Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.11.2023, RV/7300056/2023

Festsetzung eines Säumniszuschlages, obwohl die Fälligkeit der Verbandsgeldbuße nach Konkurseröffnung eingetreten ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Dr. Wolfgang Pagitsch in der Finanzstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen eines Finanzvergehen nach § 15 Abs. 1 Z 2 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetzes (WiEReG) über 1.) die Beschwerde vom gegen den Zurückweisungsbescheid vom des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde 2.) die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde, jeweils zu Strafkontonummer ***Zahl 1***, zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde vom wird gem. § 161 FinStrG stattgegeben und der Zurückweisungsbescheid vom ersatzlos aufgehoben.

II.) Der Beschwerde vom wird gem. § 161 FinStrG stattgegeben und der Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom ersatzlos aufgehoben.

III.) Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der beschwerdeführende Verband wurde mit Erkenntnis des Spruchsenates vom eines Finanzvergehens nach § 15 Abs. 1 Z 2 WiEReG für schuldig befunden und über ihn eine Verbandsgeldbuße von € 6.500,00 (Kosten € 500,00) verhängt.

Mit Bescheid vom wurde ein erster Säumniszuschlag festgesetzt, da die Beschwerdeführerin die Verbandsgeldbuße nicht bis zum entrichtet habe.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am fristgerecht Beschwerde und beantragte die ersatzlose Aufhebung dieses Bescheides. Als Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1*** das Konkursverfahren über das Vermögen der Beschwerdeführerin eröffnet worden sei und die Festsetzung eines Säumniszuschlages unzulässig sei, wenn sie an eine Insolvenzforderung anknüpfe. Zudem beantragte die Beschwerdeführerin in eventu den Säumniszuschlag gem. § 217 Abs. 7 BAO nicht festzusetzen, da kein grobes Verschulden vorliege, weil die Entrichtung der Geldstrafe unmöglich bzw. unzumutbar gewesen sei.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unzulässig zurück, da der Säumniszuschlag eine "Sanktion" für die Nichtentrichtung zum Fälligkeitstag darstelle und die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt hätten, für die Festsetzung eines Säumniszuschlages grundsätzlich nicht beachtlich seien.

Gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhob die Beschwerdeführerin am fristgerecht Beschwerde und begründete diese zusammenfassend damit, dass die abgabenrechtlichen Verrechnungsvorschriften gegenüber den insolvenzrechtlichen in den Hintergrund treten würden und eine Befriedigung von Konkursforderungen zum Fälligkeitstag zu einer Verwendung von Mitteln der gemeinschaftlichen Konkursmasse führen könnte, die später einer gleichmäßigen Befriedigung von Konkursgläubigern entgegenstehe. Zudem könnten Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen nicht als Konkursforderungen geltend gemacht werden und bestehe nunmehr ein Zustand der Masseunzulänglichkeit. Vor diesem Hintergrund sei eine Zahlung der Geldstrafe jedenfalls anfechtbar und wäre eine solche angesichts der vorliegenden Begünstigung gegenüber den Konkursgläubigern auch unzulässig gewesen.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Akten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus, dass der Bescheid vom mangels Zurückweisungsgründe ersatzlos aufzuheben und der Beschwerde vom stattzugeben sei, da die Fälligkeit nach Konkurseröffnung eingetreten sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Der beschwerdeführende Verband wird in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführt. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1*** wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Beschwerdeführerin eröffnet. Mit Bescheid vom wurde ein erster Säumniszuschlag festgesetzt. Am ***Datum2*** wurde der Konkurs aufgehoben.

Die Verbandsgeldbuße und die Kosten iHv insgesamt € 7.000,00 wurden am entrichtet.

Strittig ist im Wesentlichen, ob die Festsetzung des Säumniszuschlages nach Konkurseröffnung seitens der belangten Behörde zu Recht erfolgte.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich dieser aus den vorgelegten Akten und Abfragen aus dem Firmenbuch.

Rechtliche Würdigung

Gem. § 172 Abs. 1 FinStrG obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung der Geldstrafen und Wertersätze sowie der Zwangs- und Ordnungsstrafen und die Geltendmachung der Haftung den Finanzstrafbehörden, die dazu auch Amtshilfe durch Abgabenbehörden in Anspruch nehmen können. Hiebei gelten, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß.

