Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.11.2023, RV/7103668/2023

Kein Unterhaltsabsetzbetrag für ein volljähriges Kind, für das keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2022 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf) machte in der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2022 vom bei Punkt "16. Beilagen" ein bei "Anzahl der Beilagen L 1k für ein Kind (für jedes Kind ist eine eigene Beilage L 1k zu verwenden)" und fügte handschriftlich hinzu "***Name*** ***TT.MM.JJJJ*** Euro 10.839,--".

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2022 vom wurde der Betrag von 10.839 € nicht berücksichtigt.

Mit Schreiben vom erhob die Bf Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2022 vom und begründete diese damit, dass geleistete Unterhalts-zahlungen für 2022 von Euro 10.839,- nicht berücksichtigt worden seien und übermittelte die Beilage L 1k für 2022 bezüglich ihres Sohnes ***Name***, geboren am ***TT.MM.JJJJ***, und beantragte den Unterhaltsabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind, für das sie den gesetzlichen Unterhalt geleistet hätte; insgesamt im Jahr 2022 geleistete Unterhaltszahlungen in Höhe von 10.839 €.

Mit Vorhalt vom wurde die Bf darauf hingewiesen, dass für volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt werde, auch bei aufrechter Unterhaltsverpflichtung auf Grund eines Gerichtsbeschlusses kein Unterhaltsabsetzbetrag zustehe. Ein Unterhaltsabsetz-betrag werde daher nicht anerkannt werden können. Die Beschwerde werde daher als unbegründet abzuweisen sein.
Gemäß § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 seien Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt würden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Unterhaltsleistungen an (mittelose) Angehörige beeinträchtigten nur bei Überschreiten des Selbstbehaltes (§ 34 Abs 4 EStG 1988) des Unterhaltsverpflichteten dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich und könnten nur insoweit einkommensreduzierend zum Abzug kommen.
Sollte die Bf eine außergewöhnliche Belastung beantragen wollen, sei die Beschwerde entsprechend zu ergänzen und es seien Nachweise vorzulegen, aus denen in eindeutiger Weise zu erkennen sei, dass die Unterhaltsleistungen zur Deckung von Aufwendungen gewährt würden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Am übermittelte die Bf einen Kontoauszug der ***Bank*** vom , auf dem unter anderem eine Buchung mit Datum "01.03.", mit Buchungstext "Einbringungsstelle Jv ***12345*** D ***56789***" und ein Betrag von "10.539,69" ausgewiesen wird.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, für volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt werde, könne auch bei aufrechter Unterhaltsverpflichtung auf Grund eines Gerichtsbeschlusses kein Unterhaltsabsetzbetrag zuerkannt werden. Unterlagen zum Nachweis für eine außergewöhnliche Belastung seien nicht nachgewiesen worden. Es könne daher auch keine außergewöhnliche Belastung nachgewiesen werden.

Am überreichte die Bf persönlich der Abgabenbehörde einen Schriftsatz von der Präsidentin des Oberlandesgerichtes ***A*** vom mit dem mitgeteilt wird, dass die ursprüngliche Forderung in Höhe von EUR 9.869,79 zuzüglich Nebenkosten von EUR 969,90 mittlerweile zur Gänze bezahlt worden sei.

Mit Schreiben vom stellte die Bf den Antrag auf Entscheidung über die Bescheid-beschwerde durch das Verwaltungsgericht und beantragte, die Berücksichtigung der Nachzahlung der Alimente bzw des Unterhaltsvorschusses für ihren Sohn, für den damals Familienbeihilfe bezogen worden sei.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Im Rahmen der Beschwerdevorlage vom übermittelte die Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht eine an die Mutter der Bf adressierte Mitteilung über den Bezug der Familienbeilhilfe vom aus der hervorgeht, dass die Mutter der Bf Familienbeihilfe für ihren Enkel ***Name*** von April 2009 bis September 2019 erhalten habe und eine ebenfalls an die Mutter der Bf adressierte Mitteilung über den Wegfall des Anspruches auf Familienbeihilfe vom , der zufolge festgestellt worden sei, dass sie ab keinen Anspruch auf Familienbeihilfe mehr hätte und die Auszahlung der Familienbeihilfe daher eingestellt werde.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Bf machte im Rahmen der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2022 den Unterhaltsabsetzbetrag für ihren nicht haushaltszugehörigen Sohn ***Name***, geboren am ***TT.MM.JJJJ***, geltend.

Am hatte die Bf einen Betrag von 10.539,69 € auf das Konto der Einbringungsstelle des Oberlandesgerichtes ***A*** überwiesen.

