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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.11.2023, RV/2100014/2023

Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Erwachsenenvertretung, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages betreffend die Rückforderung der Familienbeihilfe 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom wurde betreffend die Rückforderung der Familienbeihilfe 2021 in Höhe von Euro 2.974,00 gemäß § 217 Abs.1 und 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein Säumniszuschlag mit 2 %, das sind Euro 59,48, festgesetzt.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin (Bf.) durch ihre Erwachsenenvertretung fristgerecht die Beschwerde ein. In der Begründung wurde vorgebracht, dass am mit eingeschriebener Post gegen den Rückforderungsbescheid (Familienbeihilfe) vom fristgerecht Beschwerde eingebracht worden sei.
Es wird um Aufklärung ersucht, weshalb der Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages ergangen ist, da die beigelegte Beschwerde vom noch nicht bearbeitet worden sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt:
"Da die Familienbeihilfennachforderung 2021 von € 2.974,- bis zu ihrem Fälligkeitstag, dem , nicht entrichtet wurde, war gemäß § 217 ( 1) BAO ein Säumniszuschlag verwirkt, der mit Buchungstag in Höhe von € 59,48 vollkommen zu Recht zur Vorschreibung gelangte.
Die Tatsache, dass gegen diese Familienbeihilfennachforderung Beschwerde erhoben wurde, hat keinen Einfluss auf die erfolgte Säumniszuschlagsfestsetzung, da diese Beschwerde derzeit noch nicht erledigt ist und die Einbringung einer Beschwerde die Einbringung nicht hemmt.
Der Verwaltungsgerichtshof knüpft nämlich die Säumniszuschlagspflicht nicht an den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld, sondern nur an eine formell richtige Vorschreibung des Grundlagenbescheides, die so lange besteht, bis dieser eine Abänderung erfährt.
Sollte jedoch die Beschwerde gegen die Familienbeihilfennachforderung 2021 in positivem Sinne erledigt werden, wird der mit festgesetzte Säumniszuschlag auf eine Anregung Ihrerseits hin, von amtswegen aufgehoben
."

Daraufhin stellte die Erwachsenenvertretung der Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit der Begründung, dass durch die Einbringung der Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid am die Einhebung der Abgabe gemäß § 212a BAO ausgesetzt worden sei. Somit sei die Einhebung vor Ablauf der Zahlungsfrist ausgesetzt worden und die Zahlungsfrist sei nicht überschritten worden. Folglich könne kein Säumniszuschlag festgesetzt werden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 217 Bundesabgabenordnung (BAO) bestimmt:
Abs. 1: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Abs. 2: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
[…]
Abs. 4: Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
[…]
Abs. 8: Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; […]

Gemäß § 212a BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Der Säumniszuschlag ist eine "Sanktion eigener Art" (zB ). Er ist eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (; , 98/14/0146; , 2002/13/0165; , 2005/16/0095; ). Sein Zweck liegt darin, die pünktliche Tilgung von Abgabenschulden sicherzustellen (; ).
Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich (zB ; , 2012/15/0206; ; , RV/4100092/2019; , RV/7100645/2015).
Die Verwirkung von Säumniszuschlägen setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus (zB ; , 2009/17/0125; , 2009/17/0132; , 2009/17/0125; , 2011/17/0140 bis 0141; ).
Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete (bzw nicht rechtzeitig entrichtete) Abgabenschuldigkeit; dies unabhängig davon,
- ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig ist (zB ; , 2002/16/0072; -G/11; ; , RV/5101196/2017),
- ob die Festsetzung rechtskräftig ist (zB ; , 2005/16/0240; ; , RV/7100164/2017; , RV/4100092/2019; , RV/5101196/2017),
- ob die Festsetzung mit Bescheidbeschwerde angefochten ist (vgl zB , 0146; ; , RV/5101196/2017),
- ob die maßgebliche Selbstberechnung der Stammabgabe richtig ist (zB Ritz, SWK 2001, S 313; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 217, 644; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 217 Anm 7; ).
Säumniszuschläge werden nach § 210 Abs 1 einen Monat ab Zustellung des den Säumniszuschlag festsetzenden Bescheides fällig. Dies gilt gleichermaßen für den ersten wie für den zweiten und dritten Säumniszuschlag (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 217, Rz 2ff).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin die mit Bescheid vom rückgeforderte Familienbeihilfe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet. Sie hat zwar fristgerecht gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben, aber keinen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO eingebracht. Daher ist die Einhebung der zu Unrecht ausgezahlten Familienbeihilfe gemäß § 212a BAO auch nicht ausgesetzt worden.

In der Folge wurde vom Finanzamt zu Recht mit Bescheid vom ein erster Säumniszuschlag für die nicht fristgerecht entrichtete Familienbeihilfe 2021 festgesetzt.

Dass die Erwachsenenvertreterin der Bf. die Meinung vertritt, dass mit Einbringung der Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid die Einhebung der Familienbeihilfe gemäß § 212a BAO ausgesetzt war, ist nicht nachvollziehbar und hat hier nach der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH keine Relevanz, da kein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO eingebracht wurde und es sich bei der Festsetzung eines Säumniszuschlages um eine objektive Säumnisfolge handelt.

Es war wie im Spruch zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesonders weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at