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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.11.2023, RV/7104515/2019

Aussetzung der Einhebung - Abweisung bei Beendigung des zugrundeliegenden Abgabeverfahrens bzw. Konkurs der Bf.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache Mag. Dr. Ulla Reisch als Masseverwalterin im Konkursverfahren der ***Bf1***, Landstraßer Hauptstraße 1A/Ebene 07/Top 09, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich - Dienststelle Sonderzuständigkeiten) vom betreffend Abweisung des Antrages gem. § 212a BAO vom auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO für die Glücksspielabgabe und Säumniszuschläge für den Zeitraum 03/2016-04/2018, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Festsetzung der Glücksspielabgabe und der Säumniszuschläge

Mit Bescheiden jeweils vom setzte das (damalige) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, nunmehr Finanzamt Österreich, gegenüber der ***Bf1*** (in der Folge kurz: ***Bf***) gemäß § 201 BAO iVm § 57 Abs. 1 GSpG Glücksspielabgabe für den Zeitraum 03/2016 - 04/2018 in Höhe von insgesamt € 25.684.143,79 fest.

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde für die Abgabenzeiträume 03/2016-04/2018 erste Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt € 513.682,00 fest.

Gegen die Bescheide vom brachte die ***Bf*** am das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde ein.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurden die Bescheidbeschwerde vom als unbegründet abgewiesen.

Mit Vorlageantrag vom beantragte die ***Bf*** die Entscheidung über die Beschwerde betreffend Festsetzung der Glücksspielabgabe durch das Bundesfinanzgericht.

Antrag auf Aussetzung

Im Vorlageantrag vom hinsichtlich der Bescheide betreffend Festsetzung der Glücksspielabgaben 03/2016-04/2018 stellte die ***Bf*** unter anderem auch den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO für einen Betrag in Höhe von insgesamt € 26.197.826,67 (€ 25.684.143,79 Stammabgabe + € 513.682,88 erste Säumniszuschläge).

Begründend führte sie unter anderem aus:

"Gemäß § 212a BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Abgaben im Sinne der BAO sind gemäß § 3 BAO auch Nebenansprüche wie Säumniszuschläge oder Aussetzungszinsen. Sie sind einer Aussetzung - sofern sie nicht ohnehin separat mit einem Rechtsmittel bekämpft werden - auch im Zusammenhang mit einem Rechtsmittel gegen die Stammabgabe zugänglich, sofern ihre Höhe mittelbar von der Erledigung dieses Rechtsmittels abhängt.

Dabei handelt es sich jedenfalls um alle Nebenansprüche, die im Falle einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Erledigung des Rechtsmittels (gegen die Stammabgabe) von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabepflichtigen zwingend herabzusetzen sind oder deren Festsetzung diesfalls überhaupt aufzuheben ist (Ritz, BAO5, § 212a Rz 7).

In Bezug auf Säumniszuschläge folgt die mittelbare Abhängigkeit aus § 217 Abs 8 BAO, wonach die Berechnung der Säumniszuschläge im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat.

Ein Ausschlussgrund nach § 212a Abs 2 BAO liegt nicht vor. Gerade die aktuelle Entscheidung des -11, demonstriert, dass Glücksspiele mit Bankhalter anders zu besteuern sind als Glücksspiele ohne Bankhalter. Die Besteuerung des bankhalterlosen Pokerspiels auf Basis nicht vereinnahmter Einsätze widerspricht der aktuellen VwGH Judikatur.

Die Aussetzung ist zu bewilligen, da ansonsten kein effektiver Rechtsschutz mehr gegeben wäre."

Bekämpfter Bescheid

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag vom auf Aussetzung der Einhebung betreffend der Glücksspielabgabe und Säumniszuschläge 1 für den Zeitraum 3/2016-4/2018 abgewiesen. Begründend führte diese aus, dass gem. § 212a Abs. 1 BAO die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe mittelbar oder unmittelbar von der Erledigung einer Beschwerde abhänge, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen sei, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen sei, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO sei die Aussetzung nicht zu bewilligen, insoweit die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.

