Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.10.2023, RV/3100376/2023

Wiederaufnahme im Zuge einer Betriebsprüfung, nachdem zuvor bereits eine Nachschau stattgefunden hat

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 4050/2023 anhängig.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/3100376/2023-RS1
Findet eine Außenprüfung für einen Zeitraum statt, für den bereits zuvor eine Nachschau stattgefunden hat, so stellt dies keine unzulässige Wiederholungsprüfung im Sinne des § 148 Abs. 3 BAO dar, da diese Bestimmung rein formell darauf abstellt, ob für dieselbe Abgabenart und denselben Zeitraum bereits zuvor ein Prüfungsauftrag erteilt wurde (vgl. ).
RV/3100376/2023-RS2
Bei der Wiederaufnahme von Amts wegen aufgrund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel kommt es auf den Kenntnisstand der abgabenfestsetzenden Stelle zum Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides an, weshalb es der Wiederaufnahme grundsätzlich auch nicht entgegenstünde, wenn ein Prüforgan im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis gehabt hätte (vgl. ; , 2011/15/0106).
RV/3100376/2023-RS3
Die Tatsache, dass eine frühere abgabenbehördliche Prüfung ein bestimmtes Vorgehen des Abgabepflichtigen unbeanstandet ließ, hindert die Abgabenbehörde nicht daran, dasselbe Vorgehen für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen (; , 98/15/0150). Vielmehr ist die Abgabenbehörde sogar verpflichtet, von einer unrichtigen Tatsachenwürdigung oder Rechtsansicht abzugehen, sobald sie ihr Fehlverhalten erkennt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Müllerstraße 27, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Wiederaufnahme der Einkommensteuer- und Umsatzsteuerverfahren für die Jahre 2013 bis 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

Beim Beschwerdeführer (Bf.) fand im Jahr 2015 eine Außenprüfung hinsichtlich der Jahre 2010 bis 2012 statt. Gegenstand dieser Außenprüfung waren laut Prüfungsauftrag und -bericht die Einkommensteuer sowie die Umsatzsteuer für diese Jahre sowie die Immobilienertragsteuer für 2012. Mit der Vorprüfung verbunden war eine Nachschau für den Zeitraum 2013 bis 2014 hinsichtlich der Umsatzsteuer und der Immobilienertragsteuer. Diese Prüfung fand im Namen und Auftrag des zuständigen Finanzamts Innsbruck statt, wurde aber von einem Prüforgan des Finanzamts Kufstein Schwaz durchgeführt, welches im Rahmen der Prüfung funktional als Organ des Finanzamts Innsbruck tätig wurde (sogenannte "Gegenprüfung"). Diese Amtshandlung wird in diesem Erkenntnis in weiterer Folge als "Vorprüfung" bezeichnet.

Im Jahr 2017 fand beim Bf. eine Außenprüfung hinsichtlich der Jahre 2013 bis 2015 statt. Gegenstand dieser Außenprüfung waren laut Prüfungsauftrag und -bericht die Einkommensteuer sowie die Umsatzsteuer für diese Jahre. Sie wurde unmittelbar von einem Organ des zuständigen Finanzamts Innsbruck durchgeführt. Diese Amtshandlung wird in diesem Erkenntnis in weiterer Folge als "strittige Prüfung" bezeichnet.

Bei der strittigen Prüfung hat die Abgabenbehörde mehrere Feststellungen getroffen, die im Wesentlichen alle darauf hinauslaufen, dass bestimmte Ausgaben des Bf. im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht als Betriebsausgaben anerkannt wurden bzw. der entsprechende Vorsteuerabzug aberkannt wurde.

Am erließ das Finanzamt Innsbruck infolge der strittigen Prüfung neben den hier gegenständlichen Wiederaufnahmebescheiden neue Sachbescheide und Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen. Gegen all diese erhob der Bf. mit Schreiben vom , bei der Behörde eingebracht am , rechtzeitig Beschwerde.

Hinsichtlich der neuen Sachbescheide - aber nicht der ebenfalls angefochtenen Wiederaufnahmebescheide - erließ die Behörde am diverse Beschwerdevorentscheidungen, gegen welche der Bf. am rechtzeitig einen Vorlageantrag stellte. Daraufhin wurde die Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Im Zuge der Finanzorganisationsreform trat mit das Finanzamt Österreich an die Stelle der bescheiderlassenden Behörde. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die Rechtssache betreffend die neuen Sachbescheide der mit neu besetzten Gerichtsabteilung 4013 zugewiesen.

Nachdem die Abgabenbehörde zunächst nur über die Beschwerde hinsichtlich der neuen Sachbescheide entschieden und es verabsäumt hatte, auch Beschwerdevorentscheidungen zu den Wiederaufnahmebescheiden zu erlassen, hat die Abgabenbehörde dies nach formloser Mitteilung durch das Gericht am nachgeholt. Am brachte der Bf. hinsichtlich dieser Beschwerdevorentscheidungen rechtzeitig einen Vorlageantrag ein, woraufhin am die Vorlage an das Bundesfinanzgericht erfolgte. Am fand die vom Bf. beantragte mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf. und seiner rechtsfreundlichen Vertretung statt.

In den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden verwies die belangte Behörde zur Begründung auf die Feststellungen der strittigen Prüfung laut Niederschrift bzw. Prüfungsbericht. Im Prüfungsbericht führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass sie erst anhand der erstmals im Zuge der Prüfung vorgelegten - näher bezeichneten - Unterlagen feststellen habe können, dass vom Heizölverbrauch bislang kein Privatanteil ausgeschieden worden sei sowie bestimmte Rechnungen nicht vom Bf., sondern von seiner Versicherung bezahlt worden seien und daher keine Betriebsausgaben (gemeint: Werbungskosten) darstellen würden. Diese Tatsachen seien im Zuge des Prüfungsverfahrens neu hervorgekommen und würden die Wiederaufnahme rechtfertigen, da die Auswirkungen nicht als geringfügig anzusehen seien und dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen gewesen sei.

Der Bf. bringt dagegen im Wesentlichen vor, die strittige Prüfung sei eine unzulässige Wiederholungsprüfung gewesen; das Prüfungsverfahren sei mangelhaft gewesen, insbesondere da der Bf. bei der Schlussbesprechung nicht anwesend und der anwesende Steuerberater nicht dazu bevollmächtigt gewesen sei; überdies sei der im Zuge der strittigen Prüfung festgestellte Sachverhalt der Abgabenbehörde bereits aufgrund der Vorprüfung bei Erlassung der Erstbescheide bekannt gewesen und nicht beanstandet worden, sodass mangels neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel die Wiederaufnahme zu Unrecht erfolgt sei. Daneben bekämpft der Bf. mit umfangreicher - hier aber nicht wiederzugebender - Argumentation die neuen Sachbescheide.

