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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 06.11.2023, RV/7200001/2022

Einzelfreischeine für Mineralöl für die Luftfahrt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***SenV***, den Richter ***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf-Adr***, vertreten durch die ***Vt***, ***Vt-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zahl ***1***, betreffend Mineralölsteuer nach der am und am durchgeführten mündlichen Verhandlung in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Mineralölsteuer wird in der Höhe von 2.493,16 Euro festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Bescheidbegründung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zahl: ***1***, wurde die für die Beschwerdeführerin entstandene Mineralölsteuer für näher angeführte Mengen an steuerfrei bezogenen Mineralöl in der Höhe von insgesamt 62.234,12 Euro festgesetzt. In der Begründung wurde ausgeführt, im Zuge einer amtlichen Aufsichtsmaßnahme sei die Rechtmäßigkeit der Gewährung der Steuerfreiheit gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 Mineralölsteuergesetz (MinStG) überprüft worden. In diesem Zusammenhang habe die Beschwerdeführerin betreffend die bewilligten Einzelfreischeine Unterlagen nachgereicht bzw. eine Stellungnahme abgegeben. Nach diesen Unterlagen fungiere die Beschwerdeführerin (Operator) bei der Nutzung der Flugzeuge als eine Art "Cost Center", die anfallende Kosten vorfinanziere und monatlich mit dem Eigentümer gegenrechne.
Das Dazwischenschalten eines Halters oder Operators könne nicht dazu führen, dass der Eigentümer des Luftfahrzeuges den Steuervorteil beanspruche, der ihm nicht zustünde, wenn er das Luftfahrzeug selbst betreibe. Entscheidend sei, dass die Steuerfreiheit nur dann anwendbar sei, wenn das Luftfahrzeug unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen diene. Die geprüften Einzelfreischeine beträfen ausschließlich Flüge des Eigentümers oder nach Veranlassung durch den Eigentümer. Es seien somit keine entgeltlichen Luftfahrtdienstleistungen erbracht worden, da die Flüge dem Halterunternehmen nicht zugutegekommen seien.
Entscheidungsrelevant sei, welche Vereinbarungen zustande gekommen seien, also ob der Operator in eigener Verantwortung die Beförderung von Passagieren geschuldet habe, oder ob er lediglich die Haltung und den Betrieb von mit Luftfahrzeugen zusammenhängenden Dienstleistungen erbracht habe. Die sachliche Voraussetzung zum steuerfreien Bezug von Flugtreibstoffen, nämlich der Umstand, dass es sich bei den in Rede stehenden Flügen um entgeltliche Beförderungen von Passagieren oder Waren oder um sonstige Erbringungen von entgeltlichen Dienstleistungen unter Verwendung der betankten Luftfahrzeuge handle, habe mit der Vorlage der Unterlagen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können.

Da für die näher genannten Betankungen die fällige Mineralölsteuer nicht entrichtet worden sei, sei den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprochen worden. Gemäß § 201 Abs. 2 BAO liege die Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben im Ermessen der Abgabenbehörde. Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen hätten, müssten sich gemäß § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen ziehe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Die Abgabenfestsetzung erfolge unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Ermittlungen und diene dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung folgend primär der Durchsetzung des Abgabenanspruches des Bundes und der Einhaltung verbrauchsteuerrechtlicher Vorschriften. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) und dem öffentlichen Interesse an der Einbringlichkeit der Abgaben klar der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen gewesen.

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin, vertreten durch die ***Vt***, brachte vor:
"Wir beantragen die ersatzlose Aufhebung dieses Bescheides und begründen unsere Beschwerde wie folgt:
Wie aus der Beschreibung des Sachverhaltes bzw. der Unterlagen, welche der Zollbehörde zur Verfügung standen hervorgeht, hat die
***Bf1*** neben Eintragungsschein, Halterschaftsverträge, Log-Bücher auch sämtliche relevanten Ausgangsrechnungen für Charterkunden sowie die Eigentümerabrechnung vorgelegt.
Es ist daher unstrittig, dass für die Flugbewegungen beider Flugzeuge entsprechende Ausgangsrechnungen gestellt wurden, also für die Beförderung von Personen von A nach B eine jeweilige fremdübliche Ausgangsrechnung erstellt worden ist.
Diese Rechtsfrage, nämlich ob auch gewerbliche Transportleistungen zu Gunsten des Eigentümers bzw. dem Eigentümer nahestehende Personen als gewerbliche Luftfahrt angesehen wird, gibt es auf europäischen, sowie auch auf nationaler Ebene ausreichende Judikatur und verweisen wir daher auf folgende Erkenntnisse des österreichischen Finanzgerichtes:

