Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.11.2023, RV/7101595/2022

Betriebsübergabe gemäß § 3 Abs. 1 Z 2a GrEStG 1987 idgF

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101595/2022-RS1
Vom Gesetz ist nicht gefordert, dass der Übergeber eines landwirtschaftlichen Betriebes unmittelbar vor der Übergabe Einkünfte aus L+F im Sinne des EStG erzielen muss, damit die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2a GrEStG 1987 idgF zur Anwendung kommen kann.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Herrn ***11***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Grunderwerbsteuer, ***10***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert wie folgt:

Die Grunderwerbsteuer für den oben angeführten Rechtsvorgang wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 mit 2.928,00 € festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Das Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten, legte gegenständliche Beschwerde samt einer Stellungnahme an das BFG zur Entscheidung vor.

Mit dem gegenständlichen Übergabsvertrag vom erwarb der Beschwerdeführer (Bf), Herr ***1***, von seinen Eltern, Herrn ***2*** und Frau ***3***, landwirtschaftliche Grundtücke inklusive des darauf befindlichen Wohngebäudes.

Das Wohngebäude ist unter der ***4***, mit der Grundstücksadresse ***5***, mit einem übersteigendem Wohnungswert in Höhe von EUR 26.961,62 bewertet.

Am wurde der Vorgang unter der Erfassungsnummer ***6*** von Notar ***7*** mittels elektronischer Abgabenerklärung beim Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten, angezeigt. Als grunderwerbsteuerpflichtige Bemessungsgrundlage wurden die einfachen Einheitswerte lt. Punkt 10. a, b und c des Vertrages und der Grundstückswert des Wohngebäudes herangezogen. Der Wert des Wohngebäudes erfolgte durch Bekanntgabe des Notars vom mit einem Grundstückswert von EUR 316.542,81 Euro für das "Altgebäude" und 159.820,00 Euro für das "Neugebäude".

Die Übergeber (Herr ***2*** und Frau ***3***) befinden sich bereits seit in Alterspension und der Bf. bezieht seither Einkünfte aus landwirtschaftlicher Tätigkeit. Folglich geht das Finanzamt von einer Betriebsaufgabe mit durch die Übergeber und einer gleichzeitigen Übernahme durch den Bf. aus.

Der gegenständliche GrESt-Bescheid erging am an den Bf. z.H. ***7*** als Zustellbevollmächtigtem. Die Zustellung erfolgte am selben Tag mittels FinanzOnline.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom , eingelangt am , wird beantragt, die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2a GrEStG anzuwenden und keine Grunderwerbsteuer vorzuschreiben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Im Vorlageantrag vom , eingelangt am , wurde vorgebracht, dass § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG und § 3 Abs. 1 Z 2a GrEStG anzuwenden wären und somit die Grunderwerbsteuer nur vom Wohngebäude (ohne Grund und Boden) nach der Grundstückswertberechnung anhand des Pauschalwertmodells, sohin von einem Betrag von 174.080,31 Euro vorzuschreiben sei. Vorgelegt wurde eine neue Grundstückswertberechnung für das Wohngebäude ("Altgebäude") iHv EUR 174.080,31, da in der ursprünglichen Grundstückswertberechnung vom auch Teile von Gebäuden mitberücksichtigt worden seien, die dem L+F-Vermögen zuzurechnen seien und daher im L+F Einheitswert mitenthalten wären.

Im Falle einer Abweisung wird die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung des gesamten Senates beantragt.

Aufgrund der mit dem Vorlageantrag neu übermittelten Grundstückswertberechnung für das "Altgebäude" ergibt sich aus Sicht des Finanzamtes nun eine geringere Bemessungsgrundlage für das Wohngebäude. Der Grundstückswert für den "Altbau" betrage nunmehr 174.080,31 Euro und für den "Neubau" 159.820,00 Euro, in Summe betrage der Grundstückswert für das Wohngebäude somit 333.900,31 Euro.

Das Finanzamt beantragt daher, die Grunderwerbsteuerbescheide insofern abzuändern, als die Grunderwerbsteuer für die übrigen Grundstücke (Wohngebäude alt und neu) vom Grundstückswert in der Höhe von 333.900,31 Euro berechnet und die Beschwerde im Übrigen als unbegründet abgewiesen wird.