2. Sachverhalt

2.1. Zur strittigen Prüfung

2.1.1. Feststellungen der strittigen Prüfung

Beim Abschluss der strittigen Prüfung (Zeitraum 2013-2015) traf das Prüforgan zusammengefasst Feststellungen des folgenden Inhalts:

1. Nichtzurverfügungstellung von Daten auf Datenträgern gemäß §§ 131 und 132 BAO trotz Vorliegens der diesbezüglichen Voraussetzungen (Tz. 1)

2. Infolge des Verkaufs von Garagenabstellplätzen im Haus ***Adresse1*** an den Sohn ***Sohn3*** sind die geltend gemachten Baukosten entsprechend zu kürzen (Tz. 2a)

3. Die Vermietung einer Wohnung im Haus ***Adresse1*** an den Sohn ***Sohn2*** stellt keine Einkunftsquelle dar, die entsprechenden Einnahmen und Ausgaben sind daher unbeachtlich und diesbezügliche Vorsteuern nicht abzugsfähig (Tz. 2b und 2c)

4. Der Bf. erklärt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter der Adresse seines eigenen Wohnsitzes, wobei es sich tatsächlich um Einkünfte des Bf. aus seiner Tätigkeit als Hausverwalter handelt (Tz. 3)

5. Der Bf. hat im Prüfungszeitraum verschiedene Rechnungen als Werbungskosten geltend gemacht, obwohl diese direkt von der Versicherung bezahlt wurden (Tz. 4, 5b und 6)

6. Der Bf. hat in den Jahren 2013 und 2015 nichtabzugsfähige Ausgaben (Kosten der privaten Lebensführung) als Werbungskosten im Rahmen der Vermietung ***Adresse2*** geltend gemacht (Tz. 5a)

7. Die AfA für die Jahre 2014 und 2015 wurde falsch berechnet, weil die Schenkung einer Wohnung im Haus ***Adresse2*** an die Tochter ***Tochter*** nicht buchwertmäßig berücksichtigt wurde (Tz. 5c)

8. Im Rahmen seiner "fiktiven Vermietung" bzw. Hausverwaltertätigkeit (Tz. 3) hat der Bf. unter dem Titel "Verwaltungskosten" nichtabzugsfähige Ausgaben als Werbungskosten geltend gemacht (Tz. 7)

9. Die Geltendmachung von Reinigungskosten im Rahmen der "fiktiven Vermietung" erfolgte aufgrund von Kassaausgangsbelegen (Barzahlungen), Rechnungen wurden offenkundig und selbst nach Angaben des Bf. von diesem nachgeschrieben, als das Prüforgan solche verlangte (Tz. 8)

10. Erhöhung der Einkommensteuervorauszahlung auf Grundlage der übrigen getroffenen Feststellungen (Tz. 9)

2.1.2. Begründung der Wiederaufnahme

In den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden verwies die belangte Behörde zur Begründung auf die Feststellungen der strittigen Prüfung laut Niederschrift bzw. Prüfungsbericht.

Der Niederschrift über die Schlussbesprechung ist lediglich zu entnehmen, dass Feststellungen hinsichtlich der Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2013 bis 2015 getroffen worden seien, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO erforderlich machen würden. Eine explizite Angabe eines konkreten Wiederaufnahmegrundes ist der Niederschrift nicht zu entnehmen.

Der Prüfungsbericht enthält nur zu einzelnen Feststellungen eine explizite Angabe eines Wiederaufnahmegrundes, nämlich zu Tz. 2c, 4, 5b und 6.

Die Wiederaufnahmebegründung zu Tz. 2c lautet:
"Erst anhand der im Zuge der Prüfung vorgelegten Unterlagen (Betriebskostenabrechnungen und Verbrauchsmäßige Aufteilung/Abrechnung Heizkosten) konnte festgestellt werden, dass bis dato der gesamte Heizölverbrauch als Aufwand geltend gemacht wurde. Bisher wurde kein Privatanteil erklärt. Diese neu hervorgekommene Tatsache stellt einen Wiederaufnahmsgrund im Sinne des § 303 (1) BAO dar. Die Wiederaufnahme betrifft die Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2013 bis 2015."

Die gleichlautenden Wiederaufnahmebegründungen zu Tz. 4, 5b und 6 lauten:
"Erst anhand der im Zuge der Prüfung vorgelegten Unterlagen (Bankkonto)konnte festgestellt werden, dass die Rechnungen Instandhaltung nicht von Herrn ***Bf1-Nachname*** bezahlt wurden. Diese neu hervorgekommene Tatsache stellt einen Wiederaufnahmsgrund im Sinne des § 303 (1) BAO dar. Die Wiederaufnahme betrifft die Einkommensteuer [Jahr]."

Zusammen decken die Feststellungen Tz. 4, 5b und 6 alle relevanten Abgabenarten und Jahre des Prüfungszeitraums ab.

Darüber hinaus enthält der Prüfungsbericht auf Seite 14 ("Prüfungsabschluss") unter der Überschrift "Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO" folgende Ausführungen:


Die dort angeführten Feststellungen enthalten u.a. folgende Ausführungen, die als (implizite und dislozierte) Wiederaufnahmegründe in Betracht kommen:

Aus Tz. 2b:
"Im Zuge der Prüfung wurde festgestellt, daß Top 1 mit den dazugehörigen Tiefgaragenabstellplätzen TG 12 und TG 13 an den Sohn ***Sohn2-Vorname*** vermietet wird. Laut Mietvertrag verzichtet der Vermieter vom (Erstbezug) bis auf die Bezahlung der Miete. Ab fällt eine monatliche Miete in der Höhe von € 495,- brutto an, die vom Sohn ***Sohn2-Vorname*** auch bezahlt wurde. Betriebskosten wurden aber keine bezahlt. Eine andere Wohnung in diesem Haus von gleicher Größe, allerdings ohne Garten, wird um € 1.800,- brutto incl. Betriebskosten vermietet (Mietvertrag aktenkundig)."

Aus Tz. 2c:
"Aufgrund der im Zuge der Prüfung festgestellten Tatsache, dass die Häuser ***Adresse1*** (Vermietung) und ***Bf1-Adr*** (privates Mehrfamilienhaus) über eine gemeinsame Heizung (Warmwasseraufbereitungsanlage) verfügen, und bisher kein Privatanteil ausgeschieden wurde, kommt es im Prüfungszeitraum zur Aufteilung der Heizkosten nach Verbrauch. Aufgrund des vorhandenen Fernwärmezählers konnten die Privatanteile exakt ermittelt werden."

Aus Tz. 5a:
"Im Zuge der Prüfung wurde festgestellt, dass es sich bei dem im Jahr 2013 als Rechts- und Beratungskosten verbuchten Aufwand in Höhe von € 890,20 netto um die Kosten eines Schenkungsvertrages bzw. Pflichtteilsverzichts handelt."

