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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.11.2023, RV/5100737/2023

Gefahrenzulage bei Tätigkeit in einem Kontaktlinseninstitut eines Augenarztes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter *** Mag. R. *** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Karl Philipp Braunschmid, Landstraße 38, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen die Haftungsbescheide gemäß § 82 EStG 1988 des Finanzamtes Österreich vom betreffend Lohnsteuer 2018 bis 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Beim Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) fand im Jahr 2022 für den Zeitraum bis eine Lohnsteuerprüfung gemäß § 86 Abs. 1 EStG 1988 zu AB.Nr. ***1*** statt, bei der folgende Feststellung getroffen wurde (vgl. die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ):

Der Dienstnehmerin, Frau ***2***, wäre im Prüfzeitraum 2017 bis 2021 die Gefahrenzulage (Infektionszulage) begünstigt gewährt worden.

Die Begünstigungen des § 68 Abs. 1 und 5 EStG 1988 würden voraussetzen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichte, die überwiegend unter Umständen erfolgten, die die im Gesetz angeführten Voraussetzungen erfüllten. Der Arbeitnehmer müsse also in der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die die genannte Verschmutzung zwangsläufig bewirkten oder eine außerordentliche Erschwernis oder Gefahr darstellten (). Dies erfordere nach Rechtsprechung und Lehre, dass der Behörde nachgewiesen werde, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt habe und wann sie geleistet worden seien (). Für eine Begünstigung der Gefahrenzulage müssten daher die funktionelle, materielle sowie formelle Voraussetzung gleichzeitig erfüllt sein.

Funktionelle Voraussetzung: Zulagen wären nur begünstigt, wenn sie neben dem Grundlohn gewährt werden. Werden für die Arbeitserschwernis keine Zulagen bezahlt, könnten entsprechende Beträge nicht aus dem Gesamtlohn herausgerechnet werden.

Materielle Voraussetzung: Die Arbeiten müssten überwiegend unter erschwerten Umständen verrichtet werden, dies wäre sowohl inhaltlich als auch zeitlich zu verstehen. Auch bei pauschalierten SEG-Zulagen müssten die tatsächlich geleisteten Stunden und die darauf entfallenden Zulagen über die Lohnzahlungszeiträume einzeln aufgezeichnet werden. Nach Rechtsprechung und Lehre wäre es somit erforderlich, dass der Behörde nachgewiesen wird, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden (vgl. BFG RV/7103456/2017).

Formelle Voraussetzung: SEG-Zulagen wären nur begünstigt, wenn sie aufgrund einer der taxativ aufgezählten lohngestaltenden Vorschriften iSd § 68 Abs. 5 Z 1-6 EStG oder innerbetrieblich allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern § 68 Abs. 5 Z 7 EStG gewährt werden. Der Umstand, dass lohngestaltende Vorschriften eine Zulage vorsehen, würde für die Steuerbefreiung nach § 68 EStG nicht ausreichen. Es müssten alle oben aufgezählten Voraussetzungen gleichzeitig vorliegen.

Gemäß Kollektivvertrag für die aus dem Angestelltenverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten und die sonstigen, für das Arbeitsverhältnis wirtschaftlich bedeutenden Angelegenheiten für Angestellte bei Ärztinnen und ärztlichen Gruppenpraxen in Oberösterreich würde eine Gefahrenzulage gemäß § 14 Abs. 2 des Kollektivvertrages wie folgt zustehen:

Alle Angestellten, die in Ausübung ihrer Tätigkeit mit Blut, Sputum, Serum, Harn, Stuhl, (ab : Tränenflüssigkeit) ätzenden öder giftigen Reagenzien, oder infektiösem Material in Berührung kommen (ab : oder dem Risiko einer Tröpfcheninfektion ausgesetzt sind) oder in Strahlenbereichen tätig sind.

Gemäß übermittelter Tätigkeitsbeschreibung von Frau ***2*** wäre keine schädliche Einwirkung von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen zu erkennen, die zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder der körperlichen Sicherheit von Frau ***2*** mit sich bringt. Die Arbeitnehmerin würde keiner Gefährdung ausgesetzt werden, die über das Allgemeinrisiko hinausgeht würde. Lediglich die ab im Kollektivvertrag angeführte Tränenflüssigkeit könnte unter Umständen eine Begünstigung der Infektionszulage darstellen. Hierfür müssten jedoch auch die materiellen Voraussetzungen erfüllt und der Nachweis durch entsprechende genaue Aufzeichnungen erbracht werden. Es wären keine Nachweise über die tatsächlich geleisteten Stunden und die darauf entfallenden Zulagen erbracht worden.