Aufgrund der Rechtsprechung und dem klaren Wortlaut des Gesetzes seien die anhängigen Rechtsmittel als wenig erfolgversprechend anzusehen. Es werde zu sämtlichen Vorbringen auf die ständige Rechtsprechung des BFG, VfGH und VwGH verwiesen.

Beschwerde

Die ***Bf*** erhob mit Schriftsatz vom fristgerecht Beschwerde und legte ausführlich dar, dass die Voraussetzungen für die Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO im gegenständlichen Fall erfüllt seien, kein Ausschlussgrund gem. § 212a Abs.2 lit. a BAO vorliege und die belangte Behörde mit der Abweisung des Aussetzungsantrages den Ausschlussgrund des § 212a Abs 2 lit a BAO zu extensiv ausgelegt habe.

Außerdem treffe es nicht zu, dass die erwähnte Judikatur das Rechtsmittel als offenkundig aussichtlos erscheinen lasse. Die belangte Behörde habe die Entscheidungen hinsichtlich der Glücksspielabgabenpflicht falsch interpretiert und ihnen eine abschließende Klärung sämtlicher für die Höhe der Abgabe relevanter Rechtsfragen unterstellt.

Unter Bezugnahme auf die angeführten Judikate des VwGH bringt die ***Bf*** im Wesentlichen vor, dass sowohl die unionsrechtlichen Fragen (Verstoß der exzessiven Besteuerung gegen das Beihilfenverbot und die passive Dienstleistungsfreiheit) als auch die Auswirkungen der Judikaturänderung des VwGH auf die Glückspielabgabe in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt sei, weshalb von einer offenkundigen Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels keine Rede sein könne. Aus diesen Gründen könne es zu einer Herabsetzung der Abgabenschuld, welche die Bemessungsgrundlage der Aussetzungszinsen bildet, kommen.

Zudem sei das Rechtsmittel gegen die Stammabgabe nach wie vor beim BFG anhängig.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dazu wurde unter anderem ausgeführt:

"Ad 3. der Beschwerde:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist die Aussetzung nicht zu bewilligen, insoweit die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.

Anlässlich der Entscheidung über einen Aussetzungsantrag ist somit von der Abgabenbehörde auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde Bedacht zu nehmen, und zwar anhand des Beschwerdevorbringens (; ). Aufgrund der ständige Rechtsprechung ist die Beschwerde wenig erfolgversprechend. So bestätigte der u.0008-5 und Ra 2018/17/0150 auch die bisherige Rechtsprechung erneut […]."

Vorlageantrag

Im Vorlageantrag vom führte die ***Bf*** im Wesentlichen aus wie in ihrer Beschwerde und beantragte die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Vorlage an das BFG

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In ihrer Stellungnahme führte sie aus:

"Es wird auf die ausführliche Begründung des Abweisungsbescheides und der Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Ergänzend wird zu sämtlichen Vorbingen der Abgabenschuldnerin auf die ständige Rechtsprechung des BFG, des VfGH und des VwGHs verwiesen (UFS Wien vom , RV/1666-W/06, RV/1665-W/06, RV/1338-W/05, RV/0031-W/02, RV/1669-W/06, RV/1668-W/06, RV/1667-W/06, RV/1664-W/06, RV/1663-W/06; UFS Wien vom , RV/0421-W/02; UFS Wien vom , RV/0369-W/02, RV/0036-W/02; UFS Innsbruck vom , RV/0499-I/10; UFS Innsbruck vom , RV/0500-I/10; UFS Wien vom , RV/0743-W/11; UFS Graz vom , RV/0744-G/11; ; ; , , , , , , , , , und viele mehr) sowie die Rechtsprechung des , vom , B 58-62/2014, vom , E 293/2015, , GZ. E 820/2015, vom , G 103-104/2016, vom , E 1330/2016-13, E 1756/2016, und vom , E 3862/2017, E 3452/2017 und E 3860/2017 und des GZ. Ro 2015/16/0024-7, , und insbesondere vom , Ra 2018/17/0150, ., Ro 2018/17/0007 u. 0008-5 ua. und ). Sämtliche Vorbringen in der Beschwerde, werden im Erkenntnis vom , GZ. Ro 2015/16/0024-7 und in den Beschlüssen des , Ro 2018-17-0007 u. 0008-5 und vom , Ro 2019/17/0003 abschließend abschlägig beantwortet.