Aus Tz. 7:
"Im Zuge der Prüfung wurde festgestellt, dass sich die Verwaltungskosten aus folgenden Aufwendungen zusammensetzen: diverse Zeitungen (Abo ***Zeitung***), GIS-Gebühren, private Steuerberatungskosten (***Tochter-Vorname***), Zeitungsannoncen (Religion betreffend), Telefonkosten (Tele 2, T Mobile), Internet, diverse Metrorechnungen etc.

Im Jahr 2015 wurde zusätzlich ein fiktiver Aufwand als Verwaltungskostenausgabe geltend gemacht. […] Für den im Jahr 2015 als Verwaltungskosten geltend gemachten fiktiven Aufwand in Höhe von € 5.153,66 netto gibt es keine ordnungsgemäße Rechnung. Vorgelegt wurde ein händisch geschriebener Zettel der eine Aufstellung der Jahre 2011 bis 2015 enthält."

Aus Tz. 8:
"Der Reinigungsaufwand für die einzelnen Vermietungen wurde anhand von Kassaausgangsbelegen als Betriebsausgabe geltend gemacht. […] Im Zuge der Prüfung wurde für den bis dato nur über Kassausgangsbelege geltend gemachten Reinigungsaufwand für den gesamten Prüfungszeitraum ordnungsgemäße Rechnungen angefordert. Aufgrund des völlig identen Erscheinungsbildes aller nachträglich vorgelegten Rechnungen und der ausgewechselten/neu angeführten (von den ursprünglichen Angaben abweichenden) leistenden Personen ergibt sich die Tatsache, dass sämtliche Rechnungen für die Prüfung nachgeschrieben wurden. Zum Beispiel wurde der bisher von der Ehefrau durchgeführte Reinigungsaufwand für die Vermietung ***Adresse1*** im Jahr 2014 auf die derzeit nicht Steuerpflichtige ***Schwiegertochter*** umgeschrieben (incl. geändertem rückdatiertem Kassaausgangsbeleg!)"

2.1.3. Im Zuge der strittigen Prüfung vorgelegte Unterlagen

Im Zuge der strittigen Prüfung wurde seitens der Abgabenbehörde insbesondere in folgende Unterlagen Einsicht genommen:

  1. Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und Anlagenverzeichnisse des Bf. für die Jahre 2013 bis 2015

  2. Kontenblätter des Bf. für die Jahre 2013 bis 2015, insbesondere betreffend Reinigungs- und Verwaltungskosten

  3. Belege zu Reinigungs- und Verwaltungskosten, die in den Jahren 2013 bis 2015 als Werbungskosten geltend gemacht wurden

  4. Betriebs-/Heizkostenabrechnungen für die Jahre 2013 bis 2015

  5. Bankkontoauszüge für die Jahre 2013 bis 2015

  6. Mietvertrag des Bf. mit seinem Sohn ***Sohn2*** (***Adresse1*** Top 1, Tz. 2b/2c)

Mit Ausnahme der Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen und Anlagenverzeichnisse wurden all diese Unterlagen der Abgabenbehörde erstmals im Zuge der strittigen Prüfung vorgelegt.

2.1.4. Zum Prüfungsverfahren

Zu Beginn der strittigen Prüfung war der Bf. vom Steuerberater ***StB alt*** vertreten. Nachdem das Prüforgan bekanntgegeben hatte, eine Wiederaufnahme auch der bereits von der Vorprüfung erfassten Jahre 2010 bis 2012 zu prüfen (im Hinblick auf möglicherweise "hinterzogene Abgaben"), ersuchte der Bf. am per E-Mail im Namen seines steuerlichen Vertreters um Verschiebung eines bereits angesetzten Besprechungstermins. Da der Bf. in dieser E-Mail wahrheitswidrige Angaben über seinen steuerlichen Vertreter gemacht hat, legte dieser daraufhin die steuerliche Vertretung für den Bf. zurück.

Infolgedessen beauftragte der Bf. die ***StB-Kanzlei neu*** Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH & Co KG mit seiner Vertretung im strittigen Prüfungsverfahren. Bei der Schlussbesprechung am war zwar der Bf. nicht anwesend, aber vonseiten seiner steuerlichen Vertretung war Steuerberater ***StB neu*** anwesend.

2.2. Zum Wissensstand der Behörde bei Erlassung der Erstbescheide

2.2.1. Relevante Zeitpunkte

Die in den wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Erstbescheide betreffend das Jahr 2013 wurden am ausgefertigt. Am wurde der Erstbescheid betreffend Einkommensteuer für 2013 gemäß § 299 BAO aufgehoben und durch einen neuen Erstbescheid ersetzt. Im Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Erstbescheide mit Ausnahme des Umsatzsteuerbescheides 2013 war die Vorprüfung bereits abgeschlossen (Schlussbesprechung am , Bericht vom ).

Die Abgabenerklärungen des Bf. für die Jahre 2014 und 2015 wurden samt den Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen und Anlagenverzeichnisse erst am , sohin nach Abschluss der Vorprüfung, bei der Abgabenbehörde eingebracht. Die Ausfertigung der Erstbescheide betreffend diese Jahre erfolgte am .

2.2.2. Wissensstand des seinerzeitigen Prüforgans infolge der Vorprüfung

Im Zuge der Vorprüfung (Zeitraum 2010-2012) wurden diverse Feststellungen getroffen, von denen allein Tz. 5 in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Feststellung der strittigen Prüfung steht. Nach dieser Feststellung ist die AfA-Bemessungsgrundlage infolge der Schenkung einer Schenkung einer Wohnung im Haus ***Adresse2*** an die Tochter ***Tochter*** ab dem 2. Halbjahr 2011 zu reduzieren und die AfA entsprechend zu vermindern (entspricht der Feststellung Tz. 5c der strittigen Prüfung). Die anderen Feststellungen der Vorprüfung betreffen Grundstücksveräußerungen und -entnahmen, damit zusammenhängende Vorsteuerkorrekturen, Versagung des Abzugs von Vorsteuern aus Kilometergeldern und Reisespesen sowie Nichtanerkennung von Lohnaufwand für die Tochter ***Tochter***.

Im Zuge der Vorprüfung wurde seitens der Abgabenbehörde insbesondere in folgende Unterlagen Einsicht genommen:

  1. Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und Anlagenverzeichnisse des Bf. für die Jahre 2010 bis 2013

  2. Schenkungs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom (Schenkung der Wohnung ***Adresse2***, Top B 1 durch den Bf. an seine Tochter ***Tochter***)

  3. Schenkungs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom (Schenkung der Wohnung ***Adresse2***, Top B 10 durch den Bf. an seinen Sohn ***Sohn1***)

  4. Schenkungsvertrag vom (Schenkung der Wohnung ***Adresse2***, Top B 3 durch den Bf. an seine Ehegattin ***Gattin***)

  5. Mietverträge betreffend ***Adresse1***, Top 2 bis Top 5

Die im Rahmen der Vorprüfung neben der Außenprüfung hinsichtlich der Jahre 2010 bis 2012 durchgeführte Nachschau betreffend die Jahre 2013 und 2014 zielte offenkundig auf die Überprüfung von Immobilientransaktionen sowie der Reisespesen ab.

