Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.12.2023, RV/5101043/2021

Schätzung der Einnahmen und Ausgaben einer trotz angezeigter Betriebsaufgabe weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin aufgrund unterlassener Aufzeichnungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch GANGL & BAISCHER Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungs GmbH, Marktplatz 1, 5142 Eggelsberg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2015, Einkommensteuer 2016 und Einkommensteuer 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:

I. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden diese einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Aufgrund einer anonymen Anzeige nahm das Finanzamt Braunau Ried Schärding (nunmehr Finanzamt Österreich) bei der beschwerdeführenden Partei eine Außenprüfung gem. § 147 BAO in Verbindung mit § 99 Abs. 2 FinStrG betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2019 vor. Im diesbezüglichen Bericht vom führte das Finanzamt Österreich zusammengefasst aus, dass die beschwerdeführende Partei in Bezug auf ihren Friseurbetrieb dem Finanzamt gegenüber zwar eine Betriebsaufgabe zum ***tt***. ***mm*** 2014 angezeigt habe, aber im Prüfungszeitraum weiterhin tätig gewesen sei. Da die beschwerdeführende Partei keine Aufzeichnungen geführt habe, habe das Finanzamt Österreich die Bemessungsgrundlagen für die Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2019 anhand einer Kalkulation, die auf vorgefundenen Kalendereintragungen betreffend das Jahr 2019 basiere, schätzen müssen. Dieses Schätzungsergebnis legte das Finanzamt Österreich sodann den Bescheiden vom über die Festsetzung von Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2019 zugrunde.

Mit Anbringen vom erhob die beschwerdeführende Partei gegen die Einkommensteuerbescheide vom betreffend die Jahre 2015 bis 2017 Beschwerde und wurde dies im Wesentlichen damit begründet, dass die beschwerdeführende Partei im Zeitraum vom bis ***tt.mm*** 2017 eine vorzeitige Alterspension bezogen habe, die nach Rechtskraft der bekämpften Bescheide ruhe. Daraus folge, dass für die Jahre 2015 und 2016 keine Pensionseinkünfte sowie betreffend den Zeitraum Jänner 2017 bis September 2017 Pensionseinkünfte in Höhe von nur EUR 2.998,72 vorliegen würden.

Darüber hinaus sei die Kalkulation des Finanzamts Österreich dahingehend zu ändern, als der Kalkulation 270 Kundentermine pro Jahr zu Grunde zu legen seien und diese Termine zu 66 % auf Frauen sowie zu 34 % auf Männer zu verteilen seien.

Diese Beschwerde wies das Finanzamt Österreich mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet ab und führte es in der Begründung zusammengefasst aus, dass der in der Beschwerde begehrten Änderung der Kalkulation nicht gefolgt werden könne, da die Kalkulation des Finanzamts auf den vorgefundenen Kalendereintragungen betreffend das Jahr 2019 basiere und habe die beschwerdeführende Partei keine Nachweise vorlegen können, die ein Abgehen von diesem Zahlenmaterial begründen könnten.

In Reaktion auf diese abweisenden Beschwerdevorentscheidungen brachte die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz vom einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 an das Bundesfinanzgericht ein und wiederholte sie darin das Vorbringen, dass aufgrund des Ruhens der vorzeitigen Alterspension berichtigte Lohnzettel für den Zeitraum 2015 bis 2017 ausgestellt worden seien und dementsprechend die Pensionseinkünfte mit EUR 0,00 bzw. mit EUR 2.998,72 festzusetzen seien.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung 6021 mit Wirkung zum abgenommen sowie der Gerichtsabteilung 7004 zugeteilt.

Im Rahmen eines vom Bundesfinanzgericht geführten Vorhalteverfahrens brachte die beschwerdeführende Partei einerseits vor, dass die beschwerdeführende Partei mit der vermeintlichen Betriebsaufgabe im Jahr 2014 auf die Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 gewechselt habe, auch für die Jahre 2015 bis 2017 zu dieser Gewinnermittlungsart optiert worden sei und das Finanzamt dieser Vorgehensweise zugestimmt habe. Andererseits führte die beschwerdeführende Partei aus, dass ein Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 EStG 1988 auf § 4 Abs. 1 EStG 1988 erst mit Wirkung des Jahres 2019 erfolgt sei. In jedem Fall aber müsse durch die Bildung von Rückstellungen hinsichtlich der nachgeforderten Sozialversicherungsbeträge eine periodengerechte Zuordnung dieser Ausgaben vorgenommen werden, andernfalls dem Grundsatz der größten Wahrscheinlichkeit einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nicht Rechnung getragen werde.

Das Finanzamt Österreich brachte im Vorhalteverfahren hingegen vor, dass bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 Sozialversicherungsbeiträge erst im Zeitpunkt der Zahlung ebenjener als Betriebsausgaben absetzbar seien. Darüber hinaus würden Rückzahlungen von Pensionseinkünfte Werbungskosten darstellen, die allerdings entsprechend § 19 Abs. 2 EStG 1988 erst im Zeitpunkt der Leistung zu berücksichtigen seien.

Sachverhalt

Die beschwerdeführende Partei betrieb in ihrem Haus mit der Anschrift ***Adresse*** einen Friseursalon. Im Jahr 2014 zeigte die beschwerdeführende Partei gegenüber dem Finanzamt Braunau Ried Schärding die Aufgabe des Betriebs zum ***tt***. ***mm*** 2014 an und beendigte sie ebenso zum ***tt***. ***mm*** 2014 ihre Gewerbeberechtigung betreffend Friseur und Perückenmacher.

Ab dem ***tt***. ***mm*** 2014 bezog die beschwerdeführende Partei eine vorzeitige Alterspension aufgrund langer Versicherungsdauer und bezog sie diese bis zum ***tt.mm*** 2017. Ab dem ***tt.mm*** 2017 bezog die beschwerdeführende Partei die reguläre Alterspension.

Wiewohl die beschwerdeführende Partei zum ***tt***. ***mm*** 2014 die Betriebsaufgabe angezeigt und ihre Gewerbeberechtigung zurückgelegt hatte, betreute sie weiterhin bis ins Jahr 2019 Bestandskunden, Verwandte und Freunde. Im Zeitraum vom bis zum , der Tag an dem eine Kontrolle durch die Finanzpolizei in den Räumlichkeiten des Friseurstudios der beschwerdeführenden Partei stattfand, bei der die beschwerdeführende Partei mit zwei Kunden angetroffen wurde, nahm die beschwerdeführende Partei an zumindest 153 Tagen 405 Termine betreffend Bestandskunden ohne Verwandtschaftsverhältnis wahr. In den Jahren 2015, 2016 und 2017 betrug die Anzahl an Terminen betreffend Kunden, die nicht mit der beschwerdeführenden Partei in einem Verwandtschaftsverhältnis standen, jährlich 512.

