Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.11.2023, RV/7103741/2023

Zurückweisung einer Bescheidbeschwerde wegen fehlender Aktivlegitimation

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend 1. Gebühren und 2. Gebührenerhöhung, Steuernummer ***1***, beschlossen:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Dem in elektronischer Form vorgelegten Akt des Finanzamtes ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Am langte beim Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten, ein amtlicher Befund über eine Verkürzung von Stempel- oder Rechtsgebühren ein. Gegenstand des Befundes war die die Eingabengebühr gem. § 24a VwGG, betreffend eine ao Revision des Herrn ***5*** gegen den Beschluss des LVwG ***3***.

Das Schriftstück wurde von Rechtsanwalt ***4*** am postalisch überreicht.

Mit Gebührenbescheid und Bescheid über eine Gebührenerhöhung, jeweils vom , wurden die Gebühr für eine Eingabe gem. § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz in Höhe von 240,- Euro und eine Gebührenerhöhung gem. § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von 120,- Euro, zusammen sohin 360,00 Euro festgesetzt.

Der Bescheid erging gem. § 13 Abs. 3 GebG an Herrn Rechtsanwalt ***4*** als Gesamtschuldner.

Mit Schreiben vom (Poststempel), eingelangt am , legte der Beschwerdeführer (Bf), Herr ***Bf1***, Beschwerde gegen den an Rechtsanwalt ***4*** erlassenen Gebührenbescheid sowie den Bescheid über eine Gebührenerhöhung ein. Weiters wurde mit diesem Schreiben ein Nachsichtsantrag gestellt.

Hiezu erging am eine Beschwerdevorentscheidung an den Bf, womit die Beschwerde zurückgewiesen wurde. Das Finanzamt begründete, zur Einbringung einer Beschwerde sei gem. § 246 Abs 1 BAO nur derjenige befugt, an den der, den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen sei. Bescheidadressat des oa. Gebührenbescheides vom sei Herr ***4*** gewesen.

Mit Schreiben vom (Poststempel), eingelangt am , stellt der Bf einen Vorlageantrag an das BFG und beantragte eine mündliche Verhandlung. Gleichzeitig formuliert der Bf einen Antrag um Nachsicht. Im Hinblick auf letztgenanntes Ansuchen hat das Finanzamt die Eingabe auch an die Abgabensicherung der Dienststelle Sonderzuständigkeiten des Finanzamtes Österreich weitergeleitet.

II. Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in auf elektronischem Wege vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes.

III. Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt idR durch Zustellung. Nach der Judikatur ist der Adressat namentlich zu nennen (vgl. ) und gehört das Adressfeld zum Bescheidspruch (vgl. zB /00179.

Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Gemäß § 257 Abs. 1 BAO kann einer Bescheidbeschwerde, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, beitreten, wer nach Abgabenvorschriften für die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Abgabe als Gesamtschuldner oder als Haftungspflichtiger in Betracht kommt. Wer einer Beschwerde beigetreten ist, kann gemäß § 257 Abs. 2 BAO die gleichen Rechte geltend machen, die dem Beschwerdeführer zustehen.

§ 6 Abs. 1 BAO bestimmt, dass Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB) sind. Nach § 13 GebG sind bei der Eingabengebühr derjeinge, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird (§ 13 Abs. 1 GebG) und wer im Namen eines anderen eine Eingabe einbringt (§ 13 Abs.3 GebG) zur ungeteilten Hand Gebührenschuldner.

Nach § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist (lit. a) oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b).

Auch bei Gesamtschuldverhältnissen ist nur der in Anspruch genommene Gesamtschuldner bzw. der in Anspruch genommene Haftungspflichtige zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde berechtigt. Noch nicht herangezogene Gesamtschuldner oder Haftungspflichtige sind nicht beschwerdebefugt, sondern allenfalls gem. § 257 beitrittsberechtigt (vgl. Ritz, BAO5, § 246 Tz 5 unter Hinweis auf ; , 92/13/0016; , 2001/16/0253).

Aus dem Beitrittsrecht lässt sich nicht das Recht ableiten, das Rechtsmittel selbst zu ergreifen (vgl. Ritz, BAO5, § 257 Tz 9 unter Hinweis auf ). Bringt der Beitrittsberechtigte im eigenen Namen eine Bescheidbeschwerde ein, so ist dies nicht als Beitrittserklärung anzusehen (; , 94/17/0320, 0321; , 2005/17/0077), eine solche Beschwerde ist gem. § 260 Abs. 1 lit. a zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO5, § 258 Tz 2).

Nach § 258 Abs. 1 BAO ist der Beitritt bei der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, schriftlich oder mündlich zu erklären. Es ist eine förmliche Prozesserklärung notwendig. Die bloße Anführung des Beitrittsberechtigten in der Bescheidbeschwerde bzw. im Vorlageantrag stellt keine Beitrittserklärung dar (vgl. Ritz, BAO5, § 258 Tz 2 unter Hinweis auf VwGH 17.9.1192, 91/16/0094). Ein Vorlageantrag ist nicht als Beitrittserklärung zu verstehen (vgl. Ritz, BAO5, § 258 Tz 2 unter Hinweis auf ). Durch Beitritt (§ 257) wird auch der Beigetretene berechtigt, einen Vorlageantrag zu stellen (vgl. Ritz, BAO5, § 264 Tz 2 unter Hinweis auf ).

Das bedeutet für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Der Gebührenbescheid und der Bescheid über eine Gebührenerhöhung wurden vom Finanzamt an Herrn ***4*** (und nicht an Herrn ***Bf1***) adressiert und diesem zugestellt. Durch die Nichtnennung des Herrn ***Bf1*** im Adressfeld ist ausgeschlossen, dass dieser Bescheid an ihn gerichtet worden ist. Auch der Begründung des Bescheides ist deutlich zu entnehmen, dass das Finanzamt gerade keinen Bescheid an Herrn ***Bf1*** erlassen wollte, sondern gemäß § 13 Abs. 3 GebG an Herrn ***4***, welcher die Beschwerde "im Namen eines anderen" beim ***6*** eingebracht hat.

Daher haben die Bescheide über Gebühr und Gebührenerhöhung vom auch nur gegenüber Herrn ***4*** Wirkungen entfaltet und war nur er als Bescheidadressat - da keine der Voraussetzungen für eine Erweiterung des Kreises der Beschwerdebefugten nach § 246 Abs. 2 BAO, § 248 BAO oder § 225 Abs. 1 BAO vorliegen - aktiv legitimiert Bescheidbeschwerde einzubringen.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die von Herrn ***Bf1*** eingebrachte Bescheidbeschwerde war daher mangels Aktivlegitimation als unzulässig zurückzuweisen. Auf eine allfällige verspätete Einbringung wird nicht näher eingegangen.

In vorliegendem Fall konnte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, da das gefertigte Gericht auch bei Durchführung der mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Ergebnis gelangen hätte können.

IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Entscheidungswesentlich war hier die Tatfrage, an wen der angefochtene Bescheid gerichtet war. Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein, von einem hie zu nicht Legitimierten eingebrachtes, Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen ist (vgl. ua. ; ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103741.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at