RV/7200042/2019
RV/7200006/2021
Seitens des österreichischen Finanzgerichtes ist daher die Frage ausjudiziert und die von der Behörde vorgetragene Rechtsansicht, das mineralölsteuerbefreite Flüge für den Eigentümer oder auf Veranlassung des Eigentümers nicht der Mineralölsteuerbefreiung zukommen können, nicht mehr im Einklang mit der Judikatur des Finanzgerichtes.
Nur der Vollständigkeit halber dürfen wir darauf hinweisen, dass das Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes C-79/10 Systeme Helmholz GmbH nicht mit gewerblicher Luftfahrt verwechselt werden darf; Systeme Helmholz GmbH hatte selbst ein Luftfahrzeug, welches vom Geschäftsführer des Unternehmens für private Flüge, aber auch für den Transport von Mitarbeitern zu Kunden und Geschäftsterminen, sowie Messen eingesetzt worden ist. Es gab keinerlei Verrechnung dieser Transportleistung an Dritte, sodass der Europäische Gerichtshof die entgeltliche Luftfahrtdienstleistung verneint hat.
Dieser Sachverhalt deckt sich überhaupt nicht mit der gewerblichen Luftfahrt, wie im gegenständlichen Fall, da die
***Bf1*** einerseits ein gewerbliches Luftfahrtunternehmen ist, mit der entsprechenden behördlichen Genehmigung (Air Operator Certificate) und andererseits für die durchgeführten Taxiflüge an verschiedene Personen und Unternehmen Rechnungen gelegt worden sind.
Wir dürfen zu dieser Frage auf das richtungsweisende Judikat vom , GZ. RV/4200169/2012 verweisen und dürfen die wesentlichen Passage des Spruches des Bundesfinanzgerichtes wie folgt zitieren:
"Der Operator verwendet somit das von der Beschwerdeführerin steuerfreie bezogene Mineralöl für Luftfahrzeuge, die für unmittelbar oder entgeltliche Erbringung von Luftfahrtdienstleistung dienten. Die Voraussetzung für die Befreiung von Mineralölsteuer lagen somit vor, die gegenständlichen Vorschreibungen der Mineralölsteuer erfolgte daher zu Unrecht.
Daran vermochte auch der Umstand, dass teilweise Eigentümer oder den Eigentümer zurechenbare Personen befördert worden sind, nichts zu ändern. Der Gerichtshof der Europäischen Union stellt in seiner Rechtsprechung betreffend die Befreiung von Mineralölsteuer nicht auf die Eigentumsverhältnisse ab, sondern darauf, ob der Nutzungsberechtigte, was der Operator aufgrund der Nutzungsverträge als Halter unzweifelhaft war, die Luftfahrzeuge unmittelbar für die entgeltliche Erbringung von Luftfahrtdienstleistung verwendet."
Wir ersuchen daher unserer Beschwerde stattzugeben und den bekämpften Bescheid zur Gänze aufzuheben, so dass die der laufenden Judikatur der Bundesfinanzgerichte, des Verwaltungsgerichtshofes, sowie des Europäischen Gerichtshofes entsprechend mineralölsteuerbefreit bleiben kann.
Wir beantragen gemäß § 274 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a BAO die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
"