Die begünstigt ausgezahlte Infektionszulage hätte mangels Vorliegen der formal- bzw. materiell rechtlichen Voraussetzungen nicht nach den Bestimmungen des § 68 Abs. 1 EStG 1988 steuerfrei belassen werden können. Es würde daher für die Jahre 2018 bis 2021 eine Nachverrechnung mit den pauschalen Lohnsteuersätzen erfolgen.

Am erließ das Finanzamt Österreich dieser Feststellung entsprechende Haftungsbescheide Lohnsteuer für die Jahre 2018 bis 2021, in denen in der Begründung auf den Bericht über die durchgeführte Lohnsteuerprüfung und die Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen wurde, wobei im Bericht vom die Ermessensübung der Erlassung der Haftungsbescheide dahingehend begründet wurde, dass im Hinblick darauf, dass die Arbeitgeberhaftung ein für den praktischen Vollzug des Lohnsteuerverfahrens unerlässliches Element darstellt und die im vorliegenden Fall festgestellten Fehlberechnungen und Einbehaltungsdifferenzen nicht bloß von geringem Ausmaß wären, bei der Ermessensübung dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Abgabenerhebung der Vorzug zu geben und die gegenständliche Haftungsheranziehung bescheidmäßig auszusprechen gewesen wäre.

Zunächst wurde nur der Haftungsbescheid Lohnsteuer für 2021 sowie der Prüfbericht an die steuerliche Vertretung des Bf. am zugestellt. Die Zustellung der anderen Haftungsbescheide (für die Jahre 2018 bis 2020) erfolgte sodann mit Zustellnachweis am . Betreffend den Haftungsbescheid für 2021 wurde am ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis gestellt, dem vom Finanzamt Österreich mit Bescheid vom entsprochen wurde.

Am brachte der Bf. eine Beschwerde gegen die Haftungsbescheide Lohnsteuer 2018 bis 2021 vom ein, in der beantragt wurde, die Bescheide aufzuheben und die vorgeschriebenen Lohnsteuerbeträge zu stornieren bzw. auf Null zu setzen. Diese Beschwerde wurde wie folgt begründet:

Die Begründung für die Bescheide soll - It. den Bescheidbegründungen - dem Bericht vom und allenfalls der Niederschrift entnommen werden und würde sich auf die Auffassung der Prüferin stützen, dass die Lohnsteuerfreiheit der Gefahrenzulage (in kollektivvertraglich aliquotierter Höhe) bei der (einzigen) Dienstnehmerin im Kontaktlinseninstitut nicht gegeben ist, sodass auch - laut Prüferin - aufgrund einer

Finanzamt-internen Richtlinie die Erweiterung des Prüfungsauftrages um zwei Jahre auf 2017 und 2018 zwingend erforderlich gewesen wäre.

In der telefonischen Schlussbesprechung wäre keine Einigung über die Feststellungen erzielt und dies bei der Unterschrift angemerkt worden.

Vorbemerkungen:

Der Steuerpflichtige, ***Bf1***, wäre Facharzt für Augenheilkunde und würde in Ergänzung seiner Kassen-Ordination auch ein sogenanntes Kontaktlinseninstitut (für Patienten) betreiben.

In der augenfachärztlichen Ordination wären fünf Dienstnehmerinnen beschäftigt, bei denen die kollektivvertragliche Gefahrenzulage (mangels Überwiegens der Infektions-Gefahr bei diesen Dienstnehmerinnen) bei den Gehaltsabrechnungen lohnsteuerpflichtig behandelt worden wäre.

Im ordinations-ergänzenden Kontaktlinseninstitut wäre nur eine einzige Dienstnehmerin beschäftigt (Teilzeit), bei der die kollektivvertragliche, aliquotierte Gefahrenzulage bei den Gehaltsabrechnungen lohnsteuerfrei behandelt worden wäre. Nachdem im Kontaktlinseninstitut nur eine Dienstnehmerin beschäftig wäre, wäre deren Aufgabe die gesamte Geschäftsabwicklung im Nah-Bereich mit den Patienten (Anpassung, Augenmessung etc.) und Infektions-/Gefahrenbereich (Tätigkeiten in Berührung mit Körperflüssigkeiten (Tränenfluss).

Eine genaue Tätigkeitsbeschreibung (der betreffenden Dienstnehmerin) durch den Dienstgeber wäre der Prüferin schriftlich vorgelegt und auch mündlich (Telefonat vom ) wie folgt zusammengefasst worden: die betreffende Dienstnehmerin wäre im Prüfungszeitraum anfangs mit 20, zuletzt mit 35 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt (aufgrund des wachsenden Geschäftsumfanges) gewesen, wovon auf den direkten Patienten-Nahkontakt ca. 80 % entfallen (rd. 28 - 30 Wochenstunden), die restlichen 20% auf Arbeitsvor- und Nachbereitungsarbeiten wie z.B. Instrumenten-Sterilisation, Geräte-Desinfektion mit Körperflüssigkeitskontakten entfallen würden.