Die gegenständliche Beschwerde ist daher wenig erfolgversprechend und eine Aussetzung der Einhebung nicht zu gewähren."

Ermittlungs- und Vorhalteverfahren BFG

Aufgrund einer Firmenbuchabfrage wurde dem BFG bekannt, dass mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom ***1***, GZ ***2***, über die ***Bf1*** (FN ***3***) der Konkurs eröffnet wurde und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst wurde. Als Masseverwalterin wurde Frau Mag. Dr. Ulla Reisch bestellt.

Mit wurde der Masseverwalterin zur Vorbereitung auf die beantragte mündliche Senatsverhandlung die Sach- und Rechtslage dargelegt, wie sie sich aus Sicht der Berichterstatterin zum derzeitigen Zeitpunkt darstellt und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme bzw. Modifizierung ihrer Anträge gegeben.

Mit per FAX eingebrachtem Schriftsatz vom teilte Dr. Ulla Reisch als Masseverwalterin mit, dass die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurückgezogen werden.

Am wurde durch das Bundesfinanzgericht zur GZ RV/7105562/2016 hinsichtlich der Beschwerden der ***Bf1*** gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Glücksspielabgabe für die Monate 11/2014 bis 05/2015 und 07/2015 bis 02/2016 sowie vom betreffend Glücksspielabgabe für die Monate 03/2016 bis 04/2018 (abweisend) entschieden.

1. Sachverhalt

Mit Bescheiden vom wurde die die Glückspielabgabe für den Zeitraum 03/2016 - 04/2018 gegenüber der ***Bf*** durch die belangte Behörde festgesetzt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen und in der Folge von der ***Bf*** am ein Vorlageantrag eingebracht. Mit diesem Vorlageantrag wurde gleichzeitig der hier verfahrensgegenständliche Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt.

Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung wurde durch die belangte Behörde mit Bescheid vom mangels Erfolgsaussichten beim anhängigen Glücksspielverfahren abgewiesen. Dagegen wurde am gegenständliche Beschwerde erhoben. Diese wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und am durch die ***Bf*** ein Vorlageantrag gestellt.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom ***1***, GZ ***2*** wurde über die ***Bf1*** (FN ***3***) der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst wurde. Als Masseverwalterin wurde Frau Mag. Dr. Ulla Reisch bestellt.

Mit Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7105562/2016, wurden die Beschwerden der ***Bf1*** gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Glücksspielabgabe für die Monate 11/2014 bis 05/2015 und 07/2015 bis 02/2016 sowie vom betreffend Glücksspielabgabe für die Monate 03/2016 bis 04/2018, gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

2. Beweiswürdigung

Der Verfahrensgang und die daraus folgenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde elektronisch vorlegten Aktenteilen, welche vom Bundesfinanzgericht eingesehen wurden. Zudem wurde im Vorhalteverfahren den Verfahrensparteien durch die Berichterstatterin Ausführungen zum vorläufigen Verfahrensgang bzw. Sachverhalt dargelegt und blieben diese unbestritten.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 BAO als erwiesen angenommen werden.

Die Feststellungen hinsichtlich des Konkursverfahrens ergeben sich aus den Abfragen des Firmenbuches sowie der Insolvenzdatei.

