Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.11.2023, RV/7103963/2022

Begrenzung der UID-Nummer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Martin Sudi, Sackstraße 28, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ehemaligen Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom über die Begrenzung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Betriebsgegenstand der ***Bf1*** (in der Folge als Beschwerdeführerin bezeichnet) ist laut Firmenbuch der Ankauf und Verkauf sowie die Vermietung und Verpachtung von Immobilien.

1. Angefochtener Bescheid:

Mit Bescheid vom wurde die Gültigkeit der der Beschwerdeführerin erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID) ATU***1*** mit dem begrenzt.

In der Begründung wurde nach Wiedergabe der gesetzlichen Vorschriften ausgeführt, das zuständige Finanzamt gehe davon aus, dass die unternehmerische Tätigkeit aufgegeben und dies nicht dem Finanzamt angezeigt worden sei, da seit 2015 keine Umsätze mehr gemeldet worden seien. Durch die Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit hätten sich Änderungen der Verhältnisse ergeben, die für die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer maßgebend gewesen seien; demnach sei die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu begrenzen gewesen.

2. Beschwerde:

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde brachte der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vor, die Annahme, dass seit 2015 keine Umsätze mehr gemeldet worden seien, und dass die unternehmerische Tätigkeit aufgegeben und dies dem Finanzamt nicht angezeigt worden sei, sei unrichtig.

Es seien laufend Umsätze gemeldet und seit 2016 unternehmerische Tätigkeiten vorgenommen worden.

Mit Umsatzsteuerbescheid 2016 und Körperschaftssteuerbescheid 2016 vom habe das Finanzamt selbst bestätigt, dass Umsätze nach 2015 gemeldet worden seien. Zudem sei im Finanzamts-E-Akt des Unternehmens (in den Quartal-UVAs) ersichtlich, dass Umsätze gemeldet worden seien.

Im Jahr 2017 sei beim zuständigen Finanzamt ordnungsgemäß die Ruhendmeldung des Unternehmens vorgenommen worden. Für die Vorbereitung einer Strafanzeige seien "verwaltungsrechtliche und rechtliche ", umfangreiche, innerbetriebliche Tätigkeiten notwendig gewesen. Ende 2017 sei das Tätigwerden nach außen wieder ordnungsgemäß dem zuständigen Finanzamt angezeigt worden.

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sei vom zuständigen Finanzamt nicht begrenzt worden.

Seit 2016 bis laufend betreibe das Unternehmen gegen einen Geschäftspartner folgende zwei Verfahren.

I. Strafanzeige gegen einen Verdächtigen vom (Beilage II)

II. Zivilrechtsprozess beim BZG Wien
Beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien sei die erste Instanz bereits gewonnen worden.

In diesen Verfahren werde gegen den Verdächtigen straf- und zivilrechtlich vorgegangen. Der vom Verdächtigen produzierte Schaden ergebe sich aus den beiliegenden Rechnungen. Aufgrund kaufmännischer Vorsicht (Bilanzregeln) und der Beteiligung diverser Subunternehmen (Mitgeschädigte) seien diese Rechnungen auf "Rückstellung Schwebende Geldgeschäfte" gebucht worden.

Ende 2017 sei mit der Finalisierung eines Kooperationsbauprojektes (Auftragssumme € 140.000,00 plus anteiliger Gewinn in Höhe von € 91.900,00) begonnen worden und werde im Laufe des Jahres 2019 fertiggestellt werden.

Dazu sei auch eine Bauführerrechnung ("AR-Ö3 vom 2018" bzw. eine Pro-forma-Rechnung) gestellt worden (Verweis auf Beilage V).

Aufgrund der oben beschriebenen Tätigkeiten sei eine unternehmerische Tätigkeit zum einen und eine ordnungsgemäße Quartals-Meldung von Geschäftsfällen zum anderen an das zuständige Finanzamt nachgewiesen worden (Beweis: Steuerakt der Beschwerdeführerin: Quartals-UVAs elektronisch eingebracht).

Aus diesen Gründen beantrage der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, den Bescheid vom zurückzunehmen und die Begrenzung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufzuheben, oder einen neuen Bescheid mit der gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erlassen.