Hiezu begründet das Finanzamt wie folgt:

"Gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG ist bei Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes an den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis die Steuer vom Einheitswert (§ 6) zu berechnen. Die Befreiungsvorschriften gemäß § 3 Abs. 1 Z 2a GrEStG 1987 idgF kommen nicht zur Anwendung, da die Übergeber zum Zeitpunkt der Übergabe bereits in Pension waren (seit ) und der Bf. (Übernehmer) bereits seit Einkünfte aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit bezieht und somit kein unmittelbarer Zusammenhang mit einer Betriebsübertragung vorliegt, sondern lediglich betrieblich genutzte Grundstücke übergeben wurden. Durch den Eintritt der Übergeber in die Alterspension am und dem gleichzeitigen Beginn der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Bf. wird nach außen hin klar erkennbar, dass kein aktiver landwirtschaftlicher Betrieb übergeben wurde. Die Übergeber hatten zum Zeitpunkt der Übergabe () keine Einkünfte aus land- und Forstwirtschaft bezogen, sodass die Voraussetzungen nicht erfüllt waren (vgl. )."

Am erging ein Vorhalt folgenden Inhaltes an den Bf. zu Handen Notar ***8***:

"Die Übergeber, ***2*** und ***3*** erhalten seit einen Alterspensionsbezug. Gleichzeitig ist Herr ***1*** ab als selbständiger landwirtschaftlicher Betriebsführer bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen - ***9*** versichert.

Im Vorlageantrag wird eingewendet, auch wenn die Übergeber bereits zum in Pension gegangen seien, sei bis zur erfolgten Betriebsübergabe der übernehmenden Partei der landwirtschaftliche Betrieb unentgeltlich der übernehmenden Partei zur Bewirtschaftung überlassen und bis zur Betriebsübergabe von der übernehmenden Partei keine Pacht an die übergebende Partei geleistet worden. Es sei auch zum Übergabezeitpunkt ein aktiver landwirtschaftlicher Betrieb zur Einkommenserzielung vorgelegen, da es sich bis zum Zeitpunkt der Übergabe nur um eine vorübergehende (unentgeltliche) Nutzungsüberlassung an den späteren Übernehmer gehandelt habe. Es sei bei Pensionsantritt keinesfalls eine Betriebsaufgabe vorgelegen.

Im Hinblick auf oben genannte Beschwerde wird gebeten Folgendes bekannt zu geben:

  1. Auf welcher Basis wurde der Betrieb vom Übernehmer zwischen dem und dem Übergabezeitpunkt am geführt?

  2. Gab es eine Bewirtschaftungsvereinbarung?

  3. Wurden Teile des landwirtschaftlichen Betriebes vorab übergeben (Maschinen, Betriebsvorrichtung)

  4. Aus welchem Grund wurde der Übergabevertrag beinahe drei Jahre später errichtet?"

Mit Schriftsatz vom hat der Parteienvertreter (PV) folgende Stellungnahme übermittelt:

"In Entsprechung der Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes wird Folgendes bekanntgegeben:

Mit wurde der Übernehmer bei der SVS der Selbständigen als Betriebsführer gemeldet und hat dieser den Betrieb seit diesem Zeitpunkt auch tatsächlich geführt. Grundlage für die Betriebsführung durch den Übernehmer war ein abgeschlossener Pachtvertrag vom (Beilage ./A), welcher der SVS der Selbständigen auch aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen zugestellt wurde. Der Übernehmer hat seit auch die Beiträge bei der SVS der Selbständigen (vormals noch SV der Bauern) als Betriebsführer geleistet (Bescheid ***12***, Beilage ./B). Hinzuweisen ist hierbei auch auf die BMF-Einkommensteuerrichtlinie, wonach eine unentgeltliche Betriebsüberlassung an nahe Angehörige keine Betriebsaufgabe darstellt (EStR 2000, 5156).