Nicht bekannt waren dem Vorprüfer

  1. das Mietverhältnis des Bf. mit seinem Sohn ***Sohn2*** (***Adresse1*** Top 1, Tz. 2b und 2c der strittigen Prüfung)

  2. der Umstand, dass in den Jahren 2013 bis 2015 dass der gesamte Heizölverbrauch für das Haus ***Adresse1*** als Aufwand geltend gemacht und kein Privatanteil erklärt wurde (Tz. 2c der strittigen Prüfung) sowie die diesbezüglichen Betriebskosten- bzw. Heizkostenabrechnungen

  3. der Umstand, dass der Bf. in den Jahren 2013 bis 2015 verschiedene Rechnungen als Werbungskosten geltend gemacht hat, obwohl diese direkt von der Versicherung bezahlt wurden (Tz. 4, 5b und 6 der strittigen Prüfung)

  4. der Umstand, dass der Bf. in den Jahren 2013 und 2015 nichtabzugsfähige Ausgaben (Kosten der privaten Lebensführung) als Werbungskosten im Rahmen der Vermietung ***Adresse2*** geltend gemacht hat (Tz. 5a der strittigen Prüfung)

  5. der Umstand, dass die AfA für die Jahre 2014 und 2015 falsch berechnet wurde, weil die Schenkung einer Wohnung im Haus ***Adresse2*** an die Tochter ***Tochter*** nicht buchwertmäßig berücksichtigt wurde (Tz. 5c der strittigen Prüfung)

  6. der Umstand, dass der Bf. in den Jahren 2013 bis 2015 unter dem Titel "Verwaltungskosten" nichtabzugsfähige Ausgaben als Werbungskosten geltend gemacht hat (Tz. 7 der strittigen Prüfung)

  7. der Umstand, dass die Geltendmachung von Reinigungskosten für die Jahre 2013 bis 2015 im Rahmen der "fiktiven Vermietung" aufgrund von Kassaausgangsbelegen erfolgte und diesbezüglich zum Zeitpunkt der Vorprüfung keine Rechnungen existieren (Tz. 8 der strittigen Prüfung)

Zu diesen Punkten liegen keine Unterlagen bzw. Belege im Arbeitsbogen der Vorprüfung auf.

2.2.3. Inhalt des Veranlagungsaktes zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung

Der Bf. hat als Beilagen zu seinen Steuererklärungen für die Jahre 2013 bis 2015 die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung samt Anlagenverzeichnis für das jeweilige Jahr übermittelt. Aus den Anlagenverzeichnissen geht eindeutig hervor, dass die Feststellung Tz. 5 der Vorprüfung (= Tz. 5c der strittigen Prüfung) in den Abgabenerklärungen für die Jahre 2014 und 2015 vom Bf. nicht berücksichtigt wurde. Diese Unterlagen waren der Abgabenbehörde (Finanzamt Innsbruck) und insbesondere der abgabenfestsetzenden Stelle (Team ***Team***) daher zum Zeitpunkt der Erlassung der jeweiligen Erstbescheide bekannt.

Der Arbeitsbogen der Vorprüfung ist nicht Inhalt des Veranlagungsaktes und die für die betriebliche Veranlagung (Erlassung der Erstbescheide) verantwortlichen Mitarbeiter der abgabenfestsetzenden Stelle hatten von dessen Inhalt auch keine Kenntnis. Nur der Prüfungsbericht sowie die Niederschrift über die Schlussbesprechung befinden sich jedenfalls seit im Veranlagungsakt. Von den Prüfungsfeststellungen für die Jahre 2010 bis 2012 hatte die abgabenfestsetzende Stelle daher im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide für 2013 bis 2015 (mit Ausnahme des Umsatzsteuerbescheides für 2013) Kenntnis.

Da im Zeitpunkt der Erlassung der jeweiligen Einkommensteuerbescheide für 2013 bis 2015 der abgabenfestsetzenden Stelle sowohl die Prüfungsfeststellungen der Vorprüfung als auch die Anlagenverzeichnisse des Bf. für die jeweiligen Jahre vorgelegen sind, war der abgabenfestsetzenden Stelle der Sachverhalt betreffend die Feststellung Tz. 5c der strittigen Prüfung der bereits so vollständig bekannt, dass sie insoweit schon im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide zum Ergebnis hätte gelangen können, dass die Berechnung der AfA für das Haus ***Adresse2*** in den Jahren 2014 und 2015 unrichtig ist, weil die Schenkung einer Wohnung an die Tochter ***Tochter*** nicht buchwertmäßig berücksichtigt wurde.

Vom Sachverhalt, der den übrigen Feststellungen der strittigen Prüfung zugrunde liegt, hatte die abgabenfestsetzende Stelle hingegen im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide keine Kenntnis.

3. Beweiswürdigung

Sämtliche in eckige Klammern gesetzten Zeitangaben in diesem Abschnitt beziehen sich auf die Schallträgeraufzeichnung der mündlichen Verhandlung vom , deren Übertragung in Vollschrift gemäß § 87 Abs. 6a BAO unterblieb.

3.1. Zur strittigen Prüfung

Die Feststellungen in den Abschnitten 2.1.1. und 2.1.2. dieses Erkenntnisses ergeben sich unmittelbar aus den angeführten Unterlagen (angefochtene Wiederaufnahmebescheide, Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , Prüfungsbericht vom ).

Dass in die in Abschnitt 2.1.3. aufgezählten Unterlagen im Zuge der strittigen Prüfung Einsicht genommen wurde, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Umstand, dass diese Unterlagen bzw. Kopien davon im Arbeitsbogen der strittigen Prüfung (ABNr. ***ABNr strittige Prüfung***), in welchen das erkennende Gericht von Amts wegen Einsicht genommen hat, vorhanden sind oder ihr wesentlicher Inhalt in handschriftlichen Notizen des Prüforgans festgehalten bzw. im Prüfungsbericht verwertet wurde. Dies war zudem nie strittig. Dass all diese Unterlagen mit Ausnahme der Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen und Anlagenverzeichnisse der Behörde erstmals im Zuge der strittigen Prüfung vorgelegt wurden, ergibt sich für das Gericht aus dem Umstand, dass diese Unterlagen weder im Arbeitsbogen der Vorprüfung noch im Veranlagungsakt enthalten sind und in den Akten der Abgabenbehörde auch auf ihren Inhalt in keiner Weise Bezug genommen wird (siehe Abschnitte 2.2.2. und 3.2. dieses Erkenntnisses).

