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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.11.2023, RV/7101936/2019

Nachsicht - Rechtsgebühr - keine sachliche und persönliche Unbilligkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache Mag. Dr. Ulla Reisch als Masseverwalterin im Konkursverfahren der ***Bf1***, Landstraßer Hauptstraße 1A/Ebene 07/Top 9, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich Dienststelle Sonderzuständigkeiten) vom betreffend Abweisung des Antrages auf Nachsicht gem. § 236 BAO vom zur Gewinstgebühr 2010 und Aussetzungszinsen, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Festsetzung der Glücksspielabgabe und der Aussetzungszinsen

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt gegenüber der ***Bf1*** (in der Folge kurz: ***Bf***) Rechtsgeschäftsgebühren gem. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG in Höhe von insgesamt € 589.939,69 fest.

Gegen diese Bescheide erhob die ***Bf*** mit Eingaben vom Berufung.

Mit Erkenntnis vom , RV/6100540/2010, wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde vom als unbegründet ab und bestätigte somit die Bescheide der Abgabenbehörde. Das BFG sprach aus, dass Poker in der Variante Texas Hold'em durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes () auf Basis eines Sachverständigengutachtens als Glücksspiel klassifiziert worden sei. Die belangte Behörde habe das von der Bf. veranstaltete Pokerturnier somit zu Recht wegen der vorwiegenden Zufallsabhängigkeit der Kartenverteilung als Glücksspiel iSd § 1 Abs.1 GSpG qualifiziert. Es liege daher keine Rechtswidrigkeit darin begründet, dass mit den angefochtenen Bescheiden gegenüber der Bf. als Veranstalterin gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z7 lit.b GebG die Gebühr ausgehend von der anhand der bekanntgegebenen Turnierdaten ermittelten Bemessungsgrundalgen festgesetzt worden sei.

Dagegen erhob die ***Bf*** außerordentliche Revision an den VwGH, welche mit Beschluss vom , Ra 2017/16/0035, zurückgewiesen wurde.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde Aussetzungszinsen in Höhe von € 84.222,16 für den Zeitraum vom bis fest.

Antrag auf Nachsicht

Mit Schriftsatz vom brachte die ***Bf*** bei der belangten Behörde einen Antrag auf Nachsicht gem. § 236 BAO hinsichtlich der Gewinstgebühr 2010 und Aussetzungszinsen in der Höhe von insgesamt € 674.161,86 ein.

Begründend führte sie unter anderem aus:

"2.2 Persönliche Unbilligkeit

(20) Die persönliche Unbilligkeit ergibt sich im konkreten Fall schon daraus, dass der für das einwöchige Pokerturnier festgesetzte Betrag in Höhe von EUR 589.939,69 mehr als ein Drittel des Jahresumsatzes der Revisionswerberin in Höhe von EUR 1.519.828,92 per ausmacht. Er ist auch höher als das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen der Revisionswerberin zum .

(21) Weiters ist die Abgabe auch wesentlich höher als die Erlöse aus dem Turnier des Jahres 2010.

(22) Die Abgabenpflicht kommt überdies auch überraschend da die mit einer Stattgabe durch den VwGH rechnete.

(23) Weiters muss die überlange Verfahrensdauer von bis (also sieben Jahre) berücksichtigt werden. Daran trifft die Antragstellerin kein Verschulden. Die Schuld stellt eine sehr alte Abgabenschuld dar.

(24) Zu guter Letzt ist die Abgabe in dieser Höhe auch ruinös, da sie in keinem Verhältnis zu den Erträgen und dem Vermögen steht und die Entrichtung die Vermögensverschleuderung erfordern würde.

2.3.Sachliche Unbilligkeit

(25) Das Vorliegen sachlicher Unbilligkeit ist zu bejahen, wenn es zu einer anormalen Belastungswirkung und im Vergleich zu ähnlichen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt, wobei die Unbilligkeit in den Besonderheiten des Einzelfalls begründet sein muss und nicht lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage sein darf (; 93/15/0072)."

Im gegenständlichen Fall sei die Besonderheit des Einzelfalls darin gelegen, dass:

  1. die Abgabepflicht des Pokerturnieres in Salzburg für die Antragstellerin im März 2010 nicht vorhersehbar gewesen sei.

  2. die Antragstellerin fest davon ausgegangen sei, dass das Turnier nicht abgabenpflichtig ist, da der Ausgang eines Turniers in der Spielvariante Texas Hold'em tatsächlich eben nicht vom Zufall sondern vom Geschick der Spieler abhänge, und es sich um ein Geschicklichkeitsspiel handle.