Die Bewirtschaftung erfolgte aufgrund des bestehenden Pachtvertrages. Die Übergabe erfolgte nicht unmittelbar, sondern erst mit Übergabsvertrag vom , da die Übergangsphase dazu gedient hat, dass der Übernehmer abschätzen kann, ob sich die Weiterbewirtschaftung als Landwirt rentiert und eine Weiterbewirtschaftung aus ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll ist. Zum Zeitpunkt des Pensionsantrittes der Übergeber mit war der Übernehmer noch erwerbstätig und hatte einen Vollzeitberuf. Mittlerweile wurde die Vollzeitbeschäftigung vom Übernehmer aufgegeben und ist er neben der Führung des landwirtschaftlichen Betriebes nur noch geringfügig beschäftigt.

Hätte sich in der Übergangsphase herausgestellt, dass eine Weiterbewirtschaftung desÜbernehmers wirtschaftlich nicht möglich ist oder der Übernehmer nicht bereit gewesenwäre seine Vollzeitbeschäftigung aufzugeben, so wäre der landwirtschaftliche Betriebeingestellt worden und wäre eine Aufteilung des landwirtschaftlichen Betriebes an alleKinder der Übergeber vorgenommen worden. Da der Übernehmer jedoch in der Übergangsphase den landwirtschaftlichen Betrieb aufentsprechende wirtschaftliche Beine gestellt hat und an einer Weiterführung deslandwirtschaftlichen Betriebes für seine berufliche Zukunft interessiert ist, erfolgte dieformale Übergabe an den Übernehmer mit Übergabsvertrag vom und wurdesomit ein funktionierender landwirtschaftlicher Betrieb an den Übernehmer übergeben.Auch die Übergabe der landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte sowie derBetriebsvorrichtungen erfolgte erst nach Ablauf der Übergangsphase bei Kenntnis derWeiterführung des landwirtschaftlichen Betriebes durch den Übernehmer mitÜbergabsvertrag vom .

Es wird daher weiterhin derAntragvollinhaltlich aufrechterhalten den Bescheid dahingehend abzuändern, dass bei derBerechnung der Grunderwerbsteuer die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Zif. 2GrEStG sowie des § 3 Absatz 1 Z 2a Grunderwerbssteuergesetz zur Anwendunggelangen und somit lediglich für das Wohngebäude (ohne Grund und Boden) nach derGrundstückswerteberechnung anhand dem Pauschalwertmodell, sohin von einemBetrag in Höhe von € 174.080,31 die Grunderwerbsteuer vorgeschrieben wird unddaher lediglich ein Betrag von € 870,40 zur Vorschreibung gelangen darf.

Der Antrag auf Aussetzung der vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer bis zurrechtskräftigen Erledigung der gegenständlichen Beschwerde im Sinne des § 212 aBAO wird vollinhaltlich aufrechterhalten.

Im Falle der beabsichtigten Abweisung der Beschwerde wird weiterhin dieAnberaumung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesfinanzgericht unterBeiziehung des gesamten Senates beantragt."

II. Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die auf elektronischem Wege vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile sowie das Vorhalteverfahren.

III. Rechtslage und Erwägungen

§ 3 GrEStG lautet auszugsweise:

"(1) Von der Besteuerung sind ausgenommen:

[…]

2. Unentgeltliche oder teilentgeltliche Erwerbe (§ 7 Abs. 1 Z 1) eines Grundstückes durch natürliche Personen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen:

a) Umfasst sind nur Grundstücke,

soweit sie zum Betriebsvermögen eines erworbenen Betriebes oder Teilbetriebes gehören, der der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z 2 oder 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 dient, oder

die der Mitunternehmerschaft von einem Mitunternehmer zur Nutzung überlassen sind (Sonderbetriebsvermögen), wenn diese gemeinsam mit Mitunternehmeranteilen zugewendet werden und der Übergeber im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld mindestens zu einem Viertel unmittelbar am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist.

b) Der Übergeber hat im Falle einer Zuwendung unter Lebenden

das 55. Lebensjahr vollendet oder

ist wegen körperlicher, psychischer, sinnesbedingter oder kognitiver Funktionseinschränkungen in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Gesellschafter verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen der Erwerbsunfähigkeit ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beizubringenden medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.