Die Kundschaft der beschwerdeführenden Partei setzte sich zu 75 % aus weiblichen Kunden sowie zu 25 % aus männlichen Kunden zusammen und entfielen von den Terminen betreffend die weibliche Kundschaft 50 % auf nur Haarschnitt, 30 % auf Färben sowie 20 % auf Dauerwelle. Zahlungen nahm die beschwerdeführende Partei nur bei Kunden an, die nicht mit ihr in einem Verwandtschaftsverhältnis standen, und verlangte sie bei Männern einen Preis von EUR 10,00 pro Haarschnitt, während sie bei Frauen einen Preis von EUR 25,00 pro Haarschnitt sowie einen Gesamtpreis von EUR 40,00 bei Färben bzw. Dauerwelle verlangte.

Aufgrund dieser weiterhin ausgeübten Tätigkeit als Friseurin konnte die beschwerdeführende Partei in den Jahren 2015, 2016 und 2017 Einnahmen von jährlich EUR 13.760,00 erzielen und fielen an Betriebsausgaben in diesen Jahren jährlich EUR 688,00 an Wareneinsatz, EUR 688,00 an Stromkosten sowie EUR 1.265,92 an sonstigen Aufwand an.

Aufzeichnungen in Bezug auf die Einnahmen und Ausgaben infolge der weiterhin ausgeübten Tätigkeit als Friseurin führte die beschwerdeführende Partei ab dem ***tt***. ***mm*** 2014 nicht mehr. Als einzige Aufzeichnung führte die beschwerdeführende Partei ab dem ***tt***. ***mm*** 2014 nur mehr Termineintragungen in einem Kalender, der im Friseursalon auflag, wobei nicht alle Kundentermine lückenlos eingetragen wurden.

Dem Finanzamt gegenüber legte die beschwerdeführende Partei die weiterhin ausgeübte Tätigkeit als Friseurin sowie die hierdurch erzielten Einkünfte entgegen ihrem Wissen über die ihr zukommende Erklärungs-bzw. Offenlegungspflicht nicht offen. Erst aufgrund einer anonymen Anzeige vom sowie der im Anschluss daran stattgefundenen Kontrolle durch die Finanzpolizei am erlangte das Finanzamt Braunau Ried Schärding Kenntnis von der weiterhin betriebenen Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Friseurin.

Infolge der Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 durch das Finanzamt Österreich mit den bekämpften Bescheiden vom wurde von der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen der Bezug an vorzeitiger Alterspension der beschwerdeführenden Partei vorläufig ruhend gestellt sowie neue Lohnzettel für die Jahre 2015 bis 2017 erstellt. Gegen diese Ruhendstellung brachte die beschwerdeführenden Partei Klage ein und wurde die Rückzahlung der bezogenen Beträge an vorzeitiger Alterspension gestundet.

Neben dieser Ruhendstellung der vorzeitigen Alterspension erfolgte durch die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen eine Vorschreibung nachfolgender Beiträge für die Jahre 2015 bis 2017 zum vierten Quartal 2021, da die beschwerdeführende Partei auch gegenüber der Sozialversicherung die weiterhin betriebene Tätigkeit als Friseurin sowie die daraus erzielten Einkünfte nicht offengelegt hatte.


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ASVG -/FSVG-Unfallversicherung (UV)
bis
106,80
bis
109,32
bis
111,96


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GSVG -Krankenversicherung (KV)
bis
576,60
bis
508,20
bis
508,20


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GSVG -/FSVG-Pensionsversicherung (PV)
bis
1.394,40
bis
1.228,80
bis
1.228,80


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Beitragszuschlag
bis
183,36
bis
161,52
bis
161,52

Von der konkreten Höhe dieser Vorschreibung erlangte die beschwerdeführende Partei erstmals am anhand des Kontoauszug vom zu den SVS-Beträgen (GSVG/FSVG) Kenntnis, jedoch erfuhr die beschwerdeführende Partei bereits im Rahmen einer Auskunft der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen zu Beginn des Jahres 2021, dass eine Vorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes erfolgen werde.

Neben der weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin begann die beschwerdeführende Partei am an der Ortsstelle ***Gemeinde*** des Österreichischen Roten Kreuzes, ***AdresseOS***, die Ausbildung zur Rettungssanitäterin. In diesem Zusammenhang absolvierte die beschwerdeführende Partei betreffend das Jahr 2015 während dem Zeitraum Februar bis Juni an 13 Tagen die praktische Ausbildung und schloss sie ihre Ausbildung zur Rettungssanitäterin am ***tt***. ***mm*** 2015 erfolgreich ab. Nach diesem Abschluss leistete sie hinsichtlich der Jahre 2015 bis 2017 nachfolgende Dienststunden für das Österreichische Rote Kreuz.


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2015
314,75 Stunden
2016
72 Stunden
2017
15 Stunden

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellung, dass die beschwerdeführende Partei in ihrem Haus einen Friseursalon betrieben hatte, gegenüber dem Finanzamt Braunau Ried Schärding eine Betriebsaufgabe zum ***tt***. ***mm*** 2014 angezeigt hatte und ebenso mit diesem Tag ihre Gewerbeberechtigung beendigte, hat ihre Grundlage in dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien, dem vorgelegten Auszug vom aus dem Gewerbeinformationssystem Austria sowie den vorgelegten Beilagen zur Einkommensteuererklärung 2014 hinsichtlich der Ermittlung des Gewinns/Verlust aus der Betriebsaufgabe.

Die Feststellungen, dass die beschwerdeführende Partei vom ***tt***. ***mm*** 2014 bis ***tt.mm*** 2017 eine vorzeitige Alterspension aufgrund langer Versicherungsdauer sowie ab ***tt.mm*** 2017 eine reguläre Alterspension bezog, basieren ebenso auf dem übereinstimmenden Vorbringen der Verfahrensparteien, die zudem in Einklang mit dem vorgelegten Ausdruck vom über das Auskunftsverfahren bei der Sozialversicherung, dem ein entsprechender Pensionsbezug der beschwerdeführenden Partei für diese Zeiträume entnommen werden kann, stehen.

Die Sachverhaltsfeststellungen, dass die beschwerdeführende Partei trotz der gegenüber dem Finanzamt Braunau Ried Schärding angezeigten Aufgabe des Betriebs bis ins Jahr 2019 weiterhin Bestandskunden, Verwandte und Freunde betreute, das Finanzamt hiervon erst aufgrund einer anonymen Anzeige vom Kenntnis erlangte und infolge dessen eine Kontrolle durch die Finanzpolizei am bei der beschwerdeführenden Partei vor Ort in ihrem Friseursalon stattfand, haben ihre Grundlage in der anonymen Anzeige vom sowie der Niederschrift des Teams 42 der Finanzpolizei vom über der bei der beschwerdeführenden Partei in ihrem Friseursalon in ***Adresse***, an diesem Tag durchgeführten Kontrolle samt Befragung. Dieser Niederschrift kann insbesondere entnommen werden, dass die handelnden Organe der Finanzpolizei die beschwerdeführende Partei sowie zwei weitere Personen um 10.00 Uhr im Friseursalon der beschwerdeführenden Partei angetroffen haben und die beschwerdeführende Partei gerade am Haareschneiden war, und ist hieran ersichtlich, dass die beschwerdeführende Partei trotz angezeigter Betriebsaufgabe zum ***tt******mm*** 2014 bis ins Jahr 2019 als Friseurin tätig war.

