Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.11.2023, RV/7103744/2023

Kilometergelder lt. Pendlerrechner oder nach der kürzesten Fahrtstrecke ohne Vorlage eines Fahrtenbuches

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, St.Nr. ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe sowie dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) ist als Polizistin tätig und wurde iZm der als Weiterbildung zu qualifizierenden Ausbildung zur dienstführenden Beamtin für den Zeitraum 01-06/2021 dem ***ABZ*** dienstzugeteilt. Die Bf. musste daher im Zeitraum 01-06/2021 ihren Dienst in ***1*** versehen, ihre Stammdienststelle blieb weiterhin die ***2***.

Im Zuge der Einreichung der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2021 beantragte die Bf. die Berücksichtigung nachstehender Werbungskosten:


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Bezeichnung:
Betrag:
[718] Pendlerpauschale:
2.574,00
[916] Pendlereuro:
108,00
[724] sonstige Werbungskosten:
3.138,58

Die geltend gemachten Beträge betreffend Pendlerpauschale, Pendlereuro und sonstige Werbungskosten seien wie folgt ermittelt worden:


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Pendlerpauschale:
Betrag:
Pendlereuro:
Betrag:
für ***Ort3*** (123,00 x 6):
738,00
für ***Ort3*** (3,50 x 6):
21,00
für ***1*** (306 x 6):
1.836,00
für ***1*** (14,5 x 6):
87,00
SUMME:
2.574,00
SUMME:
108,00

Die sonstigen Werbungskosten iHv EUR 3.138,58 resultieren u.a. aus Reisekosten bzw. Kilometergeldern aufgrund der Dienstzuteilung für den Zeitraum Jänner 2021 iHv EUR 1.219,68, wobei der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und ***ABZ*** zunächst 66 km zugrunde gelegt wurden:


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Bezeichnung:
Betrag:
einfache Wegstrecke Wohnort - ***1*** (km)
über ***Ort4***, A1 und A21 lt. Google-Maps:
66,00
x 2 hin und retour:
2,00
tägliche Fahrtstrecke hin- und retour (km):
132,00
22 Tage Kurs ( bis ) ohne Wochenende:
22
gesamt gefahrene Kilometer (km):
2.904,00
x 0,42 Kilometergelder:
1.219,68

Die ursprünglich beantragten und im weiteren Verfahren nicht mehr geltend gemachten sonstigen Werbungskosten iHv EUR 1.918,90 seien lt. nachstehender Aufstellung des Dienstgebers wie folgt ermittelt worden:


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Reisezeit ***1***:
Grund:
nicht ausgeschöpfte steuerfreie Beträge:
15:30
19:30
Abreise
8,80
07:30
07:30
ZG E2a
455,40
07:30
07:30
ZG E2a
476,10
07:30
07:30
ZG E2a
510,00
07:30
15:30
ZG E2a
468,60
SUMME:
1.918,90
zuzügl. Kilometergelder
1.219,68
SUMME der sonstigen Werbungskosten:
3.138,58

1. Vorhaltsbeantwortung vom :

Nach der Vorhaltsbeantwortung vom habe die Bf. im Zeitraum bis eine Zuteilungsgebühr, bestehend aus einer Tages- und Nächtigungsgebühr erhalten.

Aufgrund der Dienstzuteilung zum Ausbildungszentrum ***1*** im Zeitraum bis sei seitens der Landespolizeidirektion in diesem Zeitraum nach der Eingabe vom weiters kein Pendlerpauschale und kein Pendlereuro berücksichtigt worden.

Auf telefonische Rückfrage beim Finanzamt sei der Bf. auf Anfrage, ob noch weitere Kosten geltend gemacht werden können, mitgeteilt worden, dass für den Monat Jänner Kilometergeld iHv EUR 0,42 pro Kilometer und für die Monate Jänner bis Juni 2021 die Pendlerpauschale bzw. der Pendlereuro für die Strecke nach ***1*** geltend gemacht werden können. Daher seien auch diesbezüglich die tatsächlich zustehenden Jahresbeträge in richtiger Höhe eingetragen worden.