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufs und von Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde aus:
"Gem. § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG darf Mineralöl nur dann steuerfrei aus einem Steuer- oder Zolllager abgegeben werden, wenn es unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient. Als Luftfahrt-Dienstleistungen gelten die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen und sonstige gewerbsmäßige Dienstleistungen, die mittels eines Luftfahrzeuges unmittelbar an den Kunden des Luftfahrtunternehmens erbracht werden. Werden unversteuert bezogene Luftfahrtbetriebsstoffe zu anderen als einem begünstigten Zweck verwendet, liegt eine bestimmungswidrige Verwendung im Sinne des § 15 Abs. 5 MinStG vor.
Liegt eine bestimmungswidrige Verwendung gemäß § 15 Abs. 5 MinStG vor, so entsteht für diese Mengen die Steuerschuld gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 lit. b MinStG. Der Steuerschuldner (im Regelfall der Freischeininhaber) hat diese gemäß § 23 Abs. 6 MinStG beim zuständigen Zollamt schriftlich anzumelden, die Steuer zu berechnen und zu entrichten. Im Zuge einer amtlichen Aufsichtsmaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 2 MinStG wurde die Rechtmäßigkeit der Gewährung der Steuerfreiheit gem. § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG für die abgegebenen Luftfahrtbetriebsstoffe (Bewilligung Einzelfreischeine für die beiden Luftfahrzeuge OE-(…) und D-(…) für den Zeitraum von März bis Dezember 2019) sowie deren bestimmungsgemäße Verwendung überprüft.
Die eingehenden Überprüfungen der beteiligten Unternehmen durch das Zollamt Österreich haben ergeben, dass es sich bei der (…) Limited, dem angeblichen Eigentümer des Luftfahrzeugs (D-…), um eine Briefkastenfirma in Hong Kong handelt.
Grundsätzlich ist eine Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 4 Abs. 3 MinStG und § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG dann gegeben, wenn Flug-Dienstleistungen mit Gewinnabsicht, auf eigene Verantwortung und auf eigene Gefahr durchgeführt werden. Diese Umstände können bei den Flug-Dienstleistungen der ***8*** in den geprüften Fällen nicht erkannt werden.
Das Zollamt Österreich verweist dazu auf das EuGH-Urteil, C250/10 vom .
Dazu heißt es in Randziffer 24:
"Zu der Frage, wonach es sich bestimmt, ob das Luftfahrzeug zu gewerblichen Zwecken oder für die private nichtgewerbliche Luftfahrt im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 genutzt wird, ist dem Urteil Systeme Helmholz zu entnehmen, dass diese Bestimmung die in ihr vorgesehene Steuerbefreiung nicht allein Luftfahrtunternehmen vorbehält, sie aber nur anwendbar ist, wenn das Luftfahrzeug unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient."
Die geprüften Flüge waren unbestritten ausschließlich Flüge des Eigentümers oder nach Veranlassung des Eigentümers erfolgt. Diesen Flügen fehle ein entgeltlicher Charakter, da die Flüge dem Halterunternehmen nicht zugutegekommen sind (siehe dazu EuGH, Rs. C-79/10, Systeme Helmholz GmbH).
In Randziffern 41 und 42 des Schriftsatzes gem. Art. 23 Abs. 2 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes in der Rechtssache C-79/10 der Europäischen Kommission vom über die Rechtsauslegung der Richtlinie 2003/96/EG deutet der Begriff "kommerziell" nach Rechtsmeinung der Europäische Kommission auf eine Außenbeziehung des Unternehmens zu einem Kunden hin.
"Darüber hinaus wird der Begriff "kommerziell" in Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96/EG in Verbindung gebracht mit Nutzungen eines Luftfahrzeugs "für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen". Bei allen diesen Verwendungen dient das Luftfahrzeug aber unmittelbar der Erbringung einer (entgeltlichen) Dienstleistung.
Entgeltlich bedeutet, dass ein Flugunternehmen gegenüber einem Dritten (Außenbeziehung - Fluggast) - sich selbst kann man bekanntlich nichts verrechnen - gegen Entgelt tätig wird. Die Verrechnung der in Rede stehenden Flüge sowie die Gegenrechnung der Aufwände zu den Erträgen erfolgte jedoch immer an Firmen die aufgrund des vorliegenden "Tri-Partite-Agreements" über das Gebrauchsrecht des Luftfahrzeugs verfügen bzw. aufgrund der Ermittlungsergebnisse vom Eigentümer des Luftfahrzeuges kontrolliert werden. Die Flugkosten hat sich der Eigentümer also de facto selbst verrechnet.
Nach Ansicht des Zollamtes Österreich ist es für die Beurteilung des Vorliegens kommerzieller Zwecke außerdem sehr wohl von Belang, ob die Kunden des Operators und die Eigentümer des Luftfahrzeugs direkt oder indirekt derselben natürlichen oder juristischen Person zuzuordnen sind.
Durch das Zurückfließen der Erlöse an den Zahler mangelt es am Faktor Entgelt. Als Entgelt ist, unabhängig von einem etwaigen Gewinn, vor allem eine Gegenleistung, eine Bezahlung, eine Vergütung oder Ähnliches in einem zweiseitigen Rechtsgeschäft anzusehen. Da in gegenständlicher Sache die Einnahmen aus der Flug-Dienstleistung an den Eigentümer zurückfließen, fehlt es in dieser Konstellation an der Zweiseitigkeit und somit auch am Faktor Entgelt. Die ***9*** als Operator der Luftfahrzeuge dient lediglich zur Organisation des Flugbetriebs und zum Transfer der Zahlungen zwischen den beteiligten Firmen.
In gegenständlicher Sache wird ein Firmenkonstrukt, das zugegebenermaßen auch für andere Zwecke dienen mag, dazu verwendet, einen "kommerziellen Zweck" bei Flug-Dienstleistungen vorzutäuschen. Die vorliegende Firmenkonstruktion erweckt aus Sicht des Zollamtes Österreich den Verdacht, dazu zu dienen, den Anschein zu erwecken, dass die Luftfahrzeuge regelmäßig entgeltlich genützt werden. Tatsächlich handelt es sich beim Nutznießer und Nutzer jedoch wirtschaftlich um die gleiche Person oder zumindest um die gleiche wirtschaftliche Sphäre einer Person.
Das Dazwischenschalten eines Halters bzw. Operators kann nach Ansicht des Zollamtes Österreich nicht dazu führen, dass ein Eigentümer eines Luftfahrzeuges einen Steuervorteil beansprucht, der ihm nicht zustünde, wenn er das Luftfahrzeug selbst betreiben würde.
Zum Hinweis der Beschwerdeführerin, dass das Urteil des EuGH zur Rechtssache C-79/10 nicht mit der gewerblichen Luftfahrt verwechselt werden darf, wird wie folgt Stellung genommen: Im Spruch des in Rede stehenden Urteils ist angeführt, dass eine Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, dann zur Anwendung kommt, wenn das Unternehmen, das diesen Kraftstoff verbraucht, die Beförderungen einer unmittelbaren entgeltlichen Luftfahrt-Dienstleistung dient, und dies dem Unternehmen zugutekommt.
Es ist richtig, dass darin über ein Unternehmen und deren Luftfahrzeug, welches von diesem Unternehmen für Flüge zu Messen und anderen Geschäftsreisen (zur Anbahnung von Geschäften) von Mitarbeitern und Kunden verwendet wurde, abgesprochen wurde. Auch in der Rechtssache Haltergemeinschaft LBL GbR (EuGH C-250/10) wird über die Verwendung eines Luftfahrzeugs abgesprochen, welches von der in Rede stehenden Gesellschaft, die von zwei anderen Firmen gegründet wurde, um das Luftfahrzeug zu erwerben und zu betreiben, betrieben wurde. In der Rechtsprechung zu diesen Fällen werden vom europäischen Gerichtshof etliche Fragen zur rechtskonformen Anwendung des Artikel 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96/EG (Energiesteuerrichtlinie) beantwortet. Diese Antworten haben daher allgemeine Gültigkeit für die Anwendung der Steuerbefreiung von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt unabhängig von Eigentumsverhältnissen und etwaigen Halterschaften.
Die in der Beschwerdeschrift zitierten Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes sind dem Zollamt Österreich bekannt. Nach Ansicht des Zollamtes Österreich handelt es sich dabei jedoch um rechtswidrige Einzelfallentscheidungen des Bundesfinanzgerichtes. Gegen die angeführten Erkenntnisse wurde vom Zollamt Österreich, Dienststelle Ost (ehemals Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien) in allen Fällen außerordentliche Revision eingebracht. In allen Fällen wurden diese vom Verwaltungsgerichtshof angenommen und die Vorverfahren eingeleitet.
RV/7200050/2018 - Ra 2019/16/0104
RV/7200042/2019 - Ra 2021/16/0018
RV/7200006/2021 - Ra 2021/16/0041
In der Entscheidung des ) wurde ausführlich dargelegt, wann eine Mineralölsteuerbefreiung in der Luftfahrt zum Tragen kommt. Die relevanten Ausführungen in dieser Entscheidung wurden bei der Bewertung zur Steuerfreiheit beachtet und untermauern die im Bescheid dargelegten Feststellungen. Darin wird auch festgehalten, dass die Entscheidung aufgrund den, der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen (Nutzungsvertrage, Leistungsverzeichnisse, Rechnungen, Tickets, etc.) erfolgte. Die im gegenständlichen Fall vorgelegten Unterlagen waren nicht dazu geeignet die bestimmungsgemäße Verwendung des steuerfrei bezogenen Luftfahrtbetriebsstoffs nachzuweisen. Ob und inwieweit der Luftfahrzeughalter die Einnahmen aus den Luftfahrt-Dienstleistungen mit den Eigentümern der Luftfahrzeuge wieder gegenverrechnet hat, geht aus dem Erkenntnis auch nicht hervor. Eine dahingehende Prüfung des Sachverhaltes dürfte dementsprechend nicht vorgenommen worden sein. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall vom Judikat des BFG zur Rechtssache RV/4200169/2012.
Es ist im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung nicht entscheidend, ob dem Operator luftfahrtrechtlich die alleinige Verantwortung für das Luftfahrzeug zukommt. Dementsprechend wurde hinsichtlich einer allfälligen Steuerschuld auch nicht der Umstand, dass der Eigentümer befördert worden ist oder die Eigentümerverhältnisse als entscheidend angesehen, sondern ob der Operator die Luftfahrzeuge unmittelbar für die entgeltliche Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen verwendet.
Die sachliche Voraussetzung zur steuerfreien Verwendung von Flugtreibstoffen, nämlich der Umstand, dass es sich bei den in Rede stehenden Flügen um entgeltliche Beförderungen von Passagieren oder Waren oder um sonstige Erbringungen von entgeltlichen Dienstleistungen unter Verwendung der betankten Luftfahrzeuge handelte, die unmittelbar an den Kunden des Luftfahrtunternehmens erbracht wurden, konnte mit Vorlage der beigebrachten Unterlagen für die in Rede stehenden Flüge nicht nachgewiesen werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt in einem ausschließlich auf die Erwirkung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichteten Verfahren der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (VwGH Ra 2001/14/0037).
Über die Beschwerde musste daher abschlägig entschieden werden.
"

