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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.09.2023, RV/2100236/2015

Haftung eines Gf. für die (Nicht-)Abfuhr von Selbstberechnungsabgaben. Keine Vorsorge und kein Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch AUSTRIA TREUHAND Holding SteuerberatungsgmbH, Mariahilfer Straße 1 c/Top 4a, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Haftungsbescheid zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Haftung für die Umsatzsteuer für März 2013 beträgt 17.706,56 €.
Die Haftung für die Umsatzsteuer für April 2013 beträgt 336,79 €.
Die Haftung für den Säumniszuschlag 2013 beträgt 354,13 €.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Haftungsbescheid vom wurde dem Beschwerdeführer (Bf.) gegenüber ein Betrag von 19.464,56 € festgesetzt. In der Begründung führte das Finanzamt nach Zitierung und unter Hinweise auf die §§ 9 und 80ff BAO aus, dass der Bf. im Zeitraum - alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin, einer Steuerberatung GmbH, und seit September 2011 deren alleiniger Gesellschafter war.
Die aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten betrafen die Umsatzsteuer 3-5/2013, für die jeweils Voranmeldungen abgegeben wurden, einen Säumniszuschlag sowie eine Pfändungsgebühr.

In der dagegen eingebrachten Berufung, nunmehr Beschwerde, wurde vorgebracht, dass bis keinerlei Abgabenverbindlichkeiten bestanden hätten, danach Zahlungen quotenmäßig im Verhältnis für alle vorhandenen Gläubiger erfolgt seien und keine subjektive Beeinflussung der Zahlungen erfolgt sei, da der Zahlungsverkehr von Mag. E S (E S) durchgeführt worden sei.
Die USt 4 und 5/2013, der Säumniszuschlag und die Pfändungsgebühr seien inzwischen bezahlt worden.
Die laut Finanzamt unberechtigt begehrte und am durchgeführte Rückzahlung sei kein Grund für eine Haftungsinanspruchnahme. Zu diesem Zeitpunkt habe keinerlei Abgabenverbindlichkeit bestanden und könne somit dem für die finanzielle Gebarung Zuständigen Mag. E S nicht vorgehalten werden. Unrichtig sei, dass dieser Rückzahlungsbetrag ein "Mascherl" gehabt haben soll, dass es sich hiebei um die USt 3/2013 gehandelt habe und somit der Gf. schuldhaft die Verletzung seiner Pflichten durch die Rückzahlung durchführte, was zur Abdeckung bestehender Bankverbindlichkeiten Verwendung gefunden habe.
Vorgelegt wurden die Zuflüsse für den Zeitraum 15.5. - sowie eine Liquiditätsrechnung für diesen Zeitraum.
Zur Bestellung des Bf. zum Geschäftsführers der Primärschuldnerin wurde ausgeführt, dass es im Bestellungsbeschluss vom heißt, dass der Bf. mit sofortiger Wirkung zum weiteren Geschäftsführer bestellt werde mit dem Recht, die Gesellschaft selbständig zu vertreten. Die Bestellung beschränke sich auf die Geschäftsführung im Sinne der Bestimmungen des WTH-Berufsgesetzes und der WTHberufs- und Ausübungsrichtlinien. Daraus sei ersichtlich, dass der Bf. wegen Ortsabwesenheit keinerlei Einfluss auf die wirtschaftliche Gebarung der Gesellschaft gehabt habe. Die Gebarung sei ausschließlich von Mag. S durchgeführt worden. Die Bestellung des Bf. habe die berufsrechtliche Deckung zum Inhalt und damit seien keinerlei Pflichten verletzt worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde der Haftungsbetrag auf 18.421,62 € eingeschränkt. Es handelt sich dabei um die USt 3 - 4/2013 und einen Säumniszuschlag.
Ergänzend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die mit fällige USt 3/2013 aus dem Firmenkauf in Höhe von 18.913,28 € lt. Kaufvertrag vom mit der Unterschrift des Bf. für die Verkäuferin und vom 26.2.3013 mit der Unterschrift von Mag. D als Käufer per Überrechnung beglichen werden hätte sollen. Sollte das Finanzamtsguthaben nicht ausreichen, so werde der Käufer den fehlenden Betrag auf das unrichtig angeführte Steuerkonto ***1*** einzahlen.
Mit elektronischem Antrag vom sei die Rückzahlung von 19.754,28 € begehrt worden. Sowohl "dem für die Gebarung Zuständigen" als auch dem Bf. habe bekannt sein müssen, dass das Guthaben aus der Überrechnung des Abgabenkontos des Firmenkäufers stamme und für die Umsatzsteuer 3/2013 aus dem Firmenkauf vorgesehen gewesen sei.
Die Liquiditätsrechnungen seien für die haftungsrelevante Betrachtung nicht aussagekräftig, zumal die Zahlungseingänge aus durch die Abgabenbehörde getätigten Pfändungen und einer Restübertragung durch den Firmenkäufer erfolgt seien und folglich nicht von Zahlungen durch die Primärschuldnerin und Gläubigergleichbehandlung gesprochen werden könne.
Der Bf. sei vom bis als selbständiger und vom bis als alleiniger Gf. eingesetzt worden. Wenn er durch Ortsabwesenheit seinen Geschäftsführerpflichten nicht nachkommen könne, so sei das als eine Verletzung anzusehen. Auch wenn ein Dritter (hier ein WTH bzw. Steuerberater) mit der Wahrnehmung der Abgabenangelegenheiten beauftragt worden sei, exkulpiere das nicht den Bf., wenn er seinen Informations- und Überwachungspflichten nicht nachgekommen sei. Unter Hinweis auf VwGH-Judikatur wurde dargelegt, dass ein haftungsrelevantes Verschulden des Gf. bzw. des Bf. vorliege, wenn er schon bei Übernahme seiner Funktion eine Beschränkung seiner Befugnisse in Kauf nehme, die ihm die Erfüllung von abgaberechtlichen Verpflichtungen unmöglich mache.
Die Aussage, dass ausschließlich Mag. S für die Gebarung zuständig gewesen sein soll sei insoferne unzutreffend, da sich dieser ab in Konkurs befinde und seit diesem Zeitpunkt eine Masseverwalterin für sämtliche seine geschäftlichen Angelegenheiten zuständig sei.
Zur Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin wurde auf ein Ratenansuchen verwiesen, wonach keine Zahlungen, nicht einmal in beantragter Höhe, erfolgt seien.

Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag wurde dagegen erwidert, dass keine Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bf. vorliege, dieser habe auch keine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt, denn er habe keine ausreichenden Mittel zur Verfügung gehabt.
Weiters sei der Abgabenbehörde bekannt, dass der Erwerber der Primärschuldnerin nicht sämtliche Forderungen beglichen habe, eine Uneinbringlichkeit liege daher nicht vor.
Bis seien keine Abgabenverbindlichkeiten gegeben gewesen, erst am sei eine weitere Abgabenverbindlichkeit entstanden.
Aus der vorgelegten Liquiditätsrechnung gehe hervor, welche liquiden Mittel dem Bf. zum Fälligkeitstag zur Verfügung gestanden seien.
Es sei richtig, dass Mag. S seit in einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung verfangen sei. Bis zum sei die Gebarung immer von Mag. S geführt worden und sei bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Beanstandung erfolgt.
Zum Ratenzahlungsantrag wurde ausgeführt, dass dieses vom Finanzamt abgewiesen worden sei, aufgrund dessen seien keine Zahlungen erfolgt. Durch dieses Verhalten des Bf. sei sicherlich keinerlei Verletzung seine Gf.-Pflichten erfolgt.
Die USt 4/2013 und der Säumniszuschlag seien bereits entrichtet worden.
Der Bf. habe sich bei Übernahme seiner Funktion nicht mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt. Er sei laufend über die Liquidität informiert worden.
Wenn die Behörde die Liquiditätsrechnung nicht nachvollziehen könne, so treffe sie eine Ermittlungsplicht, die das Finanzamt aber verletzt habe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf., selbst Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, war laut Firmenbuchauszug im Zeitraum bis zur Löschung am Geschäftsführer (Gf.) einer Steuerberatungs-GmbH (Primärschuldnerin bzw. Ges.), bis war er auch Gesellschafter dieser Firma. Bis war auch Mag. E S als Gf. eingetragen, danach vertrat der Bf. die Gesellschaft alleine.