[…]

d) Der Freibetrag (Freibetragsteil gemäß lit. e) steht bei jedem Erwerb von Vermögen gemäß lit. a zu, wenn Gegenstand der Zuwendung ist

ein Anteil von mindestens einem Viertel des Betriebes,

ein gesamter Teilbetrieb oder ein Anteil des Teilbetriebes, vorausgesetzt der Wert des Teilbetriebes oder der Anteil desselben beträgt mindestens ein Viertel des gesamten Betriebes,

ein Mitunternehmeranteil in dem in lit. a zweiter Teilstrich angeführten Ausmaß.

e) Der Freibetrag steht beim Erwerb

eines Anteiles eines Betriebes nur entsprechend dem Anteil des erworbenen Vermögens zu,

eines Teilbetriebes oder eines Anteiles daran nur in dem Verhältnis zu, in dem der Wert des Teilbetriebes (Anteil des Teilbetriebes) zum Wert des gesamten Betriebes steht,

eines Mitunternehmeranteiles nur in dem Ausmaß zu, der dem übertragenen Anteil am Vermögen der Gesellschaft entspricht.

Bei einem Erwerb durch mehrere Erwerber steht jedem Erwerber unter Berücksichtigung der Teilstriche 1 bis 3 der seinem Anteil am erworbenen Vermögen entsprechende Teil des Freibetrages zu.

f) Die Steuer ist nachzuerheben, wenn der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb das Vermögen gemäß lit. a oder wesentliche Grundlagen davon entgeltlich oder unentgeltlich überträgt, betriebsfremden Zwecken zuführt oder wenn der Betrieb oder Teilbetrieb aufgegeben wird. Der Erwerber hat Umstände, die zur Nacherhebung der Steuer führen, innerhalb eines Monats nach ihrem Eintritt dem Finanzamt anzuzeigen.

g) Lit. f gilt nicht, wenn die Vermögensübertragung einen nach dieser Bestimmung steuerbegünstigten Erwerb darstellt oder das erworbene Vermögen Gegenstand einer Umgründung nach dem Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991, in der jeweils geltenden Fassung, ist, sofern für das an seine Stelle getretene Vermögen kein in lit. f angeführter Grund für eine Nacherhebung der Steuer eintritt.

2a. Erwerbe von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, genannten Personenkreis, sofern eine Gegenleistung nicht vorhanden, nicht ermittelbar oder geringer als der Einheitswert des Grundstückes ist, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen:

a) Umfasst sind nur Grundstücke, soweit sie zum Betriebsvermögen eines erworbenen Betriebes oder Teilbetriebes gehören, der der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 dient, oder die der Mitunternehmerschaft von einem Mitunternehmer zur Nutzung überlassen sind (Sonderbetriebsvermögen), wenn diese gemeinsam mit Mitunternehmeranteilen zugewendet werden und der Übergeber im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld mindestens zu einem Viertel unmittelbar am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist.

b) Die Befreiung steht nur bis zu einem Wert von 365.000 Euro (Freibetrag) zu.

c) Z 2 lit b und d bis g sind anzuwenden

  • (BGBl I 2015/118)

[…]"

[vgl. Fellner in Fellner (Hrsg), Grunderwerbsteuer (15. Lfg 2016) zu § 3 GrEStG 1987 (Fellner)]

Beim Erwerb von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken durch einen näher bestimmten Angehörigenkreis steht gemäß § 3 Abs 1 Z 2a GrEStG in der ab anzuwendenden Fassung des StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118 abweichend von den Bestimmungen der vorhergehenden Z 2 ein Freibetrag von 365.000 € zu.

Damit hat sich durch die Steuerreform 2015/2016 für die Übergabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben nichts geändert. § 3 Abs 1 Z 2 GrEStG aF wurde unverändert in die Z 2a übernommen.

Voraussetzung der Anwendung des § 3 Abs 1 Z 2a GrEStG ist zunächst, dass der Erwerber zu dem in § 26a Abs 1 Z 1 GGG genannten Personenkreis gehört. Dieser Personenkreis deckt sich im Wesentlichen mit jenem des § 364c ABGB.

Zum Familienverband iS des § 26a GGG gehören Ehegatten oder eingetragene Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder iZm der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Wohnsitz haben oder hatten, Verwandte oder Verschwägerte in gerader Linie, Stief-, Wahl- oder Pflegekinder oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragene Partner sowie Geschwister, Nichten oder Neffen.

Weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 3 Abs 1 Z 2a GrEStG ist, dass eine Gegenleistung (vgl dazu bei § 5 GrEStG) nicht vorhanden, nicht ermittelbar oder geringer als der Einheitswert ist. Eine Gegenleistung ist zB nicht vorhanden bei einer Schenkung (vgl RV, 549 BlgNR 23. GP) oder bei der Ersitzung.

Der Freibetrag nach § 3 Abs 1 Z 2a GrEStG umfasst nur Grundstücke, die zum Betriebsvermögen eines erworbenen Betriebes oder Teilbetriebes gehören, der der Einkünfteerzielung gemäß § 2 Abs 3 Z 1 EStG 1988 (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft iS des § 21 EStG) dient.

Nicht begünstigt sind zB Übertragungen von Liebhabereibetrieben oder jene Fälle, in denen bei Verpachtung eines Betriebs Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden.

Die Einkünfte des Übergebers müssen (hier:) unter die Einkunftsart Land- und Forstwirtschaft fallen. Der Freibetrag kann nicht gewährt werden, wenn im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbs der landwirtschaftliche Betrieb verpachtet ist und der Übergeber keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezieht ( 10 0101/9-IV/10/02, zu § 15a ErbStG).

Demgegenüber ist nach Auffassung des VwGH vom Gesetz nicht gefordert, dass der Übergeber unmittelbar vor der Übergabe derartige Einkünfte iS der angeführten einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen erzielt hat (, zu § 15a ErbStG).

Es ist somit für eine begünstigte Betriebsübergabe nicht erforderlich, dass der Übergeber unmittelbar vor der Übergabe des Betriebs noch Einkünfte erzielt, allerdings darf keine Betriebsaufgabe vorliegen.

[vgl. Fellner in Fellner (Hrsg), Grunderwerbsteuer (15. Lfg 2016) zu § 3 GrEStG 1987 (Fellner)]

Wenn das Finanzamt unter Zitierung von ausführt, "Die Übergeber hatten zum Zeitpunkt der Übergabe () keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezogen, sodass die Voraussetzungen nicht erfüllt waren (vgl. )", so ist dazu folgendes zu sagen:

Für die Begünstigung nach § 15a ErbStG ist es nicht erforderlich, dass der Übergeber unmittelbar vor der Übergabe Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG erzielt hat. Eine Verpachtung des Betriebes vor Übergabe ist nur dann als befreiungsschädlich anzusehen, wenn diese einer Betriebsaufgabe gleichzusetzen ist (siehe ). Etwa spricht zB die Tatsache der Bewirtschaftung eines Weingartens durch die Mutter gegen eine Betriebsaufgabe (, UFS 2005, 190, zu § 15a ErbStG), (Fellner in Fellner (Hrsg), Grunderwerbsteuer (15. Lfg 2016) zu § 3 GrEStG 1987 (Fellner)).

Der VwGH hat zur Vorgängerbestimmung des § 15a ErbStG im Erkenntnis vom , Zl. 2002/16/0246, ausgeführt:

"Erbschafts- und Schenkungssteuer

Nach § 15a Abs 1 ErbStG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung bleiben Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen von bestimmten Vermögen unter den dort genannten Voraussetzungen bis zu einem Wert von S 5,000.000,-- steuerfrei. Nach Abs 2 Z 1 dieser Gesetzesstelle zählen zum begünstigten Vermögen nur inländische Betriebe und Teilbetriebe, die der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 dienen.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob es sich bei dem übergebenen Vermögen um einen Betrieb handelte, der der Erzielung von Einkünften iS der angeführten Bestimmungen des EStG 1988 diente. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde ist aber vom Gesetz nicht gefordert, dass der Übergeber unmittelbar vor der Übergabe derartige Einkünfte erzielt hat. Unter dem Gesichtspunkt des Beschwerdefalles ist davon auszugehen, dass nach ständiger einkommensteuerrechtlicher Lehre und Rechtsprechung - die im Hinblick auf die ausdrückliche Bezugnahme auch für die Auslegung des § 15a ErbStG maßgeblich erscheint - die Verpachtung eines Betriebes idR noch nicht als Betriebsaufgabe anzusehen ist (vgl Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer-Kommentar, § 24 EStG 1988, Tz 34 und die dort angeführte Judikatur). So ist insbesondere von der Aufgabe des Betriebes erst dann zu sprechen, wenn der Verpächter nach Beendigung des Pachtverhältnisses mit dem noch vorhandenen Betriebsvermögen nicht in der Lage wäre, den Betrieb fortzuführen oder wenn er sonst nach außen zu erkennen gibt, dass er nicht die Absicht hat, den Betrieb nach Auflösung des Pachtvertrages weiterzuführen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 97/15/0134).