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Die Beschwerdeführerin beantragte eine Entscheidung durch den gesamten Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Weiters wurde der Antrag gestellt, die Mineralölsteuervorschreibung für den Zeitraum Februar bis Dezember 2019 ersatzlos aufzuheben.

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Beschwerdeführerin ersucht, die Handelsregisterauszüge für die Beschwerdeführerin und für ein gleichnamiges Unternehmen mit Sitz in der Schweiz vorzulegen. Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin diese Handelsregisterauszüge vor.

Mit Schreiben vom wurde die belangte Behörde gebeten, die vom Bescheid erfassten Einzelfreischeine dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. Die belangte Behörde übermittelte die angeforderten Unterlagen am .

Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde, zu näher genannten Freischeinen die Gründe für die Abweichungen zwischen den dem Bescheid zugrunde gelegten Mengen an Mineralöl und den in den Rechnungen über den Bezug von Luftfahrtbetriebsstoff angegebenen Mengen darzulegen.

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde mit, ein Lieferant von Mineralöl habe keine Aufzeichnungen über die Liter bei +15 °C geführt, weshalb bei der Vorschreibung nur die effektiven Liter zur Berechnung herangezogen werden konnten.

In der mündlichen Verhandlung am brachte die Beschwerdeführerin vor, für die Flugbewegungen habe es Endrechnungen an die jeweiligen Kunden gegeben. Zusätzlich habe es Gutschriften an die ***2*** und an die ***3*** gegeben. Da diese behaupteten Unterlagen dem Bundesfinanzgericht nicht (vollständig) vorlagen, wurde die mündliche Verhandlung zur Beibringung der Unterlagen vertagt.

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, die genannten Unterlagen für den Nachweis der Verrechnung an die Kunden und für den Nachweis der genannten Gutschriften vorzulegen. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, zu den Ausgangsrechnungen und zu den Gutschriften die korrespondierenden Buchhaltungsunterlagen zum Nachweis der tatsächlichen Zahlungen durch die Kunden und zum Nachweis der Gutschriften vorzulegen.

Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin für die von den verfahrensgegenständlichen Freischeinen umfassten Flugbewegungen die Gutschriften an die ***3*** vor; weitere Unterlagen wurden nicht vorgelegt.

Mit Schreiben vom forderte das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeführerin auf, für die Ausgangsrechnungen und für die Gutschriften die korrespondierenden Buchhaltungsunterlagen vorzulegen. Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin diese fehlenden Unterlagen vor.

In der mündlichen Verhandlung am bestätigte die Beschwerdeführerin, dass es sich bei den Flugbewegungen zu den Freischeinen vom (Zahl ***4***) und vom (Zahl ***5***) um keine entgeltlichen Beförderungen von Personen gehandelt hat, jedoch um Flüge aus behördlichen Auflagen. Die Beschwerdeführerin führte aus, Check- und Werkstättenflüge seien aufgrund des gewerblichen Einsatzes des Luftfahrzeuges erforderlich und daher steuerlich nicht anders zu beurteilen als Flüge mit Passagieren gegen Entgelt. Die belangte Behörde vertrat den Standpunkt, dass die zuletzt genannten Flüge nicht von der Mineralölsteuer befreit seien.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Mit den vom angefochtenen Bescheid erfassten Einzelfreischeinen wurden der Beschwerdeführerin unversteuerte Abgaben von Luftfahrtbetriebsstoffen an die nachfolgend angeführten Luftfahrzeuge bewilligt.

Bombardier Global Express: Dieses Luftfahrzeug war in das Luftfahrzeugregister der Republik Österreich eingetragen (Kennung: ***6***); als Halter war im Luftfahrzeugregister die Beschwerdeführerin, ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, angegeben. Zwischen der Beschwerdeführerin und der als wirtschaftliche Eigentümerin bezeichneten ***2*** wurde ein Halterschaftsvertrag abgeschlossen; nach § 2 des Halterschaftsvertrages hatte die Beschwerdeführerin "die uneingeschränkte Halterschaft in luftrechtlicher, technischer und flugbetrieblicher Hinsicht." Die Beschwerdeführerin wickelte den gesamten Flugbetrieb mit dem Flugzeug selbständig und im Rahmen ihres Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC) ab. Für ihre Tätigkeit erhielt die Beschwerdeführerin von der ***2*** eine monatliche "Management Fee" in der Höhe von 15.000 Euro und pro Flugstunde einen Betrag in der Höhe von 200 Euro. Zusätzlich hatte die ***2*** der Beschwerdeführerin "sämtliche unmittelbar mit dem Luftfahrzeug verbundene Kosten" zu ersetzen; diese umfassten flugunabhängige Kosten wie Wartungskosten, Hangarierung, Spesen für Techniker, etc. und flugabhängige Kosten wie Kosten für Treibstoff, Lande-, Überflug- und Navigationsgebühren, Cateringkosten, Reisekosten und Spesen für die Crew, etc. Die ***2*** hatte die Ausbildungskosten für die Piloten für das Luftfahrzeug zu tragen und hat bei Beendigung des Vertragsverhältnisses für die Crewmitglieder, die eigens für das Luftfahrzeug angestellt worden sind und bei Beendigung gekündigt werden müssen, die tatsächlich anfallenden Abfindungskosten zu bezahlen.

Airbus A318-112: Dieses Luftfahrzeug (Heimatflughafen München) war in das Luftfahrzeugregister der Bundesrepublik Deutschland eingetragen (Kennung: ***7***); im Eintragungsschein war als Eigentümer ein Unternehmen mit Sitz in Hong Kong ausgewiesen, als "Halter/Operator" die Beschwerdeführerin. Zwischen dem Eigentümer des Luftfahrzeuges, der Beschwerdeführerin und der ***3*** wurde ein "Tripartite Agreement" abgeschlossen. Nach dieser Vereinbarung war die Eigentümerin Leasinggeber, die ***3*** Leasingnehmerin und die Beschwerdeführerin Halterin des Luftfahrzeuges; die näheren Bedingungen waren in einem zwischen dem Eigentümer und der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Luftfahrzeugbetriebsvertrag ("Aircraft Operating Agreement") und in einem zwischen der ***3*** und der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Flugzeugchartervertrag ("Aircraft Charter Agreement") festgelegt. Nach diesen Verträgen war die Beschwerdeführerin uneingeschränkter Betreiber des Luftfahrzeuges in allen technischen, betrieblichen und rechtlichen Aspekten der Luftfahrt (§ 2 Aircraft Operating Agreement). Die Beschwerdeführerin erhielt für ihre Leistungen von der ***3*** eine monatliche "Management Fee" in der Höhe von 35.000 Euro und eine Gebühr von 250 Euro pro Flugstunde. Darüber hinaus hatte die ***3*** der Beschwerdeführerin die flugunabhängigen (Wartungskosten, Hangarierung, Personalkosten Techniker, etc.) und die flugabhängigen Kosten (Treibstoff, Cateringkosten, Gebühren, Reinigung, Crew Kosten, Gehälter und Sozialleistungen, Wartungskosten, Navigationskosten, etc.) zu ersetzen. Auch die ***3*** hatte die Ausbildungskosten der Piloten für das Luftfahrzeug und bei Auflösung des Vertrages für die eigens für das Luftfahrzeug angestellten Crewmitglieder die anfallenden Abfindungsbeträge zu tragen.