3. Beschwerdevorentscheidung:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes an:

Laut Firmenbuch habe die ***Bf1*** (in Folge kurz ***Bf1***) ihren Betriebssitz am von der ***Adr1***, in die ***Adr2***, verlegt. Am sei von Außendienstorgangen des Finanzamts Wien 12/13/14/Purkersdorf ein Antrittsbesuch bei der ***Bf1*** an der Anschrift ***Adr2***, vorgenommen worden. Dabei sei lediglich ein Postkasten mit einem kleinen, unleserlichen Zettel vorgefunden worden, auf welchem der Name der ***Bf1*** gestanden sei. Der Postkasten sei mit der Firma der ***K3*** GmbH geteilt worden. Es habe auch keine Glocke mit zugehörigem Firmennamen gegeben. Zu dem Verhältnis der beiden Gesellschaften werde festgehalten, dass die ***Bf1*** seit zu 100 % Gesellschafterin der ***K3*** GmbH (in Folge kurz ***K3***) sei und Frau Mag. ***K*** ***Gf*** bis Geschäftsführerin beider Gesellschaften gewesen sei. Danach sei die Geschäftsführung von Herrn ***F*** ***Gf*** (geb. ***GebDat***) übernommen worden.

Seit sei der Steuerakt der gegenständlichen GmbH beim Finanzamt Wien 12/13/14/Purkersdorf geführt worden. Infolge Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2015 und 2016 seien die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO unter Berücksichtigung der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen wie folgt geschätzt worden:

Für den Zeitraum 2017 seien Umsatzsteuervoranmeldungen mit folgenden Umsätzen abgegeben worden:

Beim Finanzamt seien für den Zeitraum 2018 Umsatzsteuervoranmeldungen mit folgenden Umsätzen eingereicht worden:

Wie aus dieser Darstellung ersichtlich, habe die ***Bf1*** im Zeitraum 2015-2018 laut abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen nahezu keine Umsätze erklärt.

Am sei von der Beschwerdeführerin eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2016 abgegeben worden, in der ein Umsatz in Höhe von € 10.000.- für das Jahr 2016, somit einem Zeitraum vor der Ruhendmeldung, angegeben worden sei.

Die (nur) dem Firmenbuchgericht von der Beschwerdeführerin unter FN ***FN*** vorgelegten Bilanzen für die Jahre 2015 und 2016 seien von den Positionen und Beträgen her vollkommen ident. In diesem Sinn erscheine auch der in der 2018 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2016 angegebene Umsatz von € 10.000.- nicht glaubhaft, wenngleich ohne weitere Würdigung des behaupteten Umsatzes ein entsprechender Umsatzsteuerbescheid 2016 erstellt worden sei.

Nach Angaben der Beschwerdeführerin hätte die Gesellschaft nach der Ruhendmeldung erst Ende 2017 ihre Tätigkeit wiederaufgenommen, laut E-Mail vom ab November 2017. Für die Beurteilung der unternehmerischen Tätigkeit und somit für die Begrenzung der UID-Nummer sei daher der Zeitraum von November 2017 bis relevant.

Mit Ergänzungsersuchen vom sei die Gesellschaft aufgefordert worden, die in der UVA 1-3/2018 geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von € 6.768,28 belegmäßig nachzuweisen und eine konkrete Darstellung sowie einen Nachweis der erbrachten Leistungen vorzulegen.

In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens sei der Behörde eine Stornorechnung vom zur Ausgangsrechnung 1402 vom i.H. von € 33.750.- + 6750,- sowie die Rückzahlungsbestätigung an die ***2*** GmbH vorgelegt worden.

Durch die Stornorechnung vom sei der einzige relevante Umsatz der Gesellschaft, welcher in der Umsatzsteuererklärung 2014 enthalten gewesen sei, rückgängig gemacht worden.

Völlig unklar erscheine dem Finanzamt, was als Leistungsgegenstand mit "Materialpaket" gemeint gewesen sei und wie dieses Iaut Rückzahlungsbestätigung "in ein anderes Bau-Projekt umgeschichtet" hätte werden können.

Mit Ergänzungsersuchen sei die Gesellschaft auch aufgefordert worden, eine konkrete Darstellung und einen Nachweis der erbrachten Leistungen zu erbringen. Dieser Aufforderung sei nicht nachgekommen worden. Der in der UVA 1-3/2018 erklärte Umsatz in Höhe von € 2.607,60 sei somit nicht nachvollziehbar.

