanntgegebenen Lernzeit von zwei Stunden täglich würden 160 Stunden ergeben, was mehr als der Gesamtzahl der Unterrichtseinheiten (190 UE=142 Stunden) entspricht.
Die von der Tochter bekanntgegebenen Lernzeit von zwei Stunden täglich erscheint im Verhältnis zur Unterrichtszeit unrealistisch hoch, zumal in den Unterrichtseinheiten zahlreiche Gruppeneinheiten vorgesehen waren. Da Selbstlernzeiten nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die Unterrichtszeit nicht übersteigen, wird eine tägliche Lernzeit von anderthalb Stunden angenommen.
Obige zehn Stunden wöchentlicher Zeiteinsatz, die bereits die Selbstlernzeit von 16 Einheiten enthalten, und die siebeneinhalb Stunden Selbstlernzeit ergeben zusammen 17,5 Stunden Zeiteinsatz pro Woche.
3. Rechtliche Beurteilung
Bescheidbeschwerde und Vorlageantrag sind frist- und formgereicht. Die Bescheidbeschwerde ist unbegründet.
Der Austausch des Rückforderungsgrundes durch die belangte Behörde ist zulässig.
Bezüglich des Monats März 2021 hat die belangte Behörde der Beschwerde bereits mit Beschwerdevorentscheidung stattgegeben und den angefochtenen Bescheid abgeändert. Da die Beschwerdevorentscheidung zum Monate März 2021 formal rechtskräftig geworden ist, ist eine Entscheidung durch das BFG zu diesem Monat nicht mehr zulässig.
3.1. Zu Spruchpunkt I.
§ 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 definiert die Voraussetzungen, unter denen das Studium eines volljährigen Kindes als Berufsausbildung anzusehen ist, und regelt den Erfolgsnachweis. Zu Berufsausbildungen, die nicht in Studien bestehen, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung Kriterien herausgebildet, die vom volljährigen Kind zu erfüllen sind. Diese Voraussetzungen sind:
Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es (überdies) nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. zum Ganzen etwa 2007/13/0125, mwN.). […] Maßgeblich ist aber der erforderliche zeitliche Einsatz während des Lehrganges, der - soll eine Berufsausbildung vorliegen (siehe oben) - so beschaffen sein muss, dass die "volle Zeit" des Kindes in Anspruch genommen wird (; ).
Wesentlich [für eine schulische oder kursmäßige Ausbildung] ist vielmehr, dass durch den lehrgangsmäßigen Kurs die tatsächliche Ausbildung für einen Beruf erfolgt. Feststellungen über Art, Inhalt und Umfang des Lehrganges sind hiezu ebenso unerlässlich wie solche zum Umstand, ob und gegebenenfalls welche Prüfungen/Hausaufgaben abzulegen sind und auf welche Art und Weise die Vorbereitung hiefür zu gestalten ist ().
Als "Berufsausbildung" hat der Verwaltungsgerichtshof etwa "die sogenannten - in der Regel zweijährigen - Kolleg-Lehrgänge an höheren Lehranstalten zu, in denen Maturanten im Rahmen eines lehrgangsmäßigen Kurses für einen speziellen Beruf ausgebildet werden," anerkannt (; jeweils mHa , Hervorhebung durch BFG).
Gemäß dem ersten Teilsatz des § 10 Abs 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt. Bereits die Einrichtung des Beihilfenverfahrens als Antragsverfahren legt dem Antragswerber Beweispflichten auf. Im Rückforderungsverfahren bestehen wie in jedem Abgabenverfahren Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten der Partei (§ 119 Abs 1 BAO, § 138 Abs 1 BAO). Die Offenlegung muss nach dem Gesetzeswortlaut vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Gemäß § 165 BAO sollen andere Personen erst dann befragt …, wenn die Verhandlungen mit dem Abgabepflichtigen nicht zum Ziel führen oder keinen Erfolg versprechen.
Der Nachweis einer lehrgangsmäßigen Organisation einer Berufsausbildung wird lässt sich in der Regel anhand eines konkreten Stundenplanes (Stundentafel oÄ) nachweisen. Der Stundenplan ist im Beschwerdefall wegen der Widersprüche zur Wochenstundenzahl und wegen des krassen Missverhältnisses zwischen Wochenstundenzahl und den nachgewiesenen Unterrichtseinheiten unerlässlich, denn 142 Stunden (190 UE) ließen sich bei 25 Wochenstunden laut AMS-Auskunft in nicht ganz sechs Wochen vortragen. Zuzüglich zwei Wochen Vorbereitungszeit für die Präsentation der Projektarbeit ergeben etwa acht Wochen. Die Kursdauer von 20 Wochen, wie im Folder angegeben, ist nicht nachvollziehbar.
Dass die Tochter aufgrund der vom AMS gemeinsam mit der Firma ***1*** organisierten Ausbildung zum Projektmanager eine Berufsausbildung erlangt hat und dank dieser einen Arbeitsplatz gefunden hat, reicht für sich alleine nicht.
Nur Ausbildungen, bei denen die volle Zeit des volljährigen Kindes gebunden ist, ist als eine Berufsausbildung iSd FLAG zu qualifizieren. Jede Berufsausbildung iSd FLAG weist ein qualitatives und ein quantitatives Element auf (vgl. ; ): Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch der zeitliche Umfang (vgl Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 36).
Was die zeitliche Komponente anlangt, so ergibt sich aus der Judikatur des BFG sowie dem FLAG-Kommentar Csaszar/Lenneis/Wanke zu § 2 Abs. 1 lit b) FLAG als Vergleichsmaßstab ein erforderlicher Zeitaufwand von zumindest 30 Wochenstunden für Unterricht und Vorbereitungszeit, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG sprechen zu können (vgl RV/0706-I/12, ).
Aus den in der Beweiswürdigung genannten Gründen waren Ausgangspunkt der Ermittlung des Zeiteinsatzes der Tochter die Unterrichtseinheiten, die zunächst in Stunden umgerechnet wurden und zu diesem Ergebnis sodann die Selbstlernzeit addiert wurde. Eine Unterrichtseinheit (UE) beträgt 45 Minuten. Der solcherart ermittelte Zweiteinsatz betrug 17,5 Wochenstunden und liegt weit unter dem erforderlichen Zeiteinsatz von zumindest 30 Stunden je Woche.
Mit einem Zeiteinsatz von 17,5 Stunden hat der AMS-Kurs die Zeit der Tochter nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen, sodass die Rückforderung zu Recht besteht.
Auch Ausbildungen des AMS müssen neben den übrigen Voraussetzungen eine lehrgangsmäßige Organisation (erkennbar aus einem Stundenplan, einer Ablauforganisation) aufweisen und die volle Zeit des Kindes beanspruchen, damit der Legalbegriff der Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 erfüllt wird. Sämtliche Merkmale müssen gemeinsam erfüllt sein. Da das im Beschwerdefall nicht gegeben ist, kann der Rückforderung nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall war keine Rechtsfrage in obigem Sinn zu beantworten. Entscheidungserheblich waren die lehrgangsmäßige Organisation der AMS-Ausbildung und der volle Zeiteinsatz der Tochter. Bei der Falllösung konnte zu diesen Sachfragen auf eine ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Die Klarsichtfolie wird dem Bf mit dem Erkenntnis zurückgesandt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 165 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 10 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | RV/0706-I/12 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103148.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at