Für die Bewirtschaftung der beiden Luftfahrzeuge hatte die Beschwerdeführerin eine getrennte Rechnungsstelle zu führen und der ***2*** sowie der ***3*** die jederzeitige Einsichtnahme in die Aufzeichnungen und Belege zu gestatten. Die Beschwerdeführerin war verpflichtet, vor Abschluss eines Chartervertrages mit einem Dritten die Zustimmung der ***2*** sowie der ***3*** einzuholen.

Die Beschwerdeführerin verrechnete der ***2*** sowie der ***3*** monatlich mit jeweils getrennten Rechnungen die Management Fee, die Gebühren pro Flugstunde sowie die flugunabhängigen und flugabhängigen Kosten.

Das mit den verfahrensgegenständlichen Freischeinen bezogene Mineralöl wurde - soweit nachfolgend nicht anders ausgeführt - für Flüge verwendet, bei denen Personen befördert worden sind. Diese Flugbewegungen hat die Beschwerdeführerin den jeweiligen Kunden (***8*** GmbH mit Sitz in der Schweiz und ***9***) in Rechnung gestellt. In den einzelnen Rechnungen sind Datum, Abflug- und Ankunftsflughafen, die Flugdauer und die Anzahl der Passagiere ausgewiesen. Die Kunden haben die in Rechnung gestellten Beträge der Beschwerdeführerin bezahlt. Diese wiederum hat die für die Flüge vereinnahmten Beträge mit korrespondierenden Gutschriften je nach Luftfahrzeug der ***2*** oder der ***3*** gutgeschrieben; die Einnahmen aus den Flügen wurden den verrechneten Kosten gegenübergestellt. Der Beschwerdeführerin verblieb die Management Fee und die nach Flugstunden abgerechnete Gebühr.

Das mit den Einzelfreischeinen vom , Zahl ***4***, und vom , Zahl ***5***, bezogene Mineralöl wurde nicht für Beförderungen von Personen oder Sachen eingesetzt. Bei den Flugbewegungen am von Wien nach Brünn und retour (mit einem Aufenthalt in Brünn von 35 Minuten) und am von Wien nach Wien war ein Mitarbeiter der Austro Control an Bord. Bei diesen beiden Flugbewegungen handelte es sich um Überprüfungsflüge.

Gemäß dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ).

Der vom Bundesfinanzgericht als erwiesen erachtete Sachverhalt stand aufgrund der von der Beschwerdeführerin gemachten Angaben, der im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen und aufgrund der vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Ermittlungen fest. Aufgrund der vorgelegten Eintragungsscheine war erwiesen, dass die Beschwerdeführerin Halterin der beiden Luftfahrzeuge war; dies deckt sich auch mit den vorstehend genannten Vereinbarungen. Die in den Vereinbarungen getroffenen Abrechnungsmodalitäten, die Verrechnung der Flüge an die Kunden und die Gutschriften wurden durch die dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Buchhaltungsunterlagen bestätigt. Mit diesen konnten auch die Zahlungseingänge der Kunden und die Verbuchung der entsprechenden Gutschriften nachgewiesen werden. Aus den anlässlich der Beantragung der Freischeine vorgelegten Unterlagen ließ sich die jeweilige Flugnummer ("Trip No.") ableiten; diese Flugnummern waren auf allen weiteren Unterlagen (General Declaration, Rechnungen an die Kunden, Gutschriften, etc.) angeführt und somit konnte mit den Unterlagen nicht nur nachgewiesen werden, dass das mit den Freischeinen bezogene Mineralöl für die in Rechnung gestellten Flüge verwendet worden ist, sondern auch die Zusammenhänge zu den Rechnungen, Gutschriften und Buchhaltungsunterlagen hergestellt werden. Dass die jeweiligen Flugbewegungen auch tatsächlich stattgefunden haben, fand ihre Bestätigung durch die Eintragungen im Logbuch (Flight Operational Log).

Für die Flugbewegungen am und erfolgten weder Verrechnungen an Kunden, noch Gutschriften an die ***2***. Unter Berücksichtigung der Flugstrecken, der Aufenthaltsdauer in Brünn, des Dienstgebers der an Bord befindlichen Person und der Tatsache, dass für diese beiden Flugbewegungen weder Abrechnungen an Kunden noch Gutschriften vorlagen, erachtete es das Bundesfinanzgericht als erwiesen, dass in diesen beiden Fällen keine entgeltlichen Beförderungen von Personen erfolgt sind. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am bestätigt.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG ist von der Mineralölsteuer Mineralöl befreit, das als Luftfahrtbetriebsstoff an Luftfahrtunternehmen aus Steuerlagern oder Zolllagern abgegeben wird und unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient; als Luftfahrt-Dienstleistungen gelten die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen und sonstige gewerbsmäßige Dienstleistungen, die mittels eines Luftfahrzeuges unmittelbar an den Kunden des Luftfahrtunternehmens erbracht werden.

Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die steuerfreie Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen nach Abs. 1 Z 1 sowie die Vergütung der Mineralölsteuer nach § 5 Abs. 3a zu regeln und die dazu notwendigen Verfahrensvorschriften zu erlassen (§ 4 Abs. 2 Z 5 MinStG).