Auch für die UVA Zeiträume 4-6/2018 und 7-9/2018 habe die ***Bf1*** keine Umsätze erklärt.

Da die unternehmerische Tätigkeit der ***Bf1*** für das Finanzamt nicht nachvollziehbar gewesen sei, habe sich die Behörde dazu entschieden, die zuständigen Geschäftsführer persönlich vorzuladen und aufzufordern, im Zuge dessen einen lückenlosen Tätigkeitsnachweis sowie detaillierte Bilanzen und sämtliche, vollständige zugrundeliegende Rechnungsbelege vorzulegen.

Die Vorladungen vom seien an Herrn ***Gf*** ***F*** ***D*** als Geschäftsführer der ***Bf1*** und ***K3***, sowie an Frau ***Gf*** ***K*** als ehemalige Geschäftsführerin der ***Bf1*** und ***K3*** mit der Aufforderung zu einer Vorsprache im Finanzamt am . Ergänzend werde dazu festgehalten, dass Herr ***Gf*** ***F*** ***D*** ab bis seinen Hauptwohnsitz in der ***Adr2*** ***9***, gemeldet hatte. Aus diesem Grund sei die Vorladung an den Geschäftsführer ***Gf*** sowohl an die Anschrift in der ***Adr2***, als auch an den Wohnort der Familie in ***X***, ***AdrFam***, zugestellt worden. Sämtliche Vorladungen seien nachweislich mit Rsa-Kuvert zugestellt und am bzw. am übernommen worden.

Zum vereinbarten Termin sei keine der vorgeladenen Personen erschienen. Mit Schreiben vom (FAX) habe Herr ***Gf*** den als Ersatztermin vorgeschlagen. Auch dieser Ersatztermin sei von den vorgeladenen Personen nicht wahrgenommen worden.

Zusätzlich seien von Prüfungsorganen am Erhebungen bei der Bürogemeinschaft ***3*** in ***Adr3*** vorgenommen worden. Es handele sich dabei um den Vermieter der ***Bf1*** und ***K3*** bzw. von Herrn ***Gf***, welcher Iaut ZMR zu dieser Zeit seinen Hauptwohnsitz an der gleichen Anschrift (***Adr2***) gehabt habe. Nach Auskunft des Vermieters sei es nicht möglich, einen Hauptwohnsitz in der ***Adr2*** zu haben, da es an dieser Adresse lediglich Gemeinschaftstoiletten, aber keine Waschgelegenheit gebe. Herr ***Gf*** habe auch keine Zustimmung der Firma ***3*** zur Nutzung dieses Objektes als Hauptwohnsitz gehabt. Außerdem hätten die Prüfer die Information erhalten, dass der Mietvertrag nur bis zum abgeschlossen gewesen und aufgrund eines Zusatzes zum Mietvertrag am bis zum verlängert worden sei. Mit Schreiben vom habe die Hausverwaltung ***3*** bestätigt, dass der Mietvertrag nicht mehr verlängert worden sei. Aus diesem Grunde hätte die ***Bf1*** an der Anschrift in 1140; ***Adr2*** 12-14, ab nicht mehr unternehmerisch tätig gewesen sein können.

Ergänzend sei festgestellt worden, dass die Gesellschaft bisher keine Arbeitnehmer gemeldet habe.

Für das Finanzamt sei aufgrund des dargestellten Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides am ein ernsthaftes Betreiben einer unternehmerischen Tätigkeit bzw. ein Hinweis auf eine ernsthafte, nachhaltige unternehmerische Betätigung oder auf eine ernsthafte Absicht zur Teilnahme am Wirtschaftsverkehr durch die Beschwerdeführerin nicht erkennbar gewesen.