Die belangte Behörde hat ausgehend von der unzutreffenden Rechtsauffassung, der Übergeber müsse bis zur Übergabe entsprechende Erwerbseinkünfte erzielt haben, Erhebungen darüber unterlassen, ob die Verpachtung einer Aufgabe des Betriebes gleichzusetzen ist oder nicht. Der bloßen Einsichtnahme in die Urkunde über den Erwerbsvorgang - in welcher auf das Pachtverhältnis hingewiesen worden ist - reichte für die von der belangten Behörde vorzunehmende Beurteilung nicht aus." (Hervorhebungen durch das ho. Gericht). Dem verwiesenen Erkenntnis ist zu entnehmen, dass der Übernehmer nach dem Inhalt des Übergabsvertrages bereits Pächter des übergebenen landwirtschaftlichen Betriebes war. Die Übergeber hatten zum Zeitpunkt der Übergabe keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezogen, weshalb das Finanzamt die Meinung vertrat, die Voraussetzungen des Freibetrages nach § 15a ErbStG seien nicht erfüllt.

In gegenständlichem Fall liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor, wobei die Verpachtung des gesamten Betriebes samt Betriebsmitteln gegen eine Betriebsaufgabe spricht. Dem Argument des Finanzamtes, dass kein aktiver landwirtschaftlicher Betrieb übergeben worden sei, kann nicht gefolgt werden, zumal dieser Betrieb ja als solcher - in Pacht - geführt wurde. Wie im Pachtvertrag vom geregelt ist, wird der gesamte land- und forstwirtschaftliche Betrieb mit allen Betriebsgebäuden, sonstigen baulichen Anlagen, Maschinen, dem Viehbestand und den Vorräten verpachtet. Wie dem Übergabsvertrag vom zu entnehmen ist, übergeben die Ehegatten ***13*** in der Folge diesen landwirtschaftlichen Betrieb in ***14***, zur Weiterbewirtschaftung gegen Sicherung ihres Lebensunterhaltes an den Sohn, Herrn ***1***. Somit war die Verpachtung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes an den Übernehmer vor der Übertragung unter den konkreten Umständen nicht schädlich für die Anwendung des § 3 Abs 1 Z 2a GrEStG (siehe auch zu § 15a ErbStG , unter Hinweis auf ). Dadurch ist der Übergang des Betriebes auf den Bf und die Betriebsfortführung nicht in Frage gestellt (vgl. Fraberger, "Der Betriebsvermögensfreibetrag nach § 15a ErbStG - five years after ..." in Festschrift Hübner & Hübner "Familienunternehmen im Steuerrecht", 290; sowie das von Doralt in RdW 2004/284 zitierte dt. Schrifttum).

Im Vorlageantrag wird ergänzend vorgebracht, dass infolge Vorliegens eines aktiven landwirtschaftlichen Betriebes die Betriebsgebäude jedenfalls schon im land- und forstwirtschaftlichen Einheitswert berücksichtigt und daher nicht gesondert anzusetzen seien. Die Bewertung des Finanzamtes nach der Grundstückswerteberechnung anhand des Pauschalwertmodells sei daher unrichtig, da lediglich das Wohngebäude zu bewerten sei, nicht jedoch die sonstigen Betriebsgebäude. Als Bemessungsgrundlage hätte daher lediglich das Wohngebäude (auch hier ohne Grund und Boden) herangezogen werden dürfen und die Grunderwerbsteuer sohin lediglich von einem Betrag in Höhe von € 174.080,31 vorgeschrieben werden dürfen.