Der Umsatz des Kontaktlinseninstitutes wäre im Prüfungszeitraum kontinuierlich gewachsen und hätte zuletzt (2021) bereits über € 100.000,00 betragen und wäre ausschließlich mit dieser (einen) Dienstnehmerin bewirkt worden, was die weitaus überwiegende Infektionsgefahren-Situation absolut nachvollziehbar und glaubhaft machen würde.

Es wäre daher die Feststellung der Prüferin ,,Gemäß übermittelter Tätigkeitsbeschreibung ist keine schädliche Einwirkung von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen zu erkennen" mit der Schlussfolgerung, dass "die Arbeitnehmerin keiner Gefährdung ausgesetzt ist, die über das Allgemeinrisiko hinausgeht" in keiner Weise nachvollziehbar. Die Formulierungen "Einwirkung von .... Strahlen", die bei Kontaktlinseninstituten überhaupt nicht gegeben wäre, würde vielmehr auf die Verwendung vorgefertigter Textbausteine durch die Prüferin anstatt einer wirklichen Auseinandersetzung mit den tatsächlichen, konkreten Sachverhalten schließen lassen.

Die Prüferin würde zwar einräumen, dass die im Kollektivvertrag vom genannten Beschreibungen "Tränenflüssigkeit" oder "dem Risiko einer Tröpfcheninfektion ausgesetzt" eine "Begünstigung der Infektionszulage darstellen", wäre aber der Meinung, dass dies erst ab der Fall sein könnte, weil der Ausdruck Tränenflüssigkeit erst in diesem Kollektivvertrag abgedruckt ist. Sie verkennt damit klar, dass nicht eine verbale Formulierung in einem Kollektivvertrag eine Infektionsgefahr entstehen lassen würde, sondern die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit im Gefahren-/lnfektionsbereich.

Zur Tröpfeninfektionsgefahr würde die Website "gesundheit.gv.at" ausführen:

"Infektionsübertragung durch das Versprühen kleinster erregerhaltiger Tropfen beim Sprechen, Husten oder Niesen. Tröpfcheninfektion erfolgt in den häufigsten Fällen innerhalb einer Entfernung von etwa einem bis zwei Metern".

Der Abstand bei den Arbeiten im Kontaktlinseninstitut (Untersuchungen am Patienten, Spaltlampenbiomikroskopie, Keratographie, Entnahme, Einsetzen, Reinigen der Linsen etc.) wäre erfahrungsgemäß und nachvollziehbar viel geringer (zwischen einigen Zentimetern und einem Meter!).

Die Prüferin wäre weiters der Meinung, dass auch eine (zweifelsfrei) gegebene Infektionsgefahr nicht ausreichen würde, die Gefahrenzulage steuerfrei zu belassen, sondern "hierfür der Nachweis durch genaue Aufzeichnungen erbracht werden muss" und "Nach Rechtsprechung und Lehre ist es somit erforderlich, dass der Behörde nachgewiesen wird...". Damit würde sie die Rechtsprechung des VwGH ignorieren, nach der eine entsprechende Glaubhaftmachung ebenso ausreichen würde (zB ; ; ).

Die Prüferin hätte sich mit den Beweismitteln und den Vorbringen
-) ausführliche Tätigkeitsbeschreibung
-) zusätzliche, verbale Darstellung der konkreten Gegebenheiten im Kontaktlinseninstitut
-) Saldenlisten, aus denen der Umsatz des Institutes ersichtlich wäre,
nicht auseinandergesetzt, sondern nur "genaue Nachweise" gefordert, wann genau welche Arbeiten ausgeführt worden sind. Die Arbeitszeitaufzeichnungen gem. Arbeitsrecht würden lückenlos vorliegen und wären der Prüferin zugänglich gewesen.

Der Beruf des Kontaktlinsenoptikers würde unter Umständen ausgeübt werden, die § 68 Abs. 5 EStG als Voraussetzung für die Steuerbefreiung normiert.

Nachdem die Dienstnehmerin die einzige Mitarbeiterin im Kontaktlinseninstitut wäre, die von ihr zu erbringenden Arbeitsleistungen ausführlich und nachvollziehbar dargelegt worden wären und sich mit dem Berufsbild des Kontaktlinsenoptikers und den damit verbundenen Infektionsgefahren decken würden, wären die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gem. § 68 Abs. 5 EStG gegeben.