  3. die Antragstellerin auch davon ausgehen hätte können, dass es sich um ein Geschicklichkeitsspiel handle, da im Jahr 2009, also bevor das Turnier stattfand, mehrere Quellen die Eigenschaft des ausgetragenen Spieles als Geschicklichkeitsspiel bestätigt hätten

  4. die Abgabe auch nicht auf die Spieler überwälzbar gewesen sei, da die Abgabe so hoch gewesen sei, dass die Spieler gar nicht am Turnier teilgenommen hätten, wenn eine Abgabe in dieser Höhe eingehoben worden wäre. Selbst wenn die Abgabe vorhersehbar gewesen wäre, wäre sie nicht überwälzbar gewesen.

  5. eine anormale Belastungswirkung bereits darin bestehe, dass der für das einwöchige Turnier festgesetzte Betrag die Erlöse aus dem Turnier übersteige

  6. im Vergleich dazu die Betreiber von Spielbanken, welche schon damals ebenfalls Pokerspiele anbieten konnten, von der Entrichtung der Gewinstgebühr ausgenommen waren.

  7. die Belastung somit sowohl für sich genommen als auch im Vergleich mit anderen Veranstaltungen und im Vergleich mit der Belastung anderer Anbieter anormal hoch sei.

Aus diesen Erwägungen ergebe sich, dass die Einhebung der Abgaben im gegenständlichen Fall unbillig sei und folglich in einem nächsten Schritt zu beurteilen sei, ob das behördliche Ermessen im Sinne einer Bewilligung der Nachsicht nach § 236 BAO auszuüben ist. Im konkreten Fall würden die unklare Rechtslage des Jahres 2010, das berechtigte Vertrauen der Antragstellerin auf Gutachten und Literatur sowie die überlange Verfahrensdauer für eine Ermessensübung zugunsten der Antragstellerin sprechen. Eine zumindest teilweise Nachsicht wäre darüber hinaus auch zweckmäßig, da dies die Einbringlichkeit verbessern und unnötige Schritte zur Einbringlichmachung ersparen würde.

Die ***Bf*** beantragte, die die Abgaben in Höhe von insgesamt EUR 674.161,86 (davon € 589.939,69 Gewinstgebühr und € 84.222,17 Aussetzungszinsen) gem. § 236 BAO durch Abschreibung nachzusehen.

Bekämpfter Bescheid

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag vom betreffend Nachsicht in Höhe von € 674.161,86 abgewiesen. Begründend führte diese aus:

"Gemäß § 236 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten nachgesehen werde, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe kann eine sachliche oder persönliche sein. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung einer Abgabe die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers gefährdet. Persönliche Unbilligkeit kann neben Existenzgefährdung auch schon vorliegen, wenn die Abgabeneinhebung mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, etwa indem nur noch die Veräußerung von Vermögen möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleich käme. Bei einer Uneinbringlichkeit des Abgabenrückstandes liegt eine persönliche Unbilligkeit (Existenzgefährdung durch eine drohende Abgabeneinhebung) im Sinne des § 236 BAO nicht vor.

Im Nachsichtsverfahren trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Er hat somit einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann. Legt der Abgabenpflichtige jene Umstände nicht dar, aus denen sich die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe ergibt, so ist es allein schon aus diesem Grund ausgeschlossen, eine Abgabennachsicht zu gewähren.

Eine sachliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzesaus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung kommt.

Eine Unbilligkeit des Einzelfalles ist nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage festzustellen ist, die alle Abgabepflichtigen (in vergleichbarer Situation) in gleicher Weise trifft.

Im gegenständlichen Fall hätte die Antragstellerin Vorsorge für die Entrichtung der Abgabenschuld treffen müssen. In einem Glücksspielabgabeverfahren (=Nachfolger der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z7 lit. b GebG) einer anderen Unternehmung legte der Verwaltungsgerichtshof erst kürzlich fest, dass die Anbieterin die Kartenpokerturniere so organisieren muss, dass die Glücksspielabgabe entrichtet werden kann. Das gilt auch für die gegenständlichen Rechtsgeschäftsgebühren. Vom Finanzamt Salzburg-Land wurden im Rahmen der Nachschau gemäß § 144 BAO die wesentlichen Turnierunterlagen betreffend die Teilnehmer, Buy-Ins, Rebuys, Add-ons und Gewinnränge je Turnierspiel in Form einer Niederschrift aufgenommen und durch zusätzliche Daten der Antragstellerin per E-Mail ergänzt.

Mit acht Bescheiden vom wurde die Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von € 589.939,69 festgesetzt. Die Vorsorge für die Abgabenentrichtung wäre daher für die Antragstellerin zumutbar gewesen.

Aus genannten Gründen war Ihrem Ansuchen der Erfolg zu versagen."