Nach dem beiliegenden Ausdruck aus dem Pendlerrechner (Beilage 1) werde dem Pendlerpauschale für Fahrten mit dem PKW für die einfache Fahrtstrecke von ***PLZ-Ort1***, ***Straße1***, nach ***PLZ-Ort2***, ***Straße2***, eine einfache Fahrtstrecke von 87 km (gerundet) zu Grunde gelegt, wobei sich aus diesem Ausdruck nicht die konkrete Fahrtroute ergebe. Das Pendlerpauschale betrage demnach jährlich EUR 3.672,00 bzw. monatlich EUR 306,00 und der Pendlereuro EUR 174,00 jährlich bzw. EUR 14,50 monatlich.

Nach dem beiliegenden weiteren Ausdruck aus dem Pendlerrechner (Beilage 2) werde dem Pendlerpauschale für Fahrten mit dem PKW für die einfache Fahrtstrecke von ***PLZ-Ort1***, ***Straße1***, nach ***PLZ-Ort3***, ***Straße3***, eine einfache Fahrtstrecke von 21 km (gerundet) zu Grunde gelegt. Das Pendlerpauschale betrage demnach EUR 1.470,00 bzw. EUR 123,00 monatlich und der Pendlereuro EUR 42,00 jährlich bzw. 3,50 monatlich.

2. abweichende Veranlagung:

Im Zuge der Veranlagung der Bf. zur Einkommensteuer 2021 wich das Finanzamt mit Einkommensteuerbescheid 2021 vom von der eingereichten Erklärung insoweit ab, als die beantragten sonstigen Werbungskosten iHv EUR 3.138,58 nicht zum Abzug zugelassen und die sonstigen Werbungskosten lediglich in Höhe der Taggelder für die ersten 5 Tage im Jänner 2021 iHv EUR 132,00 (d.s. Taggelder EUR 26,40 x 5) gewährt wurden.

Begründend wurde ausgeführt, eine Reise iSd § 16 EStG 1988 liege vor, wenn sich der Steuerpflichtige aus beruflichem Anlass mindestens 25 km vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entferne, eine Reisedauer von mehr als drei Stunden bei Inlandsreisen vorliege und kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werde. Dies sei bei einem durchgehenden oder wiederkehrenden Einsatz in einer Ortsgemeinde, in der man erstmals oder zuletzt vor 6 Monaten tätig gewesen sei, nur in den ersten fünf Tagen der Fall. Die von der Bf. beantragten Werbungskosten seien daher um EUR 3.006,58 zu kürzen gewesen.

Die weiters von der Bf. beantragten Werbungskosten seien niedriger als der Pauschbetrag von EUR 132,00. Es sei daher der höhere Betrag berücksichtigt worden.

3. Beschwerde vom :

Mit Eingabe vom erhob die Bf. im Wege von FinanzOnline gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 "Einspruch", welche als Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 vom gewertet wurde.

Begründend wurde ausgeführt, aufgrund einer Fehlberechnung des letzten Bescheides werde Einspruch erhoben, da irrtümlich 12 Monate Pendlerpauschale berechnet, dieses jedoch nur für 11 Monate beantragt werde. Das Pendlerpauschale betrage daher EUR 2.268,00. Ebenso seien beim Pendlereuro nur der Betrag von EUR 93,50 anstatt der ursprünglich veranlagten Summe beantragt worden. Diese seien wie folgt ermittelt worden:


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Pendlerpauschale - 11 Monate:
Betrag:
Pendlereuro - 11 Monate:
Betrag:
für ***1*** (306 x 5):
1.530,00
für ***1*** (14,5 x 5):
72,50
für ***Ort3*** (123,00 x 6):
738,00
für ***Ort3*** (3,50 x 6):
21,00
SUMME:
2.268,00
SUMME:
93,50

Es werde daher stattdessen um Berücksichtigung der Reisekosten als Kilometergelder in Kennziffer [721] iHv EUR 1.219,68 gebeten, welchen eine einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und ***ABZ*** von 66 km (s. oben) zugrunde gelegt worden sei. Es werde um Neuberechnung und Veranlassung der Auszahlung ersucht.

4. Beschwerdevorentscheidung vom :

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde Folge gegeben und die Reisekosten in Form von Kilometergeldern für die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und ***ABZ*** unter Zugrundelegung einer einfachen Fahrtstrecke von 66 km iHv EUR 1.219,68 ermittelt.

