Bestandsvertragsgebühr: Vorliegen unbeachtlicher Bedingungen iSd § 26 GebG
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/16/0003.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende R1, den Richter R2 sowie die fachkundigen Laienrichter R3 und R4 in der Beschwerdesache Bf, Bf_Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Gebühren 2021 Steuernummer Bf_StNr nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin SF zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Gebühr wird gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG 1957 mit 1 % von € 341.487,36, somit € 3.414,87 festgesetzt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt/Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin (Bf) schloss am als Mieterin einen Mietvertrag über Büroräumlichkeiten mit der ImmoV GmbH als Vermieterin ab.
In diesem Vertrag wurde unter Pt. II. vereinbart, dass das Mietverhältnis den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes 1981 unterliegt.
Unter Pt. IV. wurde Folgendes festgehalten:
"1. Das Mietverhältnis beginnt am und endet am , ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf.
Das Mietverhältnis kann vom Mieter trotz der vorgenannten Befristung erstmals mit Wirkung zum und in der Folge jeweils mit Wirkung zum 30.06. bzw. 31.12. eines jeden Jahres unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist aufgekündigt werden.
(…)"
Pt. VI. des Mietvertrages lautet wie folgt:
"Der monatliche Mietzins setzt sich zusammen aus:
1.1. dem für den Mietgegenstand zu entrichtenden angemessenen Hauptmietzins gemäß § 16 Abs. 1 MRG 1981 in der jeweils gültigen Fassung von
monatlichEUR3.208,80
- Befristungsabschlag von 25 %
nach § 16 Abs. 7 MRG idF WRN 2000EUR- 802,20
EUR2.406,60
Der Befristungsabschlag entfällt für den Fall, dass das Mietverhältnis in ein solches mit unbestimmter Dauer übergeht.
(…)
1.5. der Umsatzsteuer
Der Vermieter hat für die Vermietung des Mietgegenstandes gemäß § 6 Abs. 2 UStG die Option zur Regelbesteuerung ausgeübt. Das Mietentgelt wird daher mit Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe (derzeit 20%) in Rechnung gestellt.
a) Der Mieter erklärt, dass im Mietgegenstand nur solche Umsätze erzielt werden, die einen Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 6 Abs. 2 UStG 1994).
b) Der Mieter hat unverzüglich - längstens jedoch binnen 14 Tagen über Aufforderung des Vermieters - entsprechende schriftliche Nachweise über die tatsächliche Verwendung des Mietgegenstandes vorzulegen, die es dem Vermieter ermöglichen seiner Nachweispflicht gem. § 6 Abs. 2 UStG gegenüber den Finanzbehörden nachzukommen. Der Mieter hat unbeschadet des vereinbarten Untermiet- und Weitergabeverbotes dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen analog auch im Verhältnis zum Untermieter, Pächter oder Mitbenützer des Mieters gelten. Der Mieter haftet dem Vermieter für sämtliche Nachteile, die diesem aus einer unterlassenen, verspäteten, unrichtigen oder untauglichen Erbringung des Nachweises entstehen und hält den Vermieter diesbezüglich schad- und klaglos.
c) Die Ausübung einer Tätigkeit des Mieters im Mietgegenstand die nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigt (und die damit verbundene Möglichkeit des Vermieters zur Ausübung der Option zur Regelbesteuerung und der damit verbundenen Möglichkeit zum Vorsteuerabzug) sind wesentliche Geschäftsgrundlage, insbesondere für die vereinbarte Miethöhe und Art der Mietzinsverrechnung sowie aber auch für den Abschluss des Mietvertrages an sich.
d) Sollten sich beim Mieter und/oder (unbeschadet des vereinbarten Untermiet- und Weitergabeverbotes) beim Untermieter, Pächter oder Mitbenützer des Mieters Umstände ergeben, die die Zulässigkeit der Umsatzsteueroption des Vermieters betreffen, ist der Mieter verpflichtet, dies dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen. Der Mieter verpflichtet sich, dem Vermieter in diesem Zusammenhang insbesondere eine Änderung der Verwendung des Mietgegenstandes bekannt zu geben.
e) Nutzt der Mieter den Mietgegenstand nicht, nicht mehr oder auch nicht mehr vollständig in der in Absatz 1.5. a) genannten Weise oder erbringt er hierüber keinen tauglichen Nachweis, kann der Vermieter die Option zur Regelbesteuerung gemäß Absatz 1.5. nicht mehr ausüben. Für diesen Fall verpflichtet sich der Mieter ab diesem Zeitpunkt einen um 20 % erhöhten, gemäß Punkt VI.1.1. wertgesicherten Hauptmietzins zu bezahlen. Der gemäß Punkt VI.1.1. vereinbarte erhöhte Hauptmietzins entspricht daher derzeit monatlich EUR 2.887,92. In vorgenanntem Betrag ist der 25%ige Befristungszuschlag bereits enthalten.