Darüber hinaus gab die beschwerdeführende Partei im Rahmen der bei der Kontrolle erfolgten Befragung gegenüber den handelnden Organen der Finanzpolizei glaubhaft bekannt, dass sie von ***mm*** 2014 bis zum Tag der Kontrolle Kunden betreut habe und die Kunden allesamt von früher seien. Diese Aussage stellte einen weiteren Beweis für die trotz angezeigter Betriebsaufgabe weiterhin betriebenen Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Friseurin dar.

Vor allem aber diente die Aussage der beschwerdeführenden Partei, dass sie um ihre Verpflichtung, die aus der weiterhin betriebenen Friseurstätigkeit erzielten Einnahmen dem Finanzamt gegenüber offen zu legen, gewusst habe, als Basis für die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei gegenüber dem Finanzamt Braunau Ried Schärding die von ihr weiterhin betriebene Tätigkeit als Friseurin wissentlich nicht offengelegt hat.

Fernerhin fertigten die handelnden Organe der Finanzpolizei bei dieser Kontrolle eine teilweise Kopie des im Friseursalon vorgefundenen Kalenders betreffend das Jahr 2019 an bzw. wurde dieser Kalender ebenso im Rahmen der Betriebsprüfung dem Finanzamt Österreich vorgelegt und können den Kalendereintragungen sowohl Tage, an denen die beschwerdeführende Partei Kunden betreute, als auch Namen der Kunden entnommen werden. Diese Kalendereintragungen dienten somit zum einen als weiterer Beweis dafür, dass die beschwerdeführende Partei im Jahr 2019 weiterhin Kunden betreute. Zum anderen konnte anhand dieser Eintragungen bis zum Tag der Kontrolle die Finanzpolizei am die Mindestanzahl an Tagen, an denen die beschwerdeführende Partei Kunden betreut hat, die Verteilung der Kunden auf Frauen und Männer sowie die Verteilung der weiblichen Kunden hinsichtlich nur Haarschnitt, Färben und Dauerwelle für diesen Zeitraum festgestellt werden.

Die Sachverhaltsfeststellungen in Bezug auf das Ruhen der vorzeitigen Alterspension, der dagegen eingebrachten Klage der beschwerdeführenden Partei, die Stundung der Rückzahlung der bezogenen Beträge an vorzeitiger Alterspension, die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Sozialversicherung der Selbstständigen zum 4. Quartal 2021, die Höhe der Nachforderungsbeträge, die Stundung dieser Nachforderungsbeiträge sowie den Zeitpunkt der erstmaligen Kenntnis von der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen basieren auf den glaubhaften Vorbringen in den Stellungnahmen der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei vom und vom , den diesen Schreiben beigelegten Kontoauszügen zu den SVS-Beiträgen der beschwerdeführenden Partei sowie dem E-Mail der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei vom an die Prüferin des Finanzamts Österreich, wonach laut Auskunft der Sozialversicherungsanstalt im Falle einer Festsetzung im Sinne der Betriebsprüfung eine Vorschreibung an Sozialversicherungsbeiträge erfolgen werde.

Insbesondere diente der Kontoauszug vom zu den SVS-Beiträgen der beschwerdeführenden Partei samt Erklärungen zu ebendiesen als Grundlage für die tabellarische Darstellung der von der Sozialversicherung der Selbstständigen vorgeschriebenen Nachforderungsbeträge.

Anhand dieser Nachforderung sowie dem Bezug der vorzeitigen Alterspension ist zudem erwiesen, dass die beschwerdeführende Partei nicht nur gegenüber dem Finanzamt Österreich, sondern auch gegenüber der Sozialversicherung die weiterhin ausgeübte Friseurtätigkeit nicht offengelegt hat, andernfalls es weder zur einer Nachforderung gekommen wäre, noch die beschwerdeführende Partei eine vorzeitige Alterspension erhalten hätte können.

Die Sachverhaltsfeststellungen betreffend die Ausbildung der beschwerdeführenden Partei zur Rettungssanitäterin sowie die in Anschluss an die Ausbildung in den Jahren 2015 bis 2017 geleisteten Dienststunden wurden aufgrund der glaubhaften Auskunft der Bezirksstelle Braunau am Inn des Österreichischen Roten Kreuz Oberösterreich vom , in dem die Ausbildungstage der beschwerdeführenden Partei samt Stunden sowie die erbrachten Dienststunden der beschwerdeführenden Partei in den Jahren 2015 bis 2017 aufgelistet wurden, getroffen.

Die Sachverhaltsfeststellung, dass die beschwerdeführende Partei ab ***mm*** 2014 mit Ausnahme von Kalendereintragungen keine Aufzeichnungen mehr geführt hat, hat ihre Grundlage in der glaubhaften Aussage der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der Kontrolle die Finanzpolizei am , wonach die Kalenderaufzeichnungen die einzigen Aufzeichnungen seien, die die beschwerdeführende Partei führen würde.

Aber auch der Umstand, dass die beschwerdeführende Partei laut den Ausführungen des Berichts vom über das Ergebnis der Außenprüfung während der Prüfung keine Aufzeichnungen über die durch die weiterhin ausgeübte Tätigkeit als Friseurin erzielten Einnahmen bzw. über die hierdurch entstandenen Ausgaben vorlegen konnte, diente als weiterer Nachweis für die unterlassenen Aufzeichnungen.

Dieses Fehlen von Aufzeichnungen betreffend die Einnahmen bzw. Ausgaben aufgrund der von der beschwerdeführenden Partei weiterhin ausgeübten Tätigkeit hatte sodann zur Auswirkung, dass hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums sowohl die durch diese Tätigkeit erzielten Einnahmen als auch die durch diese Tätigkeit angefallenen Ausgaben gem. § 184 BAO zu schätzen waren. Diesbezüglich gilt es hervorzuheben, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zwar Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen, allerdings eine jede Schätzung mit einer gewissen Ungenauigkeit behaftet bleibt. Diese mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hat jeder hinzunehmen, wer Anlass zur Schätzung gibt ().

Hinsichtlich der Schätzung der Einnahmen sowie der Ausgaben der beschwerdeführenden Partei betreffend die Jahre 2015 bis 2017 durch das Finanzamt Österreich im Rahmen der Außenprüfung vermochte das Bundesfinanzgericht insoweit keine Fehlerhaftigkeit der Schätzung erkennen, als das Finanzamt die Eintragungen im Kalender für das Jahr 2019 als Ausgangspunkt für die Schätzung heranzog. So hat die beschwerdeführende Partei im Zuge ihrer Befragung am durch die Mitarbeiter der Finanzpolizei ausgesagt, dass sie im Jahr 2015 zwischen 100 und 150 Kunden betreut habe, die Folgejahre ident mit dem Jahr 2015 gewesen seien und sie im Jahr 2019 bis zur Prüfung zwischen 100 und 120 Kunden gehabt habe. Wiewohl diese von der beschwerdeführenden Partei genannte Zahlen an betreuten Kunden einer Schwankung von bis zu 50 Personen unterworfen sind, lässt sich dieser Aussage der beschwerdeführenden Partei entnehmen, dass die Zahl der Kunden in den Jahren dem Grunde nach konstant geblieben ist bzw. nur geringen Schwankungen ausgesetzt war und konnten daher die Anzahl an Kundentermine in den Jahren 2015 bis 2017 durchaus anhand der Kalendereintragungen betreffend das Jahr 2019 ermittelt werden.

