Aufteilung der Abrisskosten von bisher vermieteten Gebäuden auf 15 Jahre
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2018 bis 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
Die angefochtenen Feststellungsbescheide werden abgeändert.
Die in den Jahren 2018 bis 2022 erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden gemäß § 188 BAO wie folgt festgestellt und aufgeteilt:
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Jahr | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
E aus V+V | -62.616,13 € | -21.567,26 € | -21.002,16 € | -19.583,75 € | -3.998,98 € |
davon entfallen auf: | |||||
A StNr. **-***/**** | -31.308,07 € | -10.783,62 € | -10.501,08 € | -9.791,87 € | -1.999,49 € |
B StNr. **-*** /**** | -31.308,06 € | -10.783,64 € | -10.501,08 € | -9.791,88 € | -1.999,49 € |
Dieses Erkenntnis wirkt gegen alle Beteiligten, denen im Spruch Einkünfte zugerechnet bzw. nicht zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person oder einen Zustellungsbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO).
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an welcher A und B zu je 50% beteiligt sind.
Die beiden Gesellschafter sind Hälfteeigentümer der Liegenschaften in Adresse***1*** und Adresse***2***. Aus der Vermietung der auf diesen Liegenschaften befindlichen Gebäude erzielte die beschwerdeführende Gesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Im Jahr 2018 wurden die Gebäude abgerissen und hinsichtlich des Gebäuderestwertes in Höhe von 208.845,77 € die gleichmäßige Verteilung auf 15 Jahre beantragt.
Die Veranlagungen der Jahre 2018 bis 2020 wurde vorläufig erklärungsgemäß durchgeführt.
Angefochtene Bescheide:
Datiert mit ergingen hinsichtlich der Jahre 2018 bis 2020 endgültige Feststellungsbescheide, mit welchen die Aufteilung des Restbuchwertes der Gebäude auf 15 Jahre nicht anerkannt, sondern der gesamte Betrag im Jahr 2018 als Werbungskosten in Ansatz gebracht wurde. Die Veranlagung der Jahre 2021 und 2022 erfolgte mit vorläufigen Feststellungsbescheiden vom unter Außerachtlassung der beantragten 15tel-Beträge.
Beschwerde:
In der fristgerecht gegen die Bescheide vom eingebrachten Beschwerde vom beantragte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf den von ihr mit Telefax vom gestellten Antrag die Verteilung des Gebäuderestwertes auf 15 Jahre.
Beschwerdevorentscheidung:
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Aufteilung des Restbuchwertes auf 15 Jahre verwehrt und in der Begründung ausgeführt, der ins Treffen geführte Antrag vom sei nicht aktenkundig; das Steuerrecht sehe beim Untergang von Gebäuden keine Verteilung des Restbuchwertes vor. Die ins Treffen geführten Verteilung auf 15 Jahre beziehe sich auf bestehende Wirtschaftsgüter und sei daher nicht anwendbar. Der Aufwand des Restbuchwertabganges sei daher 2018 zu berücksichtigen, für die Folgejahre stünden keine 15tel-Beträge zu.
Vorlageantrag:
Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
Vorlagebericht:
Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor und führte aus, die Verteilung des Restbuchwertes auf 15 Jahre komme nicht in Betracht.
Beschluss des Bundesfinanzgerichts:
Die belangte Behörde wurde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichshofes vom , G 35/10, und den laut Vorbringen der Beschwerdeführerin mit Telefax vom übermittelten Antrag um eine Stellungnahme ersucht.
Stellungnahme vom :
Die belangte Behörde führte aus, aus Anlass des den (fehlenden) Verlustvortrag bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung betreffenden Erkenntnis des , sei § 28 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 ergänzt und ab der Veranlagung 2010 über den Bereich der nicht regelmäßig jährlich anfallenden Instandhaltungsarbeiten hinaus eine antragsgebundene Zehnjahresverteilung (ab 2016 Verteilung auf 15 Jahre) für Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung und damit zusammenhängende Aufwendungen sowie für außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen seien, vorgesehen worden.