Beschwerde

Die ***Bf*** erhob mit Schriftsatz vom fristgerecht Beschwerde und führte ergänzend zu den bereits im Antrag getätigten Ausführungen aus, dass sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheids der belangten Behörde den zugrundeliegenden festgestellten Sachverhalt nicht erkennen lasse und sie sich auf ein VwGH Erkenntnis stütze, ohne das Datum und die Geschäftszahl der Entscheidung anzuführen. Die Beschwerdeführerin vermute, dass sich die belangte Behörde auf das Erkenntnis des , stütze, jedoch seien die dem Erkenntnis zugrunde liegenden Erwägungen des VwGH nicht für den gegenständlichen Fall relevant.

Der beschwerdegegenständliche Zeitraum betreffe die Rechtslage im Jahr 2010. Die Qualifikation der verschiedenen Pokervarianten als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel sei vor der Glücksspielgesetz Novelle 2008 überaus strittig gewesen.

Das Argument, dass ein abgabepflichtiges Ereignis so organisiert werden müsse, dass die Abgabe entrichtet werden kann, verfange nur dann, wenn aufgrund der Rechtslage und für den Abgabepflichtigen erkennbar war, dass er einer Abgabepflicht unterliege. Die Rechtslage und Rechtsprechung war allerdings im Zeitpunkt der Durchführung des Pokerturniers keineswegs so, dass die Abgabenpflicht vorhersehbar gewesen sei. Eine Vorsorge zur Abgabenentrichtung könne einem Abgabepflichtigen nur dann zugemutet werden, wenn die Abgabepflicht erkennbar sei.

Auch der VwGH sehe das Unterlassen der Vorsorge für die fristgerechte und vollständige Abgabenentrichtung nur dann als im Rahmen der Ermessensausübung relevante Pflichtverletzung an, wenn die Vorsorge möglich gewesen wäre (; , 2010/15/0077). Die Vorsorge hätte darin bestehen können, die Abgabe bei den Teilnehmern des Pokerturniers im März 2010 einzuheben. Da die Abgabepflicht für die Beschwerdeführerin allerdings nicht vorhersehbar war, war eine Vorsorge zur Abgabenentrichtung nicht möglich. Aufgrund der exorbitanten Höhe der Abgabe hätte diese auch nicht aus der Substanz und dem laufenden Betrieb der Beschwerdeführerin finanziert werden können. Aus der mangelnden Vorsorge für die Abgabenentrichtung könne daher keine im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigende Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin abgeleitet werden.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dazu wurde ergänzend zur Bescheidbegründung ausgeführt:

"Gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b Gebührengesetz (GebG) in der Fassung vor dem BGBl. I 2010/54 unterliegen Glücksspiele (§ 1 Abs. 1 GSpG), die von einem Veranstalter angeboten werden, einer Rechtsgebühr von 25% vom Gewinn.

Diese Rechtsgeschäftsgebühr fiel für den Abschluss der dem Kartenpokerturnier zugrundeliegenden Spielverträge für die ***Bf1*** als Veranstalter an. Aus der Formulierung des Gesetzestextes ergibt sich, dass der Veranstalter an den einzelnen Spielverträgen nicht beteiligt sein und die "Gebühr von ihm unbekannten Gewinnen" entrichten muss. Da diese Rechtsgebühr jeder auslöst, der Kartenpokerspiele (-turniere) veranstaltet, kann im gegenständlichen Fall kein außergewöhnlicher Geschehensablauf, der vom Antragsteller nicht beeinflussbar ist, festgestellt werden. Bei der vom Finanzamt Salzburg-Land, im Rahmen einer Nachschau gemäß § 144 Bundesabgabenordnung, durchgeführten Nachschau wurden die wesentlichen Turnierunterlagen betreffend die Teilnehmer, Buy-Ins, Rebuys, Add-ons und Gewinnränge je Turnierspiel in Form einer Niederschrift aufgenommen.

Nach Ergänzung dieser Daten durch die Antragstellerin per E-Mail wurde die Rechtsgeschäftsgebühr mit acht Bescheiden am in Höhe von € 589.939,69 festgesetzt. Die dagegen am eingebrachte Beschwerde wurde mit BFG-Erkenntnis vom , RV/6100540/2010 als unbegründet abgewiesen.

Zudem ergibt sich nach der ständigen Judikatur zu den Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG (bzw. den diesen nachfolgenden Glücksspielabgaben), dass die Vorschreibung einer Gebühr von 25% des versprochenen Gewinns eines von einem Veranstalter angebotenen oder organisierten Glücksspiels weder unverhältnismäßig noch unsachlich ist und im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt (, E 1788/2014), die Anbieterin die Kartenpokerspiele so organisieren muss, dass die Glücksspielabgabe/Rechtsgebühr entrichtet werden kann (; Rn 35, 36), veranstaltetes Kartenpokerspiel der Rechtsgeschäftsgebühr (jetzt Glücksspielangabe) unterliegt (Beschlüsse ; ; ; ; ; - W/02; , RV/1338-W/05, RV/1662-W/06, RV/1663- W/06, RV/1664-W/06, RV/1665-W/06, RV/1666-W/06, RV/1667-W/06, RV/1668- W/06, RV/1669-W/06; -1/10; -1/10; -G/11; RV/0746-G/11 ; uvam).