Mit Kaufvertrag, unterzeichnet am bzw. am , wurde diese Ges. mit Stichtag veräußert. Hinsichtlich der 20%-igen Umsatzsteuer wurde vereinbart, dass der Erwerber den Umsatzsteuerbetrag laut Abrechnung auf das Abgabenkonto der Verkäuferin überrechnen wird.

Diese Überrechnung wurde mit einem Betrag von 22.209,28 € mit Buchungsdatum dem Abgabenkonto der Ges. gutgeschrieben. Nach Verrechnung des bestehenden Saldos und der USt 2/2013 verblieb ein Guthaben von 15.985,43 €.

Am erfolgte eine Rückzahlung in Höhe von 15.548,43 €. Der restliche Betrag wurde mit einem Säumniszuschlag und der MiKö 4-6/2013 gegenverrechnet. Dieser ausbezahlte Betrag wurde lt. Angaben des Bf. zur Abdeckung von Bankverbindlichkeiten verwendet.

Am Fälligkeitstag haftete die Umsatzsteuer für März 2013 mit einem Betrag von 18.913,28 € unberichtigt aus. Weiters ist die USt 4/2013 in Höhe von 336,79 € und ein Säumniszuschlag von 378,27 € angefochten.

Im angesprochenen Antrag auf Ratenzahlung wurde ausgeführt, dass eine Aussetzung der Einhebung (AEH) angesprochen, der Abgabenrückstand mit 15.000,- € angegeben und Raten in Höhe von monatlich 2.000,- angeboten wurden.
In einem Vorhalt wurde festgehalten, dass dieser Antrag von einem nicht Zeichnungsberechtigten (Mag. S) unterzeichnet wurde, dass kein Antrag auf AEH nach § 212a BAO aufrecht ist, dass ein Betrag von über 30.000,- € fällig und vollstreckbar ist und dass, um Einbringungsmaßnahmen hintanzuhalten, eine Anzahlung von 5.000,- € zu leisten ist und weiters Raten von monatlich 3.000,- € zu zahlen sind.
Mit Bewilligung vom wurde eine Zahlungserleichterung mit oben erwähntem Inhalt gewährt.
Festgehalten wird, dass weder die bewilligte Anzahlung oder bewilligten Raten noch die von der Ges. selbst angebotenen Raten zur Einzahlung gelangten.

2. Beweiswürdigung

Der oben wiedergegebene Sachverhalt findet im vorliegenden Akteninhalt Deckung und wird im Wesentlichen von den Parteien auch nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung nach § 9 BAO sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (), die Stellung als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ().

I.) Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen:

Bei den haftungsgegenständlichen Abgaben handelt es sich - abgesehen von einem Säumniszuschlag - ausschließlich um Selbstbemessungsabgaben, die von der Primärschuldnerin, somit durch den Bf. selbst gemeldet wurden.

Der Säumniszuschlagsbescheid wurde dem Haftungsbescheid beigelegt. Das Bestehen der Abgabenforderungen ist unbestritten.

Die Abgabenschuldigkeiten haften in unveränderter Höhe am Abgabenkonto aus.

II.) Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin

Wie bereits dargelegt, hafteten im Zeitpunkt der beantragten Ratenzahlung über 30.000,- € unberichtigt aus. Die Ges. war nicht einmal in der Lage, die von ihr selbst angebotenen Raten ansatzweise zu begleichen. Die Begründung, dass keine Zahlungen geleistet wurden, weil das ZE-Ersuchen nicht bewilligt wurde, geht somit völlig ins Leere und stellt nur einen Beweis für die Zahlungsunfähigkeit der Primärschuldnerin dar.