Am wurde an den Bf. folgender Vorhalt durch das Finanzamt Österreich verfasst:

Ergänzende Fragen:
• Um Vorlage des Dienstvertrages bzw. - ergänzungen (u.a. Beschreibung der Tätigkeiten und Arbeitsinhalte - Arbeitsplatzbeschreibung) mit Frau ***2*** werde ersucht.
• Laut Bescheidbeschwerde vom würden die Arbeitszeitaufzeichnungen lückenlos vorliegen, somit auch von Frau ***2***. In der Bescheidbeschwerde würde stehen, dass von der Arbeitszeit von Frau ***2*** ca. 80% auf den direkten Patienten-Nahkontakt entfallen würden.

Gibt es Arbeitszeitaufzeichnungen bzw. Grundaufzeichnungen zu Lohnkonten von Frau ***2***, die diese Tätigkeiten von Frau ***2*** ausweisen?
Wenn ja, werde ersucht diese Unterlagen für Frau ***2*** für das Jahr 2021 zu übermitteln.

• Weiters würde in der Bescheidbeschwerde stehen, dass in der augenfachärztlichen Ordination fünf Dienstnehmerinnen beschäftigt sind, bei denen die kollektivvertragliche Gefahrenzulage "mangels Überwiegen der Infektionsgefahr" lohnsteuerpflichtig - im Gegensatz zu Frau ***2*** - behandelt wurden/werden.
Auf welche Grundlage wird das Nicht-Überwiegen gestützt? Gibt es diesbezüglich Aufzeichnungen dieser Dienstnehmerinnen, woraus sich schließen lässt, dass die Infektionsgefahr nicht überwiegt?

In Beantwortung dieses Vorhaltes wurden durch die steuerliche Vertretung mit Mail vom der Dienstvertrag mit ***2*** vom samt Ergänzungen, Zusatz-Personalbögen von fünf Ordinationsangestellten, ein bereits im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegtes Schreiben des Bf. betreffend die Tätigkeit von Frau ***2*** vom sowie Arbeitszeitaufzeichnungen von Frau ***2*** für das Jahr 2021 vorgelegt.

Am erließ das Finanzamt Österreich eine ausführlich begründete Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen wurde.

In der Folge wurde vom Bf. am ein Ersuchen um Verlängerung der Frist für die Einbringung eines Vorlageantrages gestellt. Mit Bescheid vom wurde diesem Ersuchen stattgegeben und die Frist für die Einbringung eines Vorlageantrages bis verlängert.

Mit Schreiben vom stellt der Bf. hinsichtlich aller beschwerdegegenständlichen Bescheide einen Vorlageantrag.

Am wurde die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht vom Finanzamt Österreich zur Entscheidung vorgelegt, wobei in der Stellungnahme zur Beschwerde folgendes ausgeführt wurde:

Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

Es wären keine näheren Unterlagen bzw. Aufzeichnungen vorgelegt worden, warum das Überwiegen der Infektionszulage und somit die Steuerfreiheit - im Gegensatz zu den übrigen Dienstnehmerinnen - bei Frau ***2*** gegeben wäre. Die Steuerfreiheit der Gefahrenzulage wäre bei Frau ***2*** nicht anerkannt worden.

Es wird beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist Facharzt für Augenheilkunde und betreibt neben der Kassen-Ordination auch ein Kontaktlinseninstitut. Im Zeitraum 2017 bis 2021 waren in der augenfachärztlichen Ordination des Bf. fünf Dienstnehmerinnen und im Kontaktlinseninstitut eine Dienstnehmerin, Frau ***2***, die Ehegattin des Bf., beschäftigt, wobei Frau ***2*** auch in der augenfachärztlichen Ordination tätig war.

Frau ***2*** ist diplomierte Krankenschwester und seit 2009 in der Ordination des Bf. angestellt. Die übrigen Mitarbeiterinnen des Bf. sind geprüfte Ordinationsassistentinnen.

Als Gehalt wurde mit Frau ***2*** neben einem monatlichen Grundgehalt auch eine monatliche Gefahrenzulage von € 57,50 arbeitsvertraglich eingeräumt (§ 8 Abs. 4 des Dienstvertrages vom ).

Im § 1 des Dienstvertrages vom mit ***2*** ist folgendes bestimmt:

"Die Dienstnehmerin tritt mit als Ordinationsleiterin und DGKS in die Ordination (Praxis) des Dienstgebers ein.

Der Tätigkeitsbereich erstreckt sich auf sämtliche Arbeiten, die mit dem Ordinationsbetrieb in Zusammenhang stehen, insbesondere auf medizinische und Verwaltungstätigkeiten. Der spezielle Arbeitseinsatz wird vom Dienstgeber jeweils nach den Erfordernissen des Praxisbetriebes bzw. seiner sonstigen Tätigkeiten festgelegt. Die vertragswidrige Unterlassung einer Dienstleistung der in diesem Paragraph beschriebenen Tätigkeit berechtigt den Dienstgeber zur Auflösung des Dienstverhältnisses gem. § 27 Angestelltengesetz (Entlassung).