Am , somit nach Erlassung des bekämpften Bescheides sei Herr ***Gf*** ohne vorherige Ankündigung im Infocenter Finanzzentrum Wien, Marxergasse 4, erschienen und habe einen schwarzen Ordner mit Unterlagen der ***K3*** und ***Bf1*** übergeben. Betreffend ***Bf1*** sei darin lediglich das Rechenwerk für das Jahr 2017 enthalten gewesen. Dieses enthalte ausschließlich Aufwandsbelege (diverse Handy-Rechnungen von Drei, div. Rechnungen von Büromaterialeinkauf bei der Fa. Pagro, Bestätigungen über die Teilrückzahlung eines gewährten Darlehens an Herrn ***Y***, sowie eine Lastschriftanzeige vom Firmenbuch).

Im Rechenwerk sei keine Ausgangsrechnung der ***Bf1*** für 2017 enthalten.

Die mit der Beschwerde vom vorgelegten Unterlagen sowie jene, die am dem Finanzamt übergeben worden seien, seien dem Finanzamt im Zeitpunkt der Bescheiderlassung am nicht vorgelegen. Sie würden im Rahmen der Bearbeitung des neuerlichen Antrages auf Vergabe einer UID zu würdigen sein.

In Ansehung des Gesamtsachverhaltes komme das Finanzamt nach eingehender Prüfung des Sachverhaltes zur Rechtsansicht, dass die Begrenzung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mit Bescheid vom zu Recht erfolgt sei.

4. Vorlageantrag:

Im rechtzeitig von der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerin am eingebrachten Vorlageantrag wurde auf das Beschwerdevorbringen verwiesen.

5. Beschwerdevorlage:

Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht vom nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, nach Ansicht der belangten Behörde könne von keiner unternehmerischen Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Sinne des § 2 UStG 1994 ausgegangen werden, weil die Beschwerdeführerin anlässlich der durchgeführten Erhebungen an der Firmenadresse nicht aufgefunden worden sei, die Gegebenheiten vor Ort auch nicht auf eine Anwesenheit der Beschwerdeführerin hingedeutet hätten und das Mietverhältnis mit dem Vermieter mit beendet worden sei.

Dem sei noch beizufügen, dass es dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin offen gestanden sei, Nachweise zu erbringen, die zu einer gegenteiligen Sachverhaltswürdigung geführt hätten.

Außerdem sei nach Abtretung des Aktes die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach Wiedervergabe am von der aktenführenden Dienststelle (FA 09) am wiederum begrenzt worden, da keine steuerbaren Leistungen gemeldet worden seien.

6. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Das Bundesfinanzgericht trug der belangten Behörde mit Beschluss vom auf, innerhalb von 4 Wochen ab Erhalt dieses Beschlusses zu erheben,

• ob die rechtsfreundliche Vertretung, die den Vorlageantrag eingebracht hat, zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung über eine Zustellvollmacht verfügt habe, und gegebenenfalls

• ob der rechtsfreundlichen Vertretung die an die Beschwerdeführerin zuhanden ihres Geschäftsführers adressierte Beschwerdevorentscheidung im Original zugekommen sei.

Über das Ergebnis der Ermittlungen sollte dem Bundesfinanzgericht innerhalb der genannten Frist unter Vorlage geeigneter Unterlagen berichtet werden.

In der Begründung wurde ausgeführt, laut den in den zentralen Anwendungen gefundenen Unterlagen habe die für die Beschwerdeführerin einschreitende Rechtsanwälte OG mit Schriftsatz vom ihre Vertretungsbefugnis unter Berufung auf § 8 RAO bekanntgegeben. Aufgrund dessen wäre auch die Beschwerdevorentscheidung vom zuhanden der rechtsfreundlichen Vertretung zuzustellen gewesen, sofern diese zu diesem Zeitpunkt noch über eine Zustellbevollmächtigung verfügt habe. Die Beschwerdevorentscheidung sei aber nachweislich dem Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft zugestellt worden.

Eine Heilung des gegebenenfalls eingetretenen Zustellmangels könnte gemäß § 9 Abs. 3 ZustG nur dadurch erfolgt sein, dass die Beschwerdevorentscheidung der rechtsfreundlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft im Original zugekommen sei; andernfalls wäre diese nicht rechtwirksam geworden.

Die belangte Behörde sei daher aufzufordern gewesen, die angeführten Ermittlungen durchzuführen und darüber dem Bundesfinanzgericht zu berichten.