Gemäß § 4 Abs. 3 MinStG liegt Gewerbsmäßigkeit im Sinne des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, wenn die mit Luft- oder Wasserfahrzeugen gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und der Unternehmer auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung handelt.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 MinStG bedarf einer Bewilligung (Freischein), wer Mineralöl der im § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG bezeichneten Art steuerfrei verwenden will.

Freischeine sind auf Antrag des Inhabers des Betriebes, in dem das Mineralöl verwendet werden soll (Verwendungsbetrieb) oder eines Unternehmens im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 auszustellen, wenn kein Ausschließungsgrund vorliegt.

Der Antrag auf Ausstellung eines Freischeins muss gemäß § 12 Abs. 4 MinStG alle Angaben über die für die Ausstellung des Freischeins erforderlichen Voraussetzungen enthalten; beizufügen sind die Unterlagen für den Nachweis oder die Glaubhaftmachung der Angaben, eine Beschreibung der gewerbsmäßigen Luftfahrt-Dienstleistung im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG.

Auf Grundlage dieser Verordnungsermächtigung hat der Bundesminister für Finanzen die Verordnung zur näheren Regelung der steuerbegünstigten Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen (Luftfahrtbegünstigungsverordnung - LfbV), BGBl. II Nr. 185/2017, erlassen.

Gemäß § 1 Z 5 LfbV ist ein "Freischein Luftfahrt" die Bewilligung zur steuerfreien Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen nach § 12 Abs. 1 Z 1 MinStG für nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG begünstigte Luftfahrtunternehmen. Je nach Bewilligungsumfang ist dieser nach § 2 Abs. 2 dieser Verordnung als globaler, eingeschränkter oder Einzelfreischein auszustellen. Im Falle von § 2 Abs. 2 Z 1 (globaler Freischein) und Z 3 (Einzelfreischein) ist der Freischein als solcher auch Betankungsschein. Im Falle von § 2 Abs. 2 Z 2 (eingeschränkter Freischein) ist für nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG begünstigte Luftfahrzeuge jeweils ein gesonderter Betankungsschein auszustellen (§ 2 Abs. 3).

§ 2 Abs. 2 Z 3 LfbV definiert den Einzelfreischein wie folgt: "Einzelfreischein: Mit einem Einzelfreischein wird einem Luftfahrtunternehmen die steuerfreie Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen für ein einzelnes Luftfahrzeug im Bedarfsflugverkehr einmal bewilligt."

Gemäß § 3 Abs. 1 LfbV hat der Antragsteller die Voraussetzungen für die Ausstellung des Freischeines Luftfahrt einschließlich Betankungsschein darzulegen und nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen. Jedenfalls ist die gewerbsmäßige Luftfahrt-Dienstleistung zu beschreiben und anzugeben welche Art Freischein Luftfahrt beantragt wird.

Zur Erlangung eines Einzelfreischeines sind beispielweise der Beförderungsauftrag oder Frachtdokumente vorzulegen (§ 3 Abs. 4 LfbV).

Im Beschwerdefall war strittig, ob die Beschwerdeführerin das mit den verfahrensgegenständlichen Einzelfreischeinen steuerfrei bezogene Mineralöl (JET A-1) zu dem im jeweiligen Freischein genannten Zweck verwendet hat. Die Einzelfreischeine wurden für ausschließlich zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen dienende Flüge zu den jeweils angegebenen Bestimmungsflugplätzen ausgestellt.

Das Bundesfinanzgericht erlaubt sich festzuhalten, dass die im Rahmen der Antragstellungen zum Teil erfolgten Vorlagen von Proforma-Rechnungen an eine bereits seit mehr als zwei Jahren nicht mehr existente Person (***10***) nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 4 LfbV entsprechen.

§ 4 Abs. 1 Z 1 MinStG ist unionsrechtskonform im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom auszulegen ().

Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96/EG bestimmt (auszugsweise) Folgendes:
"(1) Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zu Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der Steuer:

a) …

b) Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt.
Im Sinne dieser Richtlinie ist unter der "privaten nichtgewerblichen Luftfahrt" zu verstehen, dass das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird.
Die Mitgliedstaaten können die Steuerbefreiung auf Lieferungen von Flugturbinenkraftstoff (KN-Code 2710 1921) beschränken."

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind die in der Richtlinie 2003/96 vorgesehenen Bestimmungen über die Befreiungen unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und der mit der genannten Richtlinie verfolgten Ziele autonom auszulegen (). Divergierende Auslegungen würden das Ziel der Harmonisierung der unionsrechtlichen Regelung und die der Rechtssicherheit beeinträchtigen und brächten auch die Gefahr der Ungleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer (vgl. ).

Nach der Richtlinienbestimmung sind alle Mineralöllieferungen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt befreit und davon ausgenommen sind nur die Mineralöllieferungen zur Verwendung als Kraftstoff für die private nichtgewerbliche Luftfahrt (vgl. ); Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie bezieht sich somit auf eine bestimmte Art der Nutzung eines Luftfahrzeuges ().

Die in der genannten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung ist nicht allein Luftfahrtunternehmen vorbehalten, sie ist aber nur anwendbar, wenn das Luftfahrzeug unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient (). Dabei ist entscheidend, in welcher Weise das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder von der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person genutzt wird, also davon, ob es zu gewerblichen Zwecken oder für die private nichtgewerbliche Luftfahrt genutzt wird.