Die Feststellungen im Abschnitt 2.1.4. dieses Erkenntnisses ergeben sich ebenfalls aus dem Arbeitsbogen der strittigen Prüfung, insbesondere dem E-Mail des Bf. vom , dem darauf angebrachten Aktenvermerk des Prüforgans zur telefonischen Mitteilung der Steuerberatungskanzlei ***StB-Kanzlei alt*** über die Wahrheitswidrigkeit dieser E-Mail und der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom .

In der mündlichen Verhandlung vom wurde dem Bf. der erwähnte Aktenvermerk des Prüforgans vorgehalten [28:31], nachdem er zuvor den Hintergrund des Steuerberaterwechsels anders dargestellt hatte (und bestritten hatte, überhaupt jemals den Steuerberater gewechselt zu haben) [25:37-27:18]. Er konnte daraufhin für das Gericht nicht glaubhaft darlegen, wie diese Mitteilung der Steuerberatungskanzlei ***StB-Kanzlei alt*** mit seiner eigenen Darstellung in Einklang gebracht werden könne. Das Gericht geht daher von der inhaltlichen Richtigkeit des Aktenvermerks des Prüforgans und infolgedessen von der Wahrheitswidrigkeit der E-Mail vom aus.

Dass der Bf. in der Folge ***StB neu*** bzw. die ***StB-Kanzlei neu*** Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH & Co KG mit seiner Vertretung im strittigen Prüfungsverfahren beauftragte, hat der Bf. in der Vergangenheit selbst vorgebracht. (Seite 2 der Stellungnahme vom ). Auch aus der Niederschrift über die Schlussbesprechung geht dies hervor, zumal darauf "vertreten durch ***StB-Kanzlei neu***" samt der Kanzleiadresse vermerkt ist. Indem ***StB neu*** die Niederschrift eigenhändig unterzeichnet und zusätzlich mit dem Stempel "***StB neu*** - Steuerberater" versehen hat, gab er konkludent, aber unmissverständlich zum Ausdruck, im Auftrag und Namen des Bf. zu handeln. Ein angesehener und versierter Steuerberater wie ***StB neu*** hätte nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht so gehandelt, wenn er tatsächlich nicht zur Vertretung des Bf. bevollmächtigt worden wäre. Wenn der Bf. nun erstmals mehrere Jahre nach Einbringung der Beschwerde behauptet, dieser sei gar nicht sein steuerlicher Vertreter gewesen, wird dies vom Gericht ähnlich einer Schutzbehauptung als - untauglicher - Versuch gewertet, einen Verfahrensmangel zu "produzieren", um damit die Rechtmäßigkeit der strittigen Wiederaufnahme zu untergraben.

3.2. Zur Vorprüfung

Dass in die in Abschnitt 2.2.2. dieses Erkenntnisses aufgezählten Unterlagen im Zuge der Vorprüfung Einsicht genommen wurde, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Umstand, dass diese Unterlagen bzw. Kopien davon im Arbeitsbogen der Vorprüfung (ABNr. ***ABNr Vorprüfung***), in welchen das erkennende Gericht von Amts wegen Einsicht genommen hat, vorhanden sind oder ihr wesentlicher Inhalt in handschriftlichen Notizen des Prüforgans festgehalten wurde.

Aus dem erheblichen Umfang des Arbeitsbogens der Vorprüfung (817 Seiten) schließt das erkennende Gericht, dass der Arbeitsbogen insoweit vollständig ist, als er alle Notizen des Prüforgans sowie alle Unterlagen, die im Zuge der Prüfung vorgelegt wurden, umfasst. Von Umständen und Unterlagen, die im Arbeitsbogen nicht enthalten sind, hatte das seinerzeitige Prüforgan folglich aller Wahrscheinlichkeit nach auch keine Kenntnis.

Dies gilt insbesondere für alle Umstände der Jahre 2014 und 2015, weil dem Vorprüfer weder die Abgabenerklärungen noch die Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen bzw. Anlagenverzeichnis für diese Jahre bekannt sein konnten, da diese erst nach Abschluss der Prüfung eingereicht wurden.

Dass das Mietverhältnis des Bf. mit seinem Sohn ***Sohn2*** dem Vorprüfer nicht bekannt war, schließt das Gericht aus dem Umstand, dass im Abschnitt "***Adresse1***" des Arbeitsbogens handschriftliche Notizen des Prüfers nur zu den Mietverträgen betreffend die Wohnungen Top 2 bis Top 5 vorhanden sind, aber nicht zur gegenständlichen Wohnung Top 1. Mietverhältnisse zwischen nahen Angehörigen stellen erfahrungsgemäß aus steuerlicher Sicht besonders prüfungswürdige Rechtsverhältnisse dar, weshalb nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht davon auszugehen ist, dass ein Prüforgan bei Kenntnis von einem solchen Mietverhältnis überhaupt keine Aufzeichnungen darüber gemacht hätte, während gleichzeitig Aufzeichnungen zu fremdvermieteten Wohnungen getätigt wurden.

Ferner ergibt sich aus dem gesamten Arbeitsbogen - wie auch aus den Feststellungen - der Vorprüfung, dass diese großteils andere Schwerpunkte verfolgte als die strittige Prüfung. Diese unterschiedliche Schwerpunktsetzung macht es noch wahrscheinlicher, dass die Sachverhalte, welche der strittigen Wiederaufnahme zugrunde liegen, nicht vollumfänglich bereits Gegenstand der Vorprüfung waren.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung am wurde dem Bf. vorgehalten, dass das Gericht amtswegig in den Arbeitsbogen der Vorprüfung Einsicht genommen hatte, aber daraus nicht erkennbar war, dass der Abgabenbehörde die in der strittigen Prüfung aufgegriffenen Sachverhaltselemente bereits im Zuge der Vorprüfung bekannt geworden wären [7:45-8:04], wozu der Bf. abgesehen von seinem zuvor vorgebrachten Argument, dass er nicht beweisen müsse, welche Unterlagen der Vorprüfer eingesehen habe, da schon die bloße Möglichkeit der Einsichtnahme durch den Vorprüfer genüge [5:41-6:10], keine Stellungnahme abgegeben hat.

Dazu ist festzuhalten, dass der Nachweis des Wissensstandes der Behörde im Zusammenhang mit der Vorprüfung tatsächlich nicht dem Bf. obliegt, zumal ihm dies auch gar nicht möglich wäre. Vielmehr stellte das erkennende Gericht aufgrund vorstehender Erwägungen in freier Beweiswürdigung und unter besonderer Bedachtnahme auf den Inhalt des Arbeitsbogens der Vorprüfung fest, welchen Wissensstand der Vorprüfer hatte.