Drüber hinaus wurden das Pendlerpauschale und der Pendlereuro für das Jahr 2021 jeweils mit EUR 2.268,00 (Pendlerpauschale) bzw. EUR 93,50 (Pendlereuro) berücksichtigt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte wurde nunmehr mit EUR 27.468,88 ermittelt.

5. Vorlageantrag vom :

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Begründend wurde ausgeführt, lt. Google-Maps betrage die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und ***ABZ*** über die Kremser Schnellstraße S33, A1 und A21 87 km (anstatt: 66 km), weswegen eine Fehlberechnung vorliege und um eine Neuberechnung ersucht werde. Die Reisekosten in Form von Kilometergeldern würden demnach EUR 1.607,76 betragen und seien wie folgt ermittelt worden:


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Bezeichnung:
Betrag:
einfache Wegstrecke Wohnort - ***1*** (km)
über S33, A1 und A21 lt. Google-Maps:
87,00
x 2 hin und retour:
2
tägliche Fahrtstrecke hin- und retour (km):
174,00
22 Tage Kurs ( bis ) ohne Wochenende:
22
gesamt gefahrene Kilometer (km):
3.828,00
Kilometergeld à 0,42/km:
1.607,76

Es werden daher eine Neuberechnung und die Veranlassung der Ausbezahlung beantragt.

6. Vorhalt vom :

Mit weiterem Vorhalt des Finanzamtes vom wurde die Bf. um Vorlage eines Fahrtenbuches sowie um Angabe der genauen Adresse in ***1*** ersucht.

Laut Beilage 3 der Eingabe vom liege eine Aufstellung über nicht ausgeschöpfte steuerfreie Beträge vor. Andere Ersätze des Dienstgebers seien nicht vorgelegt worden.

Seien im vorliegenden Fall Fahrtkosten (zB erste Fahrt bei Dienstzuteilung) ersetzt worden? Wenn ja, in welcher Höhe? Seien für das erste Monat (Jänner 2021) Tages- und Nächtigungsgelder ausbezahlt worden, wenn ja, in welcher Höhe?

Wann sei die Heimfahrt am Wochenende bzw. an anderen Tagen erfolgt? Wann sei jeweils das Kursende gewesen? Wann sei die Hinfahrt am Wochenbeginn bzw. an anderen Tagen erfolgt? Wann sei jeweils Kursbeginn gewesen?

Nach dem ÖAMTC-Routenplaner betrage die einfache Fahrtstrecke von ***PLZ-Ort2***, ***Straße2***, nach ***PLZ-Ort1***, ***Straße1***, über die A21 über ***Ort4***, Baden bei Wien und Alland 64 km und die Fahrtdauer 1 h 4 min..

Nach dem weiteren Ausdruck aus dem ÖAMTC-Routenplaner betrage die längere Fahrtstrecke von ***PLZ-Ort1***, ***Straße1***, nach ***PLZ-Ort2***, ***Straße2***, über die Kremser Schnellstraße, St. Pölten, A1 und danach über die A21 über ***Ort4***, Baden bei Wien und Alland 87 km und die Fahrtdauer 1h 10 min (Hinfahrt) bzw. 1 h 7 min (Rückfahrt).

Für diesen weiteren Vorhalt vom ist keine Vorhaltsbeantwortung aktenkundig.

7. Vorlagebericht vom :

Nach den weiteren Ausführungen im Vorlagebericht werde um Berücksichtigung der Reisekosten iHv EUR 1.219,68 (Basis: einfache Fahrtstrecke 66 km) lt. Beschwerdevorentscheidung ersucht und dies wie folgt begründet:

ad Tagesgelder:
Bisher seien EUR 132,00 an sonstigen Werbungskosten für Tagesgelder betreffend der ersten fünf Fahrten zum Bildungszentrum ***1*** berücksichtigt worden. Es seien somit EUR 26,40 x 5 Tage anerkannt worden. Dies betreffe die ersten 5 Tage im Monat Jänner 2021.