III.) Stellung des Bf. als Vertreter

Laut Firmenbuchauszug vertrat der Bf. die Gesellschaft ab als handelsrechtlicher Geschäftsführer. Der Bf. zählt somit zum Kreis der im § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, welche - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - gemäß § 9 BAO zur Haftung herangezogen werden können.

IV.) Schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. als Geschäftsführer

Für die Haftung gemäß § 9 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden.

Im vorliegenden Fall hat der Bf. zwar die haftungsgegenständlichen Selbstbemessungsabgaben (Umsatzsteuer 3/2013 und 4/2013) gemeldet, jedoch nicht entrichtet. Auch der bescheidmäßig festgesetzte haftungsgegenständliche Säumniszuschlag wurden nicht entrichtet.

Die Nichtentrichtung der genannten Abgabenschuldigkeiten bei deren Fälligkeit stellt eine schuldhafte Pflichtverletzung dar.

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wie den Abgabepflichtigen, sodass er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat.

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, jene Informationen zu sichern, die ihm im Fall der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. etwa , , mwN).

Die Einwendung, dass sich die Geschäftsgebarung durch Mag. S geführt wurde, ändert somit nichts daran, dass es dem Bf. obliegt, den Nachweis seines pflichtgemäßen Handelns zu erbringen. Allein das Vorbringen des Bf. ist schon widersprüchlich. Wird in der Beschwerde noch behauptet, dass Mag. S die abgabenrechtlichen Belange der Ges. über hatte und es nie Beanstandungen gegeben habe, wird im Vorlageantrag ausgeführt, der Bf. habe einer Beschneidung seiner Befugnisse nie zugestimmt.

Im Übrigen wurde nicht einmal dargetan, dass der Bf. Mag. S in irgendeiner Form überwachte oder anleitete.

Der Vertreter haftet für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (vgl. ).

Wird der Nachweis, dass keine liquiden Mittel vorhanden waren oder welcher Betrag aus vorhandenen Mitteln bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, vom Vertreter nicht erbracht, kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (z.B. ).

Ein Gleichbehandlungsnachweis wurde nicht erbracht. Eine bloße Aufstellung des Zahlungsflusses am Abgabenkonto stellt keinen Liquiditätsnachweis dar. Es wurden weder Kontoauszüge, Bankbelege, Ein- und Ausgangsrechnungen zum Fälligkeitszeitpunkt vorgelegt. Auch wurde keine Gegenüberstellung von Forderungen und Verbindlichkeiten dargestellt Es wäre am Bf. gelegen gewesen, der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht gegenüber sämtliche Zahlungsflüsse offenzulegen und eine Gläubigergleichbehandlung nachzuweisen. Schon allein die Behauptung, den aus der Rückzahlung des Abgabenguthabens erhaltenen Betrag zur Abdeckung von Bankverbindlichkeiten verwendet zu haben belegt eine Gläubigerbevorzugung für das Kreditinstitut und eine Benachteiligung aller anderer Gläubiger der Primärschuldnerin.

Das Vorbringen, die Umsatzsteuern 3 und 4/2013 seien nicht bezahlt worden, weil ein Liquiditätsengpass bestanden habe, stellt daher weder einen Schuldausschließungsgrund dar, noch ist es geeignet, den Haftungsbetrag einzuschränken. Vielmehr wäre es am Bf. gelegen, Vorsorge dafür zu treffen, die aus dem Unternehmensverkauf resultierende Umsatzsteuer auf dem Abgabenkonto zu belassen und nicht deren Rückzahlung zu begehren, um andere Verbindlichkeiten abzudecken.

V.) Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Einbringlichkeit

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

VI.) Ermessen

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Weiters hat der Bf. in der gegenständlichen Beschwerde ohnehin keine Einwendungen zum Ermessen vorgebracht.

Die Haftung war aus den in der BVE angeführten Gründen und des angepassten Säumniszuschlages auf einen Betrag von 18.397,48 € einzuschränken.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da weder eine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung vorliegt noch von der Judikatur der Höchstgerichte abgewichen wird, war auszusprechen, dass eine Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100236.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at