Die dem Ansuchen auf Aussetzung der Einhebung zugrundeliegende Gebührensache (Glückspielabgabe 03/2016-04/2018) wurde mit Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7105562/2016, (abweisend) erledigt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtsgrundlagen

§ 212a BAO in der verfahrensrelevanten Fassung lautet auszugsweise:

(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,

a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder

b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.

(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.

(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.

Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212) als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.

(6)-(8) …

(9) Für Abgabenschuldigkeiten sind

a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder

b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt, Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

Rechtliche Erwägungen

Zu betonen ist, dass es im gegenständlichen Verfahren nicht um die Glücksspielabgaben bzw. Säumniszuschläge und deren Rechtmäßigkeit an sich geht, sondern lediglich um die diesbezüglich beantragte Aussetzung der Einhebung.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) ist es nicht Aufgabe eines Aussetzungsverfahrens, die Beschwerdeentscheidung vorwegzunehmen, sondern haben die Abgabenbehörden bei Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung die Erfolgsaussichten lediglich anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen, wobei nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/17/0055, insbesondere auch auf die jeweils herrschende (insbesondere publizierte) Rechtsprechung Bedacht zu nehmen ist.

Die belangte Behörde ist in dem der gegenständlichen Aussetzung zu Grunde liegenden Verfahren betreffend Glücksspielabgabe davon ausgegangen, dass von der ***Bf*** von März 2016 bis April 2018 Pokerspiele veranstaltet wurden und aufgrund der gesicherten höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Glückspielabgabe nach § 57 Abs. 1 GSpG (u.a. , E 3452/2017, E 3860/2017 ; ; , , u.0008-5 und Ra 2018/17/0150) eine Beschwerde wenig erfolgversprechend erscheine, weshalb der Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO von der belangten Behörde mit Bescheid vom abgewiesen wurde.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Ausführungen der belangten Behörde zu den Erfolgsaussichten der Beschwerde zutreffend sind. Die Glücksspielabgabenpflicht von Poker wurde durch die Rechtsprechung des VwGH bereits umfassend geklärt und sind seit Einbringung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung weitere Entscheidungen des BFG sowie des VwGH und VfGH ergangen bzw. veröffentlicht worden, die die von ***Bf*** unter anderem angesprochenen Bedenken im Zusammenhang mit der Besteuerung von Ausspielungen in Form von Pokerturnieren und Poker-Cashgames verworfen haben:

(zur Besteuerung von Onlinepoker - Behandlung der Beschwerde abgelehnt)

A 9/2019 (Zurückweisung einer Staatshaftungsklage eines Veranstalters von Pokerturnieren und Poker- Cashgames mangels Darlegung eines qualifizierten Verstoßes gegen Unionsrecht durch den Verwaltungsgerichtshof)

(Zurückweisung einer Staatshaftungsklage eines Veranstalters von Pokerturnieren und Poker-Cashgames mangels Erkennbarkeit eines offenkundigen Verstoßes der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegen das Unionsrecht betreffend die Glücksspielabgabe).

(Behandlung der Beschwerde gegen abgelehnt).

Nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung setzt die Aussetzung von streitverfangenen Abgaben gemäß § 212a BAO voraus, dass eine Beschwerde, von deren Erledigung die Höhe einer Abgabe abhängig ist, im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag noch anhängig ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2267; ; ; ; ).

Hinsichtlich des dem Antrag um Aussetzung der Einhebung zu Grunde liegende Abgabenverfahrens (Beschwerde gegen die Glücksspielabgabe betreffend den Zeitraum 03/2016-04/2018 (sowie 11/2014-05/2015, 07/2015-02/2016)) erging das abweisende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes am , RV/7105562/2016. Aus den Ausführungen ergibt sich unter anderem:

  1. dass die ***Bf*** im Inland sogenannte "Pokercasino" betrieb, in denen Poker-Cashgames, das Kartenspiel Two Aces (nach den Spielregeln eine abgewandelte Form von Black Jack) sowie Poker in Form von Turnieren angeboten wurden.