Laut Vorhaltsbeantwortung habe die Bf. jedoch ab Beginn der Zuteilung eine Tages- und Nächtigungsgebühr erhalten. Gemäß § 22 Abs. 2 Z 1 Reisegebührenvorschrift bestehe für die ersten 30 Tage der Dienstzuteilung ein Anspruch auf 100% der Tagesgebühr nach Tarif I. Diese betrage nach § 13 Abs. 1 Z 1 lit. a Reisegebührenvorschrift EUR 26,40.

Da somit in den ersten fünf Tagen ein voller Ersatz der Tagesgelder durch den Dienstgeber erfolgt sei, würden diese nicht nochmals im Rahmen der ArbeitnehmerInnenveranlagung berücksichtigt werden können.

ad Fahrtkosten:
Die Bf. habe selbst im Rahmen ihrer Vorhaltsbeantwortung vom und im Rahmen der Bescheidbeschwerde vom Reisekosten iHv EUR 1.219,68 beantragt. Dies entspreche einer einfachen Wegstrecke von 66 km und entspreche einer Google-Maps-Abfrage der Bf.. Dies entspreche einer Wegstrecke von 132 km pro Tag. Der beantragte Betrag iHv EUR 1.219,68 sei wie folgt ermittelt worden:


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Bezeichnung:
Betrag:
einfache Wegstrecke Wohnort - ***1*** (km):
66,00
22 Tage Kurs ( bis ):
22
Produkt:
1.452,00
x 2 hin und retour (132 km):
2.904,00
Kilometergeld à 0,42/km:
1.219,68

Erst im Rahmen des Vorlageantrages sei vorgebracht worden, dass die einfache Fahrtstrecke nunmehr 87 km (statt: 66 km) betrage und nähere Beweismittel dazu aber nicht vorgelegt worden. Auch das Ergänzungsersuchen, mit dem ein Fahrtenbuch abverlangt worden sei, sei nicht beantwortet worden.

Eine weitere Abfrage mit einem gängigen Routenplaner (ÖAMTC-Routenplaner) habe eine Wegstrecke für die schnellste und kürzeste Route von 64 km hervorgebracht. Die damalig beantragten 66 Kilometer für die einfache Fahrtstrecke erscheinen daher als glaubhaft und würden vom Finanzamt auch anerkannt.

Es seien jedoch keine Gründe ersichtlich, warum eine beträchtlich längere Strecke hätte gewählt werden sollen, weil hier laut Routenplanern auch keine Zeitersparnis zu werten gewesen wäre. Die Wahl einer längeren Route entspreche somit nicht der Lebenserfahrung. Wäre trotzdem die längere Route gewählt worden, wäre dies von der Bf. entsprechend nachzuweisen. Nachweise, wie ein Fahrtenbuch seien im vorliegenden Fall nicht vorgelegt worden.

Zudem sei anzumerken, dass die Bf. durch die geltend gemachten Heimfahrten (im Rahmen der Kilometergelder als auch im Rahmen des Pendlerpauschales/des Pendlereuros den zweifelsfreien Nachweis erbracht habe, dass sie keinen Nächtigungsmehraufwand bzw. keinen Verpflegungsmehraufwand (Abende und Wochenenden) am Einsatzort gehabt habe. Für diesen Zeitraum wären erhaltene Tages- und Nächtigungsgelder am Lohnzettel steuerpflichtig zu stellen.

8. Telefonat vom :

Nach dem Telefonat mit der Bf. vom habe sie kein Fahrtenbuch für die Fahrtstrecke zwischen Wohnung und ***ABZ*** geführt. Es wurde daher erörtert, dass im Falle der Nichtvorlage eines Fahrtenbuches der Berechnung der Kilometergelder für die Reisekosten in Jänner 2021 die kürzere im Schätzungswege gemäß § 184 BAO zu ermittelnde Fahrtstrecke von 66 km (gerundet) zugrunde zu legen wäre.