3.3. Zum Inhalt des Veranlagungsaktes zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung

Dass die Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen samt Anlageverzeichnissen gemeinsam mit den jeweiligen Abgabenerklärungen eingereicht wurden, ergibt sich unmittelbar aus dem Inhalt des Veranlagungsaktes. Daraus folgt auch die Feststellung, dass der abgabenfestsetzenden Stelle der Sachverhalt betreffend die Feststellung Tz. 5c der strittigen Prüfung der bereits so vollständig bekannt war, dass sie insoweit schon im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide zum Ergebnis hätte gelangen können, zu welchem sie nach der Wiederaufnahme gelangt ist.

Dass der Arbeitsbogen der Vorprüfung nicht Inhalt des Veranlagungsaktes ist, ergibt sich für das Gericht schon daraus, dass er nicht im Veranlagungsakt enthalten war, als dieser dem Gericht vorgelegt wurde. Zudem entspricht dies der Erfahrung des erkennenden Richters aus seiner vorherigen Tätigkeit als Betriebsprüfer. Ebenfalls infolge dieser Erfahrung gelangte das Gericht zur Feststellung, dass die für die betriebliche Veranlagung verantwortlichen Mitarbeiter der abgabenfestsetzenden Stellen keine Kenntnis vom Inhalt des Arbeitsbogens des Vorprüfers hatten, zumal diese mangels entsprechender EDV-Berechtigungen schon rein technisch nicht darauf zugreifen können und ihnen mangels entsprechender Ausbildung auch nicht zugemutet werden könnte, einen derart umfangreichen Arbeitsbogen im Hinblick auf möglicherweise für die Veranlagung relevante Sachverhaltselemente zu durchforsten.

3.4. Abgelehnte Beweisanträge

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am stellte der rechtsfreundliche Vertreter des Bf. mehrere Beweisanträge, darunter einen Antrag auf Einvernahme des Prüforgans der strittigen Prüfung (Beweisthema: "weil sie am besten darüber berichten kann, insbesondere hinsichtlich Prüfung - Auftrag; auch würde ich gerne von ihr wissen, wie gereinigt war - ich meine, sie war ja dort vor Ort, also: War es gereinigt? War es ordnungsgemäß gereinigt? Wie kommt sie zum Schluss auf diese 3.000 Euro Schätzung, also eine Reihe von Fragen, die ich eigentlich auch heute vorbereitet hätte…" [1:58:36-1:59:14]) sowie von ***StB neu*** (Beweisthema: "weil er auch bei dieser Schlussbesprechung dabei war als Berater und da würde ich auch gerne wissen, was ist da besprochen worden" [1:59:14-1:59:41]) als Zeugen. Daneben wurde die Einvernahme von - allerdings nicht namentlich konkretisierten - Zeugen zu den Reinigungskosten (Tz. 8 der strittigen Prüfung) beantragt.

Zu all diesen Beweisanträgen ist zunächst auszuführen, dass diese in Missachtung der Verfahrensförderungspflicht (§ 270 Abs. 2 BAO) erst in der mündlichen Verhandlung am und nicht bereits im Vorlageantrag vom gestellt wurden. Zudem wurde der Bf. bereits in der Ladung vom zur mündlichen Verhandlung vom Gericht aufgefordert wurde, allfällige Beweisanträge vor der Verhandlung schriftlich beim Gericht einzubringen. Sämtliche Beweisanträge hätte der Bf. auch tatsächlich bereits im Vorfeld der Verhandlung stellen können.

Darüber hinaus ist für das Gericht nicht erkennbar, wie das jeweils angegebene Beweisthema dazu geeignet sein sollte, die strittige Wiederaufnahme für rechtswidrig zu erklären. Das angegebene Beweisthema für die Einvernahme des Prüforgans ("Prüfung - Auftrag") ist nach Ansicht des Gerichts nicht konkret genug gefasst und damit einer Beurteilung durch das Gericht nicht zugänglich. Soweit es um die Reinigung geht, ist anzumerken, dass weder die Behörde noch das Gericht jemals in Abrede gestellt haben, dass die vermieteten Objekte tatsächlich gereinigt werden, sodass auch diesbezüglich eine Aussage des Prüforgans entbehrlich scheint. Ebenso verhält es sich mit der beantragten Erläuterung der Schätzung durch das Prüforgan, zumal die Schätzung nicht als Wiederaufnahmegrund in Betracht kommt oder als solcher geltend gemacht wurde.

Die Einvernahme von ***StB neu*** als Zeugen erscheint dem Gericht deshalb entbehrlich, weil für das Gericht nicht erkennbar ist, in welchem Zusammenhang das angegebene Beweisthema - der Inhalt der Schlussbesprechung - mit der Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme steht. Ein solcher Zusammenhang könnte allenfalls im Zusammenhang mit möglichen Verfahrensmängeln bestehen, was im Beweisantrag jedoch nicht dargestellt wurde. Selbst in diesem Fall ist darauf hinzuweisen, dass ein allfälliger Verfahrensmangel die Wiederaufnahme nicht rechtswidrig macht, sondern allenfalls im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigen wäre (siehe unten Abschnitt 4.1.5.).

Abgesehen davon, dass der Bf. seine weiteren Beweisanträge bezüglich der Reinigungskosten entgegen seiner Ankündigung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bis zum Tag der Ausfertigung dieser Entscheidung () nicht hinreichend konkretisierte, insbesondere keine Namen der einzuvernehmenden Personen nannte, sind diese für das gegenständliche Verfahren insofern nicht relevant, als selbst im für den Bf. günstigsten Fall dadurch allenfalls die Feststellung Tz. 8 der strittigen Prüfung hinfällig werden kann, während die übrigen Feststellungen und somit auch weitere Wiederaufnahmegründe davon nicht berührt wären. Diese Beweisanträge sind daher ebenfalls nicht geeignet, die Wiederaufnahmen insgesamt für rechtswidrig zu erklären.

Die beantragten Beweise waren daher nicht aufzunehmen.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

4.1.1. Rechtslage

§ 303 BAO lautet (bereits seit ) auszugsweise wie folgt:

"(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) […]

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen."

Die im Prüfungsbericht mehrfach erwähnte Bestimmung § 303 Abs. 4 BAO ist mit Wirkung ab im Zuge der Neufassung des § 303 BAO entfallen. Mit dem Verweis auf § 303 Abs. 4 BAO hat die Abgabenbehörde offenkundig lediglich gemeint, dass die Wiederaufnahme von Amts wegen und nicht auf Antrag erfolgt, da § 303 Abs. 4 BAO idF BGBl. I 97/2002 im Wesentlichen die sinngemäße Anwendung der (dazumal ausschließlich auf die Wiederaufnahme auf Antrag bezogenen) Wiederaufnahmegründe des § 303 Abs. 1 BAO normierte.