Nach Übergang des Anspruches auf Familienbeihilfe für ***Name*** von der Bf auf ihre Mutter, Frau ***B***, bezog diese Familienbeihilfe von April 2009 bis September 2019.

Ab bestand kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr für die Mutter der Bf.

Ab leistete der Sohn der Bf den ordentlichen Zivildienst.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Entsprechend der Bestimmung des § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Gemäß § 34 Abs 7 Z 5 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

Nach § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

***Name*** - der Sohn der Bf - wurde am ***TT.MM.JJJJ*** geboren und hat am ***XX.YY.ZZZZ*** das 18. Lebensjahr vollendet und somit die Volljährigkeit erreicht. Bis einschließlich September 2019 wurde Familienbeihilfe für den Sohn der Bf der Mutter der Bf gewährt.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Sohn der Bf im streitgegenständlichen Jahr 2022 bereits volljährig war und für ihn im Streitjahr 2022 keine Familienbeihilfe gewährt wurde, kommt die Bestimmung des § 34 Abs 7 Z 5 EStG 1988 zur Anwendung. Diese knüpft die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages für volljährige Kinder unmissverständlich daran, dass für diese Kinder Familienbeihilfe ausbezahlt wird (vgl Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 20. EL, § 33 Anm. 94 (EStG); Doralt/Herzog, EStG14 § 33 Tz 41). Dass Aufwendungen iSd § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 von der Bf getätigt wurden, die beim Unterhaltsberechtigten (beim Sohn) selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden, wie zB Krankheitskosten, wurde von der Bf nicht behauptet und ist den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen.

Im Vorlageantrag vom führte die Bf unter anderem wie folgt wörtlich aus:
"Möchte diesbezüglich, d. der Steuerausgleich 2022 inkl. der Nachzahlung d. Alimente bzw Unterhaltsvorschuss für meinen Sohn ***Name***, geb. ***TT.MM.JJJJ*** für diesen damals Familienbeihilfe bezogen wurde. Neuerlich berechnet wird, durch einen anderen Angestellten d. Finamt ***9999*** ***A***."

Soweit die Bf damit zum Ausdruck bringen wollte, dass es sich bei dem von ihr entrichteten Betrag um eine Nachzahlung von Unterhaltsleistungen für einen Zeitraum handle, in dem für ihren Sohn noch Familienbeihilfe gewährt wurde, so wird darauf hingewiesen, dass Nachzahlungen von Unterhaltsleistungen dem Kalenderjahr zuzuordnen sind, für das sie geleistet wurden (vgl Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 20. EL, § 33 Anm. 107) bzw dann zu berücksichtigen sind, wenn sie bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Veranlagungsbescheides geleistet und geltend gemacht werden (vgl Doralt/Herzog, EStG14
§ 33 Tz 45). Sollte die Bf aber gemeint haben, dass es sich bei dem von ihr entrichteten Betrag um eine Unterhaltsvorauszahlung handle, so wird darauf verwiesen, dass Vorauszahlungen von Unterhaltsleistungen auf den Zeitraum, für den sie geleistet wurden, entsprechend aufzuteilen sind und einen Anspruch auch für Zeiträume in darauffolgenden Kalenderjahren vermitteln können (vgl Doralt/Herzog, EStG14 § 33 Tz 45). Da aber im Fall einer Unterhaltsvorauszahlung die Unterhaltsleistung im gegenständlichen Beschwerdefall zu einem Zeitpunkt erfolgte (), in dem der Sohn der Bf bereits volljährig war und keine Familienbeihilfe mehr für ihn gewährt wurde, kam - wie bereits oben ausgeführt - die Bestimmung des § 34 Abs 7 Z 5 EStG 1988 zur Anwendung.

Da für den volljährigen Sohn der Bf im Streitjahr 2022 keine Familienbeihilfe ausbezahlt wurde, wurde in Anwendung der Bestimmung des § 34 Abs 7 Z 5 EStG 1988 die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages zu Recht verwehrt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beurteilung der zu lösenden Rechtsfrage, ob für Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, im Wege eines Unterhaltsabsetzbetrages, zu berücksichtigen sind, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist daher zu verneinen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Unterhaltsleistungen
Familienbeihilfe
Unterhaltsabsetzbetrag
Unterhalt
haushaltszugehörig
volljährig
Verweise
Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 20. EL, § 33 Anm. 94 (EStG)
Doralt/Herzog, EStG 14. Lieferung, § 33 Tz 41
Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 20. EL, § 33 Anm. 107
Doralt/Herzog, EStG 14. Lieferung, § 33 Tz 45
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103668.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at