Darüber hinaus handle es sich bei der Ausbildung zur dienstführenden Beamtin um eine sechs Monate dauernde Ausbildung, die ursprünglich bereits mit September 2020 hätte beginnen sollen. Aufgrund der speziellen Coronasituation habe sich der Beginn dieser Ausbildung in ***1*** bis Jänner 2021 verschoben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist Polizistin auf der PI ***Ort3*** und wurde zwecks Absolvierung der weiterführenden Ausbildung zum dienstführenden Beamten - E2a-Kurs - dem ***ABZ*** für die Zeit von 01-06/2021 dienstzugeteilt. Der Zweck der Ausbildung besteht auch darin, an der PI ***1*** vorübergehend Dienst zu versehen. Im Zeitraum 07-12/2021 war die Bf. weiterhin an ihrer Stammdienststelle in der ***3*** tätig.

Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, welche einfache Fahrtstrecke der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. dem ***ABZ*** zugrunde zu legen ist, wenn zwar lt. Pendlerrechner die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte über die Kremser Schnellstraße S33 87 km beträgt und lt. ÖAMTC-Routenplaner und lt. Google-Maps von einer kürzesten und schnellstenEntfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstätte über ***Ort4*** und die A21 von 66 km auszugehen ist. Ein Fahrtenbuch für Fahrten zwischen Wohnung und ***ABZ*** wurde nicht geführt.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1 Reisekosten in Form von Kilometergeldern und Tagesgeldern:

Nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen Werbungskosten.

Eine Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher/betrieblicher Obliegenheiten vom Mittelpunkt der Tätigkeit entfernt, ohne dass dadurch (vorerst) der bisherige Mittelpunkt aufgegeben wird (vgl. Zl. 90/13/0101), wobei weiters eine Reise idR erst bei einer Entfernung von 20 bis 25 km vom Mittelpunkt der Tätigkeit anzunehmen ist (vgl. Zl. 91/14/0074) und ein zeitliches Ausmaß von drei Stunden überschritten sein muss.

Verlagert sich das regelmäßige Tätigwerden zu einer neuen Arbeitsstätte (Dienstort), sind die Fahrten vom Wohnort zu dieser Arbeitsstätte (Dienstort) als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nach folgenden Kriterien zu berücksichtigen:

Wird der Arbeitnehmer zu einer neuen Arbeitsstätte vorübergehend dienstzugeteilt oder entsendet, können bis zum Ende des Kalendermonats, in dem diese Fahrten erstmals überwiegend zurückgelegt werden, Fahrtkosten als Werbungskosten (zB Kilometergelder) hierfür geltend gemacht werden. Ein Überwiegen ist dann gegeben, wenn an mehr als der Hälfte der tatsächlich geleisteten Arbeitstage im Kalendermonat Fahrten zur neuen Arbeitsstätte unternommen werden. Ab dem Folgemonat stellen die Fahrten zur neuen Arbeitsstätte Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte dar, die mit dem Verkehrsabsetzbetrag und einem allfälligen Pendlerpauschale sowie dem Pendlereuro abgegolten sind (s. sinngemäß LSt-Richtlinien 2002, Rz. 292).

Im vorliegenden Fall wurde die Bf. als Polizistin zwecks Absolvierung der Ausbildung zum dienstführenden Beamten - E2a-Kurs - dem ***ABZ*** für die Zeit von 01-06/2021 dienstzugeteilt, wobei die PI ***Ort3*** weiterhin ihre Stammdienststelle blieb. Es werden daher die Reisekosten in Form von Kilometergeldern für den Zeitraum Jänner 2021 gewährt.

So im vorliegenden Fall kein Fahrtenbuch vorgelegt wurde und sich aufgrund von Google-Maps sowie dem ÖAMTC-Routenplaner ergibt, dass die kürzeste Wegstrecke zwischen der Wohnung in ***PLZ-Ort1***, ***Straße1***, und dem ***ABZ***, ***Straße2***, rund 66 km beträgt, wird im Schätzungswege gemäß § 184 BAO diese Distanz der Ermittlung der einfachen Wegstrecke Wohnung zur Arbeitsstätte in ***1*** zugrunde gelegt.

Für die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnort und dem ***ABZ*** werden daher unter Zugrundelegung von 66 km die Reisekosten in Form von Kilometergeldern iHv EUR 1.219,68 für den Zeitraum Jänner 2021 wie folgt ermittelt:


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Bezeichnung:
Betrag:
einfache Wegstrecke Wohnort - ***1*** (km)
über ***Ort4***, A1 und A21 lt. Google-Maps:
66,00
x 2 hin und retour:
2,00
Fahrtstrecke hin- und retour:
132,00
22 Tage Kurs ( bis ) ohne Wochenende:
22
gefahrene Kilometer:
2.904,00
x 0,42 Kilometergelder:
1.219,68

Die Rechtfertigung für die Annahme von Werbungskosten bei Reisebewegungen liegt in dem in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Verpflegungsmehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähigen (üblichen) Verpflegungsaufwendungen.