Dienstort ist die derzeitige Ordination (bzw. der Tätigkeitsort) des Dienstgebers. Die Dienstnehmerin erklärt, mit einer allfälligen Veränderung des Dienstortes innerhalb des Gemeindegebietes einverstanden zu sein."

Die Höhe der Frau ***2*** zustehenden monatlichen Gefahrenzulage wurde in der Folge wie folgt abgeändert:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ergänzung Dienstvertrag vom
wirksam ab
Höhe Gefahrenzulage
€ 56,25
€ 75,00
€ 93,75
€ 131,25

Der Dienstvertrag von Frau ***2*** unterliegt dem Kollektivvertrag für Angestellte bei Ärzten und in ärztlichen Gruppenpraxen in Oberösterreich.

Der seit gültige Kollektivvertrag für Angestellte bei Ärzt/innen und in ärztlichen Gruppenpraxen in Oberösterreich, sieht in § 14 Entgelt unter Punkt 2. Folgendes vor:

2. Infektionszulage
Alle Angestellten, die in Ausübung ihrer Tätigkeit mit Blut, Sputum, Serum, Harn, Stuhl, ätzenden oder giftigen Reagenzien oder infektiösem Material in Berührung kommen oder in Strahlenbereichen tätig sind, erhalten eine monatliche Zulage von mindestens € 150,-. Höhere Infektions- und Gefahrenzulagen können auf betrieblicher Basis vereinbart werden. Keine Infektionszulage erhalten Angestellte mit fast ausschließlicher Bürotätigkeit.

Eine gleichlautende Regelung hat der ab gültige Kollektivvertrag für Angestellte bei Ärzt/innen und in ärztlichen Gruppenpraxen in Oberösterreich enthalten.

Der seit gültige Kollektivvertrag für Angestellte bei Ärzt/innen und in ärztlichen Gruppenpraxen in Oberösterreich, sieht in § 14 Entgelt unter Punkt 2. Folgendes vor:

2. Infektionszulage
Alle Angestellten, die in Ausübung ihrer Tätigkeit mit Blut, Sputum, Serum, Harn, Stuhl, Tränenflüssigkeit, ätzenden oder giftigen Reagenzien oder infektiösem Material in Berührung kommen oder dem Risiko einer Tröpfcheninfektion ausgesetzt sind oder in Strahlenbereichen tätig sind, erhalten eine monatliche Zulage von mindestens € 160,-. Höhere Infektions- und Gefahrenzulagen können auf betrieblicher Basis vereinbart werden. Keine Infektionszulage erhalten Angestellte mit fast ausschließlicher Bürotätigkeit.

Frau ***2*** hat aufgrund ihres Dienstvertrages bzw. der dargestellten Ergänzungen des Dienstvertrages im Zeitraum 2017 bis 2021 folgende Entgelte unter dem Titel Gefahrenzulage ausbezahlt erhalten ohne dass diese Entgelte vom Bf. der Lohnsteuer unterworfen wurden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Monate von bis
Betrag monatlich
Monate von bis
Betrag monatlich
2018
01 - 01
€ 56,25
02 - 12 (keine im Juni 2018)
€ 75,00
2019
01 - 08 (keine im Juni 2019)
€ 75,00
09 - 12
€ 93,75
2020
01 - 08 (keine im Juni 2020)
€ 93,75
09 - 12
€ 131,25
2021
01 - 01
€ 131,25
02 - 12 (keine im Juni 2021)
€ 140,00

Frau ***2*** ist für den Bf. sowohl im Bereich der Augenarztordination tätig, in der sie folgende Tätigkeiten verrichtet:

* Aufnahme der Patienten, wozu auch die Ausgabe von Rezepten für Arzneimittel gehört
* Terminvereinbarungen mit Patienten
* Untersuchung am Patienten bzw. am Patientenauge (Autorefraktometer, Autotonometer, Perimetrie, Mesoptometrie, Optische Koherenztomographie, Fundusfotographie)
* Operationsassistenz bei Lidoperationen und laserchirurgischen Eingriffen

Im Bereich des Kontaktlinseninstituts ist sie neben dem Bf. als verantwortlicher Arzt als einzige Dienstnehmerin mit der Leitung des Kontaktlinseninstituts betraut. Die Leitung des Kontaktlinseninstituts beinhaltet jedenfalls nicht nur Tätigkeiten im unmittelbaren Zusammenhang mit Patienten des Bf., die Kontaktlinsen benötigen bzw. Probleme mit diesen haben, sondern auch Verwaltungstätigkeiten (Geschäftsabwicklung) wie beispielsweise die Kontaktaufnahme mit den Lieferanten der Kontaktlinsen (Bestellung, Klärung von Garantie- und Mängelfragen) sowie die Erfassung und Abrechnung der den Patienten erbrachten Leistungen. Mit den Kunden (Patienten) des Kontaktlinseninstituts hat Frau ***2*** folgendermaßen Kontakt:

* Untersuchung am Auge (Spaltlampenbiomikroskopie, Keratographie)
* Entnahme, Einsetzen, Reinigen von Kontaktlinsen, wobei das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon ausgeht, dass die Entnahme, das Einsetzen und die Reinigung der Kontaktlinsen im Regelfall durch den Patienten selbst erfolgt.

Der Bf. hat weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass die Arbeit von Frau ***2*** überwiegend unter gefährlichen Umständen wie des Kontaktes mit potentiell infektiösen Konjunktivalsekreten bzw. potentiell infektiösen Kontaktlinsenmaterial erfolgt ist.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen gründen sich soweit im Folgenden keine weiteren Ausführungen erfolgen auf die vom Finanzamt Österreich mit Vorlagebericht vom vorgelegten Unterlagen.

Dass die Tätigkeit in der Augenarztpraxis neben der Aufnahme der Patienten auch die Ausgabe von Rezepten sowie die Terminvereinbarung umfasst, ergibt sich aus dem Dienstvertrag von Frau ***2*** vom , wonach sich der Tätigkeitsbereich von Frau ***2*** auf sämtliche mit dem Ordinationsbetrieb im Zusammenhang stehende Verrichtungen erstreckt und insbesondere auch Verwaltungstätigkeiten angeführt werden.

Dass die Leitung des Kontaktlinseninstituts nicht nur Tätigkeiten im unmittelbaren Zusammenhang mit Patienten des Bf., die Kontaktlinsen benötigen bzw. Probleme mit diesen haben, sondern auch Verwaltungstätigkeiten (Geschäftsabwicklung) beinhaltet wie beispielsweise die Kontaktaufnahme mit den Lieferanten der Kontaktlinsen (Bestellung, Klärung von Garantie- und Mängelfragen) sowie die Erfassung und Abrechnung der den Patienten erbrachten Leistungen, ergibt sich zum einen daraus, dass im Schreiben des Bf. vom angegeben wird, dass Frau ***2*** das Kontaktlinseninstitut leitet, womit jedenfalls die festgestellten administrativen Tätigkeiten verbunden sind. Auch ist der Bf. im Vorlageantrag der in der Beschwerdevorentscheidung vom getroffenen Feststellung, wonach Frau ***2*** die gesamte Geschäftsabwicklung des Kontaktlinseninstituts durchführt, nicht entgegengetreten (vgl. Seite 7 vorletzter Absatz der Beschwerdevorentscheidung). Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt Beschwerdevorentscheidungen Vorhaltscharakter zu (vgl. zB ; ; ).

Die Feststellung, dass der Bf. weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht hat, dass die Arbeit von Frau ***2*** überwiegend unter gefährlichen Umständen wie des Kontaktes mit potentiell infektiösen Konjunktivalsekreten bzw. potentiell infektiösen Kontaktlinsenmaterial erfolgt ist, gründet sich darauf, dass der Bf. trotz Aufforderung im Vorhalt vom , Unterlagen vorzulegen, die die Richtigkeit des Beschwerdevorbringens, dass Frau ***2*** circa 80% ihrer Arbeitszeit im Patienten-Nahkontakt tätig werden würde, belegen, lediglich Arbeitszeitaufzeichnungen für das Jahr 2021 vorgelegt hat, aus denen sich die Stunden ergeben, wann und wie lange Frau ***2*** jeweils gearbeitet hat bzw. wann sie Urlaub bzw. Gleitzeit hatte. Sonstige Aufzeichnungen über die Tätigkeiten wurden hingegen nicht vorgelegt. Aus den vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen ist lediglich die Anzahl der Stunden, in denen eine Inventur durchgeführt wurde, ersichtlich.