Aber auch die Erhöhung der dem Kalender 2019 zu entnehmenden Termineintragungen bis zum von 423 Termine auf 500 Termine im Rahmen der Schätzung ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts begründet, trägt diese Erhöhung zum einem dem Umstand Rechnung, dass bei manchen Terminen die Kundennamen mit Zusätzen wie "2x", "3x", "+Ehemann", "+Freundin Kind" oder "Haus" versehen wurden. Diese Zusätze können nach den allgemeinen Lebenserfahrungen nicht anders verstanden werden, als dass an diesen Terminen mehr als ein Kunde durch die beschwerdeführende Partei betreut wurde. Als Beispiele sind an dieser Stelle die Eintragungen zum 30. Jänner (***Name*** 2x), zum 06. Februar (***Name*** 3x), 02. Mai (***Name*** Haus), 09. Mai (***Name*** Haus), 07. Juni (***Name*** Haus), 25. Juni (***Name*** + Haus) sowie 08. Juli (***Name*** 2x) genannt.

Zum anderen deckt diese Erhöhung den Umstand ab, dass nicht alle Kundentermine im Kalender 2019 eingetragen wurden. Als Beweis für das Fehlen von Kundeneintragungen dient insbesondere die Niederschrift über die Kontrolle der beschwerdeführenden Partei am durch die Finanzpolizei. Dieser Niederschrift kann entnommen werden, dass die Finanzpolizei bei dieser Kontrolle zwei Kunden im Friseursalon vorgefunden haben, wiewohl die Auswertung der Kalendereintragungen durch das Finanzamt im Rahmen der Prüfung diesen Tag betreffend nur einen einzelnen Kundentermin ohne jedweden Zusatz ergab.

Von diesen 500 Kundenterminen waren sodann jene Termineintragungen in Abzug zu bringen, die auf Personen entfallen, die in einem Verwandtschaftsverhältnis zur beschwerdeführenden Partei stehen, da die beschwerdeführende Partei im Prüfungsverfahren glaubhaft vorbrachte, dass sie von Verwandten keine Zahlungen entgegennahm. Im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens markierte die beschwerdeführende Partei ebendiese Termineintragungen, die auf Verwandte entfallen, nachträglich im Kalender 2019 und konnte aufgrund dieser Markierungen die Anzahl dieser Termine durch das Finanzamt mit 95 nachvollziehbar bestimmt werden.

Nach Abzug der Verwandtschaftstermine verbleiben für den Zeitraum bis 405 zahlende Kundentermine und betreute die beschwerdeführende Partei in diesem Zeitraum somit durchschnittlich 1,4 Kunden pro Tag. Ausgehend von diesem Durchschnittswert führt die Hochrechnung auf ein Jahr zu gerundet 512 Kunden im Jahr 2019 und ist dieser Wert aufgrund der obigen Ausführungen zur Vergleichbarkeit der Vorjahre mit dem Jahr 2019 ebenso den Jahren 2015 bis 2017 zugrunde zu legen.


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Zahlende Kunden zwischen und (289 Tage)
405
Kunden pro Tag
1,40
Hochrechnung auf das Jahr 2019 (gerundet)
512

Insoweit die beschwerdeführende Partei in ihrer Beschwerde die Anzahl der Kunden pro Jahr dergestalt ermittelte, als sie bei einer Annahme von zwei Arbeitstagen pro Woche, 45 Arbeitswochen, zwei Stunden Arbeit pro Arbeitstag und 1,5 Kunden pro Arbeitsstunde auf eine Gesamtkundenzahl pro Jahr in Höhe von 270 Personen kommt, vermochte sie damit keine Art der Schätzung aufzuzeigen, dem eine höhere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit zukommt, als die Art der Schätzung des Finanzamts. Dies ist vor allem aufgrund des Umstands ersichtlich, dass die beschwerdeführende Partei nach dieser Schätzungsart auf 90 Arbeitstage im Jahr kommt, während hingegen bereits nach den Kalendereintragungen für den Zeitraum bis die beschwerdeführende Partei an zumindest 153 Tagen Kunden betreut hatte.

Ferner weicht die nach dieser Art und Weise geschätzte Gesamtanzahl von 270 Kunden pro Jahr bereits erheblich von der dem Kalender für den Zeitraum vom bis zu entnehmenden Anzahl an Kundentermine in Höhe von 328, die sich nach Abzug der auf Verwandte entfallenden Termine ergibt, ab. Hierbei blieb der Umstand, dass manche Termineintragungen im Kalender mit Zusätzen, wie bereits dargestellt wurde, versehen sind und dementsprechend mehrfach zu zählen wären, noch unberücksichtigt und würde die Differenz der Gesamtanzahl an Kunden pro Jahr entsprechend der Ermittlungsweise der beschwerdeführenden Partei zur Gesamtanzahl an Kunden pro Jahr, die auf Basis der Kalendereintragungen nach Abzug der Verwandtentermine und Mehrfachberücksichtigung der Termine mit Vermerke ermittelt wurde, erheblich größer ausfallen.

Angesichts dieser beiden Punkte zeigt sich, dass die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachte Art und Weise der Schätzung der Gesamtanzahl an Kunden pro Jahr zu einer erheblichen Abweichung von den vorgefundenen tatsächlichen Kalendereintragungen betreffend das Jahr 2019 führt und war daher das erkennende Gericht nicht davon überzeugt, dass dieser in der Beschwerde vorgebrachten Art der Schätzung der Gesamtanzahl an Kunden eine höhere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit zukommt als der Schätzung der Gesamtanzahl der Kunden durch das Finanzamt, dem die tatsächlichen Eintragungen im Kalender zugrunde gelegt wurden.

Zu der in einem weiteren Schritt von Seiten des Finanzamts vorgenommene Aufteilung der 405 Kundentermine in 384 Termine betreffend weibliche Kunden sowie 128 Termine betreffend männliche Kunden galt es sodann auszuführen, dass diese Art der Aufteilung beim erkennenden Gericht auf keine Bedenken stieß, zumal diese Aufteilung auf dem Verhältnis von 75 % Frauenterminen zu 25 % Männerterminen basiert, welches das Resultat einer Aufteilung der zuordenbaren Namen bei den Termineintragungen im Kalender 2019 auf diese zwei Geschlechter ist. Auch kommt einer Aufteilung der Termine entsprechend diesem anhand der Kalendereintragungen ermittelten Verhältnis zwischen Männer und Frauen nach Ansicht des erkennenden Gericht eine größere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Schätzung zu, als die von der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde vorgebrachte Aufteilung der Kundentermine in 34 % Männertermine und 66 % Frauentermine, da die beschwerdeführende Partei weder die Grundlagen, anhand derer sie dieses Aufteilungsverhältnis ermittelt hat, noch die Gründe, weshalb diesem Aufteilungsverhältnis ein höherer Anspruch an Richtigkeit im Vergleich zu dem anhand der tatsächlichen Kalendereintragungen ermittelten Verhältnis zukommen solle, dargelegt hat.