Der Begriff "Luftfahrt" in Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96 verlangt somit, dass die entgeltliche Dienstleistung unmittelbar mit dem Flug des Luftfahrzeuges zusammenhängt (; ).

Aus der geforderten Nutzung eines Luftfahrzeuges für die Luftfahrt folgt, dass im Rahmen der Miete oder Charter eines Luftfahrzeuges, bei der es sowohl einen Vermieter oder Vercharterer des Luftfahrzeuges als auch einen Mieter oder Charterer gibt, der mit diesem Luftfahrzeug Flüge übernimmt, die Gewährung oder Versagung der in Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96/EG vorgesehenen Befreiung davon abhängt, in welcher Weise das Luftfahrzeug von Letzterem genutzt wird (; ).

In den verfahrensgegenständlichen Fällen war die Beschwerdeführerin aufgrund der abgeschlossenen Halterschaftsverträge nutzungsberechtigte Person im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96/EG. Die Beschwerdeführerin erbrachte die Flugleistungen als Operator im eigenen Namen und führte die Beförderung von Personen im eigenen Namen durch. Daran vermochte die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, vor Abschluss eines Beförderungsvertrages mit einem Dritten die Zustimmung der ***2*** oder der ***3*** einzuholen, ebenso wenig zu ändern, wie die Tatsache, dass die Verrechnung von Flugleistungen auch an eine juristische Person (***9***) erfolgt ist, die den selben wirtschaftlichen Eigentümer hat wie die ***2*** oder der ***3***. Denn es steht grundsätzlich jedermann frei, innerhalb der gesetzlichen Grenzen seine Rechtsverhältnisse und wirtschaftlichen Beziehungen so zu gestalten, dass eine möglichst geringe Abgabenbelastung erreicht wird ().

Die Beschwerdeführerin hat - mit Ausnahme der nachfolgend angeführten Fälle - entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96/EG erbracht; die Beschwerdeführerin hat entgeltliche Beförderungsdienstleistungen im eigenen Namen erbracht, die unmittelbar mit den Flügen der Luftfahrzeuge zusammenhingen. Es bedurfte keiner Erwägungen, ob eine gewerbsmäßige Beförderung (§ 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 MinStG) gegeben war. Denn ist der Umfang der Befreiungsregelung der Richtlinie weiter als der der nationalen Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG, sodass nach dem Unionsrecht auch Sachverhalte zwingend befreit sind, die nach der nationalen Regelung nicht befreit wären, kann sich der Einzelne auf die Richtlinienbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96/EG berufen (vgl. ; ). Das mit den Freischeinen bezogene Mineralöl wurde zu den in den Freischeinen angegebenen Zwecken verwendet. Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Mineralölsteuer lagen vor (vgl. ; der sich diesem Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt deckt sich mit dem des verfahrensgegenständlichen Falles).

Für die Flugbewegungen am und am (Einzelfreischeine vom , Zahl ***4***, und vom , Zahl ***5***) lagen die Voraussetzungen für die Befreiung von der Mineralölsteuer nicht vor. Bei diesen Flügen hat die Beschwerdeführerin keine entgeltlichen Beförderungsdienstleistungen oder sonstige Leistungen erbracht, die unmittelbar mit den Flügen der Luftfahrzeuge zusammenhingen. Daran vermochte auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts zu ändern, wonach es sich um Flüge aus behördlichen Auflagen im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit gehandelt habe. Denn der Begriff "Luftfahrt" verlangt, dass die entgeltliche Dienstleistung unmittelbar mit dem Flug des Luftfahrzeuges zusammenhängt (; ).

Gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 lit. b MinStG entsteht die Steuerschuld dadurch, dass ein auf Grund eines Freischeins steuerfrei bezogenes Mineralöl zu einem anderen als dem im Freischein genannten Zweck verwendet wird. Da das mit den zuletzt genannten beiden Freischeinen bezogene Mineralöl nicht unmittelbar für die entgeltliche Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen gedient hat, ist für dieses Mineralöl für die Beschwerdeführerin die Mineralölsteuer entstanden. Steuerschuldner ist gemäß § 22 Abs. 1 Z 2 MinStG der Inhaber des Freischeins. Für die anderen vom angefochtenen Bescheid erfassten Freischeine lagen - wie bereits festgehalten - die Voraussetzungen für die Festsetzung der Mineralölsteuer nicht vor. Der angefochtene Bescheid war daher abzuändern.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 MinStG beträgt die Mineralölsteuer für 1 000 l mittelschwere Öle der Unterpositionen 2719 1921 und 2710 1925 der Kombinierten Nomenklatur 397 Euro. Die Mineralölsteuer für das mit dem Freischein zu Zahl ***4*** bezogene Mineralöl beträgt 1.792,06 Euro (4.514 Liter x 397/1000) und für das zu Zahl ***5*** bezogene Mineralöl 701,10 Euro (1766 Liter x397/1000).

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht stützt die Entscheidung auf den klaren und eindeutigen Wortlaut einschlägigen Vorschriften und auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und auf die des Verwaltungsgerichtshofes. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Z 1 MinStG 2022, Mineralölsteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 630/1994
Art. 14 Abs. 1 RL 2003/96/EG, ABl. Nr. L 283 vom S. 51
§ 12 Abs. 1 MinStG 2022, Mineralölsteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 630/1994
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7200001.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at