Soweit der Bf. sich darauf stützen sollte, dass aus den vorgelegten Fragebögen betreffend die übrigen in der Augenarztpraxis des Bf. angestellten Dienstnehmerinnen indirekt ableitbar wäre, dass Frau ***2*** aufgrund ihrer Tätigkeit im Kontaktlinseninstitut jedenfalls mehr als 50% "Patienten-Nahkontakte" hätte, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine Quantifizierung des zeitlichen Ausmaßes der Tätigkeit von Frau ***2*** in der Augenarztpraxis und im Kontaktlinseninstitut durch den Bf. nicht erfolgt ist. Zum anderen können die vorgelegten Fragebögen nicht als aussagekräftig für die tatsächliche Tätigkeit dieser Dienstnehmerinnen angesehen werden, wie in der ergangenen Beschwerdevorentscheidung überzeugend ausgeführt wird und schließt sich das Bundesfinanzgericht diesen im folgenden wiedergegebenen Ausführungen an:

Die Ordinationsassistentinnen erledigen neben den organisatorischen Tätigkeiten und der Patientenaufnahme auch noch die Untersuchungen am Patienten bzw. am Patientenauge mit den diversen Geräten und assistieren bei Lidoperationen und bei laserchirurgischen Eingriffen. Dies geht aus der Tätigkeitsbeschreibung von Frau ***2***, die auch Bezug auf die Tätigkeitsbereiche der anderen Dienstnehmerinnen nimmt, hervor. Die Ordinationsassistentinnen sind laut dieser Beschreibung sehr wohl auch durch direkten bzw. indirekten Kontakt mit infektiösen Nasen-Rachen Sekreten, infektiösen Konjunktivalsekreten und infektiösen Blut und Gewebematerial konfrontiert. Dass das mangelnde Überwiegen der Infektionsgefahr bei diesen Ordinationsassistentinnen aufgrund des Ausfüllens dieses Fragebogens gestützt wird, ist nicht nachvollziehbar.

Die Feststellung, dass die Entnahme, das Einsetzen und die Reinigung der Kontaktlinsen im Regelfall durch den Patienten selbst erfolgt, ergibt sich daraus, dass es sich dabei um einen relativ einfachen Vorgang handelt und daher davon auszugehen ist, dass dies von den Patienten - nachdem diesen eine kurze Erklärung gegeben wurde - selber durchgeführt werden kann. Überdies ist nicht davon auszugehen, dass der Großteil der Patienten des Bf. zum ersten Mal Kontaktlinsen angepasst bekommt und der Träger von Kontaktlinsen diesen Vorgang selbst beherrscht. Überdies ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Patienten gar nicht will, dass die Kontaktlinsen durch eine fremde Person eingesetzt bzw. herausgenommen werden, weil das Auge besonders sensibel ist.

Auch kann selbst dann wenn die Frau ***2*** weitaus überwiegend im Kontaktlinseninstitut gearbeitet haben sollte - einen solchen Nachweis hat der Bf. aber nicht erbracht - nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Tätigkeit von Frau ***2*** im "Patientennahbereich" überwiegend die Möglichkeit einer Infektionsgefahr bestanden hat:

Zum einen sieht § 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung "Ausübungsregeln für Kontaktlinsenoptiker", BGBl. Nr. 698/1976 idF Nr. 13/1996 vor, dass die Anpassung von Kontaktlinsen nur vorgenommen werden darf, wenn kein Hinweis auf eine Krankheit oder einen Zustand des Auges vorliegt, die das Anpassen von Kontaktlinsen ausschließen. Wenn ein solcher Hinweis vorliegt, sind die Anpassungsarbeiten unverzüglich abzubrechen.

Daraus ergibt sich, dass davon auszugehen ist, dass schon bei der Aufnahme des Patienten bzw. der Terminvergabe von Frau ***2*** bzw. dem Bf. gefragt bzw. geprüft wird, ob der Patient krank ist bzw. ein Augenleiden hat. Es ist daher bei einem Kontaktlinseninstitut von vornherein nicht zu vermuten, dass von einer überwiegenden Anzahl von Patienten, die Kontaktlinsen benötigen, eine Infektionsgefahr für den den Patienten untersuchenden Mitarbeiter bzw. bei der Mithilfe beim Einsetzen und Herausnehmen der Kontaktlinsen ausgeht. Es kann daher das Vorliegen einer Infektion bei einem Patienten, der im Kontaktlinseninstitut von Frau ***2*** mit den im Schreiben vom erwähnten Geräten untersucht wird, nicht als typische Berufsgefahr, sondern als Allgemeingefahr angesehen werden.

Überdies kann eine direkte Infektionsgefahr bei Untersuchung des Patienten mit einem Spaltlampenbiomikroskop bzw. einem Keratographen nicht erkannt werden, weil durch den Aufbau dieser Geräte ein unmittelbarer Kontakt ausgeschlossen erscheint.

Überdies ist der Bf. der Feststellung in der Beschwerdevorentscheidung, dass es unwahrscheinlich ist, dass bei der Untersuchung am Patientenauge mit den jeweiligen Geräten wegen des fehlenden unmittelbaren Kontaktes zum Patienten eine überwiegende Gefährdung oder Infektionsgefahr besteht, im Vorlageantrag nicht entgegengetreten.