Gleich verhält es sich mit der Aufteilung der Termine betreffend die weiblichen Kunden auf die Leistungen nur Haarschnitt, Färben und Dauerwelle entsprechend dem Verhältnis von 50 % zu 30 % zu 20 %. Auch dieses Verhältnis wurde vom Finanzamt anhand der entsprechenden Zusätze bei den Termineintragungen betreffend den Kalender 2019 ermittelt und spricht dieser Umstand ebenso dafür, dass dieses vom Finanzamt ermittelte Verhältnis den wahren Besteuerungsgrundlagen näher kommt, als das von der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde angeführte Verhältnis von 70 % nur Haarschnitt zu 20 % Färben zu 10 % Dauerwelle, hat doch die beschwerdeführende Partei abermals weder dargelegt, auf welcher Grundlage dieses Verhältnis ermittelt wurde, noch, warum diesem Aufteilungsverhältnis ein höherer Anspruch an Richtigkeit zukommen solle. Infolgedessen war das von der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der Beschwerde vorgebrachte Verhältnis betreffend die Leistungen in Bezug auf die weibliche Kundschaft ebenfalls nicht zu beachten.

Vor dem Hintergrund dieser Parameter sowie unter Berücksichtigung der von der beschwerdeführen Partei glaubhaft vorgebrachten Preise für ihre Leistungen waren die jährlichen Einnahmen der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf die Jahre 2015 bis 2017 wie folgt zu kalkulieren.


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Kunden pro Jahr
512
Davon weiblich (75 %)
384
Davon männlich (25%)
128


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Leistung
Anzahl
Preis
Summe
Männerhaarschnitt
128
10,00
1.280,00
Frauenhaarschnitt (nur Schnitt)
192(50 % der weiblichen Kunden)
25,00
4.608,00
Frauenhaarschnitt (Färben)
115(30 % der weiblichen Kunden )
40,00
3.072,00
Frauenhaarschnitt (Dauerwelle)
77(20 % der weiblichen Kunden )
40,00
1.280,00
Summe Einnahmen
13.760,00

Die Schätzung der Betriebsausgaben hingehend basiert auf den Angaben der beschwerdeführenden Partei, wonach der Wareneinsatz sowie die Stromkosten mit je 5 % der Einnahmen zu bemessen seien, und wird diesen Angaben angesichts der Ausführungen im Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung, wonach diese Angaben der beschwerdeführenden Partei in Einklang mit dem Verhältnis dieser Ausgabenpositionen zum Umsatz betreffend das Jahr 2013 stünden, Glauben geschenkt.

Darüber hinaus wurde aufgrund dieser mit dem Jahr 2013 übereinstimmenden Angaben der beschwerdeführenden Partei ebenso ihrem Vorbringen, wonach die übrigen Betriebsausgaben mit 9,2 % der Einnahmen anzusetzen seien, Glauben geschenkt. Auch hat das Finanzamt Österreich gegen die Ermittlung der übrigen Betriebskosten auf diese Art und Weise kein Argument vorgebracht, sondern hat es diese Vorgehensweise vielmehr selbst bei der im Rahmen der Außenprüfung vorgenommenen Schätzung übernommen.

Die Betriebsausgaben der beschwerdeführenden Partei betreffend die Jahre 2015 bis 2017 berechnen sich sodann wie folgt.


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Summe Einnahmen
13.760,00
Wareneinsatz (5 % der Einnahmen)
688,00
Strom (5 % der Einnahmen)
688,00
Übrige Betriebsaufwendungen (9,2 % der Einnahmen)
1.265,92
Summe Betriebsausgaben ohne GFB
2.641,92

Insoweit die beschwerdeführende Partei in einer Stellungnahme vom zum (Vor-)Besprechungsprogramm vom vorbringt, dass sie aufgrund von Ausbildungen und Dienste beim Roten Kreuz, der Unterstützung der Kinder hinsichtlich der Enkelkinder, eines lebensbedrohlichen Unfall des Patenkindes im Jahr 2017 sowie der Betreuung der Schwiegermutter bis zu deren Ableben im Jahr 2017 in den Jahren 2015 und 2016 maximal EUR 2.000 sowie im Jahr 2017 maximal EUR 500 Gewinn erwirtschaften hätte können, wurde ihr kein Glauben geschenkt. So setzte sich die beschwerdeführende Partei mit diesen Ausführungen nicht nur in Widerspruch zu ihren im Rahmen der durch die Finanzpolizei durchgeführten Kontrolle vom getätigten Aussagen, wonach sie in den Jahren 2015 bis 2018 zwischen EUR 4.000 und EUR 5.000 Gewinn gemacht habe und es in diesen Jahren immer dasselbe gewesen sei, sondern auch in Widerspruch zu ihrer in der Beschwerde vom dargelegten Kalkulation, der zufolge der jährliche Gewinn in den Jahren 2015 bis 2017 EUR 4.333,75 betrage.

Zudem kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs einer in Unkenntnis der steuerlichen Auswirkung getätigten Aussage eine höhere Glaubwürdigkeit zu, als geänderten Angaben, die im Laufe des Verfahrens in Kenntnis der steuerlichen Auswirkungen erstattet werden (). Dementsprechend war den im Rahmen der Kontrolle am getätigten Aussagen dahingehend eine höhere Glaubhaftigkeit als den in der Stellungnahme vom geänderten Angaben, die erst nach Bekanntgabe des Schätzungsergebnisses durch das Finanzamt erstattet wurden, beizumessen, als die beschwerdeführende Partei in Bezug auf die Jahre 2015 bis 2019 von immer gleichgebliebenen Umständen gesprochen hat.

An dieser Glaubhaftigkeit vermochte auch das Vorbringen in der Stellungnahme vom , die beschwerdeführende Partei habe infolge von Angst nicht mehr auf die Situationen in den Jahren 2015 bis 2018 denken können, keine Zweifel hervorbringen, da der Niederschrift über die Kontrolle am kein Hinweis auf einen ängstlichen Zustand der beschwerdeführenden Partei entnommen werden kann.

