Zahlung des gesetzlichen Unterhalts vor AbgÄG 2022
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RV/7101508/2023-RS1 | Für die Rechtslage vor der mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022, BGBl. Nr. 108, eingefügten Bestimmung des § 33 Abs. 4 Z 3 lit. e EStG 1988 (Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen sind ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen), ist die Erfüllung der Unterhaltspflichten nach Ansicht des im Entscheidungszeitpunkt des Bundesfinanzgerichts zu beurteilen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***,
über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 und 2021 zu Recht erkannt:
I. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und ist Mutter einer Tochter.
Am wurde die Bf. zur Einkommensteuer 2020 und 2021 veranlagt. Im Rahmen dieser Bescheide wurde weder der Unterhaltsabsetzbetrag, noch der Familienbonus plus in Abzug gebracht. Da ihr Arbeitgeber dies in der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt hat, kam es zu einer Nachzahlung.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom (betr. 2020) und (betr. 2021) wurde ihren Beschwerden teilweise stattgegeben. Im Jahr 2020 wurden von Jänner bis September der anteilige Familienbonus plus anerkannt, danach nicht mehr. Dies laut Begründung deshalb, weil die Bf. im Jahr 2020 keinen Unterhalt gezahlt habe. Im Jahr 2021 wurden Familienbonus plus und Unterhaltsabsetzbetrag für drei Monate anerkannt. Begründet hat das Finanzamt die Entscheidung damit, dass die Bf. das gesamte Jahr unterhaltspflichtig gewesen sei und nur für drei volle Monate Unterhalt gezahlt habe (insgesamt 1.335 Euro bei einer monatlichen Verpflichtung von 343,75 Euro).
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
*Tochter* ***B***, geb. tt.mm.2007 ist die Tochter der Bf. und ihres mittlerweile geschiedenen Ehegatten *Vater* ***B***.
Für die Tochter besteht das gemeinsame Sorgerecht. Es gibt weder von der Bf., noch vom Vater Aufzeichnung über die Nächtigungen der Tochter im Beschwerdezeitraum.
Mit Schreiben vom hat Herr *Vater* ***B*** im Verfahren betr. Familienbeihilfe bekannt gegeben, dass die gemeinsame Tochter *Tochter* seit September 2020 überwiegend bei ihm gewohnt habe. Als Nachweis legte er eine Beschlussausfertigung des Bezirksgericht Wiener Neustadt vom vor, derzufolge die Ehegatten einvernehmlich beschlossen haben, dass die Bf. für ihre Tochter im Zeitraum von bis Unterhalt (nach)zahlt.
Dementsprechend stellte das Finanzamt mit Bescheid vom auch fest, dass der Bf. die Familienbeihilfe ab September 2020 nicht mehr zusteht, weil die Tochter ab diesem Zeitpunkt überwiegend beim Vater lebte. Der Vater beantragte keinen Familienbonus plus (keine Steuerpflicht im Inland).
Mit Eingabe vom (in Ergänzung der Beschwerde) legte die Bf. Bankauszüge vor, die belegen, dass sie am (Buchung ) die vereinbarten Unterhaltszahlungen (Nachzahlung für die Jahre 2020 und 2021) geleistet hat.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Unterhaltsabsetzbetrag und Familienbonus plus: Zahlung des Unterhaltes
Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird (vgl. § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl 135/2022).
Die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 setzt die tatsächliche Leistung des Unterhalts für das betreffende Kind voraus, die bloße Verpflichtung dazu ist nicht ausreichend (vgl. ; siehe auch Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG67 § 33 Abs. 4 Tz 25).
Im Beschwerdefall hat das Finanzamt den Unterhaltsabsetzbetrag nur deshalb nicht für den gesamten Veranlagungszeitraum anerkannt, weil die Bf. Teile des Unterhalts erst im Jahr 2022 bezahlt hat.
Nach Ansicht des ist für die im Beschwerdefall anwendbare Rechtslage vor der mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022, BGBl 108 eingefügten Bestimmung des § 33 Abs. 4 Z 3 lit. e EStG 1988 (Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen sind ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen) die Erfüllung der Unterhaltspflichten im Entscheidungszeitpunkt des Bundesfinanzgerichts zu beurteilen (so schon ).
Die Bf. ist ihren Unterhaltsverpflichtungen für den Zeitraum bis mit ihrer Zahlung am noch vor der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts nachgekommen. Daher steht ihr für diesen Zeitraum der Unterhaltsabsetzbetrag zu.
Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen beim Familienbeihilfenberechtigten oder beim Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, zu berücksichtigen. Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu (vgl. § 33 Abs 3a EStG 1988 idF BGBl 135/2022).
Daher steht der Bf. ihrem Antrag entsprechend der volle Familienbonus plus für den gesamten Veranlagungszeitraum 2020 und 2021 zu, weil ihr Tochter zunächst bei ihr wohnhaft war und sie Familienbeihilfe bezogen hat (Jänner - einschließlich August 2020) bzw. weil ihr für den Zeitraum danach (September 2020 - Dezember 2021) der Unterhaltsabsetzbetrag zustand.
Die angefochtenen Bescheide waren daher in stattgebender Weise abzuändern. Die betragsmäßigen Auswirkungen ergeben sich aus den beigelegten Berechnungsblättern.
2.2. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall wird der eindeutigen Rechtsprechung des VwGH (, Ro 2023/13/0017) gefolgt weshalb eine Revision nicht zulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 4 Z 3 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101508.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at