In Beantwortung dieses Beschlusses gab die belangte Behörde bekannt, die Beschwerde gegen die Begrenzung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom sei am von der Beschwerdeführerin selbst eingebracht worden. Ein Hinweis auf einen steuerlichen Vertreter oder eine Vollmachtsbekanntgabe im Verfahren seien nicht angemerkt worden.

Wie aus dem Auszug aus den Grunddaten hervorgehe, sei bis zum Ergehen der Beschwerdevorentscheidung am keine weitere Zustellvollmacht gesetzt worden. Die letzte Zustellvollmacht von ***Stb*** sei am storniert worden. Eine Zustellvollmacht sei daher auch aus den Grunddaten nicht zu entnehmen.

Seitens des im Beschluss genannten Schreibens der Vertreterbekanntgabe vom werde darauf verwiesen, dass es sich dabei nicht um eine allgemeine Bekanntgabe als Vertreter gehandelt habe. Dies aus nachfolgenden Gründen:

Eine allgemeine Vollmacht, welche auch eine Zustellvollmacht umfassen würde, sei vom rechtsfreundlichen Vertreter in der Bekanntgabe vom jedenfalls nicht behauptet worden (Verweis auf den Auszug aus dem Schreiben vom ). Aus der Vertreterbekanntgabe gehe eindeutig hervor, dass sich diese ausschließlich auf das Zwangsstrafenverfahren gemäß § 111 BAO beziehe. Eine Zustellvollmacht hinsichtlich des gegenständlichen Verfahrens zur Umsatzsteuer-Identifikationsnummer - Begrenzung sei daher zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung am nicht vorhanden gewesen.

Es sei zur Sachverhaltsermittlung an die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin, der ***4*** ***5*** ***6*** ***7*** Rechtsanwälte OG (mittlerweile ***5*** ***6***-***8*** Rechtsanwälte OG) ein Vorhalt versandt worden, in dem angefragt worden sei, ob die rechtsfreundliche Vertretung die Beschwerdevorentscheidung vom im Original erhalten habe.

Innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist zur Beantwortung des Auskunftsersuchens sei keine Antwort gegeben worden. Auf telefonische Nachfrage sei ausgeführt worden, dass die Kanzlei die Beschwerdeführerin nicht mehr vertrete und dass darüber hinaus aufgrund des Abganges von Herrn Mag. ***4*** aus der Kanzlei - welcher als jetziger Vertreter der ***Bf1*** GmbH fungiere - keine Akten mehr vorhanden seien. Diese habe Mag. ***4*** mitgenommen. Eine Auskunft über die fragliche Zustellung der Beschwerdevorentscheidung sei daher nicht möglich.

Auf telefonische Anfrage bei Mag. ***4*** wurde erklärt, dass er die ***Bf1*** GmbH aktuell vertrete, aber aufgrund des Verlassens aus seiner alten Kanzlei sich nicht sicher sei, ob er alle Akten habe. Darüber hinaus habe er nur Kopien der vom Finanzamt erstellten Schreiben.

Zusammenfassend könne daher festgestellt werden, dass die ***4*** ***5*** ***6*** ***7*** Rechtsanwälte OG die Beschwerdevorentscheidung vom weitergeleitet bekommen habe. Herr Mag. ***4*** habe die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung laut Auskunft in seinen Akten. Ob es sich dabei um das originale Dokument handle, könne jedoch nicht verifiziert werden.

Mit Beschluss vom wurden der Beschwerdeführerin zuhanden ihres nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters, Herrn RA Mag. Martin ***4***, der Ergänzungsauftrag des Bundesfinanzgerichtes und die Darstellung der belangten Behörde im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnisnahme übermittelt.

Der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde aufgetragen, dazu innerhalb von 3 Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Eine Stellungnahme wurde dem Bundesfinanzgericht bis dato nicht übermittelt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde mit Vertrag vom 05.02.214 gegründet und am im Firmenbuch mit einer Stammeinlage von 10.000,00 Euro eingetragen. Der Sitz der Gesellschaft lag zunächst in ***Adr1***. In der Folge wurde der Sitz der Beschwerdeführerin mehrmals verlegt und an der jeweiligen Adresse auch der Hauptwohnsitz des Geschäftsführers begründet. Gegenstand des Unternehmens ist der An- und Verkauf von Immobilien, Vermietung und Verpachtung.