4.1.2. Geltend gemachte Wiederaufnahmegründe / Tatsachenkomplex

Die Abgabenbehörde hat in der Begründung der angefochtenen Bescheide auf den Prüfungsbericht verwiesen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein solcher Verweis grundsätzlich zulässig ist. Allerdings muss dabei aus dem verwiesenen Bericht schlüssig und nachvollziehbar hervorgehen, auf welche Wiederaufnahmegründe sich die Abgabenbehörde stützt (vgl. mit Verweis auf ; ).

Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den von der Abgabenbehörde herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltselemente, welche die Abgabenbehörde als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter der Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. ; ).

Entscheidend ist daher im Fall einer amtswegigen Wiederaufnahme, ob und gegebenenfalls welche für die Abgabenbehörde neu hervorgekommenen Umstände seitens der Behörde dargetan wurden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind (). Bedeutsam ist dabei, ob die Abgabenbehörde der Wiederaufnahme auch klar erkennbar einen bestimmten Tatsachenkomplex zu Grunde gelegt hat.

Im Rahmen des von der Abgabenbehörde festgelegten Tatsachenkomplexes ist es Aufgabe des Verwaltungsgerichts, bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme zu prüfen, ob das Verfahren aus den von der Abgabenbehörde gebrauchten Gründen tatsächlich wiederaufgenommen werden durfte. Dafür sind gegebenenfalls auch ergänzende Ermittlungen anzustellen und nähere Feststellungen zu treffen. Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich von der Behörde herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt dabei kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 303 Anm 10; sowie mit weiteren Nachweisen).

Die Abgabenbehörde hat die Wiederaufnahme erkennbar neben den explizit angeführten Wiederaufnahmegründen (neu hervorgekommene Tatsachen zu Tz. 2c, 4, 5b und 6) implizit auch auf weitere im Bericht angeführte neu hervorgekommene Tatsachen gestützt (zu Tz. 2b, 2c, 5a, 7, 8), wie sich aus den Ausführungen in Abschnitt 2.1.2. dieses Erkenntnisses ergibt. All diese Feststellungen zusammen bilden daher den Tatsachenkomplex im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur, auf welchen die Abgabenbehörde die Wiederaufnahme gestützt hat und somit die "Sache" des gegenständlichen Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht.

Von vornherein nicht als Wiederaufnahmegründe in Betracht kommen die Feststellungen Tz. 3 (mangels steuerlicher Auswirkungen und infolgedessen mangelnder Eignung, einen im Spruch anderslautenden Bescheid zu tragen) und Tz. 5c (da der diesbezügliche Sachverhalt allein aus den Anlageverzeichnissen erkennbar ist und diese der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide bereits vorgelegen haben), auf die sich die Abgabenbehörde aber in Bezug auf die Wiederaufnahme des Verfahrens ohnehin nicht gestützt hat.

Zum Neuhervorkommen der zur Wiederaufnahme herangezogenen Tatsachen hat die Abgabenbehörde bezüglich der explizit angeführten Wiederaufnahmegründe klar und deutlich ausgeführt, aufgrund welcher Unterlagen, die erstmals im Zuge der strittigen Prüfung vorgelegt wurden, die jeweiligen Tatsachen neu hervorgekommen sind. Aber auch bezüglich der impliziten Wiederaufnahmegründe hat die Behörde nach Ansicht des Gerichts mit ausreichender Deutlichkeit ("im Zuge der Prüfung…") dargelegt, dass diese Umstände der Behörde erst während der strittigen Prüfung bekannt wurden. Überdies genügt nach der höchstgerichtlichen Judikatur die aktenmäßige Erkennbarkeit des Neuhervorkommens (; , 89/13/0245; , 92/15/0095; , 94/15/0003), die im vorliegenden Fall nach den Feststellungen jedenfalls gegeben ist.

4.1.3. Wissensstand der Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommen Tatsachen und Beweismittel dann im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO neu hervor, wenn sie der für die Abwicklung eines bestimmten Verfahrens berufenen Organisationseinheit der Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides noch nicht bekannt waren (; , 99/15/0262, 0263). Maßgeblich ist der Wissensstand der abgabenfestsetzenden Stelle, weshalb es der Wiederaufnahme grundsätzlich auch nicht entgegenstünde, wenn ein Prüforgan im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis gehabt hätte (vgl. ; , 2011/15/0106).

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme ist daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht maßgeblich, ob bzw. inwieweit der Vorprüfer vom maßgeblichen Sachverhalt Kenntnis hatte (Abschnitt 2.2.2. dieses Erkenntnisses), sondern allein der auf dem Inhalt des Veranlagungsaktes basierende Wissensstand der abgabenfestsetzenden Stelle (Abschnitt 2.2.3. dieses Erkenntnisses).

Nach den Feststellungen hatte die abgabenfestsetzende Stelle mit Ausnahme des Sachverhalts, welcher der Feststellung Tz. 5c der strittigen Prüfung zugrunde liegt, keine Kenntnis vom für die Wiederaufnahme maßgeblichen Sachverhalt (Tz. 2b, 2c, 4, 5a, 5b, 6, 7 und 8 der strittigen Prüfung), weshalb dem Vorbringen des Bf., wonach keine neu hervorgekommenen Tatsachen vorliegen würden, nicht gefolgt werden kann. Dasselbe würde im Übrigen selbst unter Einbeziehung des Wissensstandes des Vorprüfers gelten, da nach den Feststellungen auch dieser keine Kenntnis vom für die Wiederaufnahme maßgeblichen Sachverhalt hatte.

4.1.4. Eignung, anders lautende Bescheide herbeizuführen

Für die Anwendung des § 303 Abs. 1 BAO reicht nicht allein das Vorliegen neu hervorgekommener Tatsachen aus; hinzutreten muss, dass die Abgabenbehörde bei Kenntnis dieser Tatsachen im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide anders lautende Bescheide erlassen hätte (; , 2002/15/0017). Dass dies der Fall gewesen wäre, erscheint dem erkennende Gericht jedoch geradezu offensichtlich.

Hätte die Abgabenbehörde nämlich von der Geltendmachung nichtabzugsfähiger Ausgaben als Werbungskosten (Tz. 5a und 7) gewusst, hätte sie diese nämlich zweifelsohne bereits in den jeweiligen Erstbescheiden nicht anerkannt. Ebenso verhält es sich mit den vom Bf. als Werbungskosten geltend gemachten Instandhaltungskosten, die tatsächlich von der Versicherung bezahlt wurden (Tz. 4, 5b und 6), dem Mietverhältnis mit dem Sohn ***Sohn2*** (Tz. 2b und 2c) sowie den Reinigungsleistungen, für die im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide selbst nach Angaben des Bf. keine Rechnungen vorlagen (Tz. 8).