Wird an einem neuen Einsatzort ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet, stehen Tagesgelder iHv EUR 26,40 pro Tag nur für die jeweilige Anfangsphase bzw. nur für die ersten fünf Tage zu (s. sinngemäß LSt-Richtlinien 2002, Rz. 300).

So im vorliegenden Fall die Bf. Anspruch auf Tagesgelder iHv EUR 132,00 (d.s. EUR 26,40 x 5 Tage) für die ersten fünf Tage im Jänner 2021 hat, werden diese im Gesamtbetrag von EUR 132,00 berücksichtigt.

Die Werbungskosten, die der Arbeitgeber somit nicht berücksichtigen konnte, betragen somit EUR 1.351,68 (d.s. EUR 1.219,68 zuzüglich EUR 132,00 Taggelder).

2.2 Pendlerpauschale und Pendlereuro:

Ist gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c bei mehr als 20 km bis 40 km 1.476 Euro jährlich und bei mehr als über 60 km 3.672,00 jährlich.

Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales ist gemäß lit. e leg.cit, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt.

Nach § 16 Abs 1 Z 6 lit. j EStG 1988 wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, Kriterien zur Festsetzung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.

§ 3 der nunmehr grundsätzlich ab der Veranlagung 2014 geltenden (geänderten) Pendlerverordnung (BGBl II Nr 276/2013 idF BGBl. II Nr 324/2019) lautet:

Pendlerrechner

§ 3. (1) Für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. zwischen Arbeitsstätte und Wohnung (§ 1) und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist (§ 2), ist für Verhältnisse innerhalb Österreichs der vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden.

(2) Dem Pendlerrechner sind die Verhältnisse zu Grunde zu legen, die für den abgefragten Tag bestehen.

(3) Entsprechen die zeitlichen und örtlichen Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung während des gesamten Kalendermonats im Wesentlichen jenen, die für den abgefragten Tag im Pendlerrechner bestehen, kann angenommen werden, dass das unter Verwendung des Pendlerrechners für den abgefragten Tag ermittelte Ergebnis mit dem übereinstimmt, das sich für alle maßgebenden Tage des Kalendermonats ergibt.

(6) Das Ergebnis des Pendlerrechners gilt als amtliches Formular im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. g EStG 1988, das der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ausgedruckt und unterschrieben oder elektronisch signiert übermitteln kann. Erfolgt keine Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro durch den Arbeitgeber bei Anwendung des Lohnsteuertarifs, hat der Arbeitnehmer das Ergebnis des Pendlerrechners für Zwecke der Berücksichtigung bei der Einkommensteuerveranlagung heranzuziehen und aufzubewahren.

Nach § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

Aufgrund des Umstandes, dass die Bf. nur für den Zeitraum 01-06/2021 dem ***ABZ*** dienstzugeteilt und im Zeitraum 07-12/2021 wiederum ihren Dienst in der Stammdienststelle ***3*** versah, sind das große Pendlerpauschale und der Pendlereuro lt. Pendlerrechner für den Zeitraum 02-12/2021 (lt. BVE) wie folgt zu ermitteln:


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Pendlerpauschale - 11 Monate:
Betrag:
Pendlereuro - 11 Monate:
Betrag:
für ***1*** (306 x 5):
1.530,00
für ***1*** (14,5 x 5):
72,50
für ***Ort3*** (123,00 x 6):
738,00
für ***Ort3*** (3,50 x 6):
21,00
SUMME:
2.268,00
SUMME:
93,50

3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, als es sich bei der Frage der den Reisekosten bzw. Kilometergeldern zugrunde zu legenden einfachen Fahrtstrecke um eine bloße Sachverhaltsfrage und keine Rechtsfrage handelt, wo eine Rechtsprechung fehlt oder die in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitliche beantwortet wurde.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at