Darüber hinaus erschien es dem Gericht vor dem Hintergrund, dass es sich bei den von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Situationen unter anderem um die Geburt von Enkelkinder und der damit einhergehenden Unterstützung, einem lebensbedrohlichen Autounfall des Patenkindes der beschwerdeführenden Partei sowie die mehrjährige Betreuung der Schwiegermutter samt deren Ableben handelt, als wenig glaubhaft, dass sich die beschwerdeführende Partei bei der Befragung durch die Finanzpolizei infolge von Angst nicht mehr an dieses Ereignisse erinnern habe können, da es sich bei diesen Ereignissen um tiefgreifende und nicht alltägliche Vorkommnisse handelt, die einer Person auch in einer Stresssituation nicht entfallen. Dass es sich bei diesen Ereignissen nicht um unbedeutende Vorkommnisse handelt, die im Rahmen einer Stresssituation möglicherweise nicht sofort in Erinnerung gerufen werden können, ist ebenso anhand des von der beschwerdeführenden Partei behaupteten Ausmaßes an Reduktion der im Rahmen der Kontrolle am angegebenen Gewinne um bis zu 50 % bzw. 90 % erkennbar und sah es das erkennende Gericht auch aufgrund dieses behaupteten erheblichen Ausmaßes an Gewinnreduktion als wenig glaubhaft an, dass die beschwerdeführende Partei im Rahmen ihrer Befragung durch die Finanzpolizei infolge von Angst auf diese den Gewinn in den Jahren 2015 bis 2017 erheblich beeinflussende Ereignisse vergessen habe.

Fernerhin ergaben die beim Landesverband Oberösterreich des Österreichischen Roten Kreuz vorgenommenen Erhebungen, dass die beschwerdeführende Partei beim Roten Kreuz im ersten Halbjahr 2015 an 13 Tagen ihre praktische Ausbildung absolviert hat sowie im zweiten Halbjahr 2015 314,75 Stunden Dienst, im Jahr 2016 72 Stunden Dienst und im Jahr 2017 15 Stunden Dienst absolviert hat. Angesichts dieser geringen Anzahl an Dienststunden in den Jahren 2016 und 2017 konnte keine erhebliche Auswirkung auf die weiterhin ausgeübte Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Friseurin hinsichtlich dieser Jahre erkannt werden. Aber auch für das Jahr 2015 ergab sich hierdurch keine Änderung der Kalkulation, hatte die beschwerdeführende Partei doch im ersten Halbjahr 2015 laut der Auskunft des Landesverbands Oberösterreich des Österreichischen Roten Kreuzes lediglich 13 Ausbildungstage und ergeben sich in Bezug auf das zweite Halbjahr 2015 unter Zugrundelegung einer Dienstdauer von 12 Stunden pro Einsatztag im Durchschnitt 4 Dienste pro Monat. Auch diese Anzahl an Dienst- und Ausbildungstagen im Jahr 2015 erreichte nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht einen derartigen Umfang, der die beschwerdeführende Partei in ihrer weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin eingeschränkt hätte, zumal die beschwerdeführende Partei in ihrer in der Beschwerde vorgebrachten Kalkulation selbst von nur zwei Tagen in der Woche ausgeht, an denen Kunden betreut worden seien, bzw. anhand der Kalendereintragungen für das Jahr 2019 ersichtlich ist, dass die beschwerdeführende Partei im Durchschnitt an 3,62 Tagen die Woche Kunden betreute.

In Bezug auf die vorgebrachte Betreuung von Enkelkinder durch die beschwerdeführende Partei war noch anzumerken, dass anhand der Kalendereintragungen für das Jahr 2019 ersichtlich ist, dass sich die Tage, an denen die beschwerdeführende Partei Kunden betreute, und die Tage, an denen die beschwerdeführende Partei Enkelkinder betreute, nicht gegenseitig ausschlossen, sondern die beschwerdeführende Partei an manchen Tagen sowohl Kunden betreute, als auch Enkelkinder beaufsichtigte. Als Beispiel hierfür dient der Freitag der und hat die beschwerdeführende Partei laut den Kalendereintragungen an diesem Tag um 07.00 Uhr sowie um 07.30 Uhr Kunden betreut, während ein Enkelkind von Donnerstag den 24. Jänner bis zum Freitag den 25. Jänner um 10.30 Uhr bei der beschwerdeführenden Partei war. Als weitere Beispiele sind der 07. März, der 08. März, der 17. April sowie der 02. Mai anzuführen. An all diesen Tagen war laut den Kalendereintragungen ein Enkelkind bei der beschwerdeführenden Partei und hat diese an diesen Tagen dennoch Kunden betreut. Auch angesichts dieses Umstandes erwiesen sich die in der Stellungnahme vom vorgebrachten und im Vergleich zur Erstaussage im Rahmen der Kontrolle durch die Finanzpolizei am erheblich reduzierten pauschalen Gewinne betreffend die Jahre 2015 bis 2017 aufgrund unter anderem allfälliger Betreuung von Enkelkinder als nicht glaubhaft.

Abschließend galt es hinsichtlich des in der Stellungnahme vom pauschal vorgebrachten Gewinns in Höhe von maximal EUR 2.000,00 betreffend die Jahre 2015 und 2016 sowie des pauschal vorgebrachten Gewinns in Höhe von maximal EUR 500,00 betreffend das Jahr 2017 noch auszuführen, dass die beschwerdeführende Partei in dieser Stellungnahme weder nachvollziehbar dargelegt hat, wie sie zu dieser Gewinnhöhe gekommen ist, noch, weshalb dieser pauschale Ansatz von Gewinnen den wahren Besteuerungsgrundlagen näher käme, als die Kalkulation des Finanzamts bzw. die in der Beschwerde vorgebrachte Kalkulation.

Diese Ausführungen zur fehlenden Glaubhaftigkeit der geänderten Angaben in Bezug auf den erwirtschafteten Gewinn in den Jahren 2015 bis 2017 in der Stellungnahme vom hatten sodann zur Folge, dass keine Grundlage für den vom Finanzamt im Rahmen der Schätzung vorgenommenen pauschalen Abschlag in Höhe von 10 % der Einnahmen betreffend die Jahre 2016 und 2017 aufgrund der in der Stellungnahme vorgetragenen Gründe mehr vorlag und wurde daher dieser vom Finanzamt berücksichtigte Abschlag vom erkennenden Gericht bei der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen betreffend die weiterhin betriebene Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Friseurin nicht übernommen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gem. § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder errechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

§ 9 EStG 1988 in der Fassung des BGBl. I 13/2014 lautet auszugsweise:

"(1) Rückstellungen können nur gebildet werden für

1. Anwartschaften auf Abfertigungen,

2. laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen,

3. sonstige ungewisse Verbindlichkeiten, wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen.

4. drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

[…]

(3) Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 und 4 dürfen nicht pauschal gebildet werden. Die Bildung von Rückstellungen ist nur dann zulässig, wenn konkrete Umstände nachgewiesen werden können, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit (eines Verlustes) ernsthaft zu rechnen ist.

[…]"

Gem. § 16 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, zählen zu den Werbungskosten auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde.

Laut § 19 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung des Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt:

1. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.

2. In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen:

- Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird,

- Nachzahlungen im Insolvenzverfahren sowie

- Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4, mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 genannten Bezüge.

3. Bezüge gemäß § 79 Abs. 2 gelten als im Vorjahr zugeflossen. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln.

Nach § 19 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung des Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Abs. 1 zweiter Satz. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt.