Hinsichtlich der Betriebskosten und sonstigen Nebenkosten verpflichtet sich der Mieter, diese inklusive der dem Vermieter jeweils vorgeschriebenen USt zu bezahlen.
(…)
i) Für den Vermieter ist die Möglichkeit eine Umsatzsteuer zu verlangen und daher einen Vorsteuerabzug geltend machen zu können, wichtig und bedeutsam. Der Vermieter ist daher zur Aufkündigung des Bestandverhältnisses berechtigt (§ 30 Abs. 2 Z. 13 MRG), wenn ihm durch eine Änderung der Nutzung durch den Mieter und dem damit verbundenen Verlust der Möglichkeiten der Option zur Regelbesteuerung finanzielle Nachteile entstehen."
2. Für den bezeichneten Mietvertrag wurde mit Bescheid vom die Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von € 3.326,88, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € 332.688,38, festgesetzt.
Der Berechnung war der Bescheidbegründung zufolge ein monatliches Mietentgelt von € 4.620,67 einschließlich 20%iger Erhöung und Umsatzsteuer zugrunde gelegt worden. Im Detail: € 3.208,80 lt. VP 1.1. (Hauptmietzins - Anm.) zuzügl. € 641,76 lt. VP 1.5. lit. e und Umsatzsteuer iHv € 770,11.
Eine Erfassung von Neben- bzw. Betriebskosten (im Mietvertrag als Teil des Mietzinses erfasst unter Pt. VI.1.2. und VI.1.3. - Anm.) erfolgte nicht.
3. In der Beschwerde vom wurde die Unrichtigkeit der im Bescheid angeführten Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr geltend gemacht.
Das monatliche Mietentgelt betrage € 2.406,60 netto. Inklusive des im Mietvertrag ausgewiesenen Nebenkostenakontos von € 743,60 netto und der gesetzlichen Umsatzsteuer betrage das an die Vermieterin entrichtete Mietentgelt sohin € 3.780,24.
Die Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr sei daher wie folgt zu ermitteln:
€ 3.780,24 x 72 Monate = € 272.177,28 x 1% = € 2.721,77.
Die unter Pt. VI. 1.5. des Mietvertrages vorgesehene 20%ige Erhöhung des Mietentgelts für den Fall, dass die Vermieterin die Regelbesteuerungsoption nicht mehr ausüben könne und damit den Vorsteuerabzug verliere, stelle lediglich eine, für Geschäftsraummieten typische Vorsichtsklausel dar.
4. Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung abgewiesen, dass sowohl die 20%ige Erhöhung des Hauptmietzinses für den Fall des Wegfalls der Optionsmöglichkeit gem. § 6 Abs. 2 UStG 1994, als auch der Entfall des Befristungsabschlages für den Fall, dass das Mietverhältnis in ein solches auf unbestimmte Dauer übergehe, iSd § 26 GebG unbeachtliche Bedingungen darstellten.
5. Im Vorlageantrag vom wurde, nach Verweis auf die Beschwerde vom , ergänzend ausgeführt, der Befristungsabschlag sei, da das Mietverhältnis dem MRG unterliege, schon von Gesetzes wegen gem. § 16 Abs. 7 MRG zwingend vorzunehmen gewesen. Es sei im Mietvertrag keinerlei Bedingung oder sonstige Fallkonstellation vereinbart worden, wonach sich das gegenständliche befristete Mietverhältnis ohne Zutun der Vertragsteile in ein unbefristetes wandeln könne. Eine solche Änderung des Mietverhältnisses bedürfte des Abschlusses eines neuen Mietvertrages. Die im Vertrag gewählte Formulierung über den Entfall des Befristungsabschlages diene nur der Klarstellung der im MRG normierten Bestimmung.