Im Jahr 2015 wurde lediglich ein Umsatz im dritten Quartal von 250 Euro erklärt; 2016, 2017 und im zweiten und dritten Quartal 2018 wurden keine steuerbaren Umsätze bekanntgegeben. In der Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2018 wurde ein Vorsteuerbetrag in Höhe von 6.768,28 Euro geltend gemacht, der sich jedoch als aus einer Stornorechnung des 2014 erklärten Umsatzes resultierend herausstellte.

Der Aufforderung des Finanzamtes, eine konkrete Darstellung sowie einen Nachweis der von der Beschwerdeführerin erbrachten Leistungen zu erbringen, wurde nicht nachgekommen.

Anlässlich erhebungsdienstlicher Maßnahmen an der Firmenadresse der Beschwerdeführerin, ***Adr2*** ***9***, wurden lediglich mehrere Postkästen aufgefunden, welche mit diversen Firmennamen versehen waren. Ein Postkasten konnte aufgrund eines aufgeklebten Zettels der beschwerdeführenden Gesellschaft zugewiesen werden. Dieser wurde jedoch noch von einer weiteren Firma genutzt. Beim Eingang des Gebäudes konnte keine Glocke mit dem Firmennamen der Beschwerdeführerin ausfindig gemacht werden.

Der gleichzeitig an dieser Adresse begründete Hauptwohnsitz des Geschäftsführers war laut Auskunft des Vermieters weder mit diesem abgesprochen noch zulässig, da es sich bei dieser Büroadresse um keine als Wohnung vermietbaren Räumlichkeiten gehandelt hat.

Der Geschäftsführer und die ehemalige Geschäftsführerin entzogen sich den Vorladungen der belangten Behörde und beantworteten keine der Fragen des Finanzamtes bezüglich der unternehmerischen Leistungen der Beschwerdeführerin.

Die vom Geschäftsführer nach Ergehen des angefochtenen Bescheides vorgelegten Belege umfassen ausschließlich Aufwandsbelege und keinerlei Ausgangsrechnungen.

Es wird daher davon ausgegangen, dass von der beschwerdeführenden Gesellschaft zumindest ab April 2018 bis Ende 2018 keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wurde.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die vom Finanzamt dargestellten Erhebungsergebnisse und den Umstand, dass weder die ehemalige Geschäftsführerin noch der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bereit waren, Einblick in die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin zu geben.

Auch aus den vom Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen kann nicht erkannt werden, in welcher Weise die Beschwerdeführerin bis 2018 im wirtschaftlichen Leben aufgetreten sein mag, zumal der einzige "Leistungsbezug" in einer Aufstellung von nicht näher erläuterten bzw. nachvollziehbaren zu veranschlagenden Kosten besteht. Es konnte kein einziger stichhaltiger Nachweis für eine tatsächlich bestehende Geschäftsbeziehung erbracht werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Art. 28 Abs. 1 der Binnenmarktregelung (BMR), Anhang zu § 29 Abs. 8 UStG 1994, in der Fassung BGBl. I Nr. 40/2014 lautet:

"Das Finanzamt hat Unternehmen im Sinne des § 2 die im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, oder zur Inanspruchnahme der Sonderregelung gemäß Art 25a eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen.

Das Finanzamt hat Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 versteuern oder die nur Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, auf Antrag eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen, wenn sie diese benötigen für innergemeinschaftliche Lieferungen, innergemeinschaftliche Erwerbe, im Inland ausgeführte steuerpflichtige sonstige Leistungen, für die sie als Leistungsempfänger die Steuer entsprechend Art. 196 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung der Richtlinie 2008/8/EG schulden, oder für im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführte steuerpflichtige sonstige Leistungen, für die gemäß Artikel 196 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung der Richtlinie 2008/8/EG der Leistungsempfänger die Steuer schuldet.

Der zweite Satz gilt - soweit er sich auf innergemeinschaftliche Erwerbe bezieht - für juristische Personen, die nicht Unternehmer sind, entsprechend. Im Falle der Organschaft wird auf Antrag für jede juristische Person eine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt. Der Antrag auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist schriftlich zu stellen. In dem Antrag sind Name, Anschrift und Steuernummer, unter der der Antragsteller umsatzsteuerlich geführt wird, anzugeben.