Es liegt somit weder persönliche noch sachliche Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO vor. Aus genannten Gründen war Ihrer Beschwerde der Erfolg zu versagen."

Vorlageantrag

Im Vorlageantrag vom führte die ***Bf*** im Wesentlichen aus wie in ihrer Beschwerde und beantragte die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Vorlage an das BFG

Mit Vorlagebericht vom - eine Kopie davon erging an die ***Bf*** - legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In ihrer Stellungnahme führte sie aus:

"Betreffend der sachlichen Unbilligkeit wird auf die bisherigen Ausführungen und das Erkenntnis des zu einem gleichgelagerten Fall verwiesen. Hier stellte, das BFG eindeutig fest, dass keine sachliche Unbilligkeit vorliegt […]

Zur persönlichen Unbilligkeit ist zu ergänzen, dass die Beschwerdeführerin diese der Behörde geeignet darlegen muss. Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt - da es um die Unbilligkeit der Einhebung nach der "Lage des Falles" geht - beim Nachsichtswerber, ihn trifft eine erhöhte Mitwirkungspflicht (; , 97/14/0091; ; Stoll, BAOKommentar, 2422-2423). Die Bf. hat "einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann". Es sind nur die von der Bf. geltend gemachten Gründe zu prüfen. (Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 236 Anm 1 unter Verweis auf ). Aus dem Vorbringen ergibt sich jedoch nicht das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit.

Im gegenständlichen Fall hätte die Bf. aber Vorsorge für die Abgabenentrichtung treffen müssen. Der Verfassungsgerichtshof hat ua. im B 1357 (zu ) einen Pokeranbieter darauf hingewiesen, dass er selbst es in der Hand habe, Vorkehrungen für die Entrichtung der Abgabenschuld zu treffen. In einem Glücksspielabgabenverfahren (=Nachfolger der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG) einer anderen Unternehmung legte der Verwaltungsgerichtshof erst kürzlich fest, dass die Anbieterin die Kartenpokerspiele so organisieren muss, dass die Glücksspielabgabe entrichtet werden kann ( Rn 35, 36). Das gilt auch für die gegenständlichen Rechtsgeschäftsgebühren.

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt im Rechtsgeschäftsgebührenfall BFG-Erkenntnis vom , RV/6100540/2010 wurden von der Bf. dem Finanzamt im Rahmen der Nachschau gemäß § 144 BAO während Abhaltung des Turniers die Turnierdaten durch die Veranstalterin bekanntgegeben. Daraus gehen die einzelnen Teilnehmer, Buy-In-Beträge, gegebenenfalls Rebuys, Add-ons und Gewinnränge je Turnierspiel hervor. In einer ergänzenden E-Mail teilte die Bf ergänzende Daten bezüglich des ersten und letzten Turnierspiels, insbesondere die Anzahl der Teilnehmer und Rebuys, mit. Die "Bf." erhielt als Entgelt bei den Turnieren das jeweilige entry-fee laut Spielplan. Die Vorsorge für die Abgabenentrichtung wäre daher für die Bf. zumutbar gewesen und sie hätte das Kartenpokerturnier so organisieren können, dass die Rechtsgeschäftsgebühren entrichtet werden können. Gerade bei Turnieren ist dies absolut möglich. Die Bf. kann sich nicht darauf zurückziehen, dass sie die Gebühren nicht bezahlen müsse, weil ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis in ihrem Fall vorliege. Die Bf hat keinerlei Vorkehrungen getroffen. Die Unbilligkeit ist eine tatbestandsmäßige Voraussetzung, da im Fall der Bf. sowohl die persönliche als auch die sachliche Unbilligkeit verneint wurde, ist für eine Ermessensentscheidung, eine Nachsicht zu gewähren oder nicht, kein Raum mehr."

Ermittlungs- und Vorhalteverfahren BFG

Aufgrund einer Firmenbuchabfrage wurde dem BFG bekannt, dass mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom ***1***, ***2***, über die ***Bf1*** (FN ***3***) der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst wurde. Als Masseverwalterin wurde Frau Mag. Dr. Ulla Reisch bestellt.