Gem. § 217 Abs. 1 BAO sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird.

Gem. § 156 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde eine Beschwerde, die gegen ein von ihr erlassenes Erkenntnis (einen Bescheid) oder gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder wegen Verletzung der Entscheidungspflicht eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Beschwerde nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gem. § 156 Abs. 3 erster Satz FinStrG ist die Beschwerde ungesäumt dem Bundesfinanzgericht unter Anschluss eines Vorlageberichtes vorzulegen, wenn ein Anlass zur Zurückweisung nach Abs. 1 oder zur Erteilung eines Auftrages nach Abs. 2 nicht vorliegt oder etwaige Formgebrechen oder inhaltliche Mängel behoben sind.

Gem. § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zur Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid

Zunächst hatte das Gericht zu entscheiden, ob die die belangte Behörde die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat.

Eine Beschwerde ist entsprechend der Bestimmung des § 156 Abs. 1 FinStrG von der Finanzstrafbehörde zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht worden ist oder die Beschwerde nicht zulässig ist. Als wesentliche Unzulässigkeitsgründe kennt das FinStrG die fehlende Aktivlegitimation (§ 151 Abs. 1 FinStrG), die fehlende Bescheidqualität (§ 150 Abs. 1 FinStrG), das Vorliegen eines wirksamen und gültigen Rechtsmittelverzichtes (§ 154 FinStrG) und das Fehlen einer rechtzeitigen Beschwerdeanmeldung (§ 150 Abs. 4 FinStrG).

Wenn die belangte Behörde in der Begründung des Zurückweisungsbescheides ausführt, dass der Säumniszuschlag eine "Sanktion" für die Nichtentrichtung zum Fälligkeitstag darstelle und die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt hätten, für die Festsetzung eines Säumniszuschlages grundsätzlich nicht beachtlich seien, so hat sie inhaltlich über die Beschwerde abgesprochen und diese in Wirklichkeit abgewiesen. Dazu war sie aber aufgrund des § 156 Abs. 3 FinStrG nicht berechtigt, da entsprechend dieser Bestimmung die Beschwerde ungesäumt dem Bundesfinanzgericht vorzulegen ist, außer es liegen Zurückweisungsgründe vor oder die Beschwerde gilt als zurückgenommen. Diese Gründe lagen aber gegenständlich nicht vor und bestätigte dies auch die belangte Behörde in ihrem Vorlagebericht, sodass der Beschwerde stattzugeben und der Zurückweisungsbescheid vom ersatzlos aufzuheben war. Hingewiesen wird, dass der bekämpfte Bescheid auch eine unrichtige Rechtsbelehrung enthalten hat, zumal die Bestimmungen der BAO mangels Verweis im FinStrG dahingehend nicht anzuwenden sind.

Zur Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages

Die ersatzlose Aufhebung des Zurückweisungsbescheides hatte zur Folge, dass die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom wieder unerledigt war, sodass über diese nunmehr vom Gericht abzusprechen war.

Dahingehend kann der nunmehrigen Rechtsansicht der belangten Behörde im Vorlagebericht gefolgt werden, welche sich im Übrigen im Ergebnis auch mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin deckt.

Beide verweisen auf die ständige Rechtsprechung des VwGH, wonach im Falle, dass die Fälligkeit einer vor Konkurseröffnung entstandenen Abgabenschuldigkeit nach der Eröffnung des Konkursverfahrens eintritt, bei einer verspäteten Entrichtung keine Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages entstehen kann, weil diesfalls die insolvenzrechtlichen Fälligkeitsregelungen den abgabenrechtlichen Vorschriften vorgehen (; ). Liegt hingegen die Fälligkeit der Abgaben vor der Konkurseröffnung, sind die abgabenrechtlichen Vorschriften anzuwenden ().

Da gegenständlich außer Streit steht, dass die Fälligkeit hinsichtlich der Entrichtung der Verbandsgeldbuße am und somit nach Eröffnung des Konkurses am eingetreten ist, erfolgte die Festsetzung des Säumniszuschlages unter Verweis auf die obige Judikatur zu Unrecht, sodass der Beschwerde stattzugeben und der Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom ersatzlos aufzuheben war.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegenständlich ist eine Revision nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch das Gesetz und die Rechtsprechung des VwGH ausreichend beantwortet sind.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 172 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 156 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 156 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7300056.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at