6. Im Vorlagebericht vom wurde ergänzend ausgeführt, es ergebe sich aus der Vertragsurkunde, dass der Befristungsabschlag für den Fall entfalle, dass das Mietverhältnis in ein unbestimmtes (gemeint wohl: unbefristetes) übergehe. Es liege, ebenso wie bei der 20%igen Mieterhöhung gem. Pt. 1.5.e) des Mietvertrages eine (unbeachtliche) Bedingung iSd § 26 GebG vor. Es sei aufgrund des § 26 GebG gebührenrechtlich nicht maßgeblich, ob die Bedingungen eingetreten seien und dementsprechend der höhere Mietzins zu entrichten sei, sondern vielmehr, dass diese Leistungen vertraglich (wenn auch bedingt) vereinbart seien und sich der Mieter zur Erbringung dieser Leistungen (im Fall des Eintritts der Bedingung) verpflichte.
7. Von der Bf wurden am und am weitere Stellungnahmen zur Untermauerung ihrer Rechtsansicht eingebracht, auf die die Abgabenbehörde mit Schreiben vom bzw. in der am durchgeführten mündlichen Verhandlung replizierte (vgl. dazu Pt. II. dieses Erkenntnisses).
In der mündlichen Verhandlung wurde von der Vertreterin der Bf der Beweisantrag auf Zeugeneinvernahme von Frau A von der ImmoV GmbH gestellt.
II. Rechtslage und Erwägungen
1. Gem. § 33 TP 5 Abs. 1 GebG 1957 (Bestandsverträge) beträgt die Rechtsgeschäftsgebühr für Bestandverträge und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im allgemeinen 1 v.H..
Gem. Abs. 2 leg. cit. zählen einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.
Gem. Abs. 3 leg. cit. sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.
Nach dem Wortlaut des Vertrages sind die Vertragsparteien für einen Zeitraum von drei Jahren an das Vertragsverhältnis gebunden bzw. kann die Bf als Mieterin erstmals mit Wirkung zum , somit drei Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses, dieses aufkündigen. Im Weiteren besteht für die Bf die Möglichkeit zur Kündigung jeweils zum 30.6. bzw. 31.12. unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist. Der gegenständliche Mietvertrag war somit so zu beurteilen, als wäre er zunächst auf die bestimmte Dauer von drei Jahren abgeschlossen und verlängerte sich danach auf unbestimmte Zeit (Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren [21. Lfg 2017] zu § 33 TP 5 GebG [Fellner] Rz 145).
Daraus resultiert im Beschwerdefall, dass die Rechtsgeschäftsgebühr vom Sechsfachen bzw. zweimal Dreifachen des Jahreswertes der wiederkehrenden Leistung, somit des Mietentgelts, zu bemessen war. Darüber besteht zwischen der Bf und der Abgabenbehörde Einigkeit.
2. Gemäß § 26 GebG 1957 gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des BewG 1955 mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind (…).
Für Zwecke des § 26 unbeachtlich ist, ob der Eintritt der (aufschiebenden oder auflösenden) Bedingung (das ungewisse Ereignis) vom Willen einer Partei (Potestativbedingung) oder vom Zufall (Zufallsbedingung) oder sowohl vom Parteiwillen als auch vom Zufall (gemischte Bedingung) abhängt. Voraussetzung für die (sofortige) Berücksichtigung von bedingten Leistungen und Lasten nach § 26 ist jedoch, dass die bedingte Leistung (bzw Last) zivilrechtlich wirksam vereinbart worden ist. (Bergmann/Wurm in Bergmann/Pinetz [Hrsg], GebG, 2. Aufl., § 26, Tz 16f mwN)
Unter Pt. VI.1.1. des Mietvertrages ist nach Darstellung des monatlichen Mietzinses - unter Gegenüberstellung der Beträge mit und ohne Berücksichtigung des Befristungsabschlages - festgehalten, dass der Befristungsabschlag für den Fall entfalle, dass das Mietverhältnis in ein solches mit unbestimmter Dauer übergeht.
Ausführungen bzw. eine konkrete Vertragsbestimmung darüber, welche Umstände den Übergang vom vorliegenden befristeten in ein unbefristetes Mietverhältnis bewirken sollen, beispielsweise die Einräumung einer Optionsmöglichkeit der Bf als Mieterin, sind dem Mietvertrag nicht zu entnehmen.