Der von der Beschwerdeführerin angesprochene Antrag vom , welcher im Faxwege an die Behörde übermittelt worden sein soll, habe sich nach Rücksprache mit den Mitarbeiterinnen im Team weder im Papierakt noch im elektronischen Akt befunden. Da eine Antragstellung auch noch im Rechtsmittelverfahren möglich sei (mit der Beschwerde vom sei eine Kopie des Antrages als Anlage mit eingebracht worden), sei die Berücksichtigung der Verteilung auf 15 Jahre gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 grundsätzlich möglich.
Mit Beschluss vom wurde der Beschwerdeführerin die Stellungnahme der belangten Behörde in Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Sie wurde ersucht bekanntzugeben, ob bereits in der Feststellungserklärung des Jahres 2018 mit der 15-tel-Absetzung begonnen worden sei.
Die Beschwerdeführerin gab bekannt, dass mit der 15-tel-Absetzung erst 2019 begonnen worden sei. Sie habe für 2018 noch die reguläre AfA in Anspruch genommen, was ihrer Ansicht nach neben der 15-tel-Absetzung nicht zulässig wäre.
Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme zum Beschluss vom ab.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an welcher A und B zu je 50% beteiligt sind.
Die Gesellschafter erwarben im Jahr 2015 Eigentum an den Liegenschaften Adresse***1***, und Adresse***2***. Aus der Vermietung der darauf befindlichen Häuser erzielte die Beschwerdeführerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Dezember 2018 erfolgte der Abbruch der Gebäude, die insgesamt einen Restbuchwert von 208.845,77 € aufwiesen.
Die Beschwerdeführerin stellte fristgerecht den Antrag, den Restbuchwert der Gebäude auf 15 Jahre zu verteilen.
Der ursprüngliche Plan zur Errichtung eines Reihenhausprojektes mit acht Reihenhäusern wurde ua in Folge der Insolvenz der ausführenden Firma aufgegeben. Am wurde mit der X-GmbH ein Baurechtsvertrag geschlossen und ein monatlicher Baurechtszins in Höhe von 2.500,00 € ab Juli 2022 vereinbart.
2. Beweiswürdigung
Der oben festgestellte Sachverhalt ist aktenkundig und unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 sind Aufwendungen für
- nicht regelmäßig jährlich anfallende Instandhaltungsarbeiten,
- Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung und damit zusammenhängende Aufwendungen sowie
- außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen sind,
über Antrag gleichmäßig auf fünfzehn Jahre zu verteilen.
Der Begriff "außergewöhnlich" impliziert Werbungskosten, die nicht laufend (planmäßig) anfallen, die Substanz betreffen und bis zur Neuregelung des § 28 Abs. 2 EStG 1988 nur im Jahr des Anfalls absetzbar waren. Außergewöhnlich bedeutet, dass ein nicht vorhersehbares Ereignis eintritt, das zu einer Wertminderung führt, die nicht mit der normalen Absetzung für Abnutzung abgegolten ist, also außerhalb des normalen Nutzungsverlaufs stattfindet.
Einen wesentlichen Anwendungsfall stellen Restbuchwerte von abgerissenen Gebäuden dar (Moser in SWK 27/2011, S 926).