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022, BGBl. I Nr. 108/2022, wurde dieser Absatz um den Satz erweitert, dass Rückzahlungen von Einnahmen gemäß Abs. 1 Z 2 erster und zweiter Teilstrich in dem Kalenderjahr als abgeflossen gelten, für das der Anspruch bestand bzw. für das sie getätigt wurden.

Darüber hinaus wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022, BGBl. I Nr. 108/2022 der Abs. 1 des § 19 EStG 1988 dahingehend abgeändert, als nunmehr Einnahmen gem. Abs. 1 Z 2 erster und zweiter Teilstrich sind:

- Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c, das Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG und das Wiedereingliederungsgeld gemäß § 143d ASVG (erster Teilstrich)

- Das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld, das Umschuldungsgeld gem. § 39b AlVG und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen (zweiter Teilstrich)

Nach § 124b Z 399 EStG 1988 ist § 19 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung des BGBl. I Nr. 108/2022 für Zahlungen und Rückzahlungen ab dem anzuwenden und über Antrag des Steuerpflichtigen auf alle offenen Veranlagungsverfahren.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist in Bezug auf den beschwerdegegenständlichen Fall das Folgende auszuführen.

Zur Schätzungsbefugnis

Im gegenständlichen Fall konnte weder das Finanzamt noch das Bundesfinanzgericht in Ermangelung von geführten Aufzeichnungen der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf die Einnahmen sowie die Ausgaben aus der weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin in den Jahren 2015 bis 2017 die Grundlagen für die Abgabenerhebung diese Tätigkeit betreffend exakt ermitteln bzw. errechnen und waren diese daher im Schätzungswege zu ermitteln.

Zur Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur Art der Gewinnermittlung im Rahmen von Schätzungen bereits zum EStG 1972 ausgeführt, dass der Betriebsvermögensvergleich die allgemeine Ermittlungsart ist und die Behörde im Einzelfall zu begründen hat, warum sie von der ihr zukommenden Berechtigung, im Einzelfall nicht nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs, sondern nach jenen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu schätzen, Gebrauch macht. In dieser Begründung ist insbesondere aufzuzeigen, dass die Schätzung nach den Grundsätzen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung im konkreten Einzelfall zu einem Besteuerungsergebnis führt, das der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entspricht (). Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof auch in Bezug auf das EStG 1988 weitergeführt und wiederholt, dass der Betriebsvermögensvergleich die allgemeine Gewinnermittlungsart darstellt und ein Abgehen von dieser Gewinnermittlungsart einer Begründung bedarf (; vom , 2002/14/0152). Angesichts dieser Rechtsprechung waren die Besteuerungsgrundlagen im vorliegenden Fall unter Heranziehung der Grundsätze des Betriebsvermögensvergleichs zu schätzen und ist bei einer Gewinnermittlung anhand eines Betriebsvermögensvergleichs im Gegensatz bei einer Gewinnermittlung anhand einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung grundsätzlich der Ansatz von Rückstellungen möglich.

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten können nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch in Bezug auf öffentlich-rechtliche Verpflichtungen gebildet werden, wenn die Verpflichtung nach ihrem Inhalt und insbesondere ihrem Entstehungszeitpunkt hinreichend konkretisiert ist, was anzunehmen ist, wenn die Verpflichtung unmittelbar auf dem Gesetz oder auf einem besonderen Verwaltungsakt beruht und wenn die Verletzung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung an Sanktionen geknüpft ist (). Die Bildung einer Rückstellung erfordert allerdings, dass konkrete Umstände vorliegen, nach denen im Einzelfall mit einer Inanspruchnahme zu rechnen ist und reicht die bloße Möglichkeit einer Inanspruchnahme für die Bildung einer Rückstellung nicht aus (Nikolaus in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (22. Lfg 2021), § 9, Rz. 52). Die Voraussetzung der Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in der Regel dann gegeben, wenn der Anspruch bereits geltend gemacht wurde, der Anspruch gegenüber dem Gläubiger bereits anerkannt wurde oder die Verbindlichkeit so allgemein bekannt oder so offenkundig ist, dass bereits aus diesem Grund mit einer Inanspruchnahme zu rechnen ist (). Im Falle von hinterzogenen Steuern und Sozialversicherungsabgaben ist jedoch eine Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme vor der Entdeckung der Tat nicht gegeben, sondern ist diese erst in dem Zeitpunkt gegeben, in dem die Tat entdeckt wird (Nikolaus in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (22. Lfg 2021), § 9, Rz. 53/4; Ehgartner in JakomEStG, 16. Aufl. (2023), § 9, Rz. 41). Die bloße Kenntnis des Täters von der Tatbegehung allein reicht für die Passivierung einer aus der Tat allenfalls resultierenden Verbindlichkeit nicht aus und stellt die aus der Tat resultierende Verbindlichkeit solange keine wirtschaftliche Belastung für den Steuerpflichtigen dar, als er nicht mit der Entdeckung der Tat rechnen muss bzw. der für die Einforderung einer zwingenden Leistungspflicht zuständigen Behörde die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Leistungspflicht nicht bekannt sind oder nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt werden (; vom , Ra 2015/15/0023; vom , 94/15/0089).

In Bezug auf die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der beschwerdeführenden Partei in den verfahrensgegenständlichen Jahren 2015, 2016 und 2017 hinsichtlich der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträge, die auf die weiterhin ausgeübte Tätigkeit als Friseurin entfallen, gilt es sodann auszuführen, dass die beschwerdeführende Partei in diesem Zeitraum wissentlich weder gegenüber dem Finanzamt noch gegenüber dem Sozialversicherungsträger die von ihr weiterhin betriebene Tätigkeit als Friseurin sowie die daraus erzielten Einkünfte offengelegt hat. Dementsprechend hatte der für die beschwerdeführende Partei zuständige Sozialversicherungsträger keine Kenntnis von den sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Sozialversicherungsbeiträge betreffend die von beschwerdeführende Partei weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin.

Fernerhin lagen in dem Zeitraum 2015 bis 2017 keine Umstände vor, aufgrund derer die beschwerdeführende Partei mit einer Entdeckung ihrer weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin sowie der daraus erzielten Einkünfte durch das Finanzamt bzw. durch den für sie zuständigen Sozialversicherungsträger hätte rechnen müssen oder aufgrund derer der Sozialversicherungsträger von den sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Sozialversicherungsbeiträge betreffend die von der beschwerdeführenden Partei weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin mit hoher Wahrscheinlichkeit Kenntnis erlangen hätte können. Erst ab dem Zeitpunkt der Kontrolle durch die Finanzpolizei am musste die beschwerdeführende Partei erstmalig mit der Entdeckung der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträge aufgrund der verheimlichten weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin durch den Sozialversicherungsträger sowie der damit einhergehenden Kenntniserlangung des Sozialversicherungsträgers betreffend die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Geltendmachung der sich hieraus ergebenden Sozialversicherungsbeiträge rechnen. Eine Inanspruchnahme der beschwerdeführenden Partei durch den für sie zuständigen Sozialversicherungsträger hinsichtlich der auf diese Zeiträume entfallenden Sozialversicherungsbeträge aufgrund der weiterhin betrieben Tätigkeit als Friseurin vor dem Tag der Kontrolle war demnach ausgeschlossen und fehlt es demnach für eine Bildung von Rückstellungen hinsichtlich der von der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen nachgeforderten Beträge in den streitgegenständlichen Jahren 2015 bis 2017 an der Voraussetzung der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der beschwerdeführenden Partei durch den Sozialversicherungsträger in ebendiesen Jahren. Die Kenntnis der beschwerdeführen allein von der von ihr weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin sowie den daraus erzielten Einkünften ist nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht ausreichend für eine Rückstellungsbildung.