Der Bescheid über die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist zurückzunehmen, wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer maßgebend gewesen sind oder wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse zu Unrecht angenommen worden ist. Der Unternehmer ist verpflichtet, jede Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die für die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer maßgebend gewesen sind, insbesondere die Aufgabe seiner unternehmerischen Tätigkeit, dem Finanzamt binnen eines Kalendermonats anzuzeigen."

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nummer) hat primär den Zweck, die ordnungsgemäße Besteuerung des innergemeinschaftlichen Handels und des innergemeinschaftlichen Dienstleistungsverkehrs sicherzustellen, indem sie einerseits dem Steuerpflichtigen das Vorliegen von Tatbestandselementen signalisiert, deren Kenntnis er für die richtige Besteuerung benötigt, andererseits den Finanzbehörden die Kontrolle der korrespondierenden steuerlichen Behandlung erlaubt. Zusätzlich dient die UID-Nummer dazu, in einzelnen Fällen die Besteuerung praktikabler zu gestalten bzw. Steuerhinterziehungen hintan zu halten (vgl. Art 3 Abs. 8 BMR; Ruppe/Achatz UStG5, Art 28 BMR, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Rz 5)

Auf die Vergabe besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch (vgl. ; ). Die Vergabe einer UID-Nummer kann nicht allein mit dem Hinweis verweigert werden, dass der Unternehmer nicht über die materiellen, technischen oder finanziellen Mittel verfügt, um die wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben; vielmehr müssen objektive Anhaltspunkte bestehen, dass die UID-Nummer in betrügerischer Weise verwendet werden wird (vgl. "Ablessio SIA"). Wird festgestellt, dass die angegebene Adresse bloß als "Briefkasten" fungiert, kann eine bereits erteilte UID-Nummer aberkannt werden (vgl. Ruppe/Achatz aaO Rz 9).

Juristischen Personen wird eine UID-Nummer von Amts wegen erteilt, wenn sie Unternehmer sind. Juristischen Personen, die keine Unternehmereigenschaft besitzen, wird eine UID somit auf Antrag erteilt, wenn ihre innergemeinschaftlichen Erwerbe über der Erwerbsschwelle liegen bzw. sie auf die Anwendung der Erwerbsschwelle verzichtet haben. Für den Bezug sonstiger Leistungen, die unter die Regelung des § 3a Abs 6 fallen, ist keine Antragsmöglichkeit vorgesehen (vgl. Ruppe/Achatz aaO Rz 10)

Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Unternehmerisch sind nur (nachhaltige) Tätigkeiten zur Erzielung von Einnahmen. Die Absicht der Einnahmenerzielung ist für den Unternehmerbegriff konstitutiv und grenzt auch den Unternehmensbereich ab. Nur die insgesamt auf Einnahmenerzielung gerichtete Tätigkeit ist unternehmerisch (vgl. Ruppe/Achatz UStG-Kommentar5, § 2 UStG Rz 55).

Im gegenständlichen Fall wurden von der beschwerdeführenden Gesellschaft nachweislich keine Umsätze deklariert, bei der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Firmenbuch als Sitz angegebenen Adresse handelt es sich um einen bloßen "Briefkasten", und weder die ehemalige Geschäftsführerin noch der derzeitige Geschäftsführer waren bereit, die Tätigkeit der Beschwerdeführerin und die von ihr erbrachten bzw. zu erbringenden Leistungen darzustellen.

Da es keinen Hinweis auf eine unternehmerische Tätigkeit zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gab, wurde die UID-Nummer von der belangten Behörde zurecht mit begrenzt.

Soweit sich Bedenken hinsichtlich der Rechtswirksamkeit des angefochtenen Bescheides ergeben haben, wurden diese von der belangten Behörde ausgeräumt, da dargelegt wurde, dass im gegenständlichen Verfahren eine Bevollmächtigung der rechtsfreundlichen Vertretung erst im Vorlageantrag geltend gemacht wurde.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Begrenzung der UID-Nummer bei Nichtausübung einer unternehmerischen Tätigkeit bereits aus dem Gesetz ergibt und die Sachverhaltsfeststellung im Rahmen der Beweiswürdigung zu erfolgen hat, war mangels einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103963.2022

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