Mit wurde der Masseverwalterin zur Vorbereitung auf die beantragte mündliche Senatsverhandlung die Sach- und Rechtslage dargelegt, wie sie sich aus Sicht der Berichterstatterin zum derzeitigen Zeitpunkt darstellt und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme bzw. Modifizierung ihrer Anträge gegeben.

Mit per FAX eingebrachtem Schriftsatz vom teilte Dr. Ulla Reisch als Masseverwalterin mit, dass die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurückgezogen werden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die ***Bf*** veranstaltete im Rahmen eines Kartenpokerturniers vom und Turnierspiele der Pokervariante Texas Hold'Em.

Die Rechtsgeschäftsgebühr gem. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit.b. GebG war mit 8 Bescheiden vom in Höhe von € 589.939,69 durch die belangte Behörde festgesetzt worden. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit BFG-Erkenntnis vom , RV/6100540/2010 als unbegründet abgewiesen.

Aufgrund des Rechtsmittelverfahrens war der Betrag von € 589.939,69 vom bis ausgesetzt und wurden durch die belangte Behörde am gemäß § 212a Abs. 9 BAO Aussetzungszinsen in Höhe von € 84.222,16 festgesetzt.

Am stellte die ***Bf*** einen Antrag an die belangte Behörde betreffend Gewährung einer Nachsicht gem. § 236 BAO (und Antrag auf Zahlungserleichterung gem. § 212 BAO - hier nicht verfahrensgegenständlich) der Gewinstgebühr 2010 und Aussetzungszinsen in Höhe von insgesamt € 674.161,86. Der Antrag auf Nachsicht vom wurde mit persönlicher und sachlicher Unbilligkeit der Einhebung der Glücksspielabgabe begründet (siehe ausführlich dazu im Verfahrensgang):

Als Argument für die persönliche Unbilligkeit wurde angeführt, dass sich diese insbesondere aus dem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen dem festgesetzten Betrag und der im Rahmen des Turniers tatsächlich erzielten Erlöse ergebe, die festgesetzte Abgabe mehr als ein Drittel des Jahresumsatzes ausmache bzw. höher als das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen sei. Die Abgabe sei ruinös, die Entrichtung würde eine Vermögensverschleuderung erfordern. Zudem müsse die überlange Verfahrensdauer berücksichtigt werden.

Als Argument für die sachliche Unbilligkeit wurde angeführt, dass aufgrund der geltenden Rechtslage im Zeitpunkt der Durchführung des Turniers für die ***Bf*** eine Abgabenpflicht des Pokerturniers nicht vorhersehbar gewesen sei, da die ***Bf*** davon ausging, dass es sich bei der Spielvariante Texas Hold'em um ein Geschicklichkeitsspiel handle. Zudem sei die Abgabe nicht auf die Spieler überwälzbar.

Es komme daher zu einer anormalen Belastungswirkung, dies verglichen sowohl mit anderen Veranstaltungen als auch mit der Belastung anderer Anbieter.

Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen, dass keine Unbilligkeit vorliege, zumal die ***Bf*** Vorsorge für die Entrichtung der Abgabenschuld hätte treffen müssen. Die Rechtsgeschäftsgebühr sei mit acht Bescheiden vom festgesetzt worden. Die Vorsorge für die Abgabenentrichtung wäre daher für die ***Bf*** zumutbar gewesen.

Dagegen richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom .

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen und in der Folge von der ***Bf*** am ein Vorlageantrag gestellt.

Der gleichzeitig mit dem Antrag auf Nachsicht einbrachte Antrag auf Zahlungserleichterung wurde mit Bescheid vom abgewiesen.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom ***1***, ***2*** wurde über die ***Bf1*** (FN ***3***) der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst wurde. Als Masseverwalterin wurde Frau Mag. Dr. Ulla Reisch bestellt.

2. Beweiswürdigung

Der Verfahrensgang und die daraus folgenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde elektronisch vorlegten Aktenteilen, welche vom Bundesfinanzgericht ebenso eingesehen wurden, wie die dem Nachsichtansuchen zugrundeliegende Gebührensache, welche mit Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/6100540/2010, (abweisend) erledigt wurde.

Zudem wurde im Vorhalteverfahren den Verfahrensparteien durch die Berichterstatterin Ausführungen zum vorläufigen Verfahrensgang bzw. Sachverhalt dargelegt und blieben diese unbestritten.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 BAO als erwiesen angenommen werden.

Die Feststellungen hinsichtlich des Konkursverfahrens ergeben sich aus den Abfragen des Firmenbuches sowie der Insolvenzdatei.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

§ 236 BAO idgF lautet:

(1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

(3) Die Bestimmungen des § 235 Abs. 2 und 3 gelten auch für die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten.

Gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG in der Fassung vor BGBl I Nr. 54/2010 (GSpG-Novelle 2008) unterliegen der Gebühr Glücksverträge, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteils versprochen und angenommen wird:

Z 7: Glücksspiele (§ 1 Abs. 1 GSpG), die von einem Veranstalter angeboten oder organisiert werden, und sonstige Veranstaltungen, die sich an die Öffentlichkeit wenden und bei denen den Teilnehmern durch Verlosung Gewinste zukommen sollen,

Z 7 lit. b: wenn die Gewinste in Geld bestehen, vom Gewinst 25%

Rechtliche Würdigung

Mit Rücksicht auf das Erfordernis eines Antrages und in Anbetracht der Interessenslage hat bei Nachsichtsmaßnahmen der Nachsichtswerber einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann. Wenn das Antragsvorbringen des Nachsichtswerbers nicht die gebotene Deutlichkeit und Zweifelsfreiheit aufweist, so kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () eine mangelnde Ermittlungstätigkeit der Abgabenbehörde nicht als Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeworfen werden.

Da es um die Unbilligkeit der Einhebung nach der "Lage des Falles" geht, liegt das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtswerber; daher trifft ihn eine erhöhte Mitwirkungspflicht (, 97/14/0091; ; Ritz/Koran, BAO7 zu § 236 Rz 4.) Demzufolge hat die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des VwGH im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht auch nur die vom Nachsichtswerber geltend gemachten Gründe zu prüfen (; ; ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der vom Gesetzgeber geforderte Tatbestand der Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Allgemeinen dann gegeben, wenn die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen steht, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder den Steuergegenstand ergeben, also ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgaben und den im subjektiven Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen vorliegt.

Die Unbilligkeit kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein.

Zur persönlichen Unbilligkeit

Eine "persönliche" Unbilligkeit liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers bzw. seiner Familie gefährdet. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht nicht unbedingt der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleich käme (siehe Ritz/Koran, BAO7, zu § 236, Rz 10 und dort angegebene Judikatur). Einbußen an vermögenswerten Interessen, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind und die jeden gleich berühren, stellen eine Unbilligkeit nicht dar.

Die Unbilligkeit wird vom Gesetz nicht als abstrakter Standardwert normiert, sondern ist als einzelfallbedingte persönliche Beschwer gedacht, die überdies nicht isolierend auf den Einzelfall bezogen zu verstehen ist, sondern auch unter Bedachtnahme auf alle Abgabepflichtigen in gleichartigen Situationen. (Stoll, BAO-Kommentar 2432 und die dort angegebene Judikatur).

Eine Unbilligkeit ist nach der Judikatur jedoch dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte (zB ; , 2006/15/0278; , 2013/15/0173; , 2013/16/0114).

Die ***Bf*** bringt in diesem Zusammenhang vor, dass der für ein einwöchiges Pokerturnier festgesetzte Betrag mehr als ein Drittel des Jahresumsatzes der ***Bf*** ausmache und dieser Betrag auch höher sei als das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen zum . Zudem sei die Abgabe wesentlich höher als die Erlöse aus dem Turnier, weshalb die Einhebung der Abgaben eine existenzgefährdende Wirkung auf die ***Bf*** hätte. Darin sieht die ***Bf*** eine persönliche Unbilligkeit, insbesondere da die Abgabe in dieser Höhe in keinem Verhältnis zu den Erträgen und dem Vermögen stehe und die Entrichtung einer Vermögensverschleuderung erfordern würde.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Notwendigkeit, Vermögenswerte - und sei es auch Grundvermögen - zur Abgabenentrichtung heranzuziehen, für sich die Abgabenentrichtung noch nicht unbillig erscheinen lässt ().

Der Verfassungsgerichtshof führt in seinem (zu ) aus, dass der Veranstalter es selbst in der Hand habe, Vorkehrungen für die Entrichtung der Abgabenschuld zu treffen.

Laut Verwaltungsgerichtshof () haben Anbieter bzw. Betreiber von Kartencasinos, Kartenspiele so zu organisieren müssen, dass die Glücksspielabgabe entrichtet werden kann. Warum die ***Bf*** keinerlei Vorkehrungen für die Entrichtung der Gewinstgebühr getroffen hat, wird von ihr nicht erklärt. Dazu kommt auch, dass Nachteile, Verluste, Vermögenseinbußen, mit denen jeder rechnen muss, der sich wirtschaftlich betätigt, insbesondere solche Verluste, die im Rahmen des gewöhnlichen Unternehmerwagnisses liegen, die Einhebung nicht unbedingt unbillig machen, auch wenn die einzuhebende Abgabe mit Sachverhalten verbunden ist, die später zu Vermögensminderungen oder Verlusten führen; auch führt die Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben nicht zur Unbilligkeit, wenn die wirtschaftliche Hoffnung, welche mit dem abgabenauslösenden Geschäft verbunden wurde fehlschlägt (siehe dazu ).