  2. dass die im Betrieb der ***Bf*** durchgeführten Kartenspiele Glücksspiele im Sinne der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 GSpG (Poker, Black Jack Two Aces und deren Spielvarianten) darstellen.

  3. dass die ***Bf*** in dem von ihr betriebenen Kartencasino interessierten Personen die Möglichkeit anbot, zusammen mit anderen Besuchern organisierte Kartenspiele mit Geldeinsätzen zu spielen und damit auch Ausspielungen im Sinn des § 2 Abs. 1 GSpG vorliegen, welche Glücksspiele sind, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht, und bei denen Spieler eine vermögenswerte Leistung in Form eines Geldeinsatzes erbringen, sowie bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung (Gewinn) in Aussicht gestellt wird.

  4. dass auf die ***Bf***, da sie glücksspielrechtlicher Unternehmer ist, auf sie das Tatbestandsmerkmal Veranstalter, der die Spielmöglichkeiten anbietet, zutrifft und sie damit Glücksspielabgabenschuldner gemäß § 59 Abs. 2 GSpG zweiter Teilstrich ist.

  5. dass eine Gewerbeberechtigung zur Durchführung erlaubter Kartenspiele keine "Berechtigung" iSd § 59 Abs. 2 GSpG erster Teilstrich ist.

  6. dass im gegenständlichen Fall die ***Bf*** nachhaltig Einnahmen aus der Durchführung der Pokerspiele erzielte, in dem sie für die Organisation der Kartenspiele, das Bereitstellen der Pokertische, der Spielutensilien etc. die Tischgelder vereinnahmte. Aufgrund der Mitwirkung der ***Bf*** als Unternehmers auf die in § 2 Abs. 1 Z 1 GSpG genannte Art und Weise, liegt eine Ausspielung vor und ist die ***Bf*** Steuerschuldner der Glücksspielabgabe ist.

  7. dass die in § 57 Abs. 6 Z. 1 GSpG zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung enthaltene Befreiung für Ausspielungen, die in vom Bundesminister für Finanzen konzessionierten Spielbanken iSd § 21 GSpG durchgeführten werden, hier nicht zur Anwendung kommt, weil die ***Bf*** im Zeitpunkt der Durchführung der gegenständlichen Kartenspiele jedenfalls über keine Konzession iSd § 21 GSpG verfügte.

  8. dass die von der ***Bf*** für die einzelnen Monate in den Selbstberechnungserklärungen sowie in den Anträgen nach § 201 BAO als "Einsatz iSd § 57 Abs. 1 GSpG" bekanntgegebenen Beträge daher zu Recht vom FA in den angefochtenen Bescheiden bei der Festsetzung der Glücksspielabgabe als Bemessungsgrundlage herangezogen wurden.

  9. dass weder Verfassungs- noch Unionsrechtswidrigkeit gegeben ist.

Aus § 212a Abs. 5 BAO dritter Satz folgt nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/15/0011, dass kein Bescheid mehr erlassen werden darf, mit dem die Einhebung der Abgabe ausgesetzt wird, sobald im Verfahren über die Festsetzung der Abgabe bereits eine Entscheidung ergangen ist. Es kommt somit eine Abänderung des angefochtenen Bescheides in der Weise, dass nunmehr die Aussetzung der Einhebung bewilligt wird, auch aus diesem Grund nicht mehr in Betracht.

Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen hat (vgl. u.a. ), weshalb auch Veränderungen des Sachverhalts zu berücksichtigen sind.

Zwischenzeitig wurde über die ***Bf*** ein Konkursverfahren eröffnet, wodurch jedenfalls von einer Gefährdung der Einbringlichkeit auszugehen ist, die der Genehmigung der Aussetzung der Einhebung entgegenstehen würde.

Da jedoch das dem Antrag um Aussetzung der Einhebung zu Grunde liegende Abgabenverfahren beendet ist, ist bereits aus diesem Grund der Aussetzung der Einhebung hinsichtlich der Glücksspielabgabe die Grundlage entzogen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen, ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Wien, am

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