Darüber hinaus erfuhr die beschwerdeführende Partei in den Jahren 2015, 2016 und 2017 durch die auf ihre weiterhin ausgeübte Tätigkeit entfallenden Sozialversicherungsbeiträge keine wirtschaftliche Belastung, da die beschwerdeführende Partei frühestens erst ab der Kontrolle durch die Finanzpolizei am mit der Entdeckung ihrer weiterhin betriebenen Tätigkeit durch die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen und einer damit einhergehenden allfälligen Vorschreibung von Nachforderungen rechnen habe müssen bzw. erst ab der Kontrolle am eine hohe Wahrscheinlichkeit der Kenntniserlangung des Sozialversicherungsträgers von den sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Geltendmachung der sich aus der weiterhin betriebenen Tätigkeit ergebenden Sozialversicherungsbeiträge vorlag.

In Anbetracht dieser Ausführungen zeigt sich, dass das Finanzamt im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus der weiterhin betriebenen Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Friseurin betreffend die Jahre 2015 bis 2017 insoweit rechtswidrig vorgegangen ist, als es die von Seiten der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen mit Vorschreibung zum vierten Quartal 2021 geltend gemachten Nachforderungsbeträge hinsichtlich der Beitragszeiträume 2015 bis 2017 in Form von Rückstellungen berücksichtigt hat. Infolgedessen waren die Einkünfte aus der weiterhin betriebenen Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Friseurin dahingehend abzuändern, als bei der Berechnung ebenjener die vom Finanzamt berücksichtigten Rückstellungen betreffend die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträge nicht zu beachten waren.

Die Einkünfte der beschwerdeführenden Partei aus ihrer weiterhin betriebenen Tätigkeit als Friseurin betreffend die Jahre 2015 bis 2017 berechnen sich sodann wie folgt


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2015
2016
2017
Einnahmen (geschätzt)
13.760,00
13.760,00
13.760,00
Betriebsausgaben (geschätzt)
2.641,92
2.641,92
2.641,92
Gewinn vor Gewinnfreibetrag
11.118,08
11.118,08
11.118,08
Gewinnfreibetrag (13 %)
1.445,35
1.445,35
1.445,35
Gewinn nach Gewinnfreibetrag
9.672,73
9.672,73
9.672,73

Zur vorzeitigen Alterspension

In Bezug auf das Beschwerdevorbringen, die Pensionseinkünfte der beschwerdeführenden Partei in den Jahren 2015 bis 2017 seien für den Fall, dass dem Beschwerdevorbringen betreffend das Ergebnis der Schätzung nicht stattgegeben werde und es hierdurch zu einem Ruhen bzw. einer Rückforderung der Bezüge an vorzeitiger Alterspension komme, sowie aufgrund der berichtigten Lohnzettel für die Jahre 2015 und 2016 mit EUR 0,00 bzw. für das Jahr 2017 mit EUR 2.998,72 festzusetzten, ist auszuführen, dass die beschwerdeführende Partei in den Jahren 2015 bis 2017 eine vorzeitige Alterspension bezogen hat und sind ihr diese Beträge in diesen Jahren auch zugeflossen. Daraus folgt, dass diese von der beschwerdeführenden Partei in diesem Zeitraum bezogenen Beträge an vorzeitiger Alterspension gem. § 19 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung des Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, dem jeweiligen Kalenderjahr des Zuflusses zuzuordnen sowie im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer zu berücksichtigen waren.

An dieser Zuordnung der in den Jahren 2015 bis 2017 zugeflossenen Beträge an vorzeitiger Alterspension zu ebendiesen Jahren vermochte auch der Verweis der beschwerdeführenden Partei auf die im Nachtrag zur Außenprüfung des Finanzamts Österreich vom Sozialversicherungsträger erstellten geänderten Lohnzettel für diesen Zeitraum nichts zu ändern, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Änderungen in Folgejahren einen einmal erfolgten Zufluss nicht mehr rückgängig machen können (). Den im Nachgang zur Außenprüfung ergangenen geänderten Lohnzettel kam somit nicht die Wirkung zu, den bereits in den Jahren 2015 bis 2017 erfolgten Zufluss an Beträgen an vorzeitiger Alterspension ungeschehen zu machen.

Aber auch eine Berücksichtigung der Beträge an bezogener vorzeitiger Alterspension als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015 im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 schied aus, da die beschwerdeführende Partei die für diesen Zeitraum bezogenen Beträge an vorzeitiger Alterspension weder in den Jahren 2015 bis 2017 zurückgezahlt hat, noch in den Folgejahren eine Rückzahlung erfolgte, sondern die Beträge gestundet wurden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind jedoch zurückgezahlte Einnahmen gem. § 16 Abs. 2 EStG 1988 unter der Bedingung, dass weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen, noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurden, im Zeitpunkt der Rückzahlung (§ 19 Abs. 2 EStG 1988) als Werbungskosten zu berücksichtigen ().

Da weder die vom Sozialversicherungsträger im Anschluss an die Außenprüfung des Finanzamts erstellten Lohnzettel betreffend die vorzeitige Alterspension der beschwerdeführenden Partei für die Jahre 2015 bis 2017 den bereits in diesen Jahren stattgefundenen Zufluss rückgängig machen konnten noch die Beträge an bezogener vorzeitiger Alterspension in Ermangelung einer tatsächlichen Rückzahlung als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015 zu berücksichtigen waren, kam der Beschwerde den Punkt der vorzeitigen Alterspension betreffend keine Berechtigung zu.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision gegen das vorliegende Erkenntnis ist nicht zulässig, da zum einen der Verwaltungsgerichtshof die im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevanten Rechtsfragen in Bezug auf den Zeitpunkt der Bildung von Rückstellungen in den zitierten Entscheidungen bereits einer Klärung zugeführt hat und wich das Bundesfinanzgericht von dieser Rechtsprechung im vorliegenden Erkenntnis nicht ab.

Zum anderen hat der Gesetzgeber mit § 19 EStG 1988 eine eindeutige Rechtslage in Bezug auf das Jahr, in dem Einnahmen bzw. Ausgaben zu erfassen sind, geschaffen und bestehen hinsichtlich dieser Regelung keine Auslegungsschwierigkeiten.

Darüber hinaus wirft eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. mit weiteren Nachweisen).

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 19 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101043.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at