Die Nachsicht ist laut höchstgerichtlicher Entscheidungen des sowie insbesondere dann nicht zu bewilligen, wenn seitens des Steuerpflichtigen keine Vorsorge für die fristgerechte und vollständige Abgabenentrichtung getroffen wurde, obwohl diese möglich gewesen wäre. Die Vorsorge für die Abgabenentrichtung wäre für die ***Bf*** zumutbar gewesen und sie hätte das Kartenpokerturnier so organisieren können, dass die Abgaben entrichtet werden hätten können.

Zur sachlichen Unbilligkeit

Sachliche Unbilligkeit einer Abgabeneinhebung ist grundsätzlich in Fällen anzunehmen, in denen das ungewöhnliche Entstehen einer Abgabenschuld zu einem unproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen führt. Der in der anormalen Belastungswirkung und verglichen mit ähnlichen Fällen, im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (siehe Ritz/Koran, BAO7 zu § 236 Rz 11; ; ).

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die sachliche Unbilligkeit eine Unbilligkeit der Einhebung und nicht eine Unbilligkeit der Festsetzung sein muss (). Die Nachsicht dient nicht dazu, im Festsetzungsverfahren unterlassene Einwendungen nachzuholen ().

Sofern die ***Bf*** eine Unbilligkeit darin erblickt, dass ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen dem festgesetzten Abgabenbetrag und der im Rahmen des Turniers tatsächlich erzielten Erlöse ergebe, sodass die festgesetzte Abgabe mehr als ein Drittel des Jahresumsatzes der ***Bf*** ausmache und sohin ruinös sei, ist auszuführen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () eine Nachsicht nicht dazu dient, Unrichtigkeiten der Abgabenfestsetzung zu beseitigen.

Auf die Behauptung der Unbilligkeit im Sinn von inhaltlicher Unrichtigkeit eines Abgabenbescheides kann daher ein Nachsichtsansuchen grundsätzlich nicht mit Erfolg gestützt werden. Ein Nachsichtsverfahren darf nicht zu dem Zweck in Anspruch genommen werden, ein Verfahren zur Abgabenfestsetzung neu aufzurollen, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel des Verfahrensrechtes nicht oder erfolglos angewendet worden sind ().

Ein Verfahren nach § 236 BAO ist somit nicht das geeignete Mittel für eine nachträgliche inhaltliche Kontrolle der im Abgabenverfahren ergangenen Entscheidungen und ersetzt auch kein Beschwerdeverfahren vor den Höchstgerichten (vgl. ).

Dazu ist anzumerken, dass im gegenständlichen Fall gegen die Festsetzung der nachsichtsgegenständlichen Abgaben eine Berufung erhoben wurde, welche in der Folge durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/6100540/2010, erledigt wurde (Abweisung). Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit , zurückgewiesen.

Das gegenständliche Verfahren kann daher nicht dazu dienen, die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung bzw. der Nebengebühren (neuerlich) zu prüfen.

Die Einhebung von Aussetzungszinsen (§ 212a Abs 9 BAO) ist im Hinblick darauf, dass sie durch den vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung strittiger Abgaben ausgelöst wurden, nicht sachlich unbillig; dies auch im Hinblick auf den Zinsengewinn durch den Zahlungsaufschub (; ; ). Da es im Einflussbereich des Abgabepflichtigen liegt, das Entstehen der Aussetzungszinsen in gegebenenfalls beträchtlicher Höhe durch Entrichtung der ausgesetzten Abgaben zu verhindern, kann auch eine allfällige lange Dauer des Beschwerdeverfahrens keine sachliche Unbilligkeit in der Einhebung der dadurch aufgelaufenen Aussetzungszinsen (denen außerdem der Aspekt des Zinsengewinnes durch den Zahlungsaufschub beim Abgabepflichtigen gegenübersteht) begründen (; Ritz/Koran, BAO7, § 236 Rz 15-17)

Es ist weiters darauf zu verweisen, dass die Notwendigkeit, Vermögenswerte - und sei es auch Grundvermögen - zur Abgabenentrichtung heranzuziehen, für sich die Abgabenentrichtung noch nicht unbillig erscheinen lässt (). Nur wenn etwa die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt (Vorsorge für die Abgabenentrichtung) allein durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung nach den Gegebenheiten des Falles einer Vermögensverschleuderung gleichkäme, könnte darin eine Unbilligkeit der Einhebung gegeben sein (Stoll, BAO-Kommentar 2433 und die dort angegebene Judikatur). Ein derartiges Vorbringen hat die ***Bf*** nicht getätigt, sie nennt nur Existenzgefährdung, die mit der Höhe der Abgabenschuld begründet wird.