Daher hätte der von der Abgabenbehörde als neu hervorgekommen dargelegte und als Wiederaufnahmegrund herangezogene Sachverhalt nach Ansicht des erkennenden Gerichts jedenfalls zu anders lautenden Erstbescheiden geführt, wenn er der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide bekannt gewesen wäre.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, nach welcher das erkennende Gericht berechtigt ist, die Entscheidung über die Wiederaufnahmebescheide und die Sachbescheide voneinander zu trennen (), schließt das Gericht, dass eine detailliertere materiell-rechtliche Auseinandersetzung mit dem zur Wiederaufnahme herangezogenen Sachverhalt der Entscheidung über die Sachbescheide vorbehalten bleiben kann, sofern dieser nur abstrakt die Eignung besitzt, einen anders lautenden Bescheid herbeizuführen, da die Entscheidung über die Wiederaufnahmebescheide ansonsten kaum sinnvoll von der Entscheidung über die Sachbescheide trennbar wäre.

4.1.5. Eingewendete Verfahrensmängel

Eine - wie vom Bf. mehrfach behauptet wurde - unzulässige Wiederholungsprüfung im Sinne des § 148 Abs. 3 BAO hat im gegenständlichen Fall nicht stattgefunden, da von den Prüfungsaufträgen der Vorprüfung und der strittigen Prüfung unterschiedliche Zeiträume umfasst waren. Das Ausstellen eines Prüfungsauftrages für einen Zeitraum, der zwar bereits von einer früheren Nachschau, aber nicht von einem früheren Prüfungsauftrag umfasst war, ist nach § 148 Abs. 3 BAO nicht untersagt, da diese Bestimmung ausschließlich auf den förmlichen Akt des Prüfungsauftrages abstellt (vgl. ). Im Übrigen wäre selbst ein tatsächlicher Verstoß gegen das Verbot einer Wiederholungsprüfung an sich sanktionslos und bei der Wiederaufnahme nur im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigen (; , 90/14/0148; , 94/13/0132; , 92/14/0212; , 98/14/0118).

Was der Bf. im Ergebnis bemängelt, ist im Wesentlichen der Umstand, dass im Zuge der strittigen Prüfung Feststellungen zu Sachverhalten getroffen wurden, die zumindest teilweise schon (tatsächlich oder angeblich) Gegenstand vorheriger abgabenbehördlicher Prüfungen waren, in welchen diese entweder nicht aufgegriffen oder nicht beanstandet wurden. Darin kann das Gericht jedoch keinen Verfahrensmangel erblicken. Die Tatsache, dass eine frühere abgabenbehördliche Prüfung ein bestimmtes Vorgehen des Abgabepflichtigen unbeanstandet ließ, hindert die Abgabenbehörde nämlich nicht, dasselbe Vorgehen für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen (; , 98/15/0150). Vielmehr ist die Abgabenbehörde sogar verpflichtet, von einer unrichtigen Tatsachenwürdigung oder Rechtsansicht abzugehen, sobald sie ihr Fehlverhalten erkennt (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 117 E 17 mit zahlreichen Judikaturfundstellen).

Zur Schlussbesprechung, bei welcher nach Ansicht des Bf. kein bevollmächtigter Vertreter des Bf. anwesend gewesen und welche daher rechtswidrig sei, ist festzuhalten, dass nach den Feststellungen des Gerichts ***StB neu*** als bevollmächtigter steuerlicher Vertreter des Bf. bei der Schlussbesprechung anwesend war und insoweit überhaupt kein Verfahrensmangel vorliegt. Im Übrigen wäre darin allenfalls eine Verletzung des Parteiengehörs zu erblicken, die allerdings einen im Beschwerdeverfahren sanierbaren Mangel darstellt (). Das erkennende Gericht geht davon aus, dass dem Bf. im Beschwerdeverfahren ausreichend Gelegenheit zur Darlegung seiner Standpunkte geboten wurde, zumal er von seinem Recht auf Parteiengehör auch in umfassender Weise Gebrauch gemacht hat, sei es durch seine Schriftsätze (Beschwerde, Vorlageanträge, ergänzende Stellungnahmen) oder im Rahmen der über 2½ Stunden dauernden mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Auch insoweit kann das Gericht daher keinen aufzugreifenden Verfahrensmangel erblicken.

4.1.6. Zusammenfassende Würdigung - Ermessensübung

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts liegen die von der Behörde herangezogenen Wiederaufnahmegründe vor (das Neuhervorkommen jener Tatsachen, welche den Feststellungen Tz. 2b, 2c, 4, 5a, 5b, 6, 7 und 8 der strittigen Prüfung zugrunde liegen), da diese Tatsachen der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide tatsächlich nicht bekannt waren. Hätte die Abgabenbehörde die neu hervorgekommenen Umstände bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide gekannt, hätte sie nach Ansicht des erkennenden Gerichts bereits damals anders lautende Bescheide erlassen. Der Tatbestand des § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist somit erfüllt und die Wiederaufnahme erweist sich daher als rechtmäßig.

Die Wiederaufnahme eines Verfahrens steht im Ermessen der Behörde, wobei grundsätzlich der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) einzuräumen ist (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 303 Anm 31). Gründe, die gegen eine Wiederaufnahme sprechen würden, liegen nicht vor. Insbesondere sind die steuerlichen Auswirkungen insgesamt nicht geringfügig, wobei die Auswirkungen in allen wiederaufgenommenen Verfahren nach der höchstgerichtlichen Judikatur zusammenzurechnen sind ( mit weiteren Nachweisen). Die Abgabenbehörde trifft auch kein Verschulden daran, dass die neu hervorgekommenen Tatsachen nicht bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide berücksichtigt wurden. Verfahrensmängel wie insbesondere eine unzulässige Wiederholungsprüfung oder ein Verstoß gegen den Grundsatz des Parteiengehörs liegen ebenfalls nicht vor.

Für die Wiederaufnahme genügt bereits ein einziger Wiederaufnahmegrund und mit den nachfolgenden neuen Sachentscheidungen dürfen Änderungen gegenüber den Erstbescheiden nicht nur hinsichtlich der von den Wiederaufnahmegründen berührten Bescheidelemente vorgenommen werden (; , 2003/15/0016). Ein allenfalls vorliegendes grobes Missverhältnis zwischen den Wiederaufnahmegründen und den gesamten Wirkungen der Wiederaufnahme wäre allerdings im Zuge der Ermessensübung zu berücksichtigen. Auch ein solches Missverhältnis ist jedoch für das Gericht im vorliegenden Fall nicht erkennbar, zumal nach Ansicht des Gerichts allein die Feststellungen Tz. 2a, 3 und 5c nicht durch die Wiederaufnahmegründe gedeckt sind und deren Auswirkungen im Verhältnis zur Gesamtauswirkung von untergeordneter Bedeutung sind.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall waren zunächst im Wege der freien Beweiswürdigung Sachverhaltsfragen zu beurteilen, die einer Revision nicht zugänglich sind. In der rechtlichen Beurteilung weicht das Erkenntnis nicht von der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

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