Auch dem Erkenntnis des , lag ein solcher Anlassfall zugrunde. Darin erkannte das Höchstgericht angesichts des Fehlens eines hinreichend angepassten Systems der Verlustberücksichtigung für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eine Unsachlichkeit der Beschränkung des Verlustabzugs auf betriebliche Einkünfte und hob die Wortfolge "wenn die Verluste durch ordnungsgemäße Buchführung ermittelt worden sind und" in § 18 Abs. 6 EStG 1988 auf. Laut VfGH kann es durch die Nichtabzugsfähigkeit von Verlusten aus Vermietung und Verpachtung aus einem Vorjahr in den Folgejahren bei Betrachtung der maßgeblichen Einkunftsquelle dazu kommen, dass ein Einkommen zu versteuern ist, das gar nicht erzielt wurde. Diese Besteuerung trifft nicht nur Härtefälle, sondern tritt immer dann auf, wenn im Zusammenhang mit einem Mietobjekt außerhalb des in § 28 EStG 1988 berücksichtigten Investitionsbereiches hohe laufende Kosten anfallen oder unvorhersehbare Schäden auftreten, die im Jahr des Anfalles (des Schadensereignisses) steuerlich als Werbungskosten im Wege einer Absetzung für außergewöhnliche technische Abnutzung berücksichtigt werden müssen. Auch in diesen Fällen sind die Regelungen des § 28 EStG 1988, die lediglich eine Verteilungsmöglichkeit für bestimmte Investitionen vorsehen, nicht (mehr) geeignet, die Berücksichtigung hoher Werbungskosten in verfassungsrechtlich hinreichendem Maße zu gewährleisten. Der VfGH hielt dabei aber ausdrücklich fest, dass der Gesetzgeber eine Verfassungskonformität sowohl durch die Öffnung des Verlustvortrags für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, als auch durch die Einführung einer neuen Verteilungsregelung in § 28 EStG beseitigen kann (vgl. Lachmayr, ÖStZ 2017, 726), um das dieser Einkunftsart angepasste System der Verlustberücksichtigung (wieder) herzustellen. In der Folge hat der Gesetzgeber von letzterer Möglichkeit Gebrauch gemacht und in § 28 Abs. 2 EStG 1988 die Möglichkeit geschaffen, Aufwendungen für Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung und damit zusammenhängende Aufwendungen, sowie für außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen sind, auf Antrag auf 10 Jahre (gemäß BGBl I Nr. 118/2015 ab 2016: 15 Jahre) zu verteilen ().
Auch im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass nach dem Abbruch der auf den Liegenschaften befindlichen Gebäude sowohl die Werteinbuße (Restbuchwert) als auch die Abbruchkosten als Werbungskosten in Betracht kommen. Wenn die belangte Behörde aber die antragsgemäße Aufteilung des Restbuchwertes mit der Begründung verweigerte, das Steuerrecht sehe beim Untergang von Gebäuden keine Verteilung des Restbuchwertes vor, so steht sie damit im Widerspruch zu den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im oben zitierten Erkenntnis und zu der Bestimmung des § 28 Abs. 2 EStG 1988. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber eine umfassende Aufwandsverteilung (nunmehr über 15 Jahre) geschaffen, mit dem Zweck, unbillige Besteuerungsergebnisse durch hohe einmalig anfallende (nicht verrechenbare bzw. vortragsfähige) Verluste zu vermeiden.
In ihrer Stellungnahme bestätigte die belangte Behörde, dass die Beschwerdeführerin vor Rechtskraft der Bescheide einen Antrag gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 gestellt hat; darüber hinaus wurde die Berücksichtigung der Verteilung auf 15 Jahre bejaht.
Das Bundesfinanzgericht teilt jedoch nicht die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass neben der Absetzung für Abnutzung gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 keine 15-tel-Absetzung zulässig ist. Vielmehr können nach der Rechtsansicht des BFG neben der "normalen AfA" auch Aufwendungen gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 geltend gemacht werden, weil es sich nur um die Verteilung eines an sich sofort absetzbaren Aufwandes handelt. Dieser Ansicht, die durch die Darstellung der betragsmäßigen Auswirkungen im Beschluss vom beiden Parteien zur Kenntnis gebracht worden ist, trat auch die belangte Behörde nicht entgegen.
Mit der 15-tel-Absetzung muss steuerwirksam zwingend im Jahr des Eintritts der außergewöhnlichen technischen Abnutzung begonnen werden, um die Aufwendungen tatsächlich 15 Jahre hindurch geltend machen zu können. Die Geltendmachung erst ab dem Folgejahr verkürzt im Hinblick auf das Nachholverbot nach Ansicht des BFG den möglichen "Abschreibungszeitraum".
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde insofern stattzugeben, als der Restbuchwert der Gebäude, beginnend im Jahr 2018, auf 15 Jahre verteilt als Werbungskosten berücksichtigt wird.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis weicht nicht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ab, das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war daher zu verneinen und die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 191 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 101 Abs. 3 und 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 28 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 28 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 18 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102944.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at