Als Argumente für das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit wurde durch die ***Bf*** angeführt, dass aufgrund der geltenden Rechtslage im Zeitpunkt der Durchführung des Turniers für die ***Bf*** eine Abgabenpflicht des Pokerturniers nicht vorhersehbar gewesen sei, da die ***Bf*** zudem auch davon ausging, dass es sich bei der Spielvariante Texas Hold'em um ein Geschicklichkeitsspiel handle. Des weiteren sei die Abgabe (auch deshalb) nicht auf die Spieler überwälzbar gewesen. Im Übrigen zeige sich die anormale Belastungswirkung auch im Vergleich zu den Betreibern von Spielbanken, welche von der Entrichtung der Gewinstgebühr befreit gewesen seien.

Diesbezüglich ist - von der belangten Behörde zutreffend in ihrer Beschwerdevorentscheidung ausgeführt - auf die ständige Judikatur zu den Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG (bzw. den diesen nachfolgenden Glücksspielabgaben) zu verweisen, wonach

  1. die Vorschreibung einer Gebühr von 25% des versprochenen Gewinns eines von einem Veranstalter angebotenen oder organisierten Glücksspiels weder unverhältnismäßig noch unsachlich ist und im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt (, E 1788/2014),

  2. die Anbieterin die Kartenpokerspiele so organisieren muss, dass die Glücksspielabgabe/Rechtsgebühr entrichtet werden kann (; Rn 35, 36),

  3. veranstaltetes Kartenpokerspiel der Rechtsgeschäftsgebühr (jetzt Glücksspielangabe) unterliegt (Beschlüsse ; ; ; ; ; - W/02; , RV/1338-W/05, RV/1662-W/06, RV/1663- W/06, RV/1664-W/06, RV/1665-W/06, RV/1666-W/06, RV/1667-W/06, RV/1668- W/06, RV/1669-W/06; -1/10; -1/10; -G/11; RV/0746-G/11 ; uvam).

Insbesondere die Judikatur zur Rechtsgebührenpflicht von Kartenpokerspielen zeigt, dass es für die ***Bf*** nicht völlig unvorhersehbar gewesen sein konnte, dass für die gegenständliche Pokerveranstaltung Abgaben zu entrichten sein werden. Der Argumentation der ***Bf***, wonach sie sich darauf verlassen habe, dass es sich beim Poker um ein Geschicklichkeitsspiel handle, geht ins Leere, da auch im Zeitpunkt der Veranstaltung des Pokerturniers durch die ***Bf*** bereits ausreichend Judikatur des VwGH und UFS - insbesondere , auf welche ausführlich in der Entscheidung des hinsichtlich nachsichtsgegenständlicher Rechtsgeschäftsgebühr hingewiesen wurde - vorhanden war. Im gegenständlichen Fall hätte die ***Bf*** in Ausübung der zumutbaren Sorgfalt Vorsorge für die Abgabenentrichtung treffen müssen.

Der Verfassungsgerichtshof hat auch in einigen Beschlüssen festgehalten, dass die Ausgestaltung der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG (u.a. ) nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überschreitet.

Der Einwand, es läge eine anormale Belastungswirkung vor, weil der festgesetzte Betrag die Erlöse aus dem Turnier übersteige und Betreiber von Spielbanken von der Entrichtung der Gewinstgebühr ausgenommen seien, erscheint vor dem Hintergrund der angeführten Judikatur nicht Erfolg versprechend und vermag daher auch keine sachliche Unbilligkeit zu begründen, zumal die Begründung einer behaupteten Unbilligkeit im Sinn einer inhaltlichen Unrichtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides kein erfolgreiches Argument für eine Nachsicht sein kann, da es Sache des bereits entschiedenen abgabenrechtlichen Verfahrens ist ().

Aus den genannten Gründen in Zusammenschau mit der höchstgerichtlichen Judikatur war weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit erkennbar, weshalb sich auch die Frage nach der Ermessensausübung nicht stellt.

Gemäß dem vorliegenden Firmenbuchauszug wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***1***, aufgrund der Eröffnung des Konkursverfahren über die ***Bf***, die Gesellschaft aufgelöst wird.

Laut Ediktsdatei wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom die Schließung des Unternehmens angeordnet.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () stellt sich die Frage der Existenzgefährdung bei bereits eingestelltem Betrieb nicht (mehr). Dies muss auch für ein Unternehmen gelten, das aufgrund der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst und die Schließung des Unternehmens angeordnet wurde. Aufgrund des Umstandes, dass die Gesellschaft wegen des Konkursverfahrens aufgelöst wurde, kann ebenfalls keine Unbilligkeit erkannt werden.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen, ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Wien, am

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