Dieser Einwand wird zur Kenntnis genommen.

Weiters wird ergänzend festgehalten, dass das Wohngebäude mit der Adresse ***15*** bereits von der übernehmenden Partei auf deren Kosten gebaut und errichtet worden sei und als Wohngebäude (ohne Grund und Boden) daher lediglich das Altgebäude mit der Adresse ***14*** heranzuziehen sei, da auch nur dieses Vertragsobjekt sei.

Dazu ist zu sagen, dass der Bf laut Übergabsvertrag von der übergebenden Partei zur Gänze den landwirtschaftlichen Betrieb in ***14***, samt nachstehendem unbeweglichen Vermögen in sein Eigentum übernimmt. An dieser Grundstücksadresse an dem von der Straße aus gesehenen rechts gelegenen Haus (Altgebäude) wird der übergebenden Partei das Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt (Punkt 3. des Vertrages).

Als weitere Gegenleistung für die vertragsgegenständliche Übergabe räumt die übernehmende Partei der dem Vertrag beitretenden Ehegattin der übernehmenden Partei und Schwiegertochter der übergebenden Partei, das Wohnungsgebrauchsrecht an dem, von der Straße aus links gelegenen Haus (Neugebäude) mit der Adresse ***16***, samt Garten, Hof und sämtlichen Nebengebäuden, ein.

Der vorgelegte Einreichplan vom "Für Umbauarbeiten am bestehenden Zweifamilienwohnhaus auf dem Grst.Nr. ***17***" benennt als Bauwerber ***18***. Grundeigentümer waren ***19***.

Dem Finanzamt ist insofern zu folgen als es argumentiert, dass die Frage, ob durch einen Ausbau eine zweite Wohneinheit geschaffen wurde oder das Haus generell vergrößert wurde, für die Bemessung unerheblich bleibt, da solche Investitionen und Ausbauten auf jeden Fall den Wert des gesamten Gebäudes erhöhen, ein Ausbau genauso wie das restliche Gebäude den Liegenschaftseigentümern zuzurechnen ist und der Bf vor dem gegenständlichen Übergabsvertrag weder Wohnungseigentum noch sonst anteilig Eigentum an der gegenständlichen Liegenschaft begründet hat.

Aufgrund der mit dem Vorlageantrag neu übermittelten Grundstückswertberechnung ergibt sich für den Altbau ein Grundstückswert von 174.080,31 Euro und für den Neubau ein Grundstückswert von 159.820,00 Euro. In Summe beträgt der Grundstückswert für das Wohngebäude somit nunmehr EUR 333.900,31.

Die Grunderwerbsteuer für die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke entfällt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG gilt ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis als unentgeltlich.

Gemäß Z 2 lit. a leg. cit. Beträgt die Steuer beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken


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  1. für die ersten 250.000 Euro
…..0,5%
  1. für die nächsten 150.000 Euro
………2%
  1. darüber hinaus
……3,5%

des Grundstückswertes.

Es ergibt sich somit folgende Berechnung:


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250.000,00
x 0,5%
1.250,00 €
83.900,31
x 2%
1.678,00 €
GrESt
2.928,00 €

Hinsichtlich des Antrages auf Abhaltung einer mündlichen Senatsverhandlung "in eventu" ist zu sagen, dass Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung Prozesshandlungen sind. Werden diese Anträge ausschließlich für den Fall des Eintretens von bestimmten Ereignissen gestellt, sind sie bedingte Prozesshandlungen. Die Zulässigkeit einer Bedingung bei einer Prozesshandlung muss im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein. Ist dies nicht der Fall, so ist eine unter einer Bedingung vorgenommene Prozesshandlung unwirksam (, unter Hinweis auf E , 85/05/0053 und E , 95/05/0320). Eine solche Bedingung ist der Bundesabgabenordnung nicht zu entnehmen.

Der Beschwerde war somit teilweise zu entsprechen.

IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da die getroffene Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die getroffene Entscheidung entspricht sowohl der Judikatur des VwGH () als auch der Rechtsprechung des UFS (; ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101595.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at