Die Abgabenbehörde erblickte in der Darstellung des monatlichen Mietzinses unter Pt. VI.1.1. des Mietvertrages eine unbeachtliche Bedingung iSd § 26 GebG 1957, weshalb im bekämpften Bescheid für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Rechtsgeschäftsgebühr der monatliche Mietzins ohne Berücksichtigung des Befristungsabschlages herangezogen wurde.
Die Bf stellt das Vorliegen einer Bedingung iSd § 26 GebG 1957 hingegen in einer ergänzenden Stellungnahme vom im Wesentlichen mit dem Argument in Abrede, der Übergang in ein unbefristetes Mietverhältnis sei im gegenständlichen Fall nur durch Willensübereinkunft beider Vertragsparteien zu erreichen. Somit liege weder eine Potestativbedingung, die vom Willen einer Vertragspartei abhänge, noch eine Zufallsbedingung vor.
Am brachte die Bf eine weitere Stellungnahme ein, in der sie das bisherige Vorbringen bekräftigte, und im Weiteren behauptete, dass die für die Mietzinsanhebung gesetzlich vorgesehene Gegenüberstellung von Befristungsabschlag und Hauptmietzins fehle, somit auch im Falle der Umwandlung des befristeten in ein unbefristetes Mietverhältnis gar keine Erhöhung des Hauptmietzinses erfolgen könne. Dieses Vorbringen erläuterte die Vertreterin der Bf in der mündlichen Verhandlung so, dass ihrer Ansicht nach für einen Eintritt der Rechtsfolge der Erhöhung des Mietzinses die Darstellung wie im gegenständlichen Mietvertrag nicht ausreichend sei; vielmehr sei, schon aus Mieterschutzgründen, im Vertrag außerdem dezidiert der im Fall des Überganges zu einem unbefristeten Mietverhältnis zu entrichtende Mietzins betraglich anzuführen.
Die Abgabenbehörde ist dem Vorbringen der Bf mit einem Verweis auf die Rechtsprechung zu Scheidungsfolgenvereinbarungen, ds Vergleiche iSd § 33 TP 20 GebG 1957, entgegengetreten. Dies seien Vergleiche, die unter der aufschiebenden Bedingung der Eheauflösung, welche auch einvernehmlich erfolgen könne, geschlossen würden. Daraus sei, vergleichbar zum Beschwerdefall, zu schließen, dass der Eintritt eines ungewissen, zukünftigen Ereignisses (auch) von einer künftigen Willensbildung beider Vertragsparteien abhängig sein könne.
Dieser Rechtsansicht der Abgabenbehörde ist aus folgenden Gründen beizupflichten:
Eine Bedingung iSd § 897 ABGB ist ein zukünftiges ungewisses Ereignis, von dessen Eintritt der Erklärende oder die Vertragsparteien Rechtsfolgen abhängig machen. Das ungewisse, zukünftige Ereignis im Beschwerdefall ist die Umwandlung des befristeten Mietverhältnisses in ein unbefristetes. Die daran zu knüpfende Rechtsfolge ist der Wegfall des Befristungsabschlages iSd § 16 Abs. 7 MRG.
Gemäß dieser Bestimmung vermindert sich der nach § 16 Abs. 1 bis 6 MRG höchstzulässige Hauptmietzins im Fall eines befristeten Hauptmietvertrages (§ 29 Abs. 1 Z. 3 MRG) um 25 vH. Wird der befristete Hauptmietvertrag in einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit umgewandelt, so gilt die Verminderung des nach Abs. 1 bis 6 höchstzulässigen Hauptmietzinses ab dem Zeitpunkt der Umwandlung nicht mehr, sofern sie im Hauptmietvertrag ziffernmäßig durch Gegenüberstellung des für ein unbefristetes Mietverhältnis zulässigen und des tatsächlich vereinbarten Hauptmietzinses schriftlich ausgewiesen wurde.