Im Einklang mit der Beschwerdevorentscheidung geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass eine Infektionsgefahr unter Umständen bei der Assistenz von Lidoperationen bzw. laserchirurgischen Eingriffen auch wegen der Dauer dieser Tätigkeiten gegeben sein könnte. Bezüglich dieser Tätigkeit von Frau ***2*** wurden keinerlei Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ableiten ließe, in welchem zeitlichen Ausmaß dies bei Frau ***2*** der Fall war. Ein Überwiegen der Infektionsgefahr kann daher auch diesbezüglich nicht festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 68 EStG 1988 lautet auszugsweise wie folgt:

(1) Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge sind insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei. ...

(3) Soweit Zulagen und Zuschläge durch Abs. 1 und 2 nicht erfasst werden, sind sie nach dem Tarif zu versteuern. ...

(5) Unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die

- …
- …
- infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.

Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie
1. auf Grund gesetzlicher Vorschriften,
2. auf Grund von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen,
3. auf Grund aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
4. auf Grund der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,
5. auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,
6. auf Grund von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,
7. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern
gewährt werden. ...

Die Begünstigung des § 68 Abs. 1 iVm Abs. 5 EStG 1988 setzt ua voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichtet, die überwiegend unter Umständen erfolgen, welche die Voraussetzung einer Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit erfüllen. Der Arbeitnehmer muss also während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die zwangsläufig eine Gefahr darstellen (, 2011/15/0067).

Steuerlich begünstigte Gefahrenzulagen liegen nur vor, wenn die Arbeiten tatsächlich überwiegend unter gefährdenden Umständen stattfinden. Der Arbeitnehmer muss somit - während der gesamten Arbeitszeit im Lohnzahlungszeitraum überwiegend unter Gefährdungsumständen tätig sein (; Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG, 54. Lfg (März 2013), Tz 27 zu § 68).

Es muss vom Abgabepflichtigen nachgewiesen bzw. zumindest glaubhaft gemacht werden, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden (vgl. zB ).

In der Beschwerde wird zwar vorgebracht, dass Frau ***2*** ihrer Tätigkeit zu ca. 80% ihrer Arbeitszeit im Patienten-Nahkontakt geleistet hätte. Alleine in diesem Vorbringen kann aber - entgegen der offenbaren Ansicht des Bf. - auch keine Glaubhaftmachung erblickt werden, zumal die Glaubhaftmachung genauso wie eine Beweisführung der freien Beweiswürdigung unterliegt (vgl. zB ).

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt wurde vom Bf. - auch nachdem ein entsprechender Vorhalt durch die belangte Behörde im Beschwerdeverfahren ergangen ist - weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass Frau ***2*** im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ihre Tätigkeit überwiegend unter Umständen erbracht hat, bei denen eine Infektionsgefahr im Sinne des Kollektivvertrages für Angestellte bei Ärzt/innen und in ärztlichen Gruppenpraxen in Oberösterreich bestanden hat. Klarstellend wird festgehalten, dass dies auch für den ab geltenden Kollektivertrag gilt, weil auch eine tatsächlich überwiegende Verrichtung der Tätigkeit von Frau ***2*** bei Bestehen der Gefahr der Infektion mittels Tränenflüssigkeit weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden konnte.

Hinsichtlich des Vorbringens in der Beschwerde aus der Formulierung in der Niederschrift zur Schlussbesprechung, wonach "Gemäß übermittelter Tätigkeitsbeschreibung ist keine schädliche Einwirkung von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen zu erkennen", die bei Kontaktlinseninstituten überhaupt nicht gegeben wäre, wäre auf die Verwendung vorgefertigter Textbausteine durch die Prüferin anstatt einer wirklichen Auseinandersetzung mit den tatsächlichen, konkreten Sachverhalten zu schließen, wird auf die diesbezügliche Begründung in der Beschwerdevorentscheidung (vgl. drittletzter Absatz auf Seite 8) verwiesen.

Wieso die Steigerung der Umsätze des Kontaktlinseninstituts Relevanz für die Beurteilung der Frage, ob Frau ***2*** ihre Tätigkeit überwiegend unter Umständen ausgeübt hat, die im Sinne des § 68 Abs. 5 dritter TS EStG 1988 zwangsläufig eine Gefährdung von Leben bzw. Gesundheit mit sich bringen, haben soll verschließt sich auch dem Bundesfinanzgericht.

Daher fiel die an Frau ***2*** vom Bf. gewährte Gefahrenzulage im Zeitraum 2017 bis 2021 nicht unter die Steuerfreiheit des § 68 Abs. 1 EStG 1988 und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die rechtliche Beurteilung der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Gefahrenzulagen im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs erfolgte, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100737.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at