Ein Wegfall des Befristungsabschlages im Fall der Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis erfolgt somit nicht in jedem Fall ex lege, sondern setzt nach dem klaren Gesetzeswortlaut voraus, dass im Mietvertrag eine ziffernmäßige Gegenüberstellung der Mietzinse - mit und ohne Berücksichtigung des Befristungsabschlages - erfolgte. Eine solche ziffernmäßige Gegenüberstellung enthält der beschwerdegegenständliche Mietvertrag unter Pt. VI.1.1., womit vertraglich vereinbart wurde, dass für den Fall, dass das befristete in ein unbefristetes Mietverhältnis übergeht, der Befristungsabschlag wegfallen soll. Die in der mündlichen Verhandlung dargelegte Rechtsansicht der Bf über die gem. § 16 Abs. 7 MRG vorzunehmende Gegenüberstellung teilt der Senat nicht. Schon der Gesetzestext verlangt lediglich die ziffernmäßige Gegenüberstellung von zulässigem und tatsächlich vereinbartem Hauptmietzins (vgl. auch Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 MRG § 16 Rz 35: "also der Betrag ohne und mit Abschlag"). Eine Bedingung gem. § 26 GebG liegt somit, wie auch seitens der Abgabenbehörde in der mündlichen Verhandlung ausgeführt wurde, schon nach dem, für die Gebührenpflicht gem. § 17 Abs. 1 GebG maßgeblichen, Vertragsinhalt vor.
Ob die Vertragsparteien selbst in dieser Vertragsklausel eine Bedingung iSd § 26 GebG 1957 erblickten oder nicht, ist für die Beurteilung unerheblich. Aus diesem Grund konnte auch die von der Vertreterin der Bf in der mündlichen Verhandlung beantragte Zeugeneinvernahme zu diesem Beweisthema unterbleiben. Ergänzend wird dazu festgehalten, dass eine Darlegung des Parteiwillens ohnehin durch die Eingaben der Bf und das Vorbringen der Vertreterin der Bf in der mündlichen Verhandlung erfolgte. Ein davon abweichender Parteiwille der Vermieterin ist nicht anzunehmen. Wie überdies in der mündlichen Verhandlung nochmals betont wurde, kommt der Parteiwille der Vermieterin auch schon in der von dieser beauftragten Stellungnahme der TPA Steuerberatung GmbH vom (Anm.: Beilage zum Schreiben der Bf vom ) zum Ausdruck.
Zu den von der Abgabenbehörde ins Treffen geführten Scheidungsfolgenvereinbarungen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass es sich bei noch vor der Eheschließung getroffenen Vereinbarungen über die Gewährung von Unterhaltsleistungen im Fall der Auflösung der künftigen Ehe um im Hinblick auf § 17 Abs. 4 GebG 1957 bedingte Vergleiche iSd § 33 TP 20 GebG 1957 handelt (zB mit Verweis auf Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren I, Rz 10 zu § 33 TP 20 GebG, und die dort wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Solche Vergleiche erlangen mit dem Eintritt der Bedingung, das ist die Auflösung der Ehe, gleichgültig auf welche Weise diese erfolgt, Rechtswirksamkeit.
Umgelegt auf den Beschwerdefall bedeutet dies folgendes: Die Verpflichtung der Bf zur Zahlung des Hauptmietzinses ohne Berücksichtigung des Befristungsabschlages entstünde mit dem Eintritt der Bedingung, dass das bis dahin befristete Mietverhältnis in ein unbefristetes übergeht. Es ist dem Mietvertrag nicht zu entnehmen, dass die Vertragsparteien den Eintritt dieser Bedingung nur für den Fall einer bestimmten Art der Umwandlung vom befristeten in ein unbefristetes Mietverhältnis vorgesehen hätten. Es ist daher unerheblich, ob diese Umwandlung, so nicht eine tatsächliche Beendigung des Mietverhältnisses stattfände, im Weiteren ausdrücklich oder konkludent (§ 29 Abs. 3 lit. b MRG) erfolgt.
Beizupflichten ist der Abgabenbehörde außerdem, wenn sie anführt, dass eine Umwandlung des gegenständlich befristeten Mietvertrages in einen unbefristeten einen Zusatz oder Nachtrag bzw. eine Verlängerung der Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes iSd § 21 GebG 1957 darstellte. Dass diesfalls zwangsläufig, wie die Bf im Vorlageantrag sowie in ihrer Stellungnahme vom vorbrachte, ein gänzlich neuer Mietvertrag abzuschließen wäre, ist für den Senat nicht nachvollziehbar.
Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Bestandsvertragsgebühr war sohin vom vereinbarten Hauptmietzins iHv € 3.208,80 auszugehen.
3. Unter Punkt VI.1.5. des Mietvertrages ist die Umsatzsteuer als Bestandteil des zu entrichtenden Mietzinses geregelt.
Die Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten ist gem. § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit. Es handelt sich um eine unechte Befreiung. Die Vermieterin hat von der durch § 6 Abs. 2 UStG 1994 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, zur Steuerpflicht der beschwerdegegenständlich erzielten Vermietungsumsätze zu optieren. Die Ausübung dieser Option ist ausdrücklich nur dann möglich, wenn der Leistungsempfänger der Vermietungsumsätze seinerseits nahezu ausschließlich Umsätze erzielt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.
Im Mietvertrag wurde somit vorgesehen, dass die Bf für den Fall, dass sie den Mietgegenstand nicht mehr in einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Weise nutzen sollte, und die Vermieterin aus diesem Grund keine Möglichkeit mehr habe, zur Regelbesteuerung gem. § 6 Abs. 2 UStG 1994 zu optieren, einen um 20 % erhöhten Hauptmietzins zu entrichten habe.
Diese bedingte Leistung iSd § 26 GebG 1957 wurde von der Abgabenbehörde bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr als unbedingte behandelt und, neben der Umsatzsteuer, für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Als Begründung wird § 17 Abs. 1 GebG 1957 ins Treffen geführt, wonach für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgeblich ist.
Der konkrete Wortlaut der Vertragsbestimmung Pt. VI.1.5. wurde bereits oben unter Pt. I.1. dieses Erkenntnisses wiedergegeben. In dieser Vertragsbestimmung kommt eindeutig der Zusammenhang zwischen der von der Vermieterin ausgeübten Regelbesteuerungsoption gem. § 6 Abs. 2 UStG 1994 und der Inrechnungstellung der Umsatzsteuer zum Ausdruck: Die Vermieterin hat für die Vermietung des Mietgegenstandes zur Umsatzsteuerpflicht optiert, daher wird das Mietentgelt mit Umsatzsteuer in Rechnung gestellt.
Der Wegfall der Optionsmöglichkeit für die Vermieterin hat die unmittelbar aus dem Umsatzsteuergesetz resultierende Folge, dass die Umsatzsteuer nicht mehr in Rechnung zu stellen ist, widrigenfalls die Steuerschuld für die Vermieterin gem. § 11 Abs. 12 UStG 1994 einträte.
Der Entfall der Umsatzsteuer als Mietzinsbestandteil wird, wie die Abgabenbehörde in ihrer Stellungnahme vom ebenso wie in der mündlichen Verhandlung ausführte, im Vertrag zwar nicht ausdrücklich festgehalten, ergibt sich jedoch aus der Vertragsklausel Pt. VI.1.5. sowie aus dem objektiven Recht.
Die Bestandsvertragsgebühr ist nach dem Wert des Bestandsvertrages zu bemessen, der sich aus der Bestandsdauer und dem Bestandszins ergibt. Der Begriff "nach dem Wert" umfasst nach ständiger Rechtsprechung den Preis, den der Bestandnehmer für die Überlassung der Sache zum Gebrauch zu erbringen hat (Lehner/Schaffer in Bergmann/Pinetz [Hrsg], GebG, 2. Aufl. [2020], § 33 TP 5, Rz 129).
Dieser Preis in Form des Bestandszinses setzt sich derzeit aus dem Hauptmietzins und der Umsatzsteuer zusammen. Sollte die in Pt. VI.1.5. genannte Bedingung eintreten, bestünde der Bestandszins ausschließlich aus dem um 20 % erhöhten Hauptmietzins. Wie die Bf in ihrer Stellungnahme vom somit zu Recht ausführt, bliebe das Entgelt somit nach Bedingungseintritt unverändert. Der von der Abgabenbehörde angenommene Preis, nämlich der um 20 % erhöhte Hauptmietzins zuzüglich Umsatzsteuer, kann bei rechtmäßiger Anwendung der Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes niemals geschuldet, als Folge daraus aber auch nicht der Bemessung der Rechtsgeschäftsgebühr zugrunde gelegt werden.
4. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr hat es die Abgabenbehörde übersehen, die Nebenkosten lt. Pt. VI.1.2. und VI.1.3. zuzüglich der auf diese Kosten entfallenden Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Das Nebenkostenakonto lt. Anhang zum Mietvertrag beträgt, wie in der Beschwerde ausgeführt, € 743,60 netto; es war somit der Betrag von € 743,60 zuzügl. 20 % USt bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen.
Die Bemessungsgrundlage für die Bestandsvertragsgebühr ermittelt sich somit wie folgt:
[...]
Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage war im Beschwerdefall nicht zu lösen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 26 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 897 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 6 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